DNA

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Aus der Reihe: Das Böse hat einen Namen #1
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K. Krista

DNA

THE BEGINNING

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Inhaltsverzeichnis

Titel

EINS

ZWEI

DREI

VIER

FÜNF

SECHS

SIEBEN

ACHT

NEUN

ZEHN

ELF

ZWÖLF

DREIZEHN

VIERZEHN

FÜNFZEHN

SECHZEHN

SIEBZEHN

ACHTZEHN

NEUNZEHN

ZWANZIG

EINUNDZWANZIG

ZWEIUNDZWANZIG

DREIUNDZWANZIG

VIERUNDZWANZIG

FÜNFUNDZWANZIG

SECHSUNDZWANZIG

SIEBENUNDZWANZIG

ACHTUNDZWANZIG

NEUNUNDZWANZIG

DREISSIG

EINUNDDREISSIG

ZWEIUNDDREISSIG

DREIUNDDREISSIG

VIERUNDDREISSIG

FÜNFUNDDREISSIG

SECHSUNDDREISSIG

SIEBENUNDDREISSIG

ACHTUNDDREISSIG

NEUNUNDDREISSIG

VIERZIG

EINUNDVIERZIG

ZWEIUNDVIERZIG

DREIUNDVIERZIG

VIERUNDVIERZIG

FÜNFUNDVIERZIG

SECHSUNDVIERZIG

SIEBENUNDVIERZIG

ACHTUNDVIERZIG

NEUNUNDVIERZIG

FÜNFZIG

EINUNDFÜNFZIG

ZWEIUNDFÜNFZIG

DREIUNDFÜNFZIG

VIERUNDFÜNFZIG

FÜNFUNDFÜNFZIG

SECHSUNDFÜNFZIG

SIEBENUNDFÜNFZIG

ACHTUNDFÜNFZIG

NEUNUNDFÜNFZIG

SECHZIG

EINUNDSECHZIG

ZWEIUNDSECHZIG

DREIUNDSECHZIG

VIERUNDSECHZIG

FÜNFUNDSECHZIG

SECHSUNDSECHZIG

SIEBENUNDSECHZIG

ACHTUNDSECHZIG

NEUNUNDSECHZIG

SIEBZIG

EINUNDSIEBZIG

ZWEIUNDSIEBZIG

DREIUNDSIEBZIG

VIERUNDSIEBZIG

FÜNFUNDSIEBZIG

SECHSUNDSIEBZIG

SIEBENUNDSIEBZIG

ACHTUNDSIEBZIG

NEUNUNDSIEBZIG

ACHZIG

EINUNDACHZIG

ZWEIUNDACHZIG

DREIUNDACHZIG

VIERUNDACHZIG

FÜNFUNDACHZIG

SECHSUNDACHZIG

SIEBENUNDACHZIG

ACHTUNDACHZIG

NEUNUNDACHZIG

Impressum neobooks

EINS

DNA

THE BEGINNING

Das Böse hat einen Namen

Ein Roman

von

K. Krista

Wer nur ein einziges Leben zerstört,

der vernichtet die ganze Welt.

Wer nur ein einziges Leben rettet,

der rettet die ganze Welt.

Aus dem Talmud

***

Der Mensch erfand die Atombombe,

doch keine Maus der Welt

würde eine Mausefalle konstruieren.

Albert Einstein

ERSTER TEIL

An manchen Tagen geht einfach alles schief.

Heute ist mein 25. Geburtstag und ich sollte längst in München bei meinen Eltern sein, die in diesem Moment sicherlich bereits alle Hände voll zu tun haben, um eine Party für mich vorzubereiten. Inzwischen konnte ich sie wenigstens dahingehend beeinflussen, dass sie keine „Überraschungsparty“ mehr für mich organisieren. Bis zu meinem 20. Geburtstag machten sie jedes Jahr ein Staatsgeheimnis aus diesem Tag, was ja nett gemeint ist, aber wenn man jedes Jahr am selben Tag „überrascht“ wird, wo bleibt dann die „Überraschung“?

 

Der Gedanke an meine Eltern zaubert ein Lächeln auf mein, eben noch genervtes Gesicht. Sie sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben, denn obwohl sie beruflich sehr eingespannt sind, kann ich mich doch immer und zu jeder Zeit auf sie verlassen. Wie klein mein Problem ihnen auch immer erscheinen mag, sie sind sofort zur Stelle, wenn bei mir der Schuh drückt. Sie haben ein wunderschönes Zuhause für mich geschaffen und geben mir immer das Gefühl geliebt zu werden. Meine Eltern haben vor vielen Jahren erkannt, dass Computer und das Internet nicht nur die Technik und die Bürokommunikation maßgeblich verändern werden, sondern sie gehören zu den Pionieren der ersten Computerspiele.

Mein Vater kreierte und programmierte diese, meine Mutter übernahm das Marketing und den Vertrieb. Das von meinen Eltern gegründete Unternehmen wurde über die Jahre so erfolgreich, dass inzwischen mehr als 200 der besten Programmierer täglich damit beschäftigt sind, neue Spiele zu erfinden, oder Optimierungen älterer Versionen vorzunehmen.

Vor etwa 10 Jahren haben meine Eltern die Verwaltung der Firma aus der Hand gegeben. Mein Vater hat einen seiner besten Programmierer und Visionär zum Geschäftsführer gemacht und ihm eine äußerst fähige Controllerin zur Seite gestellt. Der bis heute andauernde und ständig steigende Erfolg des Unternehmens bestätigt die Richtigkeit seiner Entscheidung.

Was meine Eltern heute beschäftigt, könnte man lapidar mit „privatisieren“ umschreiben. Es ist jedoch viel mehr. Sie reisen in Drittländer und Krisengebiete, sehen sich diverse Hilfsorganisationen vor Ort an und unterstützen diese dann entweder ganz profan mit Geld, oder machen die Arbeit dieser Menschen hier in Deutschland und Europa bekannt, wodurch dann Spenden fließen können. Wie viele Stiftungen und Stipendien in ihrem Namen gegründet wurden und immer noch werden, kann ich gar nicht aufzählen. Nicht zuletzt für dieses Engagement liebe ich meine Eltern.

Sie könnten sich mit ihrem Geld ein leichtes und luxuriöses Leben machen, aber sie kümmern sich um Menschen, die nicht so viel Glück wie sie hatten und geben von ihrem Reichtum ab. Sie schenken ihre Zeit und nicht zuletzt sich selbst für eine, wie ich finde, sinnvolle und gute Aufgabe.

In diesem Moment sollte ich bereits im Flugzeug, mit Anflug auf München sitzen, befinde mich aber immer noch am Flughafen Milano-Malpensa, der größte der drei Flug-häfen in Mailand und warte auf den Start der nächsten Maschine, in die bayerische Hauptstadt.

Als ich heute Morgen um zehn Uhr, in der Warteschlange, am Schalter der Lufthansa Maschine nach München stehe, höre ich „zufällig“, wie sich zwei Männer am Neben-schalter, darüber unterhalten, das Flugzeug, in welches sie vorhaben einzusteigen, „umzuleiten“. Schlagartig ist mein Interesse geweckt und ich beobachte die Beiden unauffällig. Sie tragen maßgeschneiderte Anzüge die sich perfekt an ihre gut durch-trainierten Körper schmiegen. Ihre Haltung wirkt lässig und doch aufmerksam. Es könnte sich um zwei Geschäftsmänner handeln, die gelangweilt auf ihren Flug warten. Sie unterhalten sich in russischer Sprache, ein Blick auf die Anzeigetafel zeigt mir, dass es sich um einen Flug nach Moskau handelt. Einem zufälligen Beobachter wäre niemals aufgefallen, dass die Männer sich unterhalten, denn selbst bei genauem Hinsehen sind kaum Mundbewegungen ersichtlich. Das machen sie nicht zum ersten Mal.

Ich habe Sprachen studiert, spreche seit Jahren, fließend Russisch, Chinesisch und natürlich Englisch, und bin mir deshalb sehr sicher, mich nicht verhört zu haben. Hier wird eindeutig eine Flugzeugentführung geplant. Die beiden Männer stehen allein am Schalter, welcher zu dieser Zeit noch nicht besetzt ist. Wie an der Anzeige ersichtlich, startet der Flug erst in knapp zwei Stunden, es wird daher noch etwas dauern, bis der Schalter öffnet, auch befinden sich die Herren außer Hörweite aller anderen Passagiere und sie konnten deshalb sicher sein, von niemandem belauscht zu werden. Ich war die einzige Person, die sie auf diese Entfernung belauschen konnte und das liegt einzig und allein an meinen außergewöhnlichen Fähigkeiten. Ich höre siebenmal besser als jeder andere Mensch, meine Reflexe und meine Schnelligkeit übersteigen die eines normalen Menschen um ein Vielfaches.

Ein paar Tage nach meinem 16. Geburtstag machten ein befreundetes Ehepaar meiner Eltern und ich einen Ausflug in die Berchtesgadener Berge. Es war ein wunderschöner Tag im Frühsommer und ich genoss die Fahrt in dem offenen Wagen in vollen Zügen. Wir befanden uns auf einer Passstraße, als es passierte. In meiner Erinnerung sehe ich heute noch alles wie in Zeitlupe.

Plötzlich machte die Straße eine scharfe Linkskurve und uns kam auf unserer Spur ein anderer Wagen entgegen. Dieser war viel zu schnell unterwegs, konnte dadurch seine Spur in der Kurve nicht mehr halten und prallte frontal in unser Cabriolet.

Es blieb einfach weder Platz, noch Zeit zum Ausweichen.

Bei dem Aufprall wurde ich heraus geschleudert und zog mir unzählige Knochenbrüche und Schäden am Rückenmark zu. Die Freunde meiner Eltern und der Unfallverursacher haben den Crash leider nicht überlebt. Ich lag sehr lange ohne Bewusstsein an der Unfallstelle. Da ich über die Absperrung geschleudert wurde dauerte es viele Stunden, bis ich gefunden wurde, da zunächst niemand nach mir gesucht hatte. Die Erinnerung an diese Zeitspanne ist bis heute nicht zurückgekehrt. Ich hoffe, dass ich nicht zu mir gekommen bin, bis ich gefunden wurde, falls doch, bin ich sehr dankbar, mich nicht mehr erinnern zu können. Erst durch einen Anruf meines Vaters, auf das Handy der Verstorbenen, der sich inzwischen Sorgen gemacht hatte, wo wir solange bleiben, wurde die Polizei informiert, dass außer dem verunglückten Ehepaar auch noch ein Kind im Wagen saß und begann daraufhin die Suche nach mir.

Verschiedene deutsche Ärzte erklärten meinen Eltern später, dass diese Stunden maßgeblich dafür verantwortlich wären, dass ich wohl nie mehr würde laufen können. Die Schäden an meinem Rücken hätten bei sofortiger Stabilisierung und zeitnahem operativen Eingriff eventuell wieder heilen können, so jedoch sehen sie keine Heilungschancen. Meine Eltern wollten sich mit dieser Diagnose jedoch nicht zufrieden geben und brachten mich nach einigen Wochen und vielen Recherchen zur Behandlung nach Russland in eine Privatklinik. Ich konnte nach einiger Zeit wieder laufen und entwickelte zwei Jahre später, ungewöhnliche Fähigkeiten.

Mein Vater erklärte mir, dass, um mich zu heilen, ein Eingriff in meine DNA nötig war, was diese Mutation verursacht hatte. Näher ging er jedoch nicht auf meine Behandlung ein und mir war nur wichtig, dass ich wieder laufen konnte.

Es dauerte lange, bis ich mich damit abgefunden habe, anders als andere Menschen zu sein, lange Zeit hielt ich mich für einen Freak, komme jetzt jedoch sehr gut damit zurecht. Vor allem, seit mir, Prof. Dr. Juan Jintao, der Arzt, der mich damals behandelte, beigebracht hat, wie ich, vor allem den enorm gesteigerten Hörsinn beeinflussen, gegebenenfalls ausschalten kann. Es war die erste Zeit unerträglich für mich, ganz normale Geräusche, wie den Verkehr und die Gespräche anderer Personen, die ungeschützt und zu jeder Zeit auf mich einprasselten, zu ertragen.

Es war mir unmöglich, mich dort aufzuhalten, wo andere Menschen sich begegnen.

Jedes gesprochene Wort, jedes Geräusch, ob dies der Kaffeekocher in einer Bar, ein laufendes Radio in einer Kneipe oder das Klingeln eines Fahrrades in fünfzig Meter Entfernung war, alles prallte ungefiltert und für mein Empfinden dröhnend laut an mein Ohr.

Ich musste mir die Ohren zuhalten, Tränen liefen mir die Wangen hinab, da die Ge-räusche anfangs immer mit Schmerzen verbunden waren. Erst als Prof. Dr. Jintao mir beibrachte, mein Gehör abzuschirmen, fand ich Ruhe und traute mich wieder unter Menschen.

Aus Langeweile und aus reiner Neugierde, hatte ich diesmal auf die Abschirmung verzichtet und zugegeben, nicht sehr anständig von mir, die Gespräche um mich herum, belauscht.

Obwohl der Milano-Malpensa Flughafen der größte in Mailand ist, darf man ihn sich nicht wie einen Großflughafen in Deutschland vorstellen. Wer die Dimensionen vom Frankfurter oder dem Münchener kennt, der hat völlig falsche Vorstellungen. Es haben sich hier zwar sehr viele Fluggesellschaften angesiedelt, es gibt jedoch nur zwei Terminals mit jeweils drei Schaltern. Die Anzahl der Reisenden, die sich gleichzeitig mit mir in der Halle befinden, ist deshalb eher überschaubar.

Eine kurze Zeit fesselt eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter meine Aufmerksamkeit. Das Mädchen ist eine ausgesprochene Schönheit, wenn man das bei einem, vielleicht gerade einmal vierjährigen Kind sagen darf. Ihr Haar, übrigens dasselbe wie das ihrer Mutter, fiel dem Mädchen in langen, dichten, dunkelbraunen Wellen weit über die Schultern. Selbst in diesem künstlichen Licht schimmerte es in Bewegung, in einem wunderschönen rotbraun, was dem an sich dunklen Haar einen weichen und warmen Schimmer gibt. Ihr Gesicht ist das eines Engels, na ja wie man sich einen Engel vorstellt. Große dunkelbraune Augen, rosige Pausbacken, eine kleine zierliche Stupsnase und einen zum Küssen süßen Schmollmund.

Ich finde ja alle Babys und Kleinkinder sind schön, aber dieses Mädchen ist schon ein richtiger „Wonneproppen“. Sie spricht Italienisch, deshalb konnte ich nicht verstehen was gesprochen wurde, aber die Kleine ist ganz aufgeregt und man kann anhand ihrer Handbewegungen und ihrer vor Staunen großen Augen erkennen, dass sie sich wohl zum ersten Mal auf einem Flughafen befindet.

Als der Flug der Beiden aufgerufen wurde schweifte mein Blick durch die Abflughalle und blieb an den beiden Männern hängen.

Je länger ich der Unterhaltung lauschte, umso mehr kam ich zu der Überzeugung, dass sie etwas Illegales vorhaben und ich verließ die Warteschlange und begab mich auf die Suche nach dem Sicherheitspersonal, wurde auch sehr schnell fündig und versuchte den beiden Carabinieri meine Beobachtung mitzuteilen. Leider sprachen die Herren nur sehr unzulänglich Englisch, was für ein Flughafengelände schon fast fahrlässig ist und so wahrscheinlich nur in Italien möglich, sie brachten mich in das Büro des Flughafenleiters, wo ich zunächst eine Weile sitzen gelassen wurde, bis ein beleibter, schon ziemlich ergrauter, aber durchaus noch attraktiver Mann auf mich zukam und mich in korrektem Deutsch nach meinem Anliegen befragte.

Ich erklärte ihm die Situation, die er mir zunächst nicht abnahm. Da ich ihm nichts von meiner Fähigkeit erzählen konnte und wollte, nur meine Familie und engste Freunde wissen von meiner Mutation, hielt er es doch für sehr unwahrscheinlich, dass es mir möglich war, ein solches Gespräch zu belauschen. Ich erklärte ihm, dass ich sehr geübt im Lippenlesen sei und mir deshalb sicher war, dass mit den beiden Herren etwas nicht stimmt. Nach langen Minuten konnte ich ihn endlich davon überzeugen, dass er die beiden von mir beschrieben Männer, die sich hoffentlich immer noch an dem Flugschalter befinden, zur Befragung in sein Büro bringen lässt.

Ich wurde in einem anderen Raum weiter festgehalten und bereute schon fast, mich eingemischt zu haben und musste von dort aus zusehen, wie die Maschine nach München, ohne mich startete. Es dauerte beinahe zwei Stunden, bis der Flughafenleiter freundlich lächelnd wieder den Raum betrat, in dem ich warten musste.

Wie sich herausstellte, hatte ich recht, im Handgepäck eines der Herren wurde eine Pistole, in kleinste Einzelteile zerlegt, entdeckt.

Allerdings wäre eine Entdeckung der Waffe eher unwahrscheinlich gewesen, auch wenn sie nicht zerlegt worden wäre, da dieser Herr plötzlich einen Diplomatenpass vorlegte, der erst bei genauerer Untersuchung als Fälschung erkannt werden konnte. Der Flughafenleiter ging davon aus, dass die Männer wahrscheinlich vorhatten, den Check-in für VIPs zu benutzen und das Gepäck der Beiden wäre, ohne meinen Verdacht niemals kontrolliert worden.

ZWEI

Sehr geehrte Damen und Herrn, hier spricht ihr Flugkapitän, ich hoffe sie hatten einen angenehmen Flug, wir erreichen in wenigen Minuten den Franz-Josef-Strauß Flughafen in München. Ich wünsche ihnen einen schönen Tag. Im Namen der gesamten Crew bedanke ich mich bei ihnen und würde mich freuen, wenn sie uns bald wieder beehren.

 

Gott sei Dank, endlich zu Hause.

Mit vierstündiger Verspätung komme ich an. Leider konnte ich meine Eltern noch nicht telefonisch erreichen und sie von meinem späteren Eintreffen informieren. Kurz denke ich darüber nach, es noch einmal zu versuchen, lasse es jedoch bleiben, da ich nur einen kurzen Fahrtweg von 10 Minuten habe.

Nachdem ich durch den halben Flughafen gelaufen bin, um endlich an mein Gepäck zu kommen ist eine gute halbe Stunde später ein Taxi schnell gefunden. Kurz habe ich es bereut, nicht auf meinen Vater gehört zu haben, der mir immer wieder predigt, erster Klasse zu fliegen. Nicht der Luxus von mehr Platz und besseres Essen wäre dafür ausschlaggebend, dies ist meinem Vater nicht wichtig, doch Personen der ersten Klasse vor allem mit VIP Status, den ich als Tochter und „Vielflieger“ von Thomas Arnold genieße, werden bevorzugt abgefertigt.

Ich könnte schon seit einer halben Stunde im Taxi sitzen. Egal, die Freude, meine Eltern nach einer Woche Abwesenheit wieder zu sehen, ist riesengroß und die lasse ich mir nicht durch ein paar Minuten verlorene Zeit verderben.

Schon als das Taxi in unsere Straße einbiegt bekomme ich ein beklemmendes Gefühl, das Atmen fällt mir schwer und mein Herz scheint sich zu verkrampfen. Noch denke ich über meinen irrationalen Zustand nach, da hält das Taxi vor meinem Elternhaus. Was ist hier geschehen?

Fahrzeuge mit blinkendem Blaulicht, wohin das Auge reicht, uniformierte Polizisten unterhalten sich mit Personen in Zivilkleidung, am Ende unseres Grundstücks stehen zwei Krankenwagen. Es dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, in der ich diese Situation aufnehme. Wie in Trance übergebe ich dem Fahrer des Taxis den geforderten Beförderungspreis und steige aus dem Fahrzeug. Langsam bewege ich mich auf den Eingang zu, niemand hält mich auf.

Die Haustüre steht offen und ich betrete den Eingangsbereich, mein Blick fällt durch die geöffnete Wohnzimmertüre, auf zwei am Boden liegende Personen.

Beinahe augenblicklich erkenne ich meine Mutter und meinen Vater, mein Entsetzen löst sich in einem Schrei und ich stürze ins Zimmer, werde jedoch von einem Mann aufgehalten, der mich festhält und gleichzeitig die umstehenden Personen wütend anbrüllt, wer mich hereingelassen hätte.

Ich wehre mich, doch dem Mann gelingt es, mich aus dem Raum, in den Flur zurück zu drängen. Der Schock und mein Entsetzen lähmen mich derart, dass ich meine übermenschlichen Kräfte nicht einsetze. In jahrelangem Training und mit Selbstbeherrschung habe ich gelernt und es immer vermieden, meine Kräfte öffentlich zur Schau zu stellen, daran denke ich in diesem Moment jedoch nicht.

Mein Entsetzen ist viel zu groß, ungläubig sehe ich den Mann vor mir an.

>>Was ist hier geschehen<<, flüstere ich kaum vernehmbar.

Kriminaloberkommissar Max Krämer, wie sich der Mann vorstellt, erklärt mir, mit ein-fühlsamer Stimme, dass die Spurenlage auf einen Raub hindeutet. Er winkt einen Arzt hinzu, der mir eine Spritze verabreicht, was ich willenlos über mich ergehen lasse.

Noch immer weiß ich nicht, ob meine Eltern noch am Leben sind, allein bei dem Ge-danken, verkrampft sich mein Herz und ich bin nicht mehr in der Lage mich auf den Beinen zu halten. Das Letzte, das ich noch realisiere, bevor ich den Boden unter meinen Füssen verliere, ist dass der Kriminalbeamte mich auffängt.

Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos war. Als ich wieder zu mir komme, liege ich auf dem Sofa, in der Bibliothek meines Vaters und Kriminaloberkommissar Krämer sitzt neben mir, auf einem Stuhl.

>>Sie waren kurz weggetreten<<, spricht er mich mit einer angenehm einfühlsamen Stimme an, der Anflug eines Lächelns umspielt seinen Mund.

Mir ist sofort klar, dass mich eine schlechte Nachricht erwartet. Ich setze mich mit seiner Hilfe auf und sehe ihn fragend an.

>>Sie sind Nicole Arnold, nicht wahr?<< Beginnt er mit seiner Befragung.

>>Nennen sie mich Nicole<<, erwidere ich leise.

>>Wie geht es meinen Eltern?<<

Insgeheim kenne ich die Antwort bereits, ich habe Beide auf dem Boden des Wohnzimmers liegen sehen. Kein Arzt war in der Nähe um sie zu behandeln, woraus ich schlussfolgere dass es für jede Behandlung zu spät ist.

Der Kriminalbeamte sieht mich traurig an und schüttelt nur mit dem Kopf.

Diese Geste sagt mehr als tausend Worte. Die Bestätigung meiner Befürchtung droht mir beinahe wieder die Beine weg zuziehen, nur mit äußerster Selbstbeherrschung schaffe ich es, nicht wieder ohnmächtig zu werden. Der Schmerz über den so unerwarteten Tod meiner geliebten Eltern ist einfach zu groß, ohne dass ich es beeinflussen könnte, ja ohne, dass es mir bewusst ist, laufen Tränen über mein Gesicht. Erst als Kriminaloberkommissar Krämer mir ein Taschentuch reicht, registriere ich, dass er immer noch neben mir sitzt. Mit aller Kraft die mir noch zur Verfügung steht, atme ich tief durch, ich muss mich zusammen nehmen, jetzt ist nicht die Zeit für Trauer, ich muss wissen, was hier geschehen ist.

>>Wie kommen sie darauf, dass es sich um einen Raub handelt<<, frage ich leise, aber einigermaßen gefasst nach.

Kriminaloberkommissar Krämer führt mich zurück ins Wohnzimmer, wo meine Eltern inzwischen abtransportiert wurden und weist mich auf aufgebrochene Schubladen hin, er führt mich durchs Haus, jedes Zimmer ist verwüstet, Schränke aufgebrochen, Glas ist zerschlagen worden. Ich bin entsetzt über die Zerstörungswut, ich fühle mich beschmutzt, ja fast vergewaltigt angesichts des Chaos, das hier hinterlassen wurde.

Zum ersten Mal kann ich nachvollziehen, was Einbruchopfer fühlen, wenn sie sagen, dass sie nicht mehr in dieser Wohnung leben können. Dass man immer daran denken muss, was die Einbrecher alles angefasst haben. Kurz, das Sicherheitsgefühl, welches jeder Mensch in seinen vier Wänden ganz natürlich hat, ist von einem Moment auf den anderen verloren gegangen.

Nach dem ersten Schock fällt mir jedoch sofort auf, dass wirklich wertvolle Gegenstände, wie die Bilder an den Wänden, wobei es sich ausschließlich um echte Gemälde namhafter Künstler handelt, völlig unberührt sind. Bereits im Wohnzimmer ist mir aufgefallen, dass die Chinesischen Vasen, sämtliche aus der Ming-Dynastie und damit äußerst wertvoll, nicht angerührt wurden. Im Schlafzimmer schließlich stelle ich fest, dass selbst der Safe nicht aufgebrochen oder geöffnet wurde. Ich weise den Beamten darauf hin, dass mir dies sehr seltsam vorkommt, da mein Vater, wäre es den Räubern um Geld und Wertsachen gegangen, sofort die Safe Kombination genannt hätte, niemals hätte er sein Leben oder das seiner Frau wegen Geld in Gefahr gebracht. Hier handelte es sich mit Sicherheit nicht um einen Raub, der sollte nur vorgetäuscht werden. Auch diese Vermutung teile ich dem Kriminalbeamten mit, sehe jedoch an seinem Gesichtsausdruck, dass er meine Einschätzung nicht teilt.

Da der gesamte Schmuck meiner Mutter fehlt, was ich an den leeren Schatullen er-kenne, sie hat es immer abgelehnt, ihn im Safe unterzubringen, die Kombination konnte sie sich einfach nicht merken und da das Haus alarmgesichert ist, war sie sicher, dass der Schmuck auch in der Kommode im Schlafzimmer gut aufgehoben wäre, sowie einige wertvolle kleinere Statuen und zwei teure Geigen, bestätigte dies nur seine Vermutung, es könne sich hier nur um einen Raub gehandelt haben.

Ich dringe nicht weiter in ihn, ob Raub oder nicht, meine Eltern sind tot, selbst wenn das Eindringen einen anderen Grund gehabt hat, diese Erkenntnis bringt sie auch nicht mehr zurück. Es gelingt mir nur mit Aufbietung meiner ganzen Kraft, mich auf den Beinen zu halten. Der Verlust meiner geliebten Eltern wird mir mit jeder Minute bewusster. Der Schmerz ist kaum auszuhalten und ich schaffe es nur mit Mühe ihm zu widerstehen. Gäbe ich dem Schmerz nach, würde ich schreiend zusammenbrechen, doch alles in mir sträubt sich, mich vor diesen, mir völlig fremden Menschen fallen zu lassen. Dabei bringt mich der Schmerz fast um.

Den Vorschlag des Kriminalbeamten, ich solle mich für ein paar Tage ins Krankenhaus Rechts der Isar begeben, lehne ich barsch ab, allerdings gebe ich ihm recht, ich möchte mich unter diesen Umständen nicht allein in unserem Haus aufhalten.

Plötzlich trifft mich die Erkenntnis, dass dies nun nicht länger mein Lebensmittelpunkt ist, ich kann hier nicht mehr länger wohnen. Fünfundzwanzig Jahre lang war dies mein Zuhause, hier habe ich gelacht, geweint und die schönsten Stunden meines Lebens erleben dürfen, mit einem Schlag ist dies alles vorbei. Dieser Gedanke treibt mir wieder die Tränen in die Augen, aber ich wische sie wütend beiseite, begebe mich in mein Zimmer und packe ein paar Sachen. Als ich gerade dabei bin, den Safe zu öffnen um die darin befindlichen Wertsachen und Bargeld herauszunehmen, betritt Prof. Dr. Juan Jintao hinter mir das Zimmer.

>>„Onkel“ Juan<<, mit einem Aufschrei werfe ich mich in seine Arme und kann nicht mehr verhindern, dass sich die Tränen ihren Weg bahnen.

Prof. Dr. Jintao sollte bei den Vorbereitungen für meine Geburtstagsparty helfen und ist deshalb schon früher hier. Er ist über die Geschehnisse im Haus bereits informiert und genauso geschockt wie Nicole. Beruhigend spricht der Professor auf sie ein, hält sie im Arm und streichelt ihr immer wieder beruhigend übers Haar.

Als Nicole sich wieder einigermaßen beruhigt hat, bitte er sie, mit zu ihm in seine Wohnung zu kommen und Beide verlassen, nachdem er bei Kriminaloberkommissar Krämer seine Adresse hinter lassen hat, tief erschüttert das Haus.