Novemberrosen

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

„Guten Morgen, arbeitest du schon?“

„Guten Morgen.“ Er zieht mich zu sich und küsst mich zärtlich. „Ja, aber wenn ich dich so ansehe, hätte ich besser im Bett bleiben sollen.“

Er haucht mir einen Kuss in den Nacken. „Willst du noch immer flüchten?“

Ich drehe mich zu ihm und schüttle den Kopf, während ich in seine blauen Augen sehe. „Eigentlich wollte ich nie flüchten.“

Er streicht durch meine Haare die bestimmt wüst zerzaust sind und mustert mich in seinem Hemd.

„Steht dir gut mein Hemd, sieht an dir besser aus als an mir. Hast du gut geschlafen?“

„Ich habe lange nicht mehr so gut geschlafen, schon gar nicht in einem fremden Bett.“

„Schön. Hoffentlich kommt das nicht so oft vor, ich meine dass du in fremden Betten aufwachst?“

„Ich weiß nicht worauf du hinaus willst, aber nein, außer ich werde von einem Aufreißer mit einem Vorwand in fremde Häuser gelockt.“

„Klingt nach Vorwurf? Aber tut mir leid, ich habe kein schlechtes Gewissen und zum letzten Mal, ich bin kein Aufreißer.“

Er grinst süffisant, während er sanft mit seiner Fingerspitze von meiner Nasenspitze abwärts zum Hals über mein Dekolletee streicht und dann weiter über meinen Bauch und meinen rechten Oberschenkel, bis er an der Narbe auf meinem Schienbein stoppt. Er sieht mich fragend an.

„Autounfall. Ist schon lange her“, sage ich unaufgefordert. „Manche Verletzungen heilen, hinterlassen aber hässliche Narben, manche Verletzungen hinterlassen keine sichtbaren Narben, heilen aber nie“, füge ich noch hinzu.

Ich bin froh, dass er nicht weiter nachfragt, was mein Bein betrifft. Ich lege meine Hand auf sein Herz und gebe ihm einen Kuss, bevor ich von seinem Schoss aufstehe.

„Frühstückst du auch noch mit mir, oder schmeißt du mich gleich raus?“, frage ich etwas vorlaut, vielleicht auch um von meinem Bein abzulenken.

„Ich werde dich doch nicht mühevoll hierher locken und dann ganz einfach wieder raus schmeißen, das war nicht der Plan Mrs. Miller.“

Er steht auf und geht zum Kühlschrank. „Was hättest du denn gerne?“

„Tee wäre prima ansonsten bin ich nicht so wählerisch.“

„Ich sehe einmal nach was Magda eingekauft hat.“

Mein fragender Blick entgeht ihm nicht, und so erklärt er mir, dass Magda seine Haushälterin ist. Sie erledigt für ihn alles rund um Haus und Garten. Er ist sich sicher, dass sie ganz erfreut sein wird mich kennen zu lernen.

„Und Magda ist eine junge sexy Polin, oder wie darf ich sie mir vorstellen? Ich würde schon gerne wissen wer dein Bett macht…“, merke ich spöttisch an.

„Ich muss sagen für jemand der nur ein Herrenhemd trägt, bist du ganz schön vorlaut, aber ich danke dir, das hört sich gut an, ich werde darüber nachdenken ob ich Magda ein paar freie Tage gönne und dafür eine junge sexy Polin engagiere.“

Er sagt, dass ganz beiläufig, während er den Teekessel aufsetzt. Kopfschüttelnd schenke ich seiner Aussage keine weitere Beachtung, scheint mir so am besten. Während dem Frühstück erklärt er mir, dass er eigentlich geplant hat dieses Wochenende nur mit mir zu verbringen und nicht zu arbeiten, aber leider ist es jetzt doch anders gekommen. Ein wichtiger Geschäftspartner hat sich kurzfristig angekündigt. Er muss noch heute gemeinsam mit Richard nach Philadelphia fliegen.

„Ich habe vorhin schon mit ihm telefoniert, ich möchte dass du mich begleitest. Selma kommt auch mit und ihr könnt gemeinsam ein paar Stunden verbringen bis wir fertig sind. Natürlich nur, wenn du einverstanden bist?“

Ich zögere, ob es schon der richtige Zeitpunkt ist bei einem wichtigen Geschäftstermin dabei zu sein, aber nach kurzem Überlegen stimme ich doch zu.

„Ich hab nichts anzuziehen, also nicht hier.“

„Wieso? Mein Hemd steht dir doch gut?“, neckt er mich.

Ich stehe auf um das Frühstücksgeschirr abzuräumen, zuvor beuge ich mich noch lasziv über den Tisch zu ihm. Nachdem ich unter dem Hemd nichts trage verschafft ihm das mit ziemlicher Sicherheit einen reizvollen Ausblick.

„Also gut, ich kann auch nur im Hemd mitfliegen, ganz wie du willst, wenn das förderlich für deine Geschäfte ist.“

Er sagt kein Wort, aber seinem Blick nach zu urteilen gefällt ihm was er sieht.

„Ich befürchte so kommen wir nicht einmal bis zum Auto…“

„Gut…ich wundere mich sowieso schon warum dieser Aufzug dich kalt lässt.“

Ich öffne einen weiteren Knopf am Hemd. Er lehnt sich zurück, seine Augen glänzen.

„Lässt dich also doch nicht kalt?“

Ich öffne noch einen Knopf, auch wenn ich nicht nach unten sehe weiß ich, dass jetzt nicht mehr viel verborgen sein dürfte.

„Du bist ganz schön frech.“

„Meinst du?“ Ich beuge mich zu ihm und gebe ihm einen langen Kuss.

„Dann gehe ich mal unter die Dusche, hauche ich in sein Ohr.

Er zieht mich ohne Vorwahrung auf seinen Schoß.

„Später, ich helfe dir schon einmal beim Ausziehen.“

Er öffnet die restlichen Knöpfe vom Hemd und umfasst fest meine Hüften.

Ich grinse zufrieden.

Nachdem ich geduscht habe schlüpfe ich wieder in meine Sachen von gestern Abend. Wir machen uns auf den Weg zu meiner Wohnung. Max fährt heute selbst, Toni hat frei. Privat fährt er einen schnittigen dunkelgrauen BMW und zwar ein BMW 6er Gran Coupé hab ich mir erklären lassen, also doch Aufreißer Schlitten. Er hält mir galant die Wagentür vor meiner Wohnung auf. Da mich schon den ganzen Vormittag eine Frage beschäftigt, muss ich das jetzt auf der Stelle klären. Er geht hinter mir die Treppe zur Wohnung hinauf, vor der Wohnungstür bleibe ich kurz stehen, lege meine Arme um ihn und küsse ihn, worüber er ziemlich überrascht zu sein scheint. Ich wandere mit meinen Händen zu seinen Hosentaschen und greife hinein. Er blickt mich mit großen und überraschten Augen an.

„Suchst du etwas?“

„Ich wollte nur nachsehen ob du eigentlich immer so gut vorbereitest bis wie gestern Abend?“

Er lacht auf und nimmt meine Hände wieder aus seinen Taschen.

„Sagen wir es so, ich habe es darauf ankommen lassen und gehofft, dass es so kommt.“

Ich kräusle meine Lippen. „Also habe ich es dir zu leicht gemacht?“

Er nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und gibt mir einen weiteren Kuss, dann flüstert er in mein Ohr.

„Zum Glück war es nicht ganz so schwer wie ich es befürchtet hatte, worüber ich außerordentlich froh bin.“

Ich muss die Augen verdrehen, schüttle den Kopf und gehe in die Wohnung, er folgt mir.

Lizzy und Andy sitzen gerade beim Frühstück.

„Guten Morgen, ich bin gleich wieder weg ich muss mich nur kurz umziehen.“

Lizzys Mund steht offen als ich Max vorstelle, sie sieht komplett planlos aus und das kommt nicht oft vor. Trotzdem lasse ich die drei kurz allein und ziehe mich um. Ich habe gerade meine Haare fertig frisiert als es an der Tür klopft. Max steckt seinen Kopf ins Zimmer.

„Nimm auch gleich für morgen noch mit was du brauchst, ich hoffe du bleibst so lange bei mir?

„Wenn du mich so lange aushältst?“

„Ich hab keine Bedenken, aber im Notfall bin ich mir sicher wir finden eine Ablenkung.“

Er blinzelt mir zu.

„Deine Hosentaschen sind leer“, entgegne ich beiläufig.

Jetzt schüttelt er den Kopf und verdreht die Augen.

„Ich glaube wir beide haben noch viel Spaß zusammen…“

Ich hoffe das richtige Outfit für heute gewählt zu haben, Max sieht immer besonders gut und elegant aus. Ich bin mir nicht sicher ob ich da so richtig dazu passe und betrachte mich noch einmal im Spiegel. Die dunkle Hose sitzt knackig auf meinen Hüften und dazu trage ich eine seidige rosa Bluse mit Stehkragen. Meine Haare habe ich locker hochgesteckt. Max scheint es zumindest zu gefallen. Lizzy kann ihre Aufregung kaum verbergen und flüstert mir noch ins Ohr wie toll sie Max findet, bevor wir gehen. Als wir am Flughafen ankommen, warten Selma und Richard schon in der Maschine die bereits auf dem Rollfeld steht.

„Sag bloß du hast auch noch ein Flugzeug?“, frage ich mit Bewunderung.

„Nein leider, da muss ich dich enttäuschen, unser Geschäftspartner stellt uns die Maschine zur Verfügung, aber ich bin mir sicher du wirst den Flug dennoch genießen."

Selma ist sichtlich erfreut mich wieder zu treffen und auch ich bin froh dass sie dabei ist, alles ist so ungewohnt für mich. Sie schiebt mich gleich zum Platz neben ihr.

„Die Männer wollen sich bestimmt noch ein wenig vorbereiten, ich freue mich dass du mitkommst, es ist doch in Ordnung wenn wir du sagen? Wir werden uns jetzt vermutlich öfter sehen?“

„Ja gerne natürlich.“

Ich setzte mich neben sie, Max und Richard sitzen gegenüber und besprechen noch einige Details zum bevorstehenden Termin. Max sieht kurz auf und lächelt mir zufrieden zu, als er sieht dass ich mich gut unterhalte. Die Zeit vergeht schnell, Selma ist wirklich eine lustige aufgeweckte Person.

„Ich freue mich für Max, dass er dich kennen gelernt hat. Er scheint sehr glücklich zu sein“, flüstert sie mir ins Ohr.

„Das bin ich auch, er ist ein beeindruckender Mann.“

Selma nickt zustimmend. In Philadelphia angekommen werden wir bereits von einem Wagen erwartet der uns in die Stadt zum Termin bringt, dieser findet in einem wunderschönen, luxuriösen Hotel statt.

„Wir werden inzwischen ein bisschen die Stadt unsicher machen“, freut sich Selma

„Ich brauche dringend neue Schuhe, schließlich muss Richard sehen wofür er sein Geld verdient, wenn er schon am Wochenende arbeiten muss.“

Richard rollt mit den Augen, scheint seiner Frau aber nichts entgegnen zu wollen. Bevor wir uns trennen stellt mir Max aber noch seinen Geschäftspartner vor, auch seine Frau ist mit dabei. Andrew Hanson und seine Frau Claire. Sie kommt unüberhörbar aus Frankreich. Ich wechsle ein paar Worte auf Französisch mit ihr, worüber sie sich sichtlich freut. Max schaut mich komplett verwundert an.

 

„Du sprichst fließend Französisch?“

„Ich habe fünf Jahre ein französisch geführtes Mädcheninternat in der Schweiz besucht“, kläre ich ihn auf.

Er ist sichtlich überrascht.

„Claire würde uns sehr gern begleiten“, frage ich Selma die sofort einverstanden ist.

Während Max und Richard mit Andrew den Termin wahrnehmen, haben wir einen wundervollen Tag in der Stadt. Wir bummeln und shoppen und ich hätte mir nicht gedacht, so viel Spaß zu haben. Zum Abschluss nehmen wir noch einen Cocktail in einer gemütlichen Bar. Claire und Selma sind unglaublich nett, die Zeit vergeht wie im Flug. Vollbepackt mit Tüten kehren wir am Abend in das Hotel zurück. Die drei Männer erwarten uns bereits mit einem Aperitif an der Hotelbar. Meinem Eindruck nach ist der Termin gut verlaufen und alle erfreuen sich bester Laune. Max nimmt mich zur Begrüßung völlig selbstverständlich in den Arm und gibt mir einen Kuss.

„Hattest du einen schönen Tag?“

„Ja, es war ein erfolgreicher Tag.“

Ich zeige auf meine Tüten.

„Bei uns auch“, entgegnet er zufrieden.

Wir essen gemeinsam. Ich fühle mich richtig wohl. Es ist spät geworden als wir am Flughafen zum Rückflug nach New York eintreffen. Wir sitzen im Flugzeug bereit zum Abflug, als Max die Stewardess um eine Flasche Champagner und Gläser bittet, scheint also wirklich alles gut gelaufen zu sein.

„Also Ladys, das habt ihr wirklich grandios hinbekommen, das müssen wir feiern!“

Richard trippelt nervös wie ein kleiner Junge auf seinem Sitz.

„Der Deal ist unter Dach und Fach!“, ergänzt Max. „Und das haben wir nur euch zu verdanken. Andrew war so begeistert davon wie ihr Claire aufgenommen habt. Sie hatte in letzter Zeit gesundheitliche Probleme und der heutige Tag hat ihr scheinbar richtig gut getan.“

Ich freue mich, obwohl ich die ganze Aufregung gar nicht verstehen kann. Claire ist eine sehr nette Person und meiner Meinung nach haben wir nichts getan was außergewöhnlich war, und nichts was ich nicht sonst auch tun würde. Wir stoßen an, Max und Richard plaudern noch ausgelassen darüber wie gut alles gelaufen ist. Selma und ich unterhalten uns noch über den erfolgreichen Shopping Tag.

„Würde mich freuen wenn wir noch viel Gelegenheit haben etwas gemeinsam zu unternehmen. Ich hoffe Max tauscht mich nicht allzu bald aus, du hast ja schon bestimmt viele Damenbekanntschaften von Max miterlebt“, scherze ich mit dem Hintergedanken etwas mehr über seine Verflossenen zu erfahren.

„Glaub mir, es ist nicht Max Art jede Bekanntschaft so ernst zu nehmen.“

Klingt jetzt nicht gerade wie ein Plus für eine feste Beziehung, hätte ich besser nicht gefragt. Selma beugt sich näher zu mir. „Ja sicher, da gab es einige Frauen, aber eben Bekanntschaften, nichts ernstes.“ Sie denkt kurz nach. „Er hat noch nie eine Frau zu einem Geschäftstermin mitgebracht, ehrlich gesagt habe ich ihn noch nie so erlebt wie heute mit dir. Ich glaube du hast ihm so richtig den Kopf verdreht.“

Das wiederum klingt sehr gut. Es war ein anstrengender Tag und ich bin schon ziemlich müde als wir zurück zu Max Haus fahren, ich habe Mühe meine Augen offen zu halten.

„Du hast mich heute ein weiteres Mal überrascht.“

Er legt seine Hand auf meinen Oberschenkel.

„Fünf Jahre in einem Schweizer Mädcheninternat?“

Er blickt zu mir herüber als würde er eine Erklärung erwarten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt dazu etwas sagen will, schließlich ist der Grund für meine Ausbildung dort nicht gerade einen abendlichen Smalltalk mit einem Mann den ich erst so kurz kenne wert. Vielleicht sieht er mich dann mit anderen Augen. Ich bin nicht stolz auf meine Vergangenheit, der richtige Zeitpunkt wird schon kommen, aber dieser Moment ist auf keinen Fall passend dafür.

„Mein Vater sah sich nach dem Tod meiner Mutter nicht meiner Erziehung mächtig.“

Ich mache eine kurze Pause und blicke auf meine Hände. „Außerdem war er damit beschäftigt seine Affäre zu heiraten. Ich hätte sie nie als Mutterersatz akzeptiert und so war es vermutlich die beste Entscheidung für mich und ihn.“

Auch wenn das jetzt meinem Vater gegenüber ein bisschen unfair ist, sehe ich das für den Moment als beste Erklärung und gelogen ist es nicht, es ist eben nur ein Teil der Wahrheit. Ich entnehme Max Blick ein wenig Unverständnis.

„Glaub mir ich bin ein absoluter Fan von guten Schulen und solider Ausbildung, aber in deinem Fall bin ich mir dieser Entscheidung nicht sicher. Er hat seine Affäre geheiratet und dich ins Internat gesteckt?“

Jetzt ist sein Blick entgeistert. Ich nicke nur, mehr will ich dazu momentan nicht sagen, er scheinbar aber schon.

„Bitte versteh mich nicht falsch, du bist eine äußerst wohlerzogene und sensible Frau, aber genau deshalb glaube ich du hättest eine Familie gebraucht, du hast doch schon deine Mutter verloren?“

„Es ist gut so wie es war, meine Mum hätte niemand ersetzten können“, antworte ich leise, seine Worte sind warmherzig und doch fühle ich mich schlecht ihm nur die halbe Wahrheit erzählt zu haben.

„Ich kenne deinen Vater nicht, ich kann zwar nicht verstehen warum er so drastisch gehandelt hat, aber es steht mir auch nicht zu darüber zu urteilen.“

Ihm ist scheinbar nicht entgangen das mir dieses Thema zu schaffen macht.

„Bist du nach dem Internat gleich wieder zurückgekommen?“

„Nein, ich habe meine Ausbildung in der Schweiz absolviert und dort einige Jahre gelebt, so lange bin ich noch nicht zurück in New York.“

„Haben die Schweizer Männer denn keine Augen im Kopf?“ Er schaut mich ungläubig an. „Kann doch nicht sein, dass du dort keinem den Kopf verdreht hast? “

Ich schüttle nur den Kopf gepaart mit einem verlegenen Lächeln. Wir warten kurz bevor sich das Einfahrtstor öffnet, er beugt sich zu mir herüber.

„Gut so. Jetzt hast du mir den Kopf verdreht, zum Glück bist du zurückgekommen.“

Er wirkt so stark in seinem Anzug und der Krawatte, aber wenn er mich so ansieht ist er einfach nur süß, ich streiche ihm zärtlich über sein Gesicht, bevor das Tor offen ist und wir in die Garage einfahren. Ich dusche noch heiß und falle dann völlig fertig ins Bett. Meine Nase drücke ich in Max Kissen. Als er sich an mich schmiegt, mir sanft über die Haare streicht und mir einen Kuss in den Nacken gibt, wache ich noch einmal kurz auf.

„Ich wollte dir noch etwas sagen“, flüstert er in mein Ohr.

Ich öffne noch einmal kurz meine Augen.

„Jede Narbe heilt Luisa, auch die im Herzen, es braucht nur die richtige Medizin und ich glaube ich habe meine gefunden.“

Ich liege mit dem Kopf zum Fenster gedreht als ich aufwache. Draußen ist es schon hell und es stürmt und schneit. Ich drehe mich auf die andere Seite, heute liegt Max neben mir und wartet scheinbar schon darauf, dass ich munter werde. Er lächelt mich mit einem „Guten Morgen“ an.

„Heute noch nicht beim Arbeiten?“, frage ich noch müde.

„Nein, heute nicht. Heute nur wir beide.“

Er umschlingt mich fest. Ich schließe meine Augen noch einmal und schmiege mich fest an ihn.

Beim Frühstück fällt mir das Sonntagsessen bei Dad ein. Ich rufe ihn kurz an, wobei er nicht versteht warum ich heute keine Zeit habe, aber ich ignoriere seine Einwände, für mich gibt es jetzt wirklich Wichtigeres. Danach führt mich Max durch das ganze Haus. Es hat nur ein Geschoss mit Ess- und Wohnbereich, Schlafzimmer, Kleiderzimmer Bad, Gäste-WC und einem Wirtschaftsraum. Im Untergeschoß befindet sich noch Max Büro und ein Gästezimmer mit Gästebadezimmer. Es gibt auch einen Durchgang in die Garage. Das Haus ist durchdacht bis in das letzte Detail ich bin wirklich beeindruckt.

„Hast du hier schon mit deiner Frau gelebt?“

„Ich habe mit meiner Frau nie in den USA gelebt. Wir lebten in Irland nahe dem Haus meiner Schwester. Lauras Bruder wohnt jetzt mit seiner Frau dort. Ich musste nach Lauras Tod einfach weg, ich brauchte Veränderung. Richard war mein bester Freund seit dem Studium und als uns die Idee unserer eigenen Firma bei einigen Whisky kam, war ich sofort dafür alles aufzugeben und neu anzufangen. Das haben wir dann auch getan und den Rest der Geschichte kennst du ja. Ich habe einige Jahre in einer kleinen Wohnung in der Stadt gelebt bis Selmas Bruder, ein aufstrebender junger Architekt, mit der Idee für dieses Haus zu mir kam. Als er mir das Grundstück zeigte, konnte ich einfach nicht widerstehen.“

„Das kann ich gut verstehen, die Aussicht ist unglaublich, besonders von diesem Fenster aus. Das Licht spiegelt sich hier so wunderschön.“

Er stellt sich neben mich.

„Ja, tatsächlich. Ich habe hier noch gar nie so bewusst hinaus gesehen. Du siehst viele Dinge aus einem anderen Blickwinkel, das gefällt mir.“

„Das einzige was ich momentan sehe ist, dass ich unglaubliches Glück hatte dich zu treffen, ich habe noch nie einen Mann wie dich kennen gelernt.“

Ich lege meine Arme um seinen Hals. Ja er ist etwas Besonderes und trotzdem habe ich nicht den Mut ihm alles von mir zu erzählen. Wir verbringen den Tag gemütlich, am Nachmittag kuschle ich mich auf dem Sofa an ihn, ich wünsche mir die Zeit könnte still stehen.

„In ein paar Wochen ist Weihnachten. Ich werde meine Schwester besuchen und wir werden dann gemeinsam ein paar Tage in Island verbringen, zwar gekoppelt mit einigen Terminen aber ich bin zuversichtlich das die schnell erledigt sind. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen ohne dich zu sein, würdest du mich begleiten?“

Ich bin überrascht, damit habe ich nicht gerechnet. Meine Feiertage sind schon verplant, das ich plötzlich an Weihnachten nicht mehr allein bin, damit war vor ein paar Wochen noch nicht zu rechnen.

„Wir machen zu Weihnachten immer Familienurlaub, auch Lizzy und ihre Familie sind mit dabei. Das ist bei uns Tradition geworden seit ich ins Internat gekommen bin, es war die einzige Möglichkeit die Feiertage gemeinsam zu verbringen.“

Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, obwohl es vielleicht besser so ist, alles ist noch ziemlich frisch. Max scheint ein wenig enttäuscht zu sein, zeigt aber Verständnis.

„Verstehe, ich weiß zwar noch nicht wie ich das aushalten werde, aber wir haben bestimmt noch viele Möglichkeiten das nachzuholen.“

Er küsst mich liebevoll auf die Stirn. Das hoffe ich auch, am liebsten würde ich aber alles absagen und mit ihm kommen, es fällt mir schon schwer über den heutigen Abschied nachzudenken.

„Bringst du mich nachher nach Hause?“

„Möchtest du nicht hier bleiben?“

„Ich muss morgen schon um sieben Uhr im Krankenhaus sein.“

„Ich bringe dich morgen früh hin.“

Er zieht mich auf seinen Schoß und vergräbt seine Nase in meinen Haaren.

„Das heißt aber früh aufstehen morgen.“

„Ich denke dann wird es Zeit ins Bett zu gehen.“

Als er mit seinen Händen unter mein Shirt fasst und mich fest an sich zieht, hat er mich längst überredet. Er streicht zärtlich über die Haut auf meinem Rücken, jedes Haar auf meinem Körper stellt sich zustimmend auf.

„Jetzt schon ins Bett gehen?“, flüstere ich ihn sein Ohr und küsse seinen Hals.

„Ich habe kein Wort von schlafen gesagt“, entgegnend er.

„Schade.“

Ich inszeniere einen enttäuschten Blick der ihn zu überraschen scheint, bevor ich weiterspreche.

„Ich dachte du schläfst mit mir.“

Mir steigt über meine eigenen Worte etwas Röte zu Gesicht, ihm scheint das aber zu imponieren, seine Augen funkeln mich an. Er zieht mir mein Shirt über den Kopf und küsst mich innig. Dann dreht er mich mit einem Ruck auf das Sofa und legt sich auf mich.

„Du bringst mich um den Verstand, keine Ahnung wie ich jemals ruhig neben dir schlafen kann.“

Ich genieße jede Berührung und schließe meine Augen, Ich werde gleich den Verstand verlieren. Das ist das letzte woran ich noch denke. Um 05.30 Uhr reißt mich der Weckton meines Handys aus dem Schlaf. Ich öffne schlaftrunken meine Augen, Max Arme sind fest um mich geschlungen. Ich drücke den Wecker ab. Er sieht kurz auf und zieht mich noch fester an sich, ich habe Mühe mich zu bewegen

„Bleib hier“, grummelt er müde.

Das würde ich am liebsten auch tun, ich bin so müde, aber ich möchte nicht zu spät zur Arbeit kommen. Daher löse ich mich schweren Herzens mit mehreren Küssen aus seiner Umklammerung und hoffe, dass mich die Dusche munter macht. Max hat inzwischen Tee gemacht und mir sogar ein Frühstücksbrot gestrichen. Mir fehlt heute der Appetit und auch sonst bin ich schlapp, aber ihm zuliebe beiße ich ein paarmal ab.

 

„Komm ich fahre dich jetzt, sonst kommst du noch zu spät.“

Im Wagen muss ich ihn die ganze Zeit ansehen, ich kann es selbst nicht ganz glauben, aber ich habe mich wirklich ganz und gar verliebt.

„Alles ok Luisa?“

„Ja.“ Ich schnaufe tief durch. „Ich werde dich nur so vermissen, musst du wirklich die ganze Woche weg?“

Er lächelt mich an. „Ich vermisse dich auch jetzt schon, aber ja ich muss. Du kannst mich jederzeit begleiten. Du an meiner Seite, das könnte ich mir sehr gut vorstellen.“

Sein Vorschlag schmeichelt mir, obwohl ich mir niemals vorstellen könnte meine Arbeit aufzugeben. Ich löse mich nur schwer aus seiner Umarmung vor dem Krankenhaus und sehe ihm noch hinterher bis der Wagen in der Ferne verschwindet.