Resilienz

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4. Wiederholen Sie dieses Pendeln mehrere Male und erhöhen Sie dabei die Länge, die Sie bei der angenehmen Stelle bleiben. Bemerken Sie, wie die unangenehme Empfindung sich verändert oder schwächer wird.

5. Wenn sich die Intensität des Unangenehmen ein wenig abgeschwächt hat, halten Sie inne und reflektieren über die gesamte Erfahrung samt aller Veränderungen.

Wenn Sie Ihr Gewahrsein zwischen diesen beiden körperlichen Empfindungen hin- und herwechseln lassen, praktizieren Sie eine Technik, die man Pendeln nennt, weil sie an das Pendel einer Uhr erinnert, das vor und zurück schwingt. Pendeln eignet sich ausgezeichnet dazu, eine Traumaerinnerung allein durch Körperempfindungen sicher zu rekonditionieren. Machen Sie diese Übung wenig und oft. Die Auswirkungen können sofort eintreten, sie können dauerhaft sein.

Dekonditionierung

Mit dem Prozess der Dekonditionierung erlauben Sie Ihrem Gehirn, sich in die Weite hinein zu entspannen, die Sie dann auf natürliche Weise empfinden, wenn Ihr Nervensystem im Gleichgewicht ist. Aus einem solchen Zustand des Wohlbefindens heraus ist es einfacher für Ihr Gehirn, zu spielen und neue Einsichten, neue Weisheit zu erzeugen.

Ebene 1: Nur ein kleines Ungleichgewicht

Ganze 25 % Ihres Gehirns sind der visuellen Verarbeitung im Occipitallappen (Hinterhauptlappen) gewidmet.43 Wissenschaftler haben beobachtet, dass, wenn wir uns daran erinnern oder vorstellen, eine Banane gesehen zu haben, dieselben Neuronen im visuellen Kortex (Sehrinde) aufleuchten, die dann aufleuchten, wenn wir wirklich eine Banane sehen. Das heißt, dass visuelle Erinnerungen und vorgestellte Szenarios genauso real für das Gehirn sein können wie tatsächliche Beobachtungen. Sie können sich diese Macht der Visualisierung und Vorstellung sowie tatsächliche Beobachtungen zunutze machen, um ein Gleichgewicht in Ihren neuronalen Schaltkreisen herzustellen, so dass eine sichere Basis entsteht, zu der Sie zurückkehren können.

ÜBUNG 2–17: BAUCHBOTANIK

Vor Jahren machte ich eine Wanderung im Hinterland des Yosemite National Park und traf auf einen Ranger und eine kleine Gruppe von Wanderern. Sie lagen ausgestreckt mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Jeder Einzelne war, ganz und gar eingenommen, damit beschäftigt, diesen halben Quadratmeter Boden vor ihm aus einer Höhe von 15 cm zu betrachten. Der Ranger nannte diese fünfminütige Übung »Bauchbotanik«. Sie können Bauchbotanik fast überall praktizieren, um einen Perspektivwechsel zwischen Klein und Groß zu erreichen und Ihren Platz im großen Ganzen zu erkennen.

1. Suchen Sie sich einen solchen halben Quadratmeter an einem Lieblingsstrand, auf einer Wiese, in einem Wald, in Ihrem eigenen Garten oder in einem städtischen Park (achten Sie aber bitte darauf, wo Sie sich hinlegen). Legen Sie sich auf den Bauch, so dass sich Ihre Augen auf diese Fläche aus einer Höhe von 15 cm fokussieren können.

2. Kommen Sie in den gegenwärtigen Moment. Defokussieren Sie Ihre Aufmerksamkeit von Sorgen um die eigene Person. Konzentrieren Sie sich auf das, was vor Ihnen abläuft. Bemerken Sie Schmutz oder Sand, Pflanzen und Insekten. Bemerken Sie jede Aktivität, jede Stille, jede Veränderung von Licht und Schatten. Bemerken Sie die Beziehung der Dinge zueinander. Bemerken Sie den Einklang von Farben und Formen. Bemerken Sie Besonderheiten. Bemerken Sie die Zeichen von Leben und Tod, Gewalt und Schönheit, alles in einem kleinen Maßstab. Beobachten Sie dieses Stück vor Ihnen zwei Minuten oder länger.

3. Stehen Sie dann auf und richten Ihre Aufmerksamkeit erneut auf den Horizont der größeren Landschaft um Sie herum. Verfolgen Sie die Form der Bäume, Hügel und Gebäude mit Ihren Augen. Beobachten Sie diesen größeren Horizont zwei Minuten oder länger. Bemerken Sie jede Aktivität, jede Stille, jede Veränderung von Licht und Schatten. Bemerken Sie Besonderheiten. Bemerken Sie die Zeichen von Leben und Tod, Gewalt und Schönheit, alles in einem großen Maßstab.

4. Sie können zwischen Mikro- und Makrolandschaft so oft Sie möchten, hin- und herwechseln. Lassen Sie Ihren Geist zwei Minuten oder länger mit diesem Mikro- und Makrokosmos alleine spielen.

5. Bringen Sie Ihr Gewahrsein zurück zum Zustand Ihres Nervensystems. Bemerken Sie Gefühle der Ehrfurcht, jeden Wechsel in der Perspektive Ihres Platzes in dieser Welt und jede Veränderung Ihres Wohlbefindens.

Wiederholt die visuelle Perspektive zu wechseln baut die »Muskeln« der Reaktionsflexibilität in Ihrem Gehirn auf.

ÜBUNG 2–18: SICH AN EINE BERUHIGENDE NATURLANDSCHAFT ERINNERN

Diese Übung kann Ressourcen in Ihrem Gehirn aufbauen, die ein Leben lang bestehen bleiben.

1. Gehen Sie nach draußen an einen Ort, der beruhigend und besänftigend für Sie war oder der Momente des Mutes für Sie darstellt.

2. Bleiben Sie eine halbe Minute lang dort und betrachten Sie die Landschaft. Prägen Sie sich den Anblick ein.

3. Versuchen Sie, dieses Bild wiederholt in Ihrem Geist hervorzurufen.

4. Versuchen Sie, dieses Bild später in Ihrem Geist hervorzurufen, wenn Sie längst woanders sind. (Wenn Sie diese beruhigende oder ermutigende Landschaft mehrmals im Geist aufsuchen können, um diese Erfahrung zu verstärken, ist das ausgezeichnet.) Wiederholen Sie dieses Aufrufen oft, bis es zu einer zuverlässigen Ressource in Ihrem Gehirn geworden ist.

5. Wenn Sie nur den leisesten Anflug eines Ungleichgewichts bemerken, dann rufen Sie dieses Bild im Geist auf. (Sie können dabei die Hand auf Ihr Herz legen, wenn Sie möchten.) Erlauben Sie dieser gefühlten Wahrnehmung der beruhigenden oder ermutigenden Landschaft, Ihnen dabei zu helfen, Ihr Gleichgewicht jetzt wiederzufinden.

Sie können selbstverständlich auch eine ganze Bildergalerie an beruhigenden Landschaften erstellen, so wie Erinnerungen an beruhigende und ermutigende Menschen, um Ihre Resilienzbandbreite wiederzuerlangen, selbst wenn sich die Umstände ändern.

ÜBUNG 2–19: EINEN SICHEREN ORT SCHAFFEN44

Diese Übung benutzt Visualisierung und die Neuroplastizität Ihres Gehirns, um eine sichere Zuflucht und Ressource zur Bewältigung von Situationen aufzubauen.

1. Sitzen Sie in einer bequemen Haltung. Wenn Sie bereit sind, stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einem Tor. Stellen Sie sich in vielen Details vor, wie hoch das Tor ist, aus welchem Material es ist, welche Farbe es hat. Machen Sie dieses Tor im Geist so real wie möglich.

2. Stellen Sie sich dann vor, Sie öffnen das Tor und gehen hindurch. Wenn Sie auf der anderen Torseite angekommen sind, stellen Sie sich vor, was vor Ihnen liegt: ein Weg, ein Flur, ein Pfad, ein Bürgersteig oder eine Straße, die Sie zu einem für Sie ganz besonderen Ort führt. Das ist Ihr sicherer Ort.

3. Gehen Sie den Weg entlang. Bemerken Sie beim Gehen, was Sie sehen, hören, riechen und alles andere, was Sie erleben.

4. Sie kommen jetzt zu einem Ort, der Ihr sicherer Ort ist. Es mag eine Wiese sein, ein Häuschen, ein Lieblingszimmer zu Hause, ein Hofgarten oder ein Tisch in einem Café zusammen mit einer Freundin – jeder Ort, der nur für Sie persönlich ein besonderer Ort ist. Erlauben Sie sich, zu Ihrem sicheren Ort herüberzugehen und ihn zu betreten.

5. Nehmen Sie sich Zeit und schauen Sie sich um: Bemerken Sie alles, was Ihnen hilft, sich hier sicher und wohlzufühlen. Entspannen Sie sich und genießen Sie es, hier zu sein. Genießen Sie das Gefühl von Selbstvertrauen und innerer Stärke, das Ihr sicherer Ort Ihnen vermittelt.

6. Wenn Sie möchten, setzen Sie sich im Geist hin. Fügen Sie diesem Ort all das hinzu, was Sie sich sicherer und wohler fühlen lässt. Entfernen Sie alles Unerwünschte. Sie können alles verändern, was Sie wollen. Und dann entspannen Sie sich einfach, fühlen Sie sich wohl, genießen Sie Ihren sicheren Ort. Erlauben Sie sich einen Moment der Dankbarkeit, dass es Ihren sicheren Ort gibt und dass Sie sich hier jederzeit sicher fühlen können.

7. Wenn es Zeit ist, zu gehen, stellen Sie sich vor, Sie stehen auf, bedanken sich bei diesem Ort dafür, dass es ihn gibt, und dann gehen Sie denselben Weg wieder zurück, der Sie hierher gebracht hat, bis Sie am Tor ankommen, es durchschreiten und sich umdrehen, um es zu schließen. Ihr sicherer Ort ist auf der anderen Seite, aber Sie wissen, Sie können jederzeit dorthin zurückkehren.

8. Üben Sie dieses Aufrufen Ihres sicheren Ortes in gewöhnlichen und stressfreien Momenten, damit der Ort dann zur Verfügung steht, wenn das Leben Ihnen eine Breitseite verpasst. Erkennen Sie an, dass Sie auf die Neuroplastizität Ihres Gehirns zugreifen können, um neue und kompetente Bewältigungsressourcen aufzubauen.

Ihr sicherer Ort wird sich womöglich mit der Zeit ändern, das ist ganz normal. Wenn Sie diese Übung machen, wird Ihr Gehirn lernen, Zufluchtsorte und Ressourcen zur Bewältigung von Situationen immer dann zu schaffen, wenn Sie sie benötigen.

Ebene 2: Pannen und Kummer, Unruhen und Stürme

Als mein 80-jähriger Vater einen Schlaganfall hatte, der eine Einweisung ins Krankenhaus und danach in ein Pflegeheim erforderte, schnellte mein Stressniveau so in die Höhe, dass mein höheres Gehirn wirklich keine guten Dienste leistete. Mein Meditationslehrer Howie Cohn schlug vor, einfach innezuhalten, ruhig auf dem Bett zu liegen und sämtliche körperlichen Empfindungen in mein Gewahrsein zu lassen, sie aber nicht mit Was-wäre-Wenn-Geschichten anzustacheln. Er riet mir, sie noch nicht einmal als Angst, Panik oder Terror zu identifizieren, sondern die Körperempfindungen einfach nur sein zu lassen. Sie mochten unangenehm, beunruhigend oder beängstigend sein, aber sie würden nichts weiter tun, als nur da zu sein.

Ich übte, die Unruhe in meinem Brustkorb zu bemerken, die Enge um mein Herz, die Anspannung im Kiefer, ohne zu versuchen, sie zu verändern oder zu beheben. Nur mit den Empfindungen zu sein schuf den Raum für sie, sich zu lösen und selber zu verlagern. Natürlich löste diese Verlagerung nicht die Gesundheitsprobleme meines Vaters. Sie half mir aber dabei, nicht meinen eigenen Notfall über diesen Notfall zu erzeugen. Ich war in der Lage, zu meinem gewohnten Gut-genug-Zustand zurückzukehren und von dort aus kluge Entscheidungen zu treffen.

 

ÜBUNG 2–20: BERUHIGEN, BESÄNFTIGEN, ZULASSEN45

Diese Übung hilft Ihnen dabei, auf eine Art weites Gewahrsein zurückzugreifen, welches es ermöglicht, dass alles Beunruhigende für Ihr Nervensystem und damit für Ihr Funktionieren aufkommt, anerkannt wird, dort ein wenig bleibt und dann weiterzieht.

1. Finden Sie eine angenehme Position im Sitzen oder Liegen. Schließen Sie die Augen und atmen Sie dreimal sanft ein und aus. Fühlt man sich körperlich in einer bestimmten Position wohl, dann hilft das, schwierige Empfindungen oder Emotionen besser zu bewältigen, wenn sie im Körper aufsteigen.

2. Legen Sie Ihre Hand kurz aufs Herz, um sich daran zu erinnern, dass Sie in diesem Moment gegenwärtig und sicher sind und dass Sie es wert sind, Güte zu erfahren.

3. Identifizieren Sie in der Weite dieses gütigen Gewahrseins die Situationen und Umstände, die Sie jetzt ins Ungleichgewicht bringen und Ihr Wohlbefinden gefährden, und lassen Sie sie in Ihr Gewahrsein eintreten.

4. Bemerken und identifizieren Sie, welche Emotionen von diesen Umständen ausgelöst werden – vielleicht sind es Angst, Wut, Traurigkeit, Einsamkeit oder Scham.

5. Richten Sie Ihr Gewahrsein nun ganz und gar auf die von diesen Umständen ausgelösten Körperempfindungen. Lassen Sie die Geschichte los. Lassen Sie die Emotionen los. Konzentrieren Sie sich nur auf das Erleben dieser Empfindungen. Sie können sie mit sanfter, warmer, verständnisvoller Stimme benennen, so, als erkannten Sie die Gefühle einer Freundin an: »Das ist Anspannung«, »Das ist Enge«, »Das sind Schmerzen«.

6. Weiten Sie Ihr Gewahrsein auf Ihren Körper als Ganzes aus. Scannen Sie Ihren Körper nach Stellen, an denen Sie sich dieser schwierigen Empfindungen am meisten bewusst sind. Suchen Sie sich eine einzige Stelle aus, an der Sie diese Empfindung am meisten spüren, vielleicht in Form von angespannten Muskeln. Neigen Sie Ihr Gewahrsein sanft zu dieser Stelle.

7. Beruhigen Sie nun die Muskeln, die diese Empfindung tragen, so, als ob Sie die schmerzenden Muskeln mit Hitze behandelten. Beruhigen … beruhigen … beruhigen. Sie versuchen nicht, die Empfindungen zum Verschwinden zu bringen, sondern Sie halten sie in einer sanften Umarmung.

8. Wird das Unbehagen angesichts dieser Empfindung zu groß, dann richten Sie Ihr Gewahrsein auf die Empfindung des Atems. Sind Sie ruhiger geworden, können Sie es noch einmal versuchen. Wenn es leichter für Sie ist, dann können Sie auch nur den Rand der Empfindung beruhigen. Sie müssen nicht vollständig in die Empfindung eintauchen.

9. Schenken Sie sich nun einige besänftigende Worte und Trost, während Sie mit diesen Empfindungen kämpfen. »Ach, das ist schwer. Das ist wirklich unangenehm. Möge ich in diesem Moment gütig zu mir selber sein. Möge ich diesen Moment, diese Empfindungen so akzeptieren, wie sie sind. Möge ich sie in liebendem Gewahrsein halten.« Besänftigen … besänftigen … besänftigen.

10. Dann lassen Sie zu, dass das Unangenehme dieser Empfindungen hier ist. Lassen Sie den Wunsch los, das Unangenehme möge verschwinden. Lassen Sie zu, dass das Unangenehme kommt und geht, wie es mag, wie ein Gast in Ihrem Haus. Zulassen … zulassen … zulassen.

11. Beruhigen, besänftigen, zulassen. Wiederholen Sie diese Worte wie ein Mantra und halten Sie das Unangenehme der Empfindungen in der größeren Weite Ihres Gewahrseins.

Während Sie es zulassen, dass die Empfindungen in Ihrem Körper einfach da sind, und Ihrer Erfahrung mit entspannter Güte und Neugier begegnen, werden sämtliche Gefühle der Anspannung oder Enge einfach von selber schwächer werden und weiterziehen.

ÜBUNG 2–21: FOKUSSIEREN (nach einer Übung von Ann Weiser Cornell)46

Fokussieren ist das sanfte, akzeptierende Hören auf den eigenen Körper und die Botschaften des inneren Selbst.

1. Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie bequem und ungestört, mit einer Stütze, ungefähr zwanzig Minuten sitzen können. Finden Sie eine angenehme Position. Schließen Sie die Augen, wenn Sie möchten.

2. Nehmen Sie sich etwas Zeit, um sich Ihres ganzen Körpers hier und jetzt bewusst zu werden. Sie nehmen vielleicht Ihre Hände wahr und das, was sie berühren. Nehmen Sie Ihre Füße wahr und das, was sie berühren. Spüren Sie den Kontakt Ihres Körpers zum Platz, auf dem Sie sitzen. Erlauben Sie sich, in die Stütze hineinzusinken. Werden Sie sich Ihres Atems bewusst.

3. Richten Sie Ihr Gewahrsein allmählich nach innen und fokussieren Sie es auf das Körperinnere, samt Kehle, Brustkorb, Magen und Bauch. Lassen Sie einfach das Gewahrsein ankommen und sich dort niederlassen.

4. Fragen Sie sich nun still: »Gibt es irgendetwas in meinem Körper, in meinem Leben, das sich falsch anfühlt oder unangenehm?« Warten Sie, bis Sie eine Gefühlsantwort erhalten. Lautet die Antwort Nein und alles fühlt sich gut an, dann genießen Sie einfach dieses Gefühl.

5. Wenn Sie eine gefühlte Wahrnehmung haben, dass etwas nicht stimmt in Ihrem Leben, was auch immer dies sein mag, wie eine Erinnerung oder deren Geschichte, dann wird sie sehr wahrscheinlich in Ihrem Gewahrsein aufsteigen. Lassen Sie die Geschichte los. Lassen Sie nur die gefühlte Körperwahrnehmung stärker werden. Das benötigt oft ein wenig Zeit. Der Körper ist langsamer als der Geist.

6. Fühlen Sie etwas, dann sagen Sie: »Ich fühle etwas.« Und beschreiben Sie dann mit körperlichen Begriffen, was Sie genau in dem Moment fühlen. Erkennen Sie das Gefühl an. Lassen Sie es wissen, dass Sie es fühlen. Sie verstehen es. Lassen Sie das Gefühl genau so sein, wie es ist. Bleiben Sie bei ihm, spüren Sie es nur und seien Sie offen gegenüber allem Weiterem, was in Ihr Gewahrsein treten mag wie Bilder, Gedanken oder weitere Gefühle.

7. Nehmen Sie Veränderungen wahr. (Vielleicht gibt es keine, dann ist das auch in Ordnung.) Es ist Zeit, die Übung nach einer Weile zu beenden. Tun Sie das bitte langsam und danken Sie Ihrem Körper. Werden Sie sich des Zimmers bewusst, in dem Sie sich befinden. Wenn Sie bereit sind, öffnen Sie die Augen.

8. Schreiben Sie vielleicht auf, was Sie gelernt und an Veränderungen bemerkt haben.

Ihre gefühlte Körperwahrnehmung vermittelt Ihnen nicht nur, was in Ihrem Leben jetzt wichtig ist, sondern auch eine neue Richtung, in die Sie Ihr Leben vielleicht lenken möchten. Neue Reaktionen schaffen neue Alternativen.

Ebene 3: Zu viel

In jeder Übung in diesem Kapitel haben Sie sich damit befasst, den Zustand Ihres Nervensystems zu verändern und zu einem ausgewogeneren körperbasierten Sein zurückzukehren. Ein derartiges Proaktiv-Sein, selbst mit einem guten Resultat, ist anstrengend. In der nachfolgenden Übung geben Sie sich selbst die Erlaubnis, vollständig loszulassen, sich freizumachen, eine Auszeit von Bewältigungsstrategien und generell vom Tun zu nehmen. Es ist eine andere Art von klugem Bemühen. Sie greifen auf den positiven Prozess des Ruhezustandsnetzwerks zu, um sich in so viel Leichtigkeit und Entspannung fallen zu lassen wie möglich. Sie benutzen diese positive Seite des Parasympathikus, den Zweig des »Ruhens und Verdauens«, um zu entschleunigen oder ganz innezuhalten. Indem Sie bildlich gesprochen eine Zeit lang unter die Decke kriechen, nehmen Sie Zuflucht vor Allem, von dem Sie bombardiert und überwältigt werden, um einfach nur still zu liegen und nichts zu tun – um so Ihre Reserven zum Weitermachen wieder aufzufüllen.

ÜBUNG 2–22: ZUFLUCHT SUCHEN

1. Sehen Sie drei oder vier Stunden an einem bestimmten Tag vor, an dem andere Menschen das Ruder übernehmen.

2. Suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie sich sicher und wohl fühlen und ungestört sind. Das können sein: das Bett, Badezimmer, Wohnzimmer, eine Autofahrt im Hinterland, eine Parkbank oder eine Anhöhe mit Blick auf das Meer.

3. Schalten Sie alle Geräte aus, die Sie mit der Welt verbinden. Legen Sie sie woanders ab, in einem anderen Zimmer, wenn Sie zu Hause sind, oder zu Hause, wenn Sie woanders sind.

4. Entleeren Sie Ihren Geist von all seinen Sorgen, Pflichten und Verbindlichkeiten. Das ist nicht leicht, trotzdem – geben Sie sich die Erlaubnis, so viel wie möglich loszulassen. Gehen Sie während dieser Pause irgendwo hin, wenn Sie möchten. Füllen Sie Ihr Gewahrsein in diesem Moment mit Angenehmem und Unkompliziertem. Sie leben und Sie atmen. Der Strom ist an (wenn er es denn ist). Sie waren bereits mit dem Hund Gassi gehen, er macht jetzt ein Nickerchen, während Sie sich diese Pause gönnen. Erlauben Sie sich, etwas anderes zu spüren als immerwährendes Überwältigt-Sein. Lassen Sie Ihre Sinne alle angenehmen Empfindungen genießen, die Sie bemerken: das weiche Bett oder bequeme Sofa, die Stille im Haus, wenn niemand sonst da ist, der Geruch von frischer Luft. (Sie werden vielleicht feststellen, dass Sie während dieser seltenen Zufluchtsmomente einschlafen, und Schlaf mag genau das sein, was Sie brauchen. Achten Sie darauf, ob Sie sich nach dem kurzen Schlaf erholt oder immer noch überwältigt fühlen. Diese Art von Zuflucht dient dazu, »den Brunnen zu füllen«, damit Sie mit neuer Energie zu Ihren Umständen zurückkehren können.)

5. Sind die drei oder vier Stunden vorbei, dann kann es sein, dass Sie nur ungern Ihre Zuflucht wieder verlassen und zu dem zurückkehren, dem Sie sich stellen müssen. Aber stellen werden Sie sich ihm mit mehr Ruhe und Gleichgewicht. Diese Dekonditionierungsübung bringt Ihnen womöglich neue und potenziell nützliche Einblicke in Ihre Probleme.

Machen Sie diese Pause so oft Sie können. Es ist zwar nur eine kleine Pause von Ihren Problemen, aber eine kleine Pause ist weitaus besser als keine Pause. Sie werden Ihr Nervensystem neu starten, Ihre Batterien aufladen und Ihre Bewältigungsmechanismen mit mehr Energie angehen. Sie verdrahten Ihre Resilienz neu.

Dieses Kapitel enthält zahlreiche Werkzeuge, um mittels Atem, Berührung, Bewegung, sozialen Kontakten und Visualisierung auf die somatische Intelligenz zuzugreifen, welche die Reaktivität des Gehirns auf jegliche Art von Herausforderung und Stress zuverlässig reduziert. Mit mehr Resilienz stehen Ihnen mehr Reaktionsalternativen zur Verfügung.

Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über deinem Haupte fliegen, kannst du nicht ändern. Aber dass sie Nester in deinem Haar bauen, das kannst du verhindern.

CHINESISCHES SPRÌCHWORT

Wenn Sie diese körperbasierten Übungen wenig und oft praktizieren, verstärken Sie die neuronalen Leitungsbahnen, die dafür zuständig sind, dass Sie sich sicher, geerdet und wohl fühlen und Ihre Mitte finden. Diese Gefühle bereiten Ihr Gehirn auf Neuroplastizität vor und machen es für neues Lernen empfänglich und dazu fähig, neue, flexiblere Verhaltensweisen auszuprobieren und neue Risiken einzugehen.

Das innere Gleichgewicht, das durch Zugriff auf die somatische Intelligenz erlangt wird, wird die Grundlage, alle komplexeren Arten von Intelligenz zu trainieren. Diese sind die emotionale Intelligenz, die Beziehungsintelligenz und die reflexive Intelligenz.

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