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Die Juweleninsel

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»Mylungen? Ein Süderländer? Ah, ich erinnere mich. Sie wurden bei uns naturalisirt, damit Sie nicht in die Dienste Süderlands zu treten brauchten?«

»So ist es, Königliche Hoheit,« antwortete der junge Graf.

»Diese interessante Angelegenheit kam auch mir in die Hand, und ich gab meine Unterschrift und mein Fürwort, ohne den Grund zu kennen, der Sie veranlaßte, norländische Dienste zu nehmen. Darf man ihn erfahren?«

»Königliche Hoheit, Familienangelegenheiten – —«

»Ah, so – —! Man darf nicht allzu wißbegierig sein, aber es ist mir doch, als ob ein Weniges von diesen Familienangelegenheiten auch vor mir zur Sprache gekommen sei. Erscheint Ihr Herr Vater bei Hofe?«

»Nein.«

»Ich höre, der König von Süderland schenke ihm seine Achtung.«

»So ist es, Papa aber zieht sich zurück, um Begegnungen zu vermeiden, welche sehr im Stande sein dürften, unangenehme Gefühle in ihm zu erwecken.«

»Ich verstehe das, und da ich die betreffende Person genau kenne, so sagen Sie Ihrem Vater, dem Grafen, daß ich ihm gern zur Verfügung stehe, wenn es einmal gelten sollte, die betreffenden Angelegenheiten zu entwickeln.«

Hierauf wandte er sich wieder an Kurt:

»Wie lange bleiben Sie hier?«

»Nur einige Stunden, Hoheit.«

»Oho!« fiel Schubert ein. »Ich glaupe gar, heute schon wieder fortgehen!«

»Allerdings, Onkel; aber ich komme sehr bald wieder.«

»Wo willst Du denn hin?«

»Das ist sehr leicht zu errathen: zum General. Ich bin sein Pflegesohn, und da versteht es sich von selbst, daß ich mich ihm noch heute vorstelle.«

»Weiß er wann Du kommst?«

»Ich habe geschrieben, daß ich morgen komme; ich will ihn überraschen, gerade wie Euch.«

»Aper Du mußt sehr pald wiederkommen, das sage ich Dir sehr ernstlich!«

»Gewiß, Onkel; Du kannst darauf rechnen.«

»Und wenn Du nach Helpigsdorf kommst, so grüße mir Deine Mutter.«

»Versteht sich!«

»Und die kleine Magda, und den Herrn General und die drei Jungfern.«

»Natürlich Alle!«

»Und – ja, was ich sagen wollte, ich hape einen Prief pekommen. Rathe einmal, von wem er ist!«

Ueber das Gesicht Kurts fuhr die Röthe der Freude.

»Von – von meinem Väter?«

»Ja.«

»Wo hast Du ihn?«

»Dropen in der Kommode.«

»Hole ihn, lieber Onkel, hole ihn! Ach, Entschuldigung, Königliche Hoheit!«

»Geniren Sie sich nicht! Es ist leicht begreiflich, daß der Sohn sich sehnt eine Nachricht vom Vater zu erhalten. Apropos, Sie haben ihn noch gar nicht gesehen?«

»Noch niemals.«

»Seltsame Umstände! Die Verhältnisse haben es so gefügt, daß sein Schiff sehr lange Zeit die Heimath nicht angelaufen hat. Aber geschrieben haben Sie?«

»Oefters; doch ist es unsicher, ob er meine Briefe erhalten hat.«

»Er mag Urlaub nehmen!«

Jetzt kam der Wirth, welcher sich entfernt hatte, wieder zurück und brachte einen Brief, der allem Anscheine nach sehr oft durchgelesen worden war. Kurt nahm ihn in Empfang und blickte auf den Kronprinzen.

»Lesen Sie immerhin,« meinte dieser. »Ich bitte sogar ihn vorzulesen, denn ich möchte selbst gern wissen, was der alte ehrliche Steuermann schreibt.«

Kurts Augen hafteten mit sichtbarer Rührung an dem höchst sonderbar stilisirten Brief, dessen Orthographie eine ebenso eigenthümliche war wie die Schrift, welche dem Schreiber sicher manchen Tropfen Schweißes gekostet hatten. Er lautete:

»Lieber Bruhder.

Hier lügen Wir vor Badafia, der Teifel hole die Hizze und die Langeweule! Ich schreiwe Dihr, aber ich mache es kurzz, denn ich habe kein Geschihke dazuh.

Wie? Einen Jungen häte Ich? Heiliche Kreuzstänge! Ich weis kein Wort von! Awer Ich glauwe es. Und die Gußtel läbt noch? Donerwätter! Juchhee! Ich komme, awer noch nigt gleuch, denn Ich und der Boodsmann, Wir haben Etwaß vor, was ärst färtig seyn muss.

Gott sei Dank, dießer Brief ißt alle. Wihr gehen von hür nach Pompei. Schreiwe auch an Mich, awer Meer als Ich. Daußend Grieße an alle von Mier und dem Boodsmann.

Dein Bruhder Steuermann.« —

Am Nachmittage saßen die beiden Kadetten im Koupee. Sie befanden sich allein darin und waren also ungestört.

»Wie gefallen dir meine Verwandten?«

»Außerordentlich.«

»Das konnte ich nicht vermuthen.«

»Weil es so einfache Leute sind? Pah, ich gebe den Teufel auf Aeußerlichkeiten! Diese Leute sind herzensbrav. Der Edelstein hat auch ungeschliffen seinen Werth; durch den Schliff verliert er an Volumen. Und verkehrt nicht sogar der König und der Kronprinz bei Deinem Onkel! Eigentlich sind dies recht interessante Verhältnisse.«

»Allerdings. Der Kronprinz war selbst Schmiedesohn. Er wurde seinen Eltern durch den Herzog von Raumburg geraubt, welcher nach der Krone trachtete, und kam durch eine Zigeunerin Namens Zarba in das Haus des Hofschmieds Brandauer. Dessen Sohn wurde mit ihm verwechselt und als ein Prinz von Sternburg erzogen. Es ist der jetzige Admiral. An diese Begebenheiten knüpfen sich noch Dinge und Verwickelungen, welche Stoff zu vielen Romanbänden geben würden.«

»Von dem Romantischen hast Du auch ein kleines Quantum erhalten.«

»Allerdings, und hoffentlich zu meinem Glücke.«

»Ich bin begierig, die Familie Deines Pflegevaters kennen zu lernen.«

»Sie ist interessant. Der General selbst ist ein alter wackerer Degenknopf, der sich in der Gesellschaft seiner zwölf Hunde am wohlsten befindet, und die Damen sind auch ganz gut, wenn man ihre kleinen Eigenheiten zu berücksichtigen versteht. Ich habe Dir alle Personen genau beschrieben, so daß Du Dich genau darnach richten kannst.«

»Ich interessire mich für den General, weil er für den größten Feind Süderlands gilt.«

»Du hast eine tiefe Aversion gegen Dein Vaterland. Mir unbegreiflich!«

»Und doch sehr natürlich, wenn Du mir die Bemerkung gestattest, daß ich nicht mein Vaterland, sondern gewisse Personen und Zustände hasse, welche für meine Familie verhängnißvoll geworden sind.«

»Der Kronprinz frug Dich heute damach, und Du wichest ihm aus. Wäre ich ein so mächtiger Mann, ich würde mich ebenso darnach erkundigen, um Dir meine Hilfe anzubieten.«

»Das sind Dinge, über welche man am liebsten schweigt. Doch mit einem vertrauten Freunde kann man vielleicht eher darüber sprechen, als mit einem Andern, selbst wenn dieser Andere ein Kronprinz oder ein König wäre. Ich weiß, daß Du schweigen kannst.«

»Natürlich!«

»Ich bin der einzige Sohn meiner Eltern, hatte aber eine Schwester, welche älter war als ich.«

»Ah! Von ihr hast du mir noch gar nichts gesagt. Sie ist todt?«

»Wir wissen es nicht.«

»Wissen es nicht? Du sprichst in Räthseln. Man weiß von einer Schwester doch, ob sie lebt oder gestorben ist!«

»Unter gewöhnlichen Umständen, ja.«

»So hast Du es mit ungewöhnlichen Umständen zu thun? Du machst mich neugierig.«

»Meine Schwester hieß Toska. Ich verstand nichts davon, aber ich hörte sagen, daß sie die schönste und umworbenste Dame unseres Hofes sei.«

»Das will viel heißen!«

»Muß aber doch wahr gewesen sein, da sogar der Prinz sie sehr beachtete.«

»Der Kronprinz?«

»Nein, Prinz Hugo.«

»Der tolle Prinz?«

»Ja. Er zeichnete sie vor den übrigen Damen auf eine Weise aus, welche auffällig erscheinen mußte, leider aber Toskas Herz gefangen nahm. Sie liebte ihn.«

»Den Alle hassen!«

»Man sagt ja, daß die Liebe blind sei, bei meiner Schwester war sie es. Aber wie ich Toska kannte, muß der Prinz eine ganz außerordentliche Verstellungsgabe besitzen. Sie konnte nur einen Mann lieben, den sie für ihrer würdig hielt.«

»Wurde sie nicht gewarnt?«

»Oft; natürlich nur seitens der Eltern. Doch alle Vorstellungen blieben fruchtlos, und – plötzlich war sie verschwunden.«

»Verstehe ich recht? Wer war verschwunden? Deine Schwester?«

»Ja. Sie gab vor, zu einer entfernten Verwandten auf Besuch zu gehen, ist aber dort weder eingetroffen noch zu uns zurückgekehrt.«

»Es ist ihr ein Unglück widerfahren!«

»Natürlich!«

»Sie wurde unterwegs überfallen, beraubt und ermordet!«

»Nein.«

»Nein? Du sagst dies mit solcher Sicherheit? Habt Ihr eine Spur gefunden?«

»Ja. Sie wurde mit einem Manne gesehen, der kein Anderer als der tolle Prinz sein kann, welcher gerade zu jener Zeit verreist war. Seitdem ist sie verschwunden.«

»Und Ihr habt kein Lebenszeichen von ihr erhalten?«

»Nicht das mindeste. Vater hat sich alle mögliche Mühe gegeben, das Dunkel aufzuklären, aber vergeblich. Er mußte dabei alles vermeiden, was uns kompromittiren konnte, und das ist der Grund, weshalb unsere mehrjährigen Nachforschungen keinen Erfolg hatten. jetzt nagt der Gram an dem Herzen und dem Leben der Eltern, das Faktum läßt sich kaum mehr verbergen, und dennoch bleibt der Prinz frech und undurchsichtig wie zuvor. Ich bin zwar noch ein halber Knabe, aber er mag sich hüten, zwischen meine Hände zu gerathen!«

»Und dies ist also der Grund, wegen dessen Du in norländische Dienste tratest?«

»Ja. Ich mag einem Lande nicht dienen, in dessen Herrscherfamilie der raffinirteste Satan lebt, der jemals unter Menschen gewandelt hat. Seine Thaten, welche oft dem Verbrechen so ähnlich sehen wie ein Ei dem andern, sind offenkundig, man erzählt sie sich laut und ohne alle Scheu, ohne daß bei Hofe dadurch der geringste Eindruck hervorgebracht würde. Eine einzige seiner Handlungen hätte einen gewöhnlichen Mann in das Zuchthaus gebracht; er aber ist Prinz des königlichen Hauses und darf sündigen nach Wohlgefallen.«

»Ich hätte den Kerl ersäufen sollen!«

»Du? Wann und wo?«

»Und dennoch bin ich ihm eigentlich Dank schuldig, denn er ist die eigentliche Ursache, daß ich in das Haus des Generals von Helbig gekommen bin.«

»Er? Das mußt Du mir erzählen!«

»Gern.«

Er berichtete von jener Wasserfahrt im Seebade Fallum, und als er geendet hatte, hielt der Zug an der Station, wo Beide aussteigen mußten. Kurze Zeit später fuhren sie in einem Miethswagen Schloß Helbigsdorf entgegen.

 

Dort saß der General in seinem Arbeitszimmer, welches von einem dichten Tabaksqualm erfüllt war. Auf der Diele, dem Sopha und den Stühlen lagen seine zwölf Hunde; er selbst las in einem Buche, welchem er seine vollste Aufmerksamkeit zu widmen schien. Eben hatte er sich eine neue Pfeife angesteckt, als er eine Miene zog, als ob der Geruch des Tabaks ihm die Nase zerreißen wolle. Er zog die Glocke, und gleich darauf trat der Diener ein.

»Kunz!«

»Herr General!«

»Was ist das hier?«

»Eine Tabakspfeife.«

»Wem gehört sie?«

»Natürlich dem Herrn General. Verstanden?«

»Aber nicht Dir!«

»Nein.«

»Und doch hast Du sie für Dich gestopft!«

»Für mich?«

»Ja, und sie nachher hierher gehängt, ohne sie vorher auszurauchen.«

»Donnerwetter, Exzellenz, das ist die größte Lüge, die es nur geben kann! Verstanden?«

»Mensch, werde nicht grob! Hier hast Du die Pfeife; ziehe einmal!«

Kunz führte die Pfeife zum Munde und that ein paar gehörige Züge, wobei er dem General die dichten Tabakswolken ganz ungenirt in das Gesicht blies.

Hm!« knurrte er.

»Nun?«

»Hm!«

»Was ist das für Tabak?«

»Rollenknaster mit etwas Portoriko vermischt, Exzellenz. Verstanden?«

»Und wer raucht diesen famosen Rollenknaster, mit etwas Portoriko vermischt?«

»Ich.«

»Und was rauche ich für Tabak, he?«

»Den reinen Varinas.«

»Nun, alter Schwindelmeier, da hast Du also Dir den Varinas eingestopft, und ich soll Deinen Rollentabak rauchen!«

»Schwindelmeier? Donnerwetter Exzellenz, das leide ich nicht! Verstanden?«

»Maul halten! Sind Deine Pfeifen gestopft?«

»Ja.«

»Hole sie!«

Kunz entfernte sich und kam gleich darauf wieder zurück.

»Hier sind die Pfeifen, Herr General. Und hier sind auch die beiden Tabaksbüchsen, nämlich die meinige und die Ihrige. Verstanden? Wollen doch sehen, ob ich ein Schwindelmeier bin.«

»Stecke eine davon an!«

»Zu Befehl!«

Er setzte eine von seinen Pfeifen in Brand, und Beide steckten ihre Nasen prüfend in die Rauchwolke, welche er mit einer Miene von sich paffte, als ob er den General verschlingen wolle. Doch bereits im nächsten Augenblicke bekam sein Gesicht einen ganz andern Ausdruck, er zog eine höchst bedenkliche und dann sehr verlegene Grimasse.

»Nun,« frug der General, »was für Tabak ist das da in Deiner Pfeife?«

»Weiß Gott, der reine Varinas! Verstanden, Exzellenz?«

»Und wie kommt er hinein?«

»Das weiß der Teufel! Aber der Herr General können mir glauben, daß ich an dieser verteufelten Geschichte nicht die mindeste Schuld trage. Ich verwechsle weder die Pfeifen noch die Tabaksbüchsen. Da hat irgendwer eine ganz heillose Luderei getrieben, um mich in Verlegenheit zu bringen. Das ist entweder die Schreia oder die Zanka oder die Brülla gewesen; denn wo es einen Streich gegen mich gibt, da sind sie sicher dabei!«

»Wird ihnen gar nicht einfallen, sich an den Pfeifen zu vergreifen!«

»Fällt ihnen schon ein, Exzellenz! Verstanden? Die Tabaksbüchsen haben sie mir nicht verwechselt; das hätte mich nicht irre gemacht, denn ich weiß den Varinas von dem Rollenknaster mit ein wenig Portoriko ganz genau zu unterscheiden, ich glaube vielmehr, daß man mir in meiner Abwesenheit die Pfeifen umgestopft hat. Wollen diesen Tabak doch gleich wieder herausthun. Ich mag keinen Varinas; er ist mir zu stark. Verstanden?«

Er klopfte ohne Umstände sämmtliche Pfelfenköpfe auf den Schreibtisch des Generals aus und war damit beinahe fertig, als er einen Ruf der Ueberraschung hören ließ.

»Was gibt es?« frug Helbig.

Kunz griff in den Tabak und hielt ihm einen Gegenstand entgegen, den er in demselben gefunden hatte. Dann frug er mit triumphirender Miene:

»Was ist das, Exzellenz?«

»Ein Ring.«

»Und wem gehört er?«

»Ich weiß nicht; ich kenne ihn nicht.«

»Aber ich kenne ihn. Er gehört der Jungfer. Verstanden, Exzellenz?«

»Der Jungfer? Wie sollte der Ring des Mädchens in meine Pfeife kommen?«

»O, das ist sehr einfach; das ist sehr leicht zu begreifen. Sie ist es gewesen, welche die Pfeifen umgestopft hat, und dabei ist ihr der Ring im Pfeifenkopfe stecken geblieben, ohne daß sie etwas davon gemerkt hat. Verstanden, Herr General?«

»Ja. Gieb den Ring her, Kunz! Ich werde ein Exempel statuiren.«

»Nein, das werde ich statuiren, denn für den Herrn General paßt es sich nicht, sich mit einem solchen dummen Geschöpfe herumzuzanken. Verstanden?«

»Gut. Aber was wirst Du machen?«

»Weiß es noch nicht, muß es mir erst vorher reiflich überlegen.«

Dabei aber zog er ein Gesicht, welches sehr verrieth, daß er bereits mit sich eines sei.

»Nur keine Dummheiten, Kunz! Uebrigens gehen wir heute nicht spazieren.«

»Warum?«

»Ich bin hier über einer sehr interessanten Lektüre.«

»Was ist es?«

»Brand, die Taktik der drei Waffen.«

»Ein ausgezeichnetes Buch, Herr General!«

»Ah, Du kennst es?«

»Nein.«

»Aber wie kannst Du dann sagen, daß dieses Buch ein ausgezeichnetes sei?«

»Weil Exzellenz es lesen, was nicht geschehen würde, wenn es nicht gut wäre.«

»Schön! Kannst jetzt gehen; aber nimm die Pfeifen und den Tabak mit!«

»Zu Befehl, Exzellenz! Den Tabak muß ich nun wegwerfen. Er schmeckt nicht, da er so in den Köpfen herumgemanscht wurde. Verstanden?«

Er trug die Pfeifen in seine Stube; den Tabak aber schlug er in ein Papier, welches er zu sich steckte. Dann schlenderte er den Korridor entlang und lugte durch die angelegte Küchenthür. Die Küche war leer, und die Nachmittagschokolade stand auf dem Herde.

»Paßt!«

Schnell trat er hinzu, warf den Tabak in das Getränke und quirlte ihn gehörig um; dann schlich er sich davon, ohne von irgend jemand gesehen zu werden.

Unweit des Schlosses gingen die drei Schwestern im Walde spazieren.

»Wollen wir ihn morgen persönlich von der Station abholen?« frug die Lange.

»Nein, meine liebe Freya,« antwortete die Dünne. »Das schickt sich nicht.«

»Warum, nicht?«

»Weil er eigentlich gar nicht zur Familie gehört, sondern nur in Pflege genommen ist.«

»Aber er ist so brav. Was meinst denn Du dazu, meine gute Zilla?«

Die Dicke drückte ihr Eichhörnchen an den Busen und antwortete zärtlich:

»Ich hole ihn ab, denn ich liebe ihn.«

»Gut. So fahren wir also.«

»Das geht nicht,« warf Wanka ein«

»Warum. nicht?«

»Weil er schreibt, daß er einen Kameraden mitbringen werde.«

»Ist das ein Grund ihn nicht abzuholen?«

»Ja.«

»Warum?«

»Wie wollen wir uns setzen? Der Wagen faßt nur vier Personen, wir allein sind drei, die beiden Kadetten zwei, macht zusammen fünf.«

»So bleibt eine von uns zu Hause!«

»Aber wer?«

»Ich nicht!«

»Ich auch nicht!«

»Ich vollends gar nicht!«

»Streitet Euch nicht! Auch wenn Eine von uns daheim bliebe, würde es immer noch am Platze fehlen. Die beiden Kadetten haben jedenfalls noch Koffer bei sich.«

»So kann blos Eine von uns mitfahren, und Zwei müssen zurückbleiben.«

»Aber welche fährt mit?«

»Ich!«

»Ich!«

»Ich!«

Diese drei »Ichs« waren in dem entschiedensten Tone ausgesprochen, und dabei blitzten sich die drei Schwestern mit Augen an, welche nicht sehr freundlich genannt werden konnten.

»Ich werde fahren,« meinte die Blaue; »ich habe das Vorrecht, denn ich bin die Aeltere.«

»Nein,« entgegnete die Purpurne, »dieses Vorrecht gebührt mir; ich bin die Jüngere.«

»Entscheide Du, liebe Wanka,. Du bist hier nicht Partei!«

»Dies Recht gebührt weder der Aelteren noch der jüngeren, sondern ich werde fahren, denn ich bin die Mittlere!«

»Du? Was fällt Dir ein!«

»Ja, was fällt Dir ein!«

»Wenn der Herr Lieutenant von Wolf da wäre, würde er Euch beweisen, daß ich Recht habe,« erklärte die Grüne, indem sie ihr Meerschweinchen liebkoste.

»Er würde vielmehr meine Partei ergreifen!« behauptete Freya.

»O nein, sondern die meinige!« rief Zilla.

Da ließ sich plötzlich eine laute jubelnde Stimme vernehmen, und durch das seitwärts stehende Gebüsch brach Magda. Sie eilte auf die kämpfenden Schwestern zu.

»Er kommt!« rief sie.

»Wer?«

»Kurt!«

»Kurt? Nicht möglich!«

»Und doch!«

»Er kommt erst morgen!«

»Er kommt heute, er kommt jetzt; ich habe ihn gesehen.«

»Wo?«

»Er kommt die Straße heraufgefahren, und es sitzt noch einer bei ihm.«

»Wie sind sie gekleidet?«

»In Uniform.«

»In Uniform? Mein Gott, wenn der Andere nun gar kein Kadett wäre!«

»Sondern ein Lieutenant!«

»Ein Kapitän!«

»Ein Kommodore!«

»Ein Admiral!«

»Schnell nach Hause. Wir müssen Toilette machen und fertig sein, ehe sie kommen!«

Sie flogen davon. Magda blieb stehen. Sie stand jetzt in dem Uebergangsalter zwischen Mädchen und Jungfrau; sie war ein reizendes Wesen, und es ließ sich mit großer Bestimmtheit sagen, daß sie einst eine vollendete Schönheit sein werde.

»Gehe ich ihm entgegen?« frug sie sich. »Ja! – Aber der Andere? Pah, der geht mich nichts an. Ich habe Kurt drei Jahre lang nicht gesehen und muß die Erste sein, die ihm Willkommen sagt.«

Sie eilte zwischen den Bäumen dahin, bis sie an die Straße gelangte. Der Wagen war ihr bereits ganz nahe, als sie ihn erblickte. Sie schritt ihm schnell entgegen und rief, vor Freude die kleinen Händchen zusammenschlagend:

»Kurt! Willkommen, lieber Kurt!«

Dann aber blieb sie plötzlich stehen, während tiefe Röthe ihr Angesicht überflog. Der da während des Fahrens aus dem Wagen sprang und auf sie zueilte, war nicht der Knabe, wie sie ihn vor drei Jahren gekannt hatte; er war ein Jüngling geworden, den die Uniform tausendmal schöner ließ, als den alten dürren Lieutenant von Wolff, der immer kam, um den drei Tanten Artigkeiten zu sagen.

»Magda!«

Er sprang auf sie zu, umarmte sie und küßte sie herzlich auf die Lippen. Sie erglühte womöglich noch mehr als vorher.

»Ist Alles wohl daheim?«

»Ja.«

»Papa zu Hause?«

»Ja.«

»Die Fräuleins?«

»Ja.«

»Meine Mutter?«

»Ja.«

»Kunz und alle Andern?«

»Ja.«

Sie gab so kurze einsilbige Antworten, weil sie ihre Verlegenheit noch immer nicht überwinden konnte. Er mußte es endlich bemerken.

»Was ist mit Dir, Magda?«

»Nichts. Ich bin so sehr gelaufen.«

»Um mir entgegen zu kommen? Da muß ich Dich nochmals küssen!«

Er that es und vermehrte dadurch nur ihre Befangenheit.

»Hier bringe ich Dir einen Freund mit!« Und dann fügte er vorstellend die Namen hinzu: »Graf Karl von Mylungen —Magda von Helbig, lieber Karl!«

Der Andere war auch ausgestiegen und verbeugte sich grüßend.

»Gib mir Deinen Arm, Magda! Wir werden bis zum Schlosse gehen.«

Er nahm ihren linken Arm in den seinigen und Mylungen bat sich den rechten aus. So schritt sie zwischen den Beiden auf der Straße dahin wie eine richtige große erwachsene Dame zwischen zwei Rittern, die für sie kämpfen und sterben wollen. So hatte sie zuweilen in einem Buche gelesen, und als noch einige freundliche oder erkundigende Worte gefallen waren, erhielt sie ihre Fassung zurück und wagte es nun, die beiden jungen Herren ganz verstohlen ein wenig mit einander zu vergleichen.

Der Graf war schön, das schien ihr unumstößlich; Kurt aber war noch schöner. Er sah zwar nicht so vornehm aber doch viel kräftiger, frischer und zutraulicher aus. Es war wirklich schade, daß sie nicht ganz und gar allein mit ihm war!

Als sie das Schloß erreichten, war die ganze Bewohnerschaft desselben bereits versammelt, um die Ankömmlinge zu empfangen. Kurt wurde wie ein Kind des Hauses willkommen geheißen, und Mylungen erhielt ganz dieselbe Herzlichkeit entgegengebracht. Beide küßten den drei Damen die Hände und erhielten von Allen freundliche Vorwürfe darüber, daß sie den Tag ihrer Ankunft falsch angegeben und dadurch einen andern Empfang unmöglich gemacht hatten. Dann bemächtigte sich Kunz ihrer, um ihnen ihre Zimmer anzuweisen.

Die drei Schwestern saßen dann im Salon beisammen.

»Also kein Admiral!«

»Und kein Kapitän!«

»Auch kein Lieutenant!«

»Aber ein Graf!«

»Und was für Einer!«

»Dieser Wuchs!«

»Diese Augen!«

»Diese Stimme! Schade, daß er nicht einige Jahre älter ist!«

»Wie müßte er sich ausnehmen, wenn er in den Jahren des Herrn Lieutenant von Wolff stände.«

 

»Besser noch als der Lieutenant.«

»Natürlich! Er scheint jetzt noch etwas schüchtern zu sein; wenigstens war der Handkuß kaum zu fühlen.«

»Vielleicht haben wir einen imponirenden Eindruck auf ihn gemacht!«

»Oder ihn gar zurückgestoßen und beleidigt. Dein Auge war so streng, liebe Wanka.«

»Blos prüfend, liebe Freya; aber Deine Haltung war etwas sehr reservirt.«

»Das scheint blos so, weil ich länger bin als Ihr. Den größten Fehler hat Zilla gemacht.«

»Ich? Welchen?« frug die Purpurne.

»Du blicktest auf Kurt, als der Graf Dich begrüßte.«

»Davon ist mir nichts bewußt. Aber sollten wir je einen üblen Eindruck auf ihn hervorgebracht haben, so ist es unsere Pflicht, denselben sofort wieder zu verwischen.«

»Wodurch?«

»Wir bemächtigen uns seiner und geben ihn nicht eher wieder frei, als bis er zeigt, daß er vollständig ausgesöhnt ist.«

»Aber auf welche Weise soll diese Bemächtigung vorgenommen werden?«

»Nur keine Gewaltmaßregeln, liebe Schwestern!«

»Nein; die Liebe allein soll siegen. Wir laden ihn zu einem Spaziergange ein.«

»Nicht interessant genug,« erklärte Freya. »Wir lassen satteln, liebe Wanka.«

»Satteln?« rief die dicke Zilla. »Ausreiten wollt Ihr? Bewahre! Ihr wißt ja, daß ich nicht reite. Uebrigens könnt Ihr dem Grafen ja gar nicht zumuthen, nach einer Reise, wo er der Ruhe bedarf, sogleich wieder zu reiten.«

»Das ist wahr! Aber wie bemächtigen wir uns denn sonst noch seiner?«

»Ich weiß es!« erklärte Zilla.

»Nun?«

»Wir laden ihn zur Chokolade.«

»Richtig! Auf diesen Gedanken konnten wir ja sofort gleich kommen!«

»Aber wer bringt ihm die Einladung?«

»Ich!«

»Nein, ich!«

»Ich!« meinte Zilla. »Der Gedanke ist von mir, folglich habe ich den Vorzug vor Euch.«

Freya handelte diplomatisch:

»Schickt es sich überhaupt, daß wir die Einladung selbst überbringen?« »

»Eigentlich nicht!«

»Unverheirathete Damen! Denkt Euch! Man müßte doch auf sein Zimmer gehen!«

»Allerdings. Das geht nicht. Das Mädchen mag es besorgen.«

»Von einem Dienstmädchen eingeladen werden? Könnte ihn dies nicht beleidigen?«

»Wahrhaftig! Aber wie denn anders? Wir nicht und das Mädchen auch nicht.«

»Ich hab‘s!« meinte Zilla.

»Was?«

»Wir sagen es Kurt, der mag ihn mitbringen.«

»Richtig. Laßt uns sofort zu Kurt schicken!«

Nach einigen Minuten stand dieser im Salon vor den Schwestern. Freya bemächtigte sich des Wortes:

»Lieber Kurt, willst Du uns wohl einen Gefallen thun?«

»Jeden, liebe Tante.«

»Ich glaube, daß wir Drei Deinen Freund recht sehr beleidigt haben.«

»Ah? Wodurch?«

»Wanka hat ihn jedenfalls ein wenig zu finster angesehen.«

»Habe nichts davon bemerkt.«

»Ich selbst habe meine Stellung vielleicht etwas zu stolz gehalten.«

»Habe nichts bemerkt.«

»Und Zilla hat gar auf Dich gesehen, während er sie so höflich begrüßte.«

»Nichts bemerkt.«

»Aus dem Allen geht hervor, daß wir ihm eine Satisfaktion zu geben haben.«

»Ah, schön! Aber welche?«

»Wir müssen uns seiner bemächtigen – —«

»Vortrefflich!«

»Um allen Groll und alle Feindseligkeit aus seinem Herzen zu verscheuchen.«

»Welch gute liebe Tanten ich habe!«

»Ja, das soll auch der Graf erfahren. Du sollst ihn in unserem Namen einladen.«

»Wozu?«

»Zu einer Tasse Chokolade.«

»Wo und wenn?«

»In unserem Damensalon, und zwar jetzt gleich. Die Chokolade muß fertig sein.«

»Ich werde ihn Euch sofort schicken.«

»Schicken? Und Du?«

»Es war bisher ja nur von ihm die Rede!«

»Du kommst natürlich mit; es würde ja auffällig sein ihn allein zu laden.«

»So komme ich also mit. Ich eile, hebe Tanten, und werde ihn sogleich bringen.«

Er hielt sein Wort mit solcher Geschwindigkeit, daß die beiden Kadetten den Damensalon betraten, noch ehe das Service aufgetragen war. Freya hatte ihr Kätzchen auf die Chaise-longue gelegt, um die Chokolade mit eigener Hand zu besorgen. Mylungen war so aufmerksam es zu streicheln.

»Sie lieben die Katzen?« frug Zilla in ihrem freundlichsten Tone.

»Ja, wenn sie eine gute Erziehung genossen haben, gnädiges Fräulein.«

»Und wohl auch die Hunde?«

»Ein Seemann hat weder Zeit noch Raum für diese Thiere.«

»So begegnen wir uns in unserer Aversion gegen diese rüden Thiere. Sehen Sie dagegen meine Mimi! Wie nett, wie sauber, wie niedlich und zärtlich.«

»Einer solchen Herrin gegenüber möchte man zärtlich werden, auch ohne ein Eichkätzchen zu sein.«

Dies war gewiß die erste Galanterie des jungen Mannes einer solchen Dame gegenüber. Kaum waren ihm die Worte entfahren, so fühlte er auch, wie dumm er gesprochen habe. Glücklicher Weise aber wurde sein Kompliment im höchsten Grade gnädig aufgenommen; denn Zilla nickte ihm freundlich zu und Wanka beeilte sich, womöglich auch,eine solche Höflichkeit gesagt zu erhalten. Sie reckte ihm ihr Meerschweinchen über die Tafel hinüber entgegen.

»Nehmen Sie einmal dieses Thierchen in die Hand, lieber Graf!«

Er griff zu.

»Wie weich!«

»Sehr!« stimmte er bei.

»Und bescheiden!«

»Sehr!«

»Anspruchslos!«

»Sehr!«

»Demüthig.«

»Sehr!«

»Bitte, streicheln Sie es einmal! Wie elektrisch es einen dabei durchzuckt.«

»Höchst elektro-magnetisch!«

»Diesem Thierchen gehört eigentlich Ihre höchste Sympathie!«

»Ganz natürlich.«

»Sie sind Seemann – —«

»Erst Kadett, meine Gnädige.«

»Wenn auch. Aber Sie geben zu, daß zwischen einem Seemanne und einem Meerschweinchen stets ein zärtliches Verhältniß obwalten sollte. See und Meer ist doch ganz ein und dasselbe.«

»Versteht sich! Daher liebe ich diese Thiere auch ganz außerordentlich.«

»Wirklich, mein lieber Graf?«

»Ja, und noch mehr: Ich habe diese Thierchen sogar eingehend studirt. Der Zoolog nennt sie Cavia oder auch Anoema nach dem großen Cuvier. Es gibt mehrere Untergattungen, nämlich Cavia cobaya oder Cavia porcellus, Cavia aperea und Cavia rupestris.«

»Hörst Du, Zilla, der Graf liebt die Meerschweinchen und nennt sie sogar griechisch und hebräisch. Zu welcher Gattung gehört denn dieses hier, mein lieber Herr?«

»Ihr Name ist Wanka, mein gnädiges Fräulein?«

»Ja.«

»So würde ich, wenn ich Naturforscher wäre, diese Gattung Cavia Wankalis nennen oder Cavia Cupida, das heißt nämlich Liebesschweinchen.«

»Liebesschweinchen, Cavia Cupida! Ja, Cupido war ja der Gott der Liebe. Hörst Du, Zilla, welche Sorte von Schweinchen ich habe. Graf, behalten Sie es immerhin auf Ihrem Schooße. Ich gebe es sonst niemals aus der Hand, Ihnen aber will ich es gern anvertrauen.«

Jetzt kehrte Freya aus der Küche zurück. Ihr folgte die Zofe, welche die Chokolade trug. Es wurden die Tassen gefüllt und Biskuits herumgereicht.

»Graf, trinken Sie überhaupt Chokolade?« frug Freya. »Die Herren lieben gewöhnlich die Süßigkeiten nicht.«

»Ich trinke sogar den Wein nicht so gern wie die Chokolade, mein Fräulein.«

»Sagen Sie das nicht aus Höflichkeit?«

»Nein; das werde ich Ihnen beweisen, indem ich die Tasse zuerst ergreife.«

Er nahm die Tasse, brachte sie an die Lippen und that einen Schluck, zog sie aber sogleich mit einem sehr erstaunten Gesichte vom Munde wieder fort.

»Was ist Ihnen, Graf? Schmeckt die Chokolade nicht?«

Am Gegentheile, ganz vorzüglich; aber sie ist denn doch etwas zu heiß.«

Da tauchte Freya ihr Biskuit ein und führte es zum Munde. Beim ersten Biß zog sie die Zähne auseinander, als hätte sie in eine Kreuzspinne gebissen.

»Was ist das mit den Biskuits? Wanka, Zilla, versucht sie doch einmal!«

Die Beiden tauchten ein und kosteten.

»Abscheulich! Was hat da der Bäcker hineingebacken?«

Kurt, der auch hatte trinken wollen, lächelte höchst vergnügt und stieß den Grafen an.

»Tantchen, das ist nicht das Biskuit, sondern die Chokolade. Kostet sie doch einmal!«

In höchster Eile fuhren die Tassen an die verschiedenen Lippen.

»Brrr!« machte Freya.

»Fi!« kreischte Wanka.

»Abscheulich!« rief Zilla.

»Was ist das für ein Geschmack?« frug Freya. »Gerade wie Theer!«

»Nein, gerade wie scharfe Seife!« entgegnete Wanka.

»Nein,« entschied Zilla, »gerade wie – wie – wie – —«

»Tabak!« fiel Kurt ein.

»Ja, wie Tabak!« stimmte das Damenterzett bei.

Es wurde gekostet und wieder gekostet, und das Resultat blieb, daß sich Tabak in der Chokolade befinde. Aber wie war derselbe hineingekommen? Die drei Schwestern befanden sich dem Grafen gegenüber in einer schauderhaften Verlegenheit und riefen die Köchin herbei, mit welcher allsogleich ein sehr strenges Verhör angestellt wurde. Dieses letztere blieb leider ohne Erfolg, bis Freya den Inhalt der Kanne untersuchte und eine Chokoladenhaut hervorzog, welche man als Papier erkannte. Es war von Holzstoff gefertigt und hatte also der Flüssigkeit leidlich widerstanden.

Die beiden Kadetten belustigten sich über das Vorkommniß und beruhigten die Damen.

»Laß mich das Papier näher untersuchen,« meinte Kurt. »Vielleicht entdecke ich etwas, was mich auf die Fährte bringt, liebe Tante.«

Er legte das Corpus delicti auf einen Teller und wandte es herum und hinum.

»Diese Sorte Papier und diese Form kenne ich sehr genau.

Wenn die Flüssigkeit die Schrift nicht ausgesogen hätte, könnten wir hier ganz sicher lesen: »Aechter reiner Portorikoschnitt.« Und wer solchen hat, das wissen wir Alle.«