50 Jahre Fußball-Bundesliga

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Champion mit nur 22 Gegentoren

In der Saison 1985/86 machte Werder Bremen von sich reden. Otto Rehhagel hatte sich 1982 die Dienste von Rudi Völler gesichert, der bis dahin beim Zweitligaklub TSV 1860 München tätig war, und in Bremen eine schlagkräftige Mannschaft gebastelt. Zunächst aber musste er den Münchnern und seinem Intimfeind Udo Lattek 1987 zum zweiten Hattrick gratulieren, nach dem es 1986 ganz und gar nicht aussah: Werder hatte es auf dem Fuß, den Bayern den Titel zu entreißen, doch ein vergebener Elfmeter im Gigantenduell am vorletzten Spieltag sollte Folgen haben (siehe auch: »Entscheidungen auf der Ziellinie«).

In der Saison 1987/88 vermasselte Rehhagel dann den Münchnern zum ersten Mal die Tour: Die Bremer wurden mit den wenigsten Gegentoren in 40 Bundesligajahren (nur 22) nationaler Champion – ein Verdienst vor allem von Torhüter Oliver Reck, der souveränen Innenverteidiger Gunnar Sauer und Rune Bratseth sowie des neuen Stürmerstars Karlheinz Riedle von Blau-Weiß Berlin. Was Rehhagel mit Publikumsliebling Rudi Völler, der für 7,5 Millionen 1987 zu AS Rom wechselte, und dem eleganten Libero Bruno Pezzey nicht gelungen war, schaffte er mit Riedle. Zwei Jahre nach diesem Titelgewinn sollte ihm freilich auch der neue Torjäger abhanden kommen: 11 Millionen Mark zahlte Lazio Rom für den gebürtigen Bayern, eine Summe, der Werder-Manager Willi Lemke nicht widerstehen konnte.


Im Copress-Buch »Internationale Fußballstars«, trägt seine Geschichte die Überschrift »Der elegante Riese«. Bruno Pezzey gewann mit der Frankfurter Eintracht 1980 den UEFA-Pokal und ging 1983 nach Bremen. Hier löste der Vorarlberger ein Fußballfieber aus: Schon vor seinem ersten Auftritt verkaufte Werder in wenigen Tagen 6500 Dauerkarten. Meister aber wurden die Bremer auch mit Pezzey nicht.

Das Trio Täuber

Gleich drei Brüder Täuber spielten in der Bundesliga, und alle drei beim FC Schalke 04: Jürgen in der Saison 1980/81, der elfeinhalb Jahre jüngere Stephan in der Saison 1986/87 und Klaus von 1984 bis 1987. Von 1978 bis 1980 hatten Jürgen und sein drei Jahre jüngerer Bruder Klaus zwei gemeinsame Bundesligajahre beim 1. FC Nürnberg ver bracht. Nach seiner Schalker Zeit spielte Klaus Täuber noch zwei Jahre bei Bayer Leverkusen und wurde mit dem Konzernklub 1988 UEFA-Pokalsieger.


Neun Jahre lang, von 1986 bis 1995, organisierte der Norweger Rune Braseth bei den Bremern das Spiel in der Defensive mit großem Erfolg.


Gleich zweimal durfte Otto Rehhagel in Bremen den Meisterteller stemmen, 1988 und 1993. Hier die Mannschaft, die 1993 erfolgreich war. Zu erkennen sind von links: Co-Trainer Kamp, Herzog, Klaus Allofs, Harttgen, Trainer Rehhagel, Bockenfeld, Rufer, Legat, Hobsch, Schaaf (inzwischen Trainer) und Kohn.

Heynckes versprach den Europapokal

Der FC Bayern und sein neuer Trainer Jupp Heynckes kamen 1988 auf Platz zwei. Punktgleich mit den Kölnern, bei denen Udo Lattek inzwischen als Sportdirektor hinter den Kulissen herumwirbelte und sich mit dem Trainer-Frischling Christoph Daum anschickte, dem Bayern-Gespann Hoeneß/Heynckes zu zeigen, »wo der Bartel den Most holt« – ein Unterfangen, dem kein Erfolg beschieden sein sollte (siehe auch: »Psychotricks der Trainer«).

Werder Bremen unterbrach nur die Erfolgskette der Münchner, die auch ohne die nach Mailand abgewanderten Nationalspieler Matthäus und Brehme und dem nach Dortmund gewechselten Michael Rummenigge mit dem Ex-Schalker Olaf Thon den Ton angaben. Wie gehabt jubelten Zehntausende 1989 und 1990 ihrer Mannschaft und Trainer Heynckes auf dem Marienplatz in München zu. Dabei machte der Ex-Gladbacher nur den Fehler, dem Publikum in der nächsten Saison den Europapokal zu versprechen. Das Vorhaben misslang Heynckes genauso wie in Köln dem Duo Lattek/Daum, die Meisterschale an den Rhein zu holen.

Mit Nationalspielern wie Torhüter Bodo Illgner, Pierre Littbarski, Thomas Häßler, Uwe Rahn, Thomas Allofs, Morten Olsen oder Flemming Povlsen waren die Kölner noch prominenter besetzt als die Münchner, die den Kölnern 1989 Jürgen Kohler abspenstig gemacht hatten. 1990 wurde Thomas Häßler für 15 Millionen Mark an Juventus Turin verkauft und Trainer Daum während der WM in Italien in Schimpf und Schande entlassen. Anschließend geriet »Die Diva vom Rhein« durch Fehlinvestitionen in große sportliche und finanzielle Turbulenzen, für die hauptsächlich Klubpräsident Dietmar Artzinger-Bolten und Sportdirektor Lattek verantwortlich waren. Der 1. FC Köln verschwand aus dem Rampenlicht; weder die Trainer Erich Rutemöller noch Jörg Berger, Morten Olsen oder Peter Neururer konnten den Abwärtstrend stoppen.


Ein zufriedener Klaus Augenthaler mit dem Meisterteller im Ermüdungsbecken: Das Bild entstand nach Ende des Saison 1988/89, in der Kölns Trainer Daum vergeblich versucht hatte, durch Pöbeleien gegen Bayern-Trainer Heynckes die Münchner aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen.

Belgien als Wohnsitz der Steuer wegen

Mitte der 90er-Jahre lockte der 1. FC Köln, bei dem es nach dem Verkauf von Thomas Häßler 1990 sportlich und finanziell bergab gegangen war, mit einem Tipp an den Rhein, der die Klubkasse spürbar schonte. Der Vorstand verwies in Vertragsverhandlungen auf die Möglichkeit, im nahen Belgien zu wohnen. Im Nachbarland mussten sie nur einen Bruchteil der Steuern entrichten, die ihnen der Fiskus diesseits der Grenze abnahm. Spieler wie Frank Greiner, Rico Steinmann, Hendrik Andersen und Bruno Labbadia folgten der Empfehlung. Toni Polster, in Köln zur Kultfigur geworden, verzichtete aus zeitökonomischen Gründen auf das Angebot. Pech für Greiner: Die Steuerfahnder kamen dem Franken auf die Schliche. Da er sich vorwiegend in Köln aufhielt, musste er Steuern nachzahlen.

Effenbergs dummer Spruch

In München steuerten Manager Uli Hoeneß und Trainer Heynckes den dritten Bundesliga-Hattrick des FC Bayern an. Optimistisch verkündete Fritz Scherer, damals Klubpräsident: »Wir haben den jüngsten und erfolgversprechendsten Lizenzspielerkader der Vereinsgeschichte.« Doch mit dem exzentrischen Stefan Effenberg, dem dänischen Dribbelkünstler Brian Laudrup, dem beim Karlsruher SC abgeworbenen Michael Sternkopf und dem jungen Christian Ziege aus dem Talentschuppen Hertha Zehlendorf Berlin handelten sich die Münchner nicht nur Freude ein. Effenberg entpuppte sich als Unruhestifter und Provokateur (siehe auch »Emotionen«). Spätestens am 23. Spieltag ging mit dem 1:2 auf dem Betzenberg Platz eins der Tabelle an den 1. FC Kaiserslautern und die Zuversicht verloren, den Titel zum zweiten Mal erfolgreich zu verteidigen. Die »Roten Teufel« mit Altmeister Karlheinz Feldkamp als Trainer gaben die Führung nicht mehr ab und beschenkten 40 000 mitgereiste Pfälzer am letzten Spieltag der Saison 1990/91 in Köln mit einem grandiosen 6:2-Sieg und der Meisterschaft. Gereizt hatte die Mannschaft um Stefan Kuntz auch Stefan Effenberg mit seinem Spruch, dass »die anderen einfach zu dumm für den Titel sind und wir deshalb Meister werden.«

Die Pfälzer steckten schwerwiegende Verletzungen (Bänderrisse bei Kuntz, Friedmann, Roos und Lelle, zweimal Achillessehenriss bei Lutz und Jochbeinfraktur bei Stumpf) ebenso weg wie sechs Platzverweise und die 2:3-Niederlage im letzten Heimspiel gegen Gladbach, die einen Sieg in Köln notwendig machte. Auch im Europapokal gaben die Lauterer eine gute Figur ab. Im Achtelfinale scheiterten sie auf höchst dramatische Weise am FC Barcelona. 3:0 führten sie auf dem Betzenberg und sahen sich nach dem 0:2 im Hinspiel schon im Viertelfinale, als José Mari Bakero Sekunden vor dem Abpfiff das 1:3 gelang.

17 Millionen Mark für Kohler

Der FC Bayern empfand den Titelverlust durch den krassen Außenseiter als Demütigung. Mit dem Weggang von Kohler und Reuter zu Juventus Turin und dem Abschied von Abwehrchef Augenthaler verlor die Mannschaft vor der Saison 1991/92 Substanz und Leitfiguren. Manager Hoeneß freute sich zwar über die 17 Millionen Mark, die Juventus für Kohler überwies – eine geradezu abenteuerlich hohe Summe für einen Abwehrspieler –, bedauerte aber schnell, dass Thomas Berthold, zurück aus Rom, und Oliver Kreuzer nicht die erhofften Verstärkungen wurden. Um mit Spielern wie Ziege, dem Holländer Wouters, Strunz, Laudrup, Effenberg, Thon, Wohlfarth, Berthold, Sternkopf und Pflügler in die Nähe eines Abstiegsplatzes zu geraten, bedurfte es schon extremer Unstimmigkeiten. Fehden zwischen Effenberg und Thon, zwischen Effenberg und Pflügler sorgten für Anarchie. Zudem fielen wichtige Spieler wie Torhüter Aumann und Laudrup mit Kreuzbandriss und Strunz mit gerissenem Bändern im Sprunggelenk viele Monate aus.

 

Im Oktober 1991 musste Heynckes gehen. Zum Krisenmanager wurde der Däne Sören Lerby bestellt, den Franz Beckenbauer, im selben Jahr zum 2. Vorsitzenden gewählt, bald wieder nach Hause schickte. Dem Bayern-Hauptsponsor Opel spannte er Repräsentant Erich Ribbeck aus, der Schlagzeilen vor allem durch seinen Dauerkrach mit Weltmeister Berthold produzierte. »Sir Erich« setzte den Frankfurter Bankierssohn auf die Tribüne, was Schatzmeister Kurt Hegerich provozierte, Hobbygolfer Berthold als »bestbezahlten deutschen Golfprofi nach Bernhard Langer« zu bezeichnen. Als der von Beckenbauer dann der für die Saison 1993/94 geforderte Titel zu entgleiten drohte, gab er Ribbeck den Laufpass und fuhr selbst die zwölfte Bundesligameisterschaft ein. 1992 hatte der VfB Stuttgart mit Daum als Trainer und Dieter Hoeneß als Manager in einem Herzschlagfinale (siehe auch: »Entscheidungen auf der Ziellinie«) den Favoriten Frankfurt und Dortmund den Titel weggeschnappt. 1993 war »König Otto« in Bremen der zweite Triumph gelungen.


Ein Abschied, bei dem Tränen flossen: Nach 14 Jahren verläßt Otto Rehhagel 1995 Werder Bremen in Richtung Bayern München. Klubpräsident Franz Böhmert, Chefarzt am Bremer Krankenhaus »Links der Weser«, will es gar nicht wahr haben, dass sein Duzfreund Otto geht.

Fichtel mit 43, Stein mit 42 noch aktiv

Klaus Fichtel war 43, als er zum letzten Mal um Bundesligapunkte kämpfte. Am 34. Spieltag der Saison 1987/88 verlor er mit Schalke im Parkstadion gegen Werder Bremen 1:4 und stieg zusammen mit dem von Klubchef Günter Siebert in Köln verpflichteten Toni Schumacher ab.

Uli Stein verabschiedete sich mit 42 von der großen Bühne. Im 1:1-Spiel beim Hamburger SV im April 1997 stand er ein letztes Mal im Tor, half mit, Arminia Bielefeld vor dem Abstieg zu retten. Vorher hatte er acht Jahre lang sein Können beim HSV gezeigt (siehe auch: »Emotionen«), mit dem er 1983 Europapokalsieger der Landesmeister war. 42 Jahre alt war auch Harald »Toni« Schumacher, als er beim BV Borussia Dortmund noch einmal ins Bundesligator durfte. Der Kölner, der damals in Dortmund als Torhüter-Trainer beschäftigt war, verbrachte am 34. Spieltag der Saison 1995/96 im Spiel gegen den SC Freiburg (3:2) die letzten zwei Minuten für Teddy de Beer zwischen den Pfosten.

Als 40-Jährige machten Manfred Burgsmüller und Mirko Votava ihren letzten Kick, beide bei Werder Bremen, Burgsmüller in der Saison 1989/90, Votava in der Saison 1996/97.


23 Jahre, von 1965 bis 1988, spielte er in der Bundesliga – ein Rekord für die Ewigkeit. Woher, fragten sich Fachleute, holte dieser Klaus Fichtel nur seine Energien her? Stets wog der Spieler, der die meisten Jahre bei Schalke verbrachte, 65 Kilo, war schlank wie eine Tanne und wurde deshalb auch »Tanne« gerufen.

Rehhagel schockierte Bremen

Zufrieden zog Rehhagel nach seinem zweiten Titelgewinn 1993 mit Werder Bilanz. Meistens hatte der gebürtige Essener die richtigen Spieler an die Weser geholt: 1989 den pflegeleichten und schussgewaltigen Neuseeländer Wynton Rufer von den Grashoppers Zürich, 1990 Altstar Klaus Allofs von Girondins Bordeaux als Mann für alle Fälle, 1992 Andreas Herzog von Rapid Wien, einen hervorragenden Spielgestalter, und Abwehrspieler Dietmar Beiersdorfer aus Hamburg. 1993 konnte ihn keiner davon abhalten, den schwierigen, aber hochbegabten Mario Basler dem damaligen Zweitligaklub Hertha BSC auszuspannen.

Als Rehhagel dann während der Saison 1994/95, die er gern mit einem weiteren Titelgewinn abgeschlossen hätte (erst das 1:3 am Schlusstag beim FC Bayern verhinderte das), bekannt gab, dass er zum FC Bayern gehen werde, wo Italiens Startrainer Giovanni Trapattoni den »FC Hollywood« nur ein Jahr aushielt, brach für die Bremer eine Welt zusammen, vor allem für Werder-Präsident Franz Böhmert. Weniger schockiert war Manager Lemke, der unter den Launen des Fußballimperators viel zu leiden gehabt hatte. Auch der »Spiegel« ließ das Ereignis nicht unkommentiert: »In den 14 Jahren der Herrschaft Ottos über Bremen war der Sportverein Werder zur Seele der Stadt geworden, die sich an den Siegen der erfolgreichsten Mannschaft jener Jahre so gern berauschte, weil es ansonsten wenig Berauschendes gab.«

Eine Ansammlung von Hochkarätern

In München versuchte Rehhagel es allen Recht zu machen, Franz Beckenbauer genauso wie der Klatschpresse oder den Landespolitikern der CSU. Trotz seiner Freundschaft zum eher SPD-nahen Theaterintendanten Jürgen Flimm hatte er keinerlei Berührungsängste zu Edmund Stoiber und dessen CSU. Seine Frau Beate bot sich sogar als Kulturministerin an. Mit seinem Anliegen, Jürgen Klinsmann nach dessen Rundreise (VfB Stuttgart, Inter Mailand, AS Monaco, Tottenham Hotspurs) unbedingt nach München zu holen, rannte er bei Beckenbauer offene Türen ein. Klinsmann war nicht nur gut für den Fußball, sondern auch für das Merchandising-Geschäft – ein Steckenpferd von Manager Hoeneß. Schon in London hatte Klinsmann seinem Klub neben vielen Toren auch beachtliche Umsätze im Vertrieb von Fan-Artikeln beschert. Kein Trikot ging besser als das des gelernten Bäckers.

Aufstand gegen Trainer Heynckes

Im Dezember 1994 hatte Jupp Heynckes, seit Saisonbeginn Trainer der Frankfurter Eintracht, den begründeten Verdacht, dass die Stars Anthony Yeboah, Jay-Jay Okocha und Maurizio Gaudino ihr Trainingspensum provokativ lustlos abspulten. Deshalb bat Heynckes das Trio am Tag vor dem Spiel gegen den HSV am Nachmittag zu einer zweiten Übungseinheit.

Nachdem alle drei recht missmutig ihren Straflauf durch den Riederwald beendet hatten, meldeten sie sich beim Trainer krank. Yeboah hatte schon vorher gedroht: »Wenn ich heute zweimal trainieren muss, kann ich morgen nicht spielen.« Anschließend wurden die Rebellen suspendiert: Yeboah an Leeds United, Gaudino an Manchester City abgegeben. Nur Okocha durfte bleiben, weil sich in der Winterpause kein Verein für ihn fand.

PS: Jupp Heynckes trat am 31. März 1995 nach einer 0:3 Heimniederlage gegen den FC Schalke als Trainer zurück. Sein Assistent Horst Köppel ging mit ihm, mochte im Gegensatz zu seinem Chef indes nicht auf eine Abfindung verzichten.

Zwei Große, die am Leben scheiterten

Die Fans lagen ihnen zu Füßen: Reinhard »Stan« Libuda und Rudi Brunnenmeier waren die geliebten Helden ihrer Zeit. Das Leben nach dem Fußball aber bekamen sie nicht in den Griff. Vom Schalker Dribbelgenie Libuda hieß es leicht ironisch, er sei an jedem vorbeigekommen, nur an der Flasche nicht. Ähnliches lässt sich von Brunnenmeier sagen, dem legendären Torjäger der Münchner »Löwen«. Der eine, Libuda, starb mit 52 an Herzversagen, der andere, Brunnenmeier, mit 62 an Krebs.

In einem Nachruf auf Brunnenmeier schrieb Hans Eiberle in der »Süddeutschen Zeitung « vom 22. April 2003: »Stets beteuerte Brunnenmeier, er sei nicht unzufrieden mit seinem Leben. ›Ich war Spielführer der Nationalmannschaft, Deutscher Meister, Torschützenkönig der Bundesliga, Pokalsieger und im Europapokalfinale im Wembleystadion. Das kann mir keiner mehr nehmen.‹ Glatt gelogen. In den nüchternen Phasen seines verpfuschten Lebens kehrten die Erinnerungen zurück. Daran, wie sein Friseursalon pleite ging, wie seine Frau das gemeinsame Haus verkaufte und verschwand. Wie er sein Geld in der Spielbank verzockte. An die Gefängnisstrafen wegen Trunkenheit und Urkundenfälschung. Dann litt Rudi Brunnenmeier, fürchtete Hohn und Spott, zu Unrecht auch von hilfsbereiten ehemaligen Mitspielern. Beim 30. Jahrestag der Meisterschaft fehlte er – als einziger.«

»Stan« Libuda übernahm nach seiner wechselvollen Karriere (siehe auch: »Der Bundesligaskandal«) den Tabakund Zeitschriftenladen der Schalker Legende Ernst Kuzorra und ging schnell in Konkurs. Erst 2003 entdeckte »Bild« auf dem Grabstein einen Namensfehler: »Rainhard« statt »Reinhard« heißt es auf der Inschrift. Schalke-Manager Rudi Assauer, 1966 Libudas Mannschaftskamerad bei der Dortmunder Borussia, die in Glasgow mit einem 2:1 über den FC Liverpool den Europapokal der Pokalsieger gewann, entschloss sich daraufhin, einen neuen Grabstein zu kaufen.


Reinhard »Stan« Libuda wurde Europa pokalsieger mit Borussia Dortmund (1966), DFBPokalsieger mit dem FC Schalke 04 (1972) und anschließend im Bundesliga skandal wegen Annahme von Bestechungsgeld lebenslänglich gesperrt. Am 5. Januar 1974 war der Dribbelkünstler dann wieder frei.

Außer »Klinsi« landeten neben Rehhagel mit Andreas Herzog, Ciriaco Sforza und dem vormaligen Bayern-Profi Thomas Strunz (zwischenzeitlich beim VfB Stuttgart) 1995 weitere Alphatiere in München. Und mit dem Franzosen Jean-Pierre Papin war schon 1994 internationales Flair bei den Bayern eingezogen.

»Wir haben jetzt eine Ansammlung von großen Stars wie es der AC Mailand schon seit Jahren kennt«; sah Uli Hoeneß die Münchner in der High-Society des europäischen Fußballs angekommen. Entsprechend hoch war die Erwartungshaltung. Beckenbauer verlangte vom neuen Trainer, dessen Werbekappe er gerne aufsetzte (»Otto … find’ ich gut«) nicht nur viele Punkte, sondern auch schöne Spiele, die er seit Jahren vermisste.


In zwei Jahren beim FC Bayern (1994 bis 1996) brachte es Frankreichs Stürmerstar Jean-Pierre Papin, der vom AC Mailand kam, gerade mal auf drei Tore. Meister wurde Papin in Deutschland nicht. Aufsehen erregte er mit der BayernSchelte: »In diesem Klub verpfeift einer den andern; Solidarität ist hier ein Fremdwort.«

Fünf Tore in einem Spiel schafften:

Karl-Heinz Thielen am 7.12.1963 im Spiel Köln – Kaiserslautern 5:1

Rudi Brunnenmeier am 27.2.1965 im Spiel 1860 München – Karlsruhe 9:0

Franz Brungs am 2.12.1967 im Spiel Nürnberg – FC Bayern 7:3

Klaus Scheer am 1.9.1971 im Spiel Schalke – Köln 6:2

Gerd Müller am 19.2.1972 im Spiel FC Bayern – Oberhausen 7:0,

am 5.5.1973 im Spiel FC Bayern – Kaiserslautern 6:0,

am 11.6.1976 im Spiel FC Bayern – Hertha BSC 7:4,

am 11.9.1976 im Spiel FC Bayern – Tennis-Borussia Berlin 9:0

Jupp Heynckes am 29.4.1978 im Spiel Gladbach – Dortmund 12:0

Manfred Burgsmüller am 6.11.1982 im Spiel Dortmund – Bielefeld 11:1

Atli Edvaldsson am 6.6.1983 im Spiel Düsseldorf – Frankfurt 5:1

Dieter Hoeneß am 25.2.1984 im Spiel FC Bayern – Braunschweig 6:0

Jürgen Klinsmann am 15.3.1986 im Spiel Düsseldorf – Stuttgart 0:7

Frank Hartmann am 1.11.1986 im Spiel Kaiserslautern – Schalke 5:1

Michael Tönnies am 27.8.1991 im Spiel Duisburg – Karlsruhe 6:2


Als er auf Wunsch von Otto Rehhagel 1995 zum FC Bayern geholt wurde, hatte Jürgen Klinsmann drei Auslands-Engagements hinter sich (Inter Mailand, AS Monaco und Tottenham Hotspur). Schon vorher war der gelernte Bäcker in München ein Thema gewesen. 1992 wollte er nicht und 1994 winkte Manager Hoeneß ab, weil ihm durch den Kauf von Papin und Sutter das Geld ausgegangen war.

Klubs, die im Nichts verschwanden

Insgesamt 14 Jahre spielte Bayer 05 Uerdingen in der Bundesliga. 1995 wurde der Werksklub nach der Trennung von der Bayer AG in KFC Uerdingen 05 umbenannt. Ohne die finanzielle Unterstützung des Weltunternehmens setzte rasch der sportliche Absturz ein. Vor der Insolvenz wurde der KFC durch Unterstützungsaktionen aus der Fanszene und die Einnahmen von Freundschaftsspielen gegen Rot-Weiß Oberhausen und den MSV Duisburg gerettet. Der Aufstieg in die Regionalliga gelang den Krefeldern bislang nicht, der KFC bleibt auch in der kommenden Spielzeit fünftklassig.

 

In der Saison 1973/74 war Fortuna Köln eine Saison lang Mitglied der Bundesliga. Jahrelang versuchte Mäzen Jean Löring vergeblich, den Klub aus der Südstadt wieder nach oben zu bringen. Als »De Schäng«), 2001 in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde es auch für die Fortuna eng. Die Insolvenz konnte durch die Hilfe einer Online Community mit 10 000 zahlenden Mitgliedern abgewendet werden. Gegner in der Regionalliga West ist nun Rot-Weiss Essen, wo immerhin sechs Jahre Bundesligafußball gespielt wurde.

2003 tauchte der SV Waldhof Mannheim, bei dem einst Sepp Herberger spielte, in die Niederungen des deutschen Fußballs ab. Der Klub, der sieben Jahre der Bundesliga angehörte (1983–1990) war nach dem Abstieg aus der 2. Bundesliga nicht in der Lage, die Regionalliga-Auflagen zu erfüllen und 700 000 Euro aufzubringen. Der SV Waldhof, der Insolvenz beantragte, wurde in die 4. Liga versetzt. Inzwischen spielt der Klub in der Regionalliga Südwest immer noch viertklassig. Bundesliga-Gründungsmitglied Preußen Münster gehört immerhin wieder der Dritte Liga an.