Die bedeutenden Historiker

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Caius Iulius Caesar

Der am 13. Juli 100 v. Chr. geborene Caius Iulius Caesar entstammt der nicht sehr wohlhabenden, im alten Rom jedoch höchst angesehenen Familie der Iulier, deren Mitglieder im 5. Jh. v. Chr. noch häufiger, danach jedoch seltener in den altrömischen Konsularlisten begegnen. Sein Leben wurde in besonderer Weise durch die vielfältigen Ereignisse der römischen Bürgerkriege in den Jahren 130-31 v. Chr. bestimmt, an deren Ende der Prinzipat als monarchische Herrschaftsform stand, deren exponiertester Funktion, nämlich dem Kaisertum, Caesar später den Namen geben sollte. Während des Bürgerkriegs stand er – wie auch seine Familie und seine politischen Gönner – auf Seiten der sog. populares, einer Parteiung, die ursprünglich die römische Mittelschicht gegenüber dem senatorischen Adel repräsentierte und ihre Ziele vor allem mit Volksversammlungsbeschlüssen umsetzte. Caesar gelang es jedoch, die mehr und mehr an politischem Einfluss gewinnenden populares für seinen persönlichen Aufstieg zur Macht zu nutzen, ohne dabei notwendigerweise die Interessen dieser Gruppe zu vertreten. Den Popularen standen die Optimaten gegenüber, die sog. Senatspartei, die ihre Ziele vor allem über Senatsbeschlüsse durchzusetzen versuchte.

Nach einigen militärischen Kommandos begann Caesars politischer Aufstieg im Jahr 73 v. Chr. mit seiner Aufnahme in das Kollegium der pontifices, ein Gremium, das für die Überwachung religiöser wie auch juristischer Vorschriften im antiken Rom zuständig war. Seine Wahl an die Spitze dieses Kollegiums erfolgte bereits 63 v. Chr. Zwischenzeitlich wurde er 68 v. Chr. zum Quästor gewählt und bereits mit dieser in der Ämterlaufbahn sehr niedrig angesiedelten Funktion in den Senat aufgenommen. Als hilfreich auf diesem Weg erwies sich seine zweite Ehe mit Pompeia, einer Enkelin Sullas, der eigentlich der Seite Caesars politischer Gegner zuzuordnen wäre. 59 v. Chr. wurde Caesar zum Konsul gewählt, was vor allem der Unterstützung seiner Freunde Marcus Licinius Crassus und Gnaeus Pompeius Magnus zu verdanken war, mit denen er sich ein Jahr zuvor zum sog. ersten Triumvirat (dt. Dreimännerkollegium) verbündet hatte. Als Konsul erließ er Gesetze, mit denen er sich in der Gruppe des senatorischen Adels zahlreiche Gegner machte. Einer juristischen Verfolgung nach Ende seiner Amtszeit konnte er jedoch entgehen, indem er das Prokonsulat (und damit praktisch auch die Statthalterschaft) für Gallien und Illyrien erreichte und so seine politische Immunität auf fünf Jahre verlängerte, obwohl sein Konsulat bereits beendet war. In Absprache mit Crassus und Pompeius, die im Jahr 55 v. Chr. gemeinsam das Konsulat bekleideten, erhielt er ab dem Jahr 54 v. Chr. sein Prokonsulat ein weiteres Mal, womit es ihm gelang, ein eigenes, an ihn persönlich gebundenes Heer aufzustellen, das ihm als solide Basis für seinen weiteren politischen Aufstieg dienen konnte. In die Jahre 58-49 v. Chr. fällt auch sein bedeutendstes literarisches Werk, seine Sieben [Acht] Bücher Erläuterungen über den Gallischen Krieg.

Nach dem Tod des Crassus im Jahr 53 v. Chr. wandte sich Caesars früherer Freund Pompeius, der um seinen eigenen politischen Aufstieg besorgt war, der senatorischen Partei, den Optimaten, in Rom zu, was Caesar in Zugzwang brachte. Daher betrat er mit seiner 13. Legion gegen den ausdrücklichen Willen des Senats italischen Boden, um ohne größere Schwierigkeiten nach Rom vorzustoßen, das seine politischen Gegner, allen voran der jüngere Cato und Pompeius, fluchtartig verlassen hatten. Die Machtbasis des Letztgenannten zerstörte Caesar in einem ersten Schritt, indem er dessen Legionen in Spanien aufrieb. Pompeius selbst floh zuletzt nach Ägypten, wo ihn jedoch Ptolemaios XIII. ermorden ließ, der seinerseits einen Konflikt mit Caesar vermeiden wollte. Bis zum Jahr 45 v. Chr. schlossen sich daran eine ganze Reihe von Auseinandersetzungen an, wobei Caesars Siege im sog. Afrikanischen Krieg des Jahres 46 v. Chr. gegen die senatorischen Truppen unter dem jüngeren Cato und Metellus Scipio sowie über die Söhne des Pompeius ein Jahr darauf seinen Aufstieg an die Spitze des römischen Staates sicherten. Dabei erreichte es Caesar, der bereits nach seinem Sieg in Afrika vom Senat zum Diktator für zehn Jahre ernannt worden war, nach seiner Rückkehr, in Rom zum Diktator auf Lebenszeit eingesetzt zu werden und somit uneingeschränkt an der Spitze des römischen Staatswesens zu stehen. Allerdings fand sich eine Gruppe von mehr als 50 Senatoren, die mit dieser Entwicklung nicht einverstanden waren. Unter Führung des Marcus Iunius Brutus konspirierte sie im Namen der republikanischen Verfassung Roms gegen Caesar und ermordete ihn in einer Senatssitzung am 15. März 44 v. Chr.

Unter Caesars Namen sind wenigstens fünf Werke bekannt, die man für die Historiographie in Anspruch nehmen kann, wovon drei mit größter Wahrscheinlichkeit nicht aus seiner Feder stammen dürften. Sein bekanntestes Werk sind, wie bereits erwähnt, ohne Zweifel seine Ausführungen über den Gallischen Krieg, die die Ereignisse der Jahre 58-52 v. Chr. umfassen. Caesar erweist sich darin als eine Art Kriegsberichterstatter, der in diesem Werk, das in acht Büchern überliefert ist, Jahr für Jahr gegenüber dem römischen Senat Rechenschaft über sein Tun ablegen will. Der Zweck dieser Schrift ist also in erster Linie kein historiographischer. Vielmehr will der Autor auf diese Weise seinen eigenen Zeitgenossen – und damit natürlich auch seinen politischen Gegnern – sein Wirken und vor allem auch seine militärischen Erfolge vor Augen halten, um damit die eigenen Machtansprüche zu unterstreichen. Erst in der späteren Rezeption lässt sich das Werk somit für die Geschichtsschreibung in Anspruch nehmen. Jedes Buch hat – mit Ausnahme von Buch III, das bereits Ende 56 v. Chr. einsetzt – die Ereignisse eines Jahres zum Inhalt. Caesar gibt hier in erster Linie seine militärischen Erfolge wieder, beschreibt aber auch den Wert bestimmter Gegenden für die Landwirtschaft oder äußert sich über die Tapferkeit seiner Feinde, womit das römische Interesse an den betreffenden Gebieten begründet wird, aber auch die Schwierigkeiten angesprochen werden, auf die Rom dort ggf. stößt. Buch VII endet mit der endgültigen Unterwerfung der Gallier und ihres Anführers Vercingetorix. Caesars sprachlicher Stil ist dabei knapp und präzise, was dem Charakter des gesamten Textes entspricht, der ja ganz bewusst kein literarisch ausgestaltetes Werk sein will. Der Berichterstattung führte auch dazu, dass er von sich selbst nur in der dritten Person spricht, was dem Werk eine Authentizität und Zuverlässigkeit verleihen soll, die es in der Tat aber nur mit Einschränkungen besitzt. Buch VIII mit den Jahren 51 und 50 v. Chr. hat in ganz ähnlichem Stil Aulus Hirtius verfasst, der in Caesars Heer diente und sich in der Vorrede auch persönlich zu erkennen gibt. Inhaltlich leitet es zum römischen Bürgerkrieg über, der im Jahr 49 v. Chr. begann.

In seinen letzten Lebensjahren hat Caesar seine Drei Bücher Erläuterungen zum Bürgerkrieg (Commentariorum libri tres de bello civili) verfasst. Darin beschreibt er seine Kriege gegen die Truppen des römischen Senats und seinen früheren Verbündeten Pompeius in den Jahren 49-48 v. Chr. Die Schrift ist unvollendet, besitzt aber denselben literarischen Charakter wie der Gallische Krieg, und dient ganz propagandistisch seiner persönlichen Aufwertung gegenüber seinen Zeitgenossen.

Von den zweifelhaften bzw. unechten Schriften stammt De bello Alexandrino, das zeitlich unmittelbar an den Bürgerkrieg anschließt und das Caesars Auseinandersetzungen mit seinen innenpolitischen Gegnern bzw. den Ptolemäern bei Alexandria (Sept. 48 – Jan. 47 v. Chr.) zum Inhalt hat, höchstwahrscheinlich von Aulus Hirtius. Möglicherweise bei diesem Krieg brannte auch die berühmte Bibliothek der Ptolemäer in Alexandria nieder, was zum Verlust zahlreicher älterer historiographischer Texte führte. Keinem bestimmten Autor zuordnen lassen sich hingegen die Schriften De bello Africano sowie De bello Hispaniense. Das erstgenannte Werk beschreibt Caesars Erfolg in Nordafrika gegen die Senatstruppen unter dem Kommando seiner Gegner Cato dem Jüngeren und Metellus Scipio im Jahr 46 v. Chr., das andere schildert seine spanischen Erfolge und seinen Sieg über die Söhne des Pompeius als mögliche zukünftige Gegner (45 v. Chr.).

Echte Werke:

C. Iulius Caesar, Der Gallische Krieg. Lateinisch-deutsch. Hrg. v. O. SCHÖNBERGER. München 1990 (Sammlung Tusculum).

C. Iulius Caesar, Der Bürgerkrieg. Lateinisch-deutsch. Hrg. v. O. SCHÖNBERGER. München 1984 (Sammlung Tusculum).

Zweifelhafte Werke:

C. Iulius Caesar, Commentarius De bello Alexandrino recensuit B. KÜBLER; Commentarius De bello Africo recensuit E. WÖLFFLIN. Editio maior. Leipzig 1896.

C. Iulii Caesaris bellum Hispaniense. Introduzione, testo critico e commento a cura di G. PASCUCCI. Florenz 1965.

Weiterführende Literatur:

E. BALTRUSCH, Caesar. Darmstadt 2007.

W. DAHLHEIM, Julius Caesar. Die Ehre des Kriegers und die Not des Staates. Paderborn 2005.

K. CHRIST, Von Caesar zu Konstantin. Beiträge zur römischen Geschichte und ihrer Rezeption. München 1996.

Chr. MEIER, Caesar. Berlin 1982.

O. SEEL, Hirtius – Untersuchungen über die pseudocaesarischen bella und den Balbus-Brief. Leipzig 1935 (Klio-Beiheft, Neue Folge 22).

Caius Sallustius Crispus

Mit dem am 31. Okt. 86 v. Chr. geborenen Sallust begegnen wir einem Autor, dessen literarische und historiographische Tätigkeit erst nach dem endgültigen Scheitern seiner politischen Ambitionen einsetzte. Sein Leben ist stark durch den römischen Bürgerkrieg der Jahre 130-31 v. Chr. geprägt, einer Phase des politischen und gesellschaftlichen Umschwungs, von dem Sallust auch persönlich stark profitieren konnte. Er stammte aus der ca. 125 km östlich von Rom gelegenen sabinischen Stadt Amiternum (heute L’Aquila) in den Abruzzen, wo er dem lokalen Ritteradel angehörte. Wann Sallust nach Rom kam, ist nicht bekannt. Allerdings wird er dort als junger Mann die rhetorische Ausbildung absolviert haben, die Voraussetzung für eine politische Laufbahn war. Im Jahr 54 v. Chr. wurde er zum Quaestor gewählt, um durch diese Funktion auch in den römischen Senat zu gelangen. Zwei Jahre später belegen ihn die Quellen als Volktribun. Damit hatte er ein Amt inne, in dem er seinen großen politischen Gegner Marcus Tullius Cicero bekämpfen konnte. Später berichtet Sallust selbstkritisch über diese Zeit, die von dem enormen Gegensatz der sog. homines novi, d.h. der politischen Emporkömmlinge auf der einen und dem senatorischen Adel auf der anderen Seite bestimmt war, dass auch er sich zu Luxus und Verschwendungssucht habe hinreißen lassen. Ihm persönlich brachte dies große finanzielle Verluste ein, jedoch relativiert er sein eigenes Verschulden insofern, als er darauf hinweist, dies sei ein Charakteristikum jener Epoche gewesen. Nicht ganz klar ist, was zu seinem Ausschluss aus dem Senat im Jahr 50 v. Chr. führte. Jedenfalls wurde Sallust beim Ehebruch mit der Frau des Quaestors Titus Annius Milo ertappt, der seinerseits dem senatorischen Adel zuzurechnen war und zuvor schon die Rückkehr Ciceros aus dem Exil ermöglicht hatte. Nach einem daran anschließenden Ehrenprozess wurde Sallust jedenfalls öffentlich bestraft. Ob nun sein moralisches Verhalten oder seine offene Parteinahme für den beim damaligen Senat unbeliebten Caesar zu jenem Ausschluss führte, ist unklar. Gleichwohl bedeutete dies noch nicht das Ende von Sallusts politischer Laufbahn. Denn Caesar erwies sich ihm in der Folgezeit dankbar, indem er ihm zu verschiedenen militärischen Kommandos verhalf. Im Jahr 48 v. Chr. wurde er erneut Quaestor, um damit in den Senat zurückzukehren. Historisch greifbar ist Sallust dann wieder als Praetor während Caesars Bellum Africanum, was ihm im Jahr 46 v. Chr. das Amt des Statthalters der Provinz Africa nova (heute Tunesien sowie das nordwestliche Libyen) einbrachte. Nach Ablauf der Amtszeit sollte ihm der Prozess wegen wirtschaftlicher Ausbeutung dieser Provinz gemacht werden, was jedoch Caesar verhindern konnte. Der Tod seines Gönners im Jahr darauf setzte aber sämtlichen Ambitionen Sallusts ein jähes Ende. Gezwungenermaßen zog er sich daraufhin in das Privatleben zurück, um nunmehr seine schriftstellerische Tätigkeit aufzunehmen. Er starb am 13. Mai 34 v. Chr.

 

Zu Recht gilt Sallust als der erste bedeutende römische Geschichtsschreiber, da ja Caesars Schriften von ihrer ursprünglichen Intention her einen anderen literarischen Charakter besaßen. Mit Sicherheit ist Sallust der Verfasser von drei historiographischen Werken, von denen sein Buch De coniuratione Catilinae (Über die Verschwörung Catilinas) an erster Stelle zu nennen ist. Der Text entstand um das Jahr 42 v. Chr. Beschrieben wird darin der nach literarischem Zeugnis im Umkreis des Lucius Sergius Catilina entstandene Aufruhr und politische Umsturzversuch der Jahre 64-62 v. Chr. Da es sich dabei um denselben Konflikt zwischen dem angestammten Adel Roms und den eher vom Volk unterstützten homines novi handelt, der auch das Leben Sallusts bestimmte, kann der Autor in seinem Text gewissermaßen auch das eigene Leben und die eigenen politischen Erfahrungen verarbeiten. In diesem Grundkonflikt dürfte auch Sallusts Gegnerschaft zu dem selbstgefälligen, natürlich auf seinen eigenen Vorteil bedachten Cicero ihren tieferen Grund haben. Gleichwohl lehnt auch er den Gedanken einer Rebellion gegen die bestehende staatliche Ordnung ab, schweigt jedoch über eine mögliche Beteiligung von Marcus Licinius Crassus und Caesar an jenem Konflikt, der mit der Hinrichtung der Verschwörer endete.

Um das Jahr 40 v. Chr. schloss Sallust sein zweites historiographisches Werk ab, das Bellum Iugurthinum. Der Krieg Roms gegen Numiderkönig Iugurtha fand 111-105 v. Chr. statt, und Sallust muss für seine Darstellung einige Forschungen betrieben haben. Auf römischer Seite führten in erster Linie Sulla und Marius das militärische Kommando, was Sallust zum Anlass für allgemeine Ausführungen über die Machtbesessenheit, die Gewinnsucht und die Rücksichtslosigkeit der alteingesessenen Senatorenkaste in Rom nimmt. Der militärische Dilettantismus der Befehlshaber aus dieser Gruppe und die Bestechlichkeit der Senatoren führten einzig zu bitteren Niederlagen, und erst der zu den politischen Aufsteigern gehörende Marius war dazu in der Lage, den Krieg in den Jahren 107-105 v. Chr. zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Dass Sallust dabei in seiner historischen Darstellung als Anhänger der populares für die eigene Gruppe Partei ergreift, versteht sich von selbst.

Bei dem dritten Werk handelt es sich um seine Historiae, eine allgemeine Geschichte, die er nach 39 v. Chr. begann und die die politischen Ereignisse ab dem Jahr 78 v. Chr. darstellen sollte. Davon liegen heute fünf Bücher in fragmentarischer Form vor, was Aussagen über die Gesamtkonzeption der Schrift unmöglich macht. Gleichwohl ist der Beginn nicht zufällig gewählt, da Sallust nach Exkursen über die Gracchen und den römischen Bundesgenossenkrieg (91-88 v. Chr.) mit dem Tod des Lucius Cornelius Sulla als letztem politisch bedeutendem Vertreter des altrömischen Adels einsetzt. Rebellionen und Aufstände gegen die römische Herrschaft sind dabei in seinen Augen die herausragenden Leistungen seiner politischen Gegner im Senat: Buch I berichtet über Marcus Aemilius Lepidus, der im Jahr 77 v. Chr. mit einem Heer gegen die Stadt Rom zog, Buch II über den Aufstand und die Usurpation des Quintus Sertorius in Spanien, während die Bücher III-V in erster Linie von den Kriegen handeln, die König Mithridates VI. von Pontos, der sich seinerseits auch mit Quintus Sertorius verbündet hatte, gegen die Römer führte. In diesen Abschnitten findet sich auch ein Bericht über den Sklavenaufstand des Spartacus.

Als unecht gelten hingegen seine Invektive gegen Cicero aus dem Jahr 54 v. Chr., eine förmliche Senatsrede gegen seinen prominenten Feind, sowie zwei Briefe, die er an Caesar geschrieben haben soll, in dem er einen Hoffungsträger für einen erfolgreichen Neubeginn des römischen Staatswesens sah.

Literarisches Vorbild für Sallust ist zweifelsohne Thukydides gewesen, den er in formaler Hinsicht nachahmt. Eine annalistische, also nach Jahren gegliederte Darstellung der Ereignisse ist für ihn unbrauchbar, da er anderenfalls seine eigene Meinung zu bestimmten Vorgängen oder seine politischen Wertungen kaum hätte einfließen lassen können. Die monographische Darstellung eines bestimmten Themas, bei dem er nach eigenem Ermessen das aufzeichnen konnte, was ihm wichtig und für ein Verständnis der Dinge in seinem Sinn notwendig erschien, bot sich dagegen an. Um solche Elemente zu unterstützen, fügte er – wie sein Vorbild – fiktive Reden und Briefe in seine Darstellung ein, die den Wendepunkt einer Handlung andeuten und es dem Autor damit rhetorisch gut verdeckt ermöglichen, seine eigene, von außen an die Geschehnisse herangetragene Meinung als die eines unmittelbar Beteiligten erscheinen zu lassen. Dennoch ist Sallusts Sprache keinesfalls weitschweifig, und seiner Betonung der alten römischen Werte, die er durch ihren politischen Missbrauch mehr und mehr bedroht sieht, entspricht sein Gebrauch alter Wörter bzw. Wortformen, aber auch der Vermeidung rhetorischer Füllsel und Floskeln, die der Kürze seines Stils entgegen gestanden hätten. Trotz sprachlicher und stilistischer Kritik zählten Sallusts Werke in der Zweiten Sophistik zu den Mustertexten, mit denen man sich im Rhetorikunterricht auseinander zu setzen hatte, und das war die Grundlage dafür, dass seine Schriften bis heute im Sprachunterricht eingesetzt werden.

Werke:

Sallust. Werke. Lateinisch und Deutsch. Hrg. u. übers. von W. EISENHUT und J. LINDAUER. 2. Aufl. München und Zürich 1994 (Sammlung Tusculum).

Weiterführende Literatur:

St. SCHMAL, Sallust. Hildesheim 2001.

K. HELDMANN, Sallust über die römische Weltherrschaft. Ein Geschichtsmodell im Catilina und seine Tradition in der hellenistischen Historiographie. Stuttgart 1993 (Beitr. z. Altertumskunde, 34).

V. PÖSCHL (Hrg.), Sallust. Darmstadt 1970 (Wege d. Forschung 94).

W. SCHNUR, Sallust als Historiker. Stuttgart 1934.

Titus Livius

Titus Livius lebte von ca. 59 v. Chr. bis etwa 17 n. Chr. Nach einem Bericht des Kirchenschriftstellers Hieronymus stammte er aus der Stadt Patavium (heute Padua), wo er auch starb, sein Leben verbrachte er jedoch überwiegend in Rom. Dort wird er auch seine rhetorische Ausbildung erlangt haben. Im erhaltenen Teil seines Werkes lässt er kennen, mit Augustus persönlich bekannt gewesen zu sein, doch kann man diese Angabe nur schwer verifizieren. Viel eher ist anzunehmen, dass er dem ersten römischen Kaiser oder dessen Umfeld im Lauf seiner Arbeit näherkommen konnte. Öffentliche Ämter oder Funktionen sind für ihn nicht belegt, und allem Anschein nach konnte er sich in Rom ausschließlich seinen literarischen Neigungen widmen. Dies setzt jedoch das Ende des römischen Bürgerkriegs voraus, das nach einer langen Phase großer politischer Wirren mit dem Prinzipat des Augustus ein geeignetes Klima für die Entwicklung von Kunst und Literatur entstehen ließ. Livius war keineswegs der einzige Literat, der von dieser neuen Situation profitieren konnte, wenngleich wir nicht wissen, ob er auf diese Weise einen hinreichenden Lebensunterhalt für seine Familie und sich erwirtschaften konnte. Gleichwohl sind als Beweis für eine solche Tätigkeit auch philosophische Dialoge belegt, die Livius geschrieben haben soll, die sich jedoch nicht erhalten haben.

Sein monumentales Geschichtswerk trägt den Titel Ab urbe condita, also [Geschichte des Römischen Reiches] von der Stadtgründung an, womit das legendäre Jahr 753 v. Chr. gemeint ist, in dem das Brüderpaar Romulus und Remus Rom gegründet haben soll. Während seiner Lebenszeit konnte er 142 Bücher Abschließen. Da der Text jedoch sehr unvermittelt mit dem Tod des Nero Claudius Drusus, des Feldherrn und Neffen des Augustus endet, ist wohl davon auszugehen, dass Livius noch weitere Bücher zu schreiben beabsichtigte. Die innere Gliederung des Stoffes legt dabei nahe, dass er womöglich an eine Gesamtzahl von 150 Büchern römischer Geschichte gedacht hatte. Erhalten sind jedoch nur 35 Bücher sowie eine Reihe von Auszügen und Zitaten in anderen Werken. Vollständig überliefert sind dabei die Bücher I-X mit der römischen Frühgeschichte sowie XXI-XLV (Buch XLI nur partiell) für die Jahre 218-167 v. Chr. Daneben liegen Fragmente der Bücher XCI und CXX vor. Über die verlorenen Textabschnitte gibt am besten die sog. Periochae Auskunft, eine im 4. Jh. n. Chr. entstandene Inhaltsgabe des gesamten Geschichtswerks, in der nur die Bücher CXXXVI und CXXXVII fehlen. Die Zuverlässigkeit der Periochae lässt sich dabei anhand von Inhaltsangaben zu insgesamt 14 Büchern überprüfen, die über andere Autoren erhalten blieben. Was die Überlieferungslage dieses schon in der römischen Kaiserzeit sehr beliebten Werkes angeht, das komplett von der Papyrusrolle in die Buchform übertragen wurde, dürften sich einzelne vollständige Texte bis zum Beginn des frühen Hochmittelalters hinein erhalten haben. Erst im 10. bzw. 11. Jahrhundert muss die Handschriftentradition für den gesamten Text abgebrochen sein: Die christlichen Kopisten waren offenbar nur noch an der römischen Frühgeschichte interessiert, für die allerdings Livius auf andere historiographische Quellen hatte zurückgreifen müssen.

Allem Anschein nach hat Livius selbst sein Geschichtswerk in Einzelabschnitten konzipiert, die er nach Fertigstellung auch jeweils veröffentlichte. Die Bücher I-V entstanden wohl vor dem Jahr 25 v. Chr., während er die Bücher VI-X noch vor 20 v. Chr. publizierte. Über die Periochae wissen wir außerdem, dass die Bücher CXXI-CXLII erst nach dem Tod des Augustus im Jahr 14 n. Chr. vorgelegt wurden, obwohl sie bereits früher abgeschlossen gewesen sein sollen. Als inneres Gliederungsschema legte Livius seinem Werk Pentekaidekaden (das griechische Wort für 15), also aus jeweils 15 Büchern bestehende Abschnitte zugrunde, was auch eine entsprechende, durch 15 teilbare Gesamtzahl an Büchern erwarten ließe. Diese größeren Abschnitte unterteilte er wiederum in drei Partien mit jeweils fünf Büchern. Somit umfassen die Bücher I-V die Phase von der legendären Gründung bis zum sog. Galliersturm im Jahr 387 v. Chr. Die weitere römische Frühgeschichte bis zum Ausbruch des Ersten Punischen Krieges im Jahr 264 v. Chr. findet man mitsamt einer zweiten Vorrede in den Büchern VI-XV. Es folgen die Bücher XVI-XX mit dem Ersten (264-241 v. Chr.), die Bücher XXI-XXX mit dem Zweiten Punischen Krieg (218-201 v. Chr.) sowie die Bücher XXXI-XLV in jeweils drei Dekaden mit der Schilderung der römischen Kriege in den östlichen Nachfolgestaaten des Reiches Alexanders des Großen in den Jahren 201-167 v. Chr. Aufgrund des Textverlustes kann man für den folgenden Stoff nur partiell eine sachlich-inhaltliche Gliederung erkennen, etwa für die Bücher XCI-CV, die Gnaeus Pompeius Magnus gewidmet sind, oder die Bücher CXXI-CXXXV, die von dem Aufstieg Octavians zur kaiserlichen Macht berichten und mit der Schlacht von Aktion im Jahr 31 v. Chr. enden, nach der Octavian den Titel eines Augustus (griech. sebastós, dt.: der Erhabene) annahm. Was die eigenen politischen Vorlieben des Livius angeht, lassen sich aus seinem Werk jedoch nur noch Tendenzen ableiten, da für eine definitive Beurteilung dieser Frage wichtige Partien fehlen. Generell kann man jedoch sagen, dass er sich eher dem senatorischen Adel der römischen Republik verpflichtet sah als einer monarchischen Staatsverfassung, wie sie von Caius Iulius Caesar oder von Octavian durchgesetzt wurde. Und trotz seiner klar erkennbaren Zustimmung zu einzelnen politischen Entscheidungen Octavians, teilte er sehr wohl die gängige Ansicht, dass nach dem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg und der enormen Ausdehnung der Römischen Reiches nunmehr auch mit einem Niedergang zu rechnen sei, was in der Institution des Prinzipats bereits angelegt sei. Diese Ausführungen lassen bereits erkennen, dass Livius ganz bewusst von der schlichten, an dem Jahresschema orientierten Darstellung seines Stoffs abweichen wollte. Vielmehr bildete er innerhalb seines Textes in sich abgeschlossene inhaltliche Blöcke. Dieses Konzept bot natürlich auch viel eher die Möglichkeit, solche Textstücke nach Fertigstellung zu veröffentlichen, ohne dass dafür das Gesamtwerk hätte vorgelegt werden müssen. Insgesamt passt er damit in seine Zeit, in der neue literarische Formen ausprobiert und entwickelt wurden, was nicht zuletzt mit dem steigenden Einfluss der griechisch-östlichen Kultur und Literatur zu tun hatte, eine Entwicklung, die besonders im 2. Jh. n. Chr. mit der sog. Zweiten Sophistik einen vorläufigen Höhepunkt erreichen sollte.

 

Was die formale Ausgestaltung des livianischen Geschichtswerks angeht, lassen sich in seiner Darstellung bereits dramatische oder auch romanhafte Elemente festmachen. Seine jeweiligen Protagonisten versucht er möglichst plastisch zu beschreiben, indem er deren (angenommene) Gefühlswelt sehr genau wiedergibt, um aufzuzeigen, wie sie zu einzelnen Entscheidungen gekommen sind. Dasselbe gilt für seine fiktiven, psychologisch sehr geschickt aufgebauten Reden, die er seinen Helden in den Mund legt, und die, ganz im Stile des Thukydides, zumeist auch den beabsichtigten Erfolg nicht verfehlen. Gerade für solche Stilelemente wird er bereits in der römischen Literaturkritik der Folgezeit sehr gelobt und als nachahmenswertes Vorbild betrachtet. Deswegen versteht es sich auch von selbst, dass das Werk des Livius sprachlich weitschweifiger ausfällt als etwa die Schriften eines Caesar oder eines Sallust, die sich nicht so sehr der literarisch gelungenen Ausführung ihrer Werke verpflichtet sahen als vielmehr einer präzisen, nüchternen Darstellung des Geschehenen – ohne damit jedoch deren literarischen Wert anzweifeln zu wollen. Mit den neuen politischen Verhältnissen hatte sich also auch der literarische Geschmack nicht wenig gewandelt. Allerdings führt gerade die facettenreiche Ausgestaltung bei Livius auch zu Zweifeln an seiner Glaubwürdigkeit, da stilistische Elemente erfahrungsgemäß auch bei Historikern immer dann greifbar werden, wenn ein Autor seine Vorlieben und damit auch seine eigenen Wunschvorstellungen schildert, wie ein historischer Vorgang hätte sein sollen.

An Quellen kann man für Ab urbe condita mit Sicherheit nur noch Polybios festmachen, besonders für die militärischen Auseinandersetzungen im östlichen Mittelmeergebiet, da dessen Geschichtswerk, wenn auch nur partiell, erhalten blieb. Allerdings übersetzte Livius den Polybios gelegentlich falsch ins Lateinische (etwa XIV 21, 6 gegenüber XXV 24,8; XXXI 15, 6; XXXIII 30, 11 u. a. m.). Andere Autoren, die er zitiert, sind etwa Quintus Claudius Quadrigarius oder Licinius Macer, doch kennen wir diese heute nur noch dem Namen nach. Umso wichtiger ist es jedoch, dass zumindest Teile des großen Geschichtswerks des Livius erhalten geblieben sind, das sich schon zu seiner Zeit, aber auch bereits zur Zeit seiner Wiederentdeckung und Rekonstruktion während der Renaissance einer sehr großen Beliebtheit erfreute.

Werk:

Titus Livius, Römische Geschichte. Lateinisch und Deutsch. Hrg. v. H. J. HILLEN und J. FEIX. 11 Bände. Düsseldorf und Zürich 1974-2000.

Weiterführende Literatur:

G. FORSYTHE, Livy in Early Rome. A Study in Historical Method and Judgement. Stuttgart 1999 (Historia. Einzelschriften, 132),

Chr. S. KRAUS, Latin Historians. Oxford 1997.

W. SCHULLER (Hrg.), Livius. Aspekte seines Werkes. Konstanz 1993 (Xenia, 31).

E. BURCK, Das Geschichtswerk des Titus Livius. Heidelberg 1992 (Bibliothek d. Klass. Altertumswiss., 2. Reihe, Neue Folge, Bd. 87).