Selbstvertrauen

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Aus der Reihe: Quadro #62
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Woche 1 So wächst und sinkt Selbstvertrauen



1.1 Du hast Selbstvertrauen

Vertrauen ist eine Oase im Herzen, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird.

—Khalil Gibran

Es ist erstaunlich, was du alles kannst. Nimm bitte mal ein Glas oder eine Tasse in die Hand und trinke einen Schluck. Ja, wirklich jetzt. Lege das Quadro kurz zur Seite. Und probiere es aus.

Ich bin ziemlich sicher: Du kannst trinken. Du setzt das Glas an den Mund, hebst es hoch und trinkst, ohne dir viele Gedanken darüber zu machen. Du kannst das.

Es gab eine Zeit in deinem Leben, da konntest du das noch nicht. Beobachte mal ein kleines Kind, das lernt, aus Bechern zu trinken. Der Becher fällt oft zu Boden, der Winkel stimmt nicht und das Getränk landet nicht im Mund, sondern auf der Kleidung.

Es war mühsam, das zu lernen. Doch du hast es geschafft. Und viele andere Dinge auch: Laufen, Sprechen, Lesen, Schreiben, Radfahren. Fast jedem von uns passieren ab und zu Pannen: Wir verschütten ein Getränk, verschlucken uns, verhaspeln uns mit Sätzen. Doch grundsätzlich wissen wir: »Ich kann das.« In anderen Worten: Wir haben in diesem Bereich Selbstvertrauen.

Das ist die erste wichtige Erkenntnis: Du hast bereits Selbstvertrauen.

In einigen Lebensbereichen bist du sicher und handelst, ohne Unsicherheit und Zweifel zu spüren. Es tut gut zu erkennen: Die Unsicherheit herrscht nicht in allen Bereichen meines Lebens, sondern nur in manchen.

In vielen Bereichen handle ich bereits selbstsicher, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Nimm diese Bereiche der Selbstsicherheit bewusst wahr und genieße das Gefühl: Das kann ich sicher.

Denk mal

Welche Alltagshandlungen beherrschst du gut? Mache eine Liste mit mindestens 20 Dingen.

Mach mal

Nimm heute die vielen Handlungen, die du fast automatisch und mit großer Sicherheit ausführst, wahr. Spüre die Sicherheit im Körper.


1.2 Felder der Selbstsicherheit

Wenn das Glas halb leer ist, kannst du es auffüllen.

—Kerstin Hack

Jeder Mensch verfügt bereits über ein gewisses Maß an Selbstvertrauen. Da ist zum einen das Grundvertrauen, dass man bestimmte Alltagshandlungen einfach be-herrscht, ohne groß darüber nachdenken zu müssen.

Daneben gibt es vier große Bereiche des Lebens – die grundlegenden emotionalen Bedürfnisfelder. Sie spiegeln die zentralen Grundbedürfnisse des Menschen wider, die erfüllt sein müssen, damit man sich stark und sicher fühlt.

In diesen Bereichen kann man mehr oder weniger Vertrauen spüren:

 Leistung: Ich kann mein Wissen und meine Fähigkeiten einsetzen, um etwas zu bewirken.

 Sicherheit: Ich weiß, wie ich mich in der Welt um mich herum gut und sicher zurechtfinde.

 Verbundenheit: Ich kann mit anderen Men-schen oder auch Gott in Beziehung treten.

 Lebensfreude: Mir gelingt es, zu staunen und mich am Leben zu freuen.

Es ist selten so, dass ein Mensch in allen vier Bereichen gleichermaßen verunsichert ist. Meistens ist es so, dass man in ein bis drei Bereichen ganz gut zurechtkommt.

Man weiß beispielsweise, wie man im Alltag gut klarkommt, und kann auch Leistung bringen, aber fühlt sich unsicher in Beziehungen und spürt nur selten Leichtigkeit. Oder eben umgekehrt.

Es tut gut, mal zu überlegen und zu spüren, in welchen der vier Bereiche man schon etwas mehr Selbstvertrauen hat.

Denk mal

In welchem der vier Bereiche fühlst du dich eher unsicher, in welchen relativ sicher?

Mach mal

Male vier Gläser mit Strichen von 0 (gar nichts) bis 10 auf ein Blatt Papier – für jeden Bereich eins. Zeichne den Füllstand deines Selbstvertrauens ein.


1.3 Wie Selbstvertrauen entsteht

Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit.

—Erich Kästner

»Ich kann schon. Alleine!« Wer Kinder hat, kennt diesen Spruch. Stolz zeigen einem die Kinder ihre Fähigkeiten. »Ich kann schon laufen und Fahrrad fahren und alleine essen!«

Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wächst, wenn man etwas tut und erlebt, es funktioniert. Das fängt mit Schreien an.

Ein Baby weint und erlebt im Normalfall, dass ein erwachsener Mensch sich daraufhin um seine Bedürfnisse sorgt und ihm Nähe spendet, Nahrung gibt oder die Windel wechselt.

Das Kind erlebt sich als wirksam: Ich schreie, der andere reagiert.

Bei jedem Erfolg, den das Kind erlebt, schüttet das Gehirn unter anderem das Hormon Testosteron aus. Das löst das gute Gefühl von gesundem Stolz aus und die beim Kind noch unbewussten Gedanken »Ich habe etwas geschafft. Ich bin mächtig. Ich kann tatsächlich etwas bewegen!«

Deshalb lieben es viele kleine Kinder oft stundenlang das Licht an- und auszuschalten. Das verleiht ihnen das Empfinden von Macht und Einfluss. Sie erleben sich als wirksam.

Sich als wirksam zu erleben und mit positiven, stärkenden Gefühlen belohnt zu werden, stärkt wiederum den Wunsch, Neues auszuprobieren. Auf diese Art und Weise lernt der Mensch ständig Neues dazu und gleichzeitig wächst sein Selbstvertrauen.

Immer wieder zu erleben: Ich kann etwas, was ich vorher noch nicht konnte, lässt innere Sicherheit wachsen.

Verstärkt wird es durch Erwachsene, die sich über die Erfolge mitfreuen, jubeln und das Kind für seine Fortschritte loben.

Denk mal

An welche Situationen aus deiner Kindheit, in denen du etwas geschafft hast, kannst du dich erinnern?

Mach mal

Versuche dich an das Gefühl von Stolz und Selbstvertrauen zu erinnern, wenn du an Erfolge aus deiner Kindheit zurückdenkst.


1.4 Der Kreislauf des Vertrauens

Du kannst nur dann wachsen, wenn du eine Sache anpackst, die über das hinausgeht, was du bereits beherrschst.

—Ronald E. Osborn

Ich tue etwas. Ich erlebe, es wirkt, und spüre Resonanz. Ich bin gestärkt, etwas Neues zu wagen. Das ist kurz und knapp der Kreislauf des Selbstvertrauens.

Hier können in der Entwicklung an verschiedenen Stellen Brüche passieren.

Überfürsorge: Manche »Helikoptereltern« sind so um ihre Kinder besorgt, dass sie Kindern alles abnehmen wollen. Eine Klassenkameradin von mir wurde noch als 9-Jährige von ihrer Mutter angezogen. Ich vermute, dass sie nicht so viel Selbstvertrauen entwickeln konnte wie andere Kinder, die das schon früher alleine machten.

Fehlende Resonanz: Die Resonanz auf eine erbrachte Leistung kommt zum einen von innen – man spürt die stärkenden Gefühle. Und zum anderen von außen. Wenn auf ein »Schau mal, was ich kann!« keine Reaktion kommt oder gar Abwertung »Das ist doch nichts Besonderes!«, dann führt das dazu, dass man Erfolge und Leistungen nicht mehr mit anderen teilt und am Ende womöglich selbst gar nicht mehr wahrnimmt.

Als Erwachsene haben wir die Stimmen der wichtigen Menschen in unserem Leben perfekt verinnerlicht. Wir brauchen niemanden mehr, der uns von außen sagt: »Gut gemacht!« Im Idealfall haben wir es verinnerlicht.

 

Im schlechteren Fall hören wir innere Stimmen, die sagen: »Sei doch nicht so stolz!« oder »Das ist ja nichts Besonderes!« Oder wir nehmen gar nichts wahr, weil wir es trainiert haben, Erfolge nicht wahrzunehmen und uns gleich auf die nächste Aufgabe zu stürzen. Hier kann man neue innere Dialoge und Prozesse einüben.

Denk mal

Welche Sätze hast du in deiner Kindheit gehört, wenn du etwas gut gemacht hast?

Mach mal

Führe einen inneren Dialog. Denke an etwas, das du gut gemacht hast, und stelle dir vor, was ein stärkender Mensch dir Gutes dazu sagt.

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