Corona zwischen Mythos und Wissenschaft

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Quellen:

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Kapitel 5:
Schmutziges Geld oder Geldwäsche?


Mit der weltweit steigenden Zahl der Corona-Fälle ist eine andere Zahl immer weiter gesunken: Die Häufigkeit der Bargeldzahlungen‌. Einmal von der Bank ausgegeben sind Münzen und Scheine im stetigen Umlauf, wechseln ihre Besitzer und gelangen so durch viele Hände, ohne eine Möglichkeit zur Rückverfolgung. Allein dieser Umstand macht sie auf den ersten Blick zu einem hohen Risikofaktor für eine indirekte Kontaktinfektion‌ (siehe Kapitel 4). Dies unterstreichen sowohl Internetrecherchen in Rekordzahlen, die nach einem Zusammenhang der Stichwörter »Bargeld« und »Viren« suchen, als auch die Maßnahmen einiger Banken. Die Zentralbanken in China, Südkorea und den USA beschlossen mitten im Ausbruch der Corona-Pandemie, potenziell verunreinigtes Bargeld »unter Quarantäne zu stellen«. Dabei hat die People's Bank of China Tausende von Banknoten aus dem Verkehr gezogen, sie mit ultraviolettem Licht desinfiziert und für 14 Tage eingeschlossen, bevor sie wieder in Umlauf gebracht wurden.

Die Zahl der Verbraucher, die eine Zahlung mit Bargeld bevorzugen, ist seit dem Vorjahr der Corona-Pandemie europaweit im Durchschnitt um 7 % gesunken. Kartenzahlungen und mobile Bezahl-Apps rücken immer weiter in den Vordergrund, während Bargeld als Zahlungsmittel weniger akzeptiert wird. Das Fortschreiten einer solchen Entwicklung könnte zu einer Zahlungskluft führen, die für Menschen ohne Zugang zu digitalen Zahlungen und für ältere VerbraucherInnen schwerwiegende Folgen haben könnte.

Deshalb ist eine realistische Einschätzung von Bargeld als Risikofaktor so bedeutend, um die Frage zu klären: Ist die moderne digitale Form der Bezahlung wirklich der sichere und notwendige Weg, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, oder nur ein Trend, der aus Angst und Unsicherheit entstanden ist?


Abbildung 5.1: Kontaktlose Zahlung

Wenn ein Geldschein die Bank erst einmal verlassen hat, kann er theoretisch mit Bakterien oder Viren, mit denen er in Kontakt kommt, behaftet sein. So lassen sich nach den New Yorker ForscherInnen des »Dirty Money Project« auf einem Geldschein bis zu 3000 verschiedene Arten von Erregern finden – und auch eine Münze ist nicht so sauber, wie sie scheint. Auf untersuchten Fünf-Euro-Scheinen konnten unter anderem von ForscherInnen der Essener Uni-Klinik Fäkalbakterien, Salmonellen und weitere Krankheitserreger gefunden werden. Die Zahl der verschiedenen Erreger wirkt auf den ersten Blick erschreckend hoch, jedoch ist die Menge auf einem Geldschein so gering, dass keine konkrete Gefahr davon ausgeht. Da die besagten Untersuchungen weit vor der Pandemie durchgeführt wurden, stellt sich nun die Frage, ob sich potentiell auch das Coronavirus unter den Erregern auf dem Bargeld befinden könnte.


Abbildung 5.2: Erregerkontamination auf einem Geldschein

Generell sind auf Bargeld auch Viren zu finden, jedoch nur zu einem Anteil von unter 1 %, dagegen sind Pilze zu 70 % und Bakterienpopulationen zu 9 % auf den Banknoten vertreten.

Stellvertretend für die Viren kann das menschliche Grippevirus Influenza-A‌ betrachtet werden. Auch dieses zählt, wie das Coronavirus, zu den behüllten Viren und ist gegen Eintrocknung extrem empfindlich. In einer Laborsimulation wurden Geldscheine mit verschiedenen Konzentrationen von Viren kontaminiert und es konnte gezeigt werden, dass das Influenza-A-Virus bei hohen Konzentrationen auf trockenen Oberflächen bis zu drei Tage stabil bleiben konnte. Also kann zumindest das menschliche Grippevirus stunden- oder tagelang auf Banknoten bestehen. Aber Achtung! Hier handelt es sich um In-vitro-Untersuchungen, also Ergebnisse aus dem Labor, die nicht mit den Vorgängen im Alltag gleichzusetzen sind. Im Labor werden viel höhere Mengen des Virus genutzt, als sie auf Alltagsgegenständen zu finden sind. Auch die speziellen Techniken zur Rückgewinnung der Viren von den Gegenständen ist nicht mit dem Aufsammeln der Viren bei zufälligem Kontakt gleichzusetzen. Die Laborsimulation zeigt lediglich das Potential, Grippeviren durch Banknoten von einem Ort auf einen anderen zu übertragen. Im Alltag geschieht dies allerdings in einem sehr viel geringeren Maßstab.

Für das Coronavirus gibt es zum heutigen Zeitpunkt keine vergleichbaren Ergebnisse, bei dem die Stabilität‌ des Virus auf Geldscheinen oder Münzen getestet wurde. Es liegen also noch keine klaren Beweise für oder gegen eine potentielle Ansteckungsgefahr durch Bargeld vor.

Es gibt zwei verschiedene Arten von Geldscheinen. Als erstes die unter anderem hier in Deutschland vertretenen Papierscheine und als zweites die Polymerscheine, die beispielsweise in Kanada oder Australien im Umlauf sind. Beide Arten wurden im Hinblick auf eine allgemeine Erregerkontamination untersucht, weshalb aufgrund der stärkeren Bakterienbelastung diese im Folgenden im Vordergrund stehen.


POLYMERSCHEINE:

Die Polymerscheine, die erstmals 1988 in Australien in Umlauf gebracht wurden, bestehen aus einer speziellen Kunststofffolie. Durch das verwendete Material Polypropylen, welches der am zweithäufigsten genutzte Standardkunststoff ist und beispielsweise für Verpackungen verwendet wird, wird die Reißfestigkeit und damit die Haltbarkeit der Scheine erhöht. Die Scheine stellen den gesamten Bargeldbestand in Australien, Brunei, Kanada, Papua-Neuguinea, Neuseeland, Rumänien und Vietnam dar und eine Einführung in weiteren Ländern ist geplant.

 

Zunächst wird ein Blick auf die Papierscheine geworfen, die aus einem Baumwollsubstrat bestehen und durch ihre Struktur für die Aufnahme von Krankheitserregern besonders anfällig sind. Sie können eine größere Menge Wasser als die Polymerscheine aufnehmen und stellen deshalb eine vorteilhafte Umgebung für Erreger dar, auch wenn es sich nur um eine minimale Wassermenge handelt. Werden die Scheine direkt in der Hosentasche am warmen Körper getragen werden, macht sie das noch attraktiver für potentielle Keime. Als weiterer Faktor für die Kontamination der Papierscheine kommt die Umlaufzeit hinzu. Je länger ein Geldschein auf dem Markt ist, desto abgenutzter und rauer wird er, sodass eine höhere Anzahl von Rillen und Rissen entsteht und der Raum für Keime vergrößert wird. Hinzu kommt, dass ein Schein mit fortlaufender Umlaufzeit immer mehr Möglichkeiten für Erreger bietet, sich darauf abzusetzen. Neben den Scheinen aus Papier gilt dies allerdings auch für Polymerscheine. Besonders Scheine mit niedrigem Wert sind stärker belastet, da diese öfter getauscht werden. In der EU werden aus diesem Grund Geldscheine bereits nach wenigen Jahren wieder aus dem Verkehr gezogen.

Auf Polymerscheinen lassen sich im Vergleich zum Papier nur eine geringe Menge an Bakterien finden. Gleichzeitig sterben die in einer Studie untersuchten Bakterien von Polymerscheinen auf menschlichen Händen schneller ab als die Bakterien von Papierscheinen. Der direkte Vergleich war auf den Scheinen in Mexiko zu beobachten, wo sowohl Polymer- als auch Papierscheine hergestellt werden und die Polymerscheine weit weniger stark kontaminiert waren. Insgesamt wird deutlich, dass eine Papieroberfläche eine deutlich bessere Umgebung für Bakterien darstellt als die Kunststoffoberfläche. Generell bieten diese Ergebnisse ein gutes Bild über die »Umweltbedinungen« auf den Scheinen für Erreger, sind aber nicht mit der potentiellen Kontamination mit dem Coronavirus gleichzusetzen. Forschungsergebnisse bezüglich der Coronaviren gibt es bislang lediglich zu ihrer Stabilität auf unterschiedlichen Materialien im Labor. Es konnte festgestellt werden, dass sie auf Pappe etwa einen Tag, auf Papier bis zu vier Tage und auf Kunststoff noch nach zwei bis drei Tagen nachweisbar sind. Es gibt also Hinweise dafür, dass das Coronavirus ähnlich wie die Bakterien über Geldscheine übertragen wird und stabil bleiben könnte. Da Viren generell zu einem sehr geringen Anteil (< 1 %) auf Geldscheinen gefunden und davon ausgegangen werden kann, dass dies auch für Coronaviren gilt, ist ihre Übertragung über Geldscheine eher unwahrscheinlich.

Eine weitere Rolle bei der Bargeldzahlung stellen Münzen dar, die im Vergleich mit den Geldscheinen bisher noch unzureichender bezüglich ihrer Erregerkontamination erforscht sind. Das soll aber in einem Modellversuch schnell nachgeholt werden.


Experiment: Die Rolle des Bargeldes bei der Virusübertragung

Was Du benötigst:

 Ungefähr 30 Münzen (1-,2- oder 5-Cent)

 Eine Schüssel

 Zwei Plastikflaschen

 Zwei Luftballons

 Zwei Gummibänder

 Ein Trichter

 Ein halbes Päckchen Trockenhefe

 Essig oder Zitronensaft

 Zwei Esslöffel Zucker

 Warmes Wasser

Durchführung:

Als erstes liegt der Fokus auf den Münzen. Dazu gibst Du die Münzen in eine Schüssel und gibst so viel Zitronensaft oder Essig hinzu, bis sie vollständig bedeckt sind. Wofür Du Dich entscheidest, spielt für das Gelingen keine Rolle. In der weiteren Anleitung wird das Experiment mit dem Zitronensaft beschrieben. Die Lösung lässt Du über Nacht stehen.

Am nächsten Tag kann es weiter gehen. Zur Vorbereitung kommen erst einmal die Luftballons zum Einsatz, denn diese müssen ein paar Mal aufgepustet werden, damit sie gut dehnbar werden. Dann erwärmst Du ungefähr einen halben Liter Wasser auf etwa 32 °C, da dies die Optimaltemperatur für die Gärung der Hefe darstellt. Dafür brauchst Du nicht unbedingt ein Thermometer. Das Wasser sollte sich lauwarm anfühlen, wenn Du es über Deine Hand laufen lässt. In dem Wasser werden danach etwa zwei Esslöffel Zucker und ein halbes Päckchen Trockenhefe gelöst. Diese Hefe-Zucker-Lösung wird mit einem Trichter in die Plastikflaschen gefüllt, sodass beide Flaschen genau gleich voll sind. In eine der beiden Flaschen wird zusätzlich die Zitronen-Lösung hinzugegeben, in der die Münzen über Nacht gelegen haben. Auch die Münzen dürfen mit in die Flasche wandern, so sind die Inhalte der Flaschen auch gut zu unterscheiden. In die zweite Flasche fügst Du etwa genauso viel Zitronensaft hinzu, wie Du bei der ersten Flasche verwendet hast.

Dann werden die Luftballons über die Flaschenöffnungen gestülpt, dabei solltest Du darauf achten, dass die Ballons jeweils luftleer über die Flaschen gestülpt werden, damit sie später vergleichbar sind. Die Ballons können noch mit Gummibändern am Flaschenhals fixiert werden. Die Ergebnisse des Versuchs sind erst nach zwei bis drei Stunden zu sehen, ähnlich wie es beim Aufgehen eines Hefeteigs der Fall ist.


Abbildung 5.3: Skizze der Durchführung des Experiments


HEFEN:‌

Hefen sind mikroskopisch kleine Pilze, die in Form von etwa 700 verschiedenen Hefearten vorkommen. Sie sind meist einzellig und vermehren sich durch Knospung, also durch Teilungsprozesse. Die Energiegewinnung der meisten Hefen ist fakultativ anaerob. Das bedeutet, sie sind nicht auf Sauerstoff angewiesen, aber nutzen diesen bei Verfügbarkeit bevorzugt für ihre Atmung. Wenn kein Sauerstoff vorhanden ist, findet die Gärung statt, die aber weniger Energie liefert als die Atmung unter Anwesenheit von Sauerstoff. Verschiedene Formen der Hefe wie die Backhefe, Eiweißhefe, Weinhefe oder Bierhefe nehmen eine wichtige Rolle in der Nahrungs- und Genussmittelherstellung ein. Zudem stellt die Backhefe (Saccharomyces cerevisiae) in der Forschung einen wichtigen Modellorganismus dar, da sie einfach zu vermehren ist und einen ähnlichen Zellaufbau wie Pflanzen- und Tierzellen besitzt.

Beobachtungen:

Mit der Zeit kannst Du feststellen, dass sich beide Ballons gefüllt haben. Der Luftballon mit den Münzen und der Zitronen-Lösung ist allerdings deutlich kleiner geblieben als der Vergleichsballon.


Abbildung 5.4: A Starke Ballonfüllung bei der reinen Hefe-Zucker-Lösung mit Zitronensaft B Geringe Ballonfüllung beim Zusatz von Münzen.

Erklärung:

Als erstes wird der Vergleichsballon ohne die Münzen betrachtet, um zu klären, warum sich die Ballons überhaupt aufblähen. Wie Du vielleicht schon vermutet hast, ist ein Gas bei der Reaktion in der Flasche entstanden. Hier handelt es sich um Kohlenstoffdioxid (CO2), das von den Hefepilzen abgegeben wird, wenn die Zellatmung oder Gärung erfolgt. Mithilfe dieses Prozesses können die Hefepilze die für ihr Wachstum benötigte Energie aus dem Zucker gewinnen. Als Ausscheidungsprodukte entstehen dann Kohlenstoffdioxid durch die Atmung und Ethanol (Alkohol‌) durch die Gärung. Der Prozess der Atmung ist mit der menschlichen Atmung vergleichbar. Auch wir erzeugen mithilfe von Zucker (Kohlenhydraten) und Sauerstoff Energie und stoßen dabei unter anderem Kohlenstoffdioxid durch die Atmung aus.

Damit kann direkt erklärt werden, was bei dem zweiten Ballon mit den Münzen geschehen sein muss. Er ist weniger stark aufgeblasen, also befindet sich weniger Kohlenstoffdioxid in dem Ballon und die Hefe hat eine geringere Menge Zucker verstoffwechselt. Aber woran liegt das? Es genügt dazu ein Blick auf den Anfang des Versuchs, bei dem Cent-Münzen über Nacht mit einer Lösung behandelt wurden. Die Münzen bestehen zum Großteil aus Stahl, besitzen aber einen Mantel aus Kupfer‌. Durch die Zugabe von Zitronensaft hast Du dafür gesorgt, dass sich Kupfer-Ionen von der Münze lösen, da auf der Oberfläche der Münze Korrosionsprozesse ablaufen. Dies ist mit dem Rosten eines Eisennagels vergleichbar. Genau diese Kupfer-Ionen haben eine antimikrobielle Wirkung, sodass die Hefepilze angegriffen werden. Dadurch können sie den Zucker nur noch teilweise verstoffwechseln und es entsteht weniger Kohlenstoffdioxid. Letztendlich muss bei der Auswertung des Versuchs auch bedacht werden, dass nicht steril gearbeitet werden konnte, sodass auch eine Kontamination von außen möglich wäre, die die Versuchsergebnisse beeinflussen und verfälschen könnte.

Der Versuch konnte zeigen, dass die Kupfer-Oberfläche von Cent-Münzen eine antimikrobielle Wirkung hat. Es werden Kupfer-Ionen frei, die Erreger angreifen und so die Menge an Keimen auf einer Münze reduzieren können. Im Vergleich mit Geldscheinen ist deshalb die Kontamination mit Erregern bei Münzen deutlich geringer. Im Versuch wurde zur Erzeugung der Kupfer-Ionen Zitronensäure beziehungsweise Essig eingesetzt. Beide Stoffe gehören zu den Säuren und wirken korrosiv. Doch können die Münzen im normalen Gebrauch auch eine antimikrobielle Wirkung zeigen? Auch wir Menschen besitzen einen natürlichen Säurefilm auf unserer Haut. Dieser Säurefilm dient als Schutz vor potenziellen Erregern. Kommen wir mit Kupfermünzen in Kontakt, so legt sich eine dünne Schicht des Säurefilms unserer Haut auf die Münze, wodurch Kupfer-Ionen gebildet werden. Auch im alltäglichen Gebrauch sind Kupfer-Münzen also antimikrobiell. Zudem wird aus diesem Grund Kupfer in Krankenhäusern für Beschichtungen von Türgriffen verwendet. Eine Untersuchung der Stabilität von Coronaviren auf Kupferoberflächen ergab, dass die Viren im Labor auf Kupferoberflächen bis zu drei Stunden stabil bleiben können. Im Vergleich mit den anderen untersuchten Oberflächen (vergleiche Tabelle 4.1), war dies die geringste Stabilitätsdauer der Coronaviren. Die Münzen können somit als potenzieller Risikofaktor für die Übertragung des Coronavirus als minimal eingestuft werden.

Bisher wurde nur das Bargeld als möglicher Risikofaktor betrachtet, der jedoch als relativ niedrig eingestuft werden kann. Aber wie sieht es eigentlich mit der Alternative aus? Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Zahl der Kartenzahlungen gestiegen, weil viele diese für sicherer halten, jedoch ist das zum Teil ein Trugschluss. Forscher konnten feststellen, dass das Virus auf nicht porösen Materialien wie Kunststoff oder Edelstahl im Labor gut bestehen kann, sodass Debit- oder Kreditkarten-Terminals und PIN-Pads direkt betroffen sind. Hier liegt die Stabilitätsdauer der Viren bei zwei bis drei Tagen, sodass auch bei der Kartenzahlung und PIN-Eingabe eine Kontaktinfektion denkbar ist und diese somit ein ähnliches Risiko wie die Bargeldzahlung darstellt. Wenn also der Kontakt mit potenziell kontaminierten Gegenständen vollständig umgangen werden soll, sind kontaktlose Kartenzahlungen, die keine PIN-Eingabe erfordern, oder Smartphone-basierte Zahlungsmöglichkeiten eine Lösung. Hier kommt es zu keinerlei Kontakt mit Objekten, die von mehreren Personen berührt werden.

Es gibt keine Beweise für Erkrankungen, die durch das Berühren von Geldscheinen herbeigeführt wurde – selbst bei Bakterien nicht, die im Vergleich mit Viren in viel höheren Mengen auf Bargeld nachgewiesen werden können. Speziell zu dem Faktor Bargeld in der Pandemie hat sich die World Health Organisation (WHO)‌ geäußert und betont, dass die Übertragung durch Münzen oder Scheine weder bewiesen noch widerlegt werden konnte. Sie empfiehlt deshalb, auf eine gute Hygiene zu achten und regelmäßig die Hände zu waschen, wie es nach der Berührung jedes häufig berührten Gegenstands der Fall sein sollte. Die Deutsche Bundesbank schließt sich dem an und erklärt, dass das Infektionsrisiko durch Geldscheine minimal ist. So wird von einigen Zentralbanken versucht, das Vertrauen in Bargeld zu stärken und dessen weitere Annahme zu fördern. Gleichzeitig tragen die wahrgenommenen Übertragungsrisiken des Bargelds, ob gültig oder nicht, zur schnelleren Entwicklung der digitalen Zahlungen bei.

 

Letztendlich kann auf die Desinfektion von Geldscheinen also verzichtet werden. Ein Mann aus Südkorea hat es hier etwas zu gut gemeint und 1,8 Mio. Won (ca. 1.300 Euro) in der Mikrowelle erhitzt, um die Scheine zu desinfizieren. Nach seinem Versuch blieben ihm nur 950.000 Won (ca. 700 Euro) – viele Banknoten waren versengt und unbrauchbar.

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