Öffentliches Wirtschaftsrecht

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c) Verhältnismäßigkeit der Maßnahme

296

Nach § 35 Abs. 1 S. 1 GewO setzt die Gewerbeuntersagung voraus, dass sie zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Diese Regelung ist Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes[310]. Die Behörden müssen deswegen prüfen, ob die Rechtsgütergefährdung nicht durch andere, den Gewerbetreibenden weniger belastende Maßnahmen abgewehrt werden kann. Zu denken ist an Abmahnungen, Auflagen, Kontrollen und vor allem Teiluntersagungen (s. auch ▸ Klausurenkurs Fall Nr 7). Für diese Abwägung gelten identische Grundsätze wie im allgemeinen Polizeirecht[311]. Die Entscheidung muss ferner dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn Rechnung tragen. Selbst wenn andere Möglichkeiten zur Beseitigung der Gefährdung nicht gegeben sind, darf eine Gewerbeuntersagung nicht ausgesprochen werden, wenn die Maßnahme außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stünde. Da aber in der Regel der Schutzzweck des § 35 Abs. 1 S. 1 GewO dem Interesse des Gewerbetreibenden an der Betriebsfortführung vorgeht, scheitert eine Gewerbeuntersagung regelmäßig nicht an der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne[312].

d) Rechtsfolgen

297

Zwingende Rechtsfolge der Unzuverlässigkeit ist nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 S. 1 GewO die (vollständige oder teilweise) Untersagung des ausgeübten Gewerbes[313]. Bei dieser handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der nach den allgemeinen Regeln vollstreckt werden kann (s. Rn 324 ff).

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Wenn also im Fall 23 (Rn 283) T das Gewerbe trotz einer Untersagungsverfügung weiterführt, kann die Behörde den VA nach den Vorschriften des LVwVG vollstrecken. Die Untersagung nach Abs. 1 stellt dabei den notwendigen Grundverwaltungsakt dar[314]. Dieser muss vollziehbar sein; indem T auf die Einlegung des Widerspruchs verzichtet hat, wurde der VA nach einem Monat gem. § 70 VwGO bestandskräftig. Wenn der Gewerbebetrieb während des laufenden Verfahrens aufgegeben wird, kann das Verfahren fortgesetzt werden, § 35 Abs. 1 S. 3 GewO.

299

Daneben besteht die Möglichkeit einer Ausweitung der Untersagung gem. § 35 Abs. 1 S. 2 GewO. Maßnahmen nach Satz 2 setzen angesichts der systematischen Stellung dieser Vorschrift immer voraus, dass dem Betreffenden in demselben Verfahren zumindest „auch“ ein tatsächlich betriebenes Gewerbe nach Maßgabe des Satzes 1 untersagt wird[315]. Zur Verhinderung einer Umgehung[316] kann die Gewerbeuntersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter erstreckt werden, § 35 Abs. 1 S. 2 GewO. Als besonders problematisch stellt sich angesichts der Intensität des damit verbundenen Eingriffes in Art. 12 GG die Ausweitung der Untersagung gem. § 35 Abs. 1 S. 2 GewO auf andere bzw sämtliche Gewerbe dar. Das verfassungsrechtlich erforderliche Korrektiv besteht hier aber nicht allein in einer entsprechend restriktiven Auslegung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf der Rechtsfolgenseite[317], sondern in dem Umstand, dass für diese weiteren Gewerbe eine eigenständige Unzuverlässigkeitsprognose zu treffen ist[318]. Im Ergebnis allerdings ist die Rechtsprechung gleichwohl verfassungsrechtlich problematisch. Sie verlangt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gewerbetreibende diese Gewerbe in Zukunft auch tatsächlich auszuüben beabsichtigt[319] und schließt insbes bei der Verletzung steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Pflichten und einschlägiger Straftaten (insbes Vermögensdelikte und Insolvenzstraftaten) auf die generelle Unzuverlässigkeit[320].

e) Die Gewerbeuntersagung gegenüber Vertretungsberechtigten bzw Betriebsleitern

300

Wurde gegenüber dem Gewerbetreibenden eine Untersagung ausgesprochen, kann eine eigenständige Untersagung nach § 35 Abs. 7a GewO gegenüber Vertretungsberechtigten bzw Betriebsleitern erfolgen; diese kann sich sowohl auf selbstständige wie unselbstständige künftige Tätigkeiten erstrecken (vgl auch ▸ Klausurenkurs Fall Nr 5). Dieses Verfahren ist akzessorisch, setzt also jedenfalls voraus, dass gegenüber dem Gewerbetreibenden selbst ebenfalls ein Verfahren geführt wird[321]. Es kann allerdings unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens fortgesetzt werden. Über den Verweis auf Abs. 1 S. 3 kann es auch dann fortgesetzt werden, wenn die Tätigkeit als Geschäftsleiter nach Einleitung des Verfahrens beendet wird.

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In der Variante zu Fall 20[322] (Rn 280) könnte daher außer gegenüber F auch ein Verfahren gegenüber G eingeleitet werden. Die Vorschrift wurde gerade auf den Fall zugeschnitten, dass dem Gewerbetreibenden die Unzuverlässigkeit eines Dritten zugerechnet wird und zu befürchten ist, dass dieser seine unselbstständige Tätigkeit fortsetzen wird. Fraglich ist, ob es auch nach seinem Ausscheiden fortgesetzt werden kann. Wird die Tätigkeit erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens aufgegeben, greift § 35 Abs. 7a S. 3 iVm Abs. 1 S. 3 GewO nicht ein[323]. Es gilt dann der Grundsatz, dass, wenn die Gewerbeuntersagungsbehörde von einer Aufgabe des Betriebs des Gewerbes oder der Geschäftsführertätigkeit erst im Gerichtsverfahren Kenntnis erhält, eine auf das Untersagungsverfahren bezogene „Fortsetzungsentscheidung“ im Sinne des § 35 Abs. 1 S. 3 GewO nicht mehr möglich ist; an deren Stelle tritt dann im Gerichtsverfahren als zulässige behördliche Entscheidung die ausdrückliche oder konkludente Bekundung, an der bereits erlassenen Gewerbeuntersagungsverfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheides festhalten zu wollen[324].

3. Die Zulassung (erlaubnispflichtiger) gewerblicher Tätigkeiten (§§ 30–34e GewO)

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Fall 24:

Der Bundesligaverein Mainz 05 e.V. („M“) gründet eine Security 05 GmbH („S-GmbH“). Die S-GmbH soll bei Bundesligaspielen und sonstigen Veranstaltungen in der O-Arena von M die Einlass- und Personenkontrollen sowie die Durchsuchungen der ankommenden Besucher des Stadions übernehmen und für die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Sicherheit der Besucher im Stadion verantwortlich sein. Für andere Unternehmen darf die S-GmbH nicht tätig werden. Nach jedem Spiel stellt die S-GmbH dem Verein eine Rechnung. Außerdem wird zwischen dem Verein und der GmbH ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen.


a) Gestützt auf § 15 Abs. 2 GewO untersagt die Stadt der S-GmbH die Ausübung des Bewachungsgewerbes.
b) S verfügt zwar über eine Genehmigung, hat aber Probleme mit dem Personal. Sie beschäftigt unter anderem A, ein Mitglied der Mainzer Hooligan-Szene, der nach Auffassung der Polizei zum gewaltbereiten Kern gehört, auch wenn ihm bisher noch keine Beteiligung an Straftaten nachgewiesen werden konnte und die Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden waren. B war lange Jahre Mitglied einer mittlerweile in einem vereinsrechtlichen Verfahren verbotenen Rockerbande, hatte sich aber auf die Tätigkeit als Kassenwart beschränkt und war nie als gewaltbereit aufgefallen.

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Fall 25:

I betreibt ein Internetcafé. Dazu hat er einen abgedunkelten Raum eingerichtet, in dem sein Kumpel K Computer aufstellt. Diese verfügen über einen Internetzugang und werden, wie mehrfache Kontrollen ergeben haben, von den Kunden fast ausschließlich für Online-Spiele genutzt, darunter vor allem auch solche mit Gewinnmöglichkeit.

a) Beispiele für erlaubnispflichtige Gewerbe

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Die GewO statuiert Erlaubnisvorbehalte für bestimmte Formen des stehenden Gewerbes, um dadurch Gefahren für die Allgemeinheit abzuwehren. Diese können nicht nur von der Person des Gewerbetreibenden, etwa seiner Unzuverlässigkeit, ausgehen, sondern uU auch von der örtlichen Lage bzw räumlichen Beschaffenheit des Gewerbebetriebes.

Zu prüfen ist dann zunächst, ob die konkrete Tätigkeit erlaubnispflichtig ist, was nicht nur voraussetzt, dass sie von der entsprechenden Norm erfasst wird, sondern auch, dass sie gewerbsmäßig ausgeübt wird[325]. Die jeweiligen Vorschriften konkretisieren dann die Anforderungen an die Zuverlässigkeit durch Regelbeispiele und ergänzen sie durch weitere Anforderungen. Differenziert zu betrachten ist dabei die Anwendbarkeit der Erlaubnispflichten auf EU-Ausländer, denn nicht alle Konstellationen werden von der Dienstleistungsrichtlinie erfasst (s. schon Rn 240). Die Erteilung der Erlaubnis setzt außer der Zuverlässigkeit des Antragstellers, geordnete Vermögensverhältnisse, den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und teilweise einen Sachkundenachweis voraus. Diese Erlaubnispflichten sind daher weniger gewerbe- als unions- und verfassungsrechtlich problematisch[326]. Dies gilt insbesondere für die Sachkundeerfordernisse sowie die Frage der Anerkennung ausländischer Nachweise (s. schon oben Rn 74 zum Finanzanlagevermittler). Sofern nach § 34a Abs. 1 S. 5 GewO Nachweise erbracht werden müssen, kann dies gem. § 13b GewO auch durch Nachweise aus dem EU-Ausland erfolgen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen darf es allerdings keine Bedürfnisprüfung geben. Sachkundenachweise sind auf das Erforderliche zu beschränken (s. schon Rn 121 f), werden aber insbes für das Bewachungs- und Versicherungsgewerbe gesetzlich gefordert.

 

305

Die Erlaubnispflichten unterliegen einem stetigen Wandel. Im Rahmen der gewerberechtlichen Deregulierung sind traditionelle Erlaubnispflichten entweder völlig entfallen oder enger gefasst worden, wie sich besonders deutlich am Zurschaustellen von Personen (§ 33a GewO) zeigt. Nach § 33a Abs. 2 Nr 2 GewO ist die Erlaubnis insbes dann zu versagen, wenn die Schaustellungen den guten Sitten zuwiderlaufen (zum Begriff s. unten Rn 436; zur Relevanz beim Gewerbebegriff oben Rn 216 ff)[327]. Allerdings ging insoweit – genauso wie für das Recht der Spielhallen (§ 33i GewO)[328] die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder über (s. dazu und zur Fortgeltung der bisherigen Regelung Rn 165). Für andere Gewerbe wiederum hat der Gesetzgeber die Erlaubnispflicht neu begründet oder ausgedehnt. So hat man beim Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO) die Erlaubnispflicht mehrfach verschärft[329]. Weitere Beispiele: die Tätigkeit des Versteigerers (§ 34b GewO), der Makler, Bauträger und Baubetreuer (§ 34c GewO), aber auch die Tätigkeit der Versicherungsvermittler (§ 34d GewO)[330] und Finanzanlagevermittler (§ 34f GewO)[331].

306

In Fall 24a (Rn 302)[332] könnte es sich um Bewachungsgewerbe handeln. Bewachung ist eine auf den Schutz des Lebens oder Eigentums fremder Personen vor Eingriffen Dritter gerichtete Tätigkeit. Hierzu gehört die Tätigkeit von Stadionordnern, wie schon der Wortlaut der Vorschrift zeigt, indem nach § 34a Abs. 1a S. 2 Nr 5 GewO ein besonderer Sachkundenachweis für leitende Mitarbeiter verlangt wird, die bei „Bewachungen von zugangsgeschützten Großveranstaltungen“ eingesetzt werden. Zum Bewachungsgewerbe gehören zB auch Detektive, deren Tätigkeit sich nicht auf die passive Beobachtung beschränkt, sondern auch dem aktiven Schutz des Eigentums des Auftraggebers vor dem Abhandenkommen durch Diebstahl dient[333]. Nicht erfasst werden solche Tätigkeiten, bei denen eine kontinuierliche Überwachung nicht geschuldet ist. Dies gilt für Parkhäuser[334], sog. Haushüter-Agenturen[335], aber auch das sog. „Homesitting“. Problematisch ist in Fall 24a allerdings die Gewerbsmäßigkeit. In der konkreten Ausgestaltung dürfte die Gewinnerzielungsabsicht fehlen (zu dieser Rn 219 ff), so dass die Gewerbeuntersagung rechtswidrig war. Gewinnerzielungsabsicht kann allerdings auch bei – isoliert betrachtet – kostenlosen Angeboten vorliegen, wenn diese den Gewinn an anderer Stelle steigern. Würde der Verein die Bewachung selbst durchführen, könnte man, ähnlich wie bei bewachten Parkplätzen (dazu Rn 220) die Gewinnerzielungsabsicht mit dem Argument begründen, dass der Verein mit der Gewährleistung eines sicheren Umfelds während der Fußballspiele sein Interesse an Gewinnerzielung durch die Einnahmen des Spiels fördert. Allerdings stellt – anders als in dem Parkhausfall – die Ordnertätigkeit gerade keine echte Zusatzleistung dar, sondern in erster Linie die Erfüllung einer vertraglichen Nebenpflicht. Der Gesetzgeber jedenfalls hat sich im Zusammenhang mit der Erweiterung der Sachkundenachweise des Bewachungsgewerbes auf Ordnerdienste von Sportveranstaltungen nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob seine „gewerberechtliche Lösung“ die überwiegend eigenen Ordnerdienste der Vereine überhaupt erfasst[336].

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Weitere Erlaubnispflichten betreffen die Spielgeräte und Spiele mit Gewinnmöglichkeit, die erlaubnisbedürftig, aber auch erlaubnisfähig sind, soweit sie nicht § 284 StGB unterfallen (dazu bereits Rn 116)[337]. Das Gesetz unterscheidet das Aufstellen von Spielgeräten (§ 33c GewO) und anderen Spielen mit Gewinnmöglichkeit (§ 33d GewO). Internetspiele mit Gewinnmöglichkeit („virtuelle Spielothek“) können nicht nach § 33c GewO zugelassen werden, da es sich nicht um Spielgeräte handelt[338]. Von der an den Aufsteller adressierten Erlaubnis ist die Bauartzulassung bzw Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 33e GewO zu unterscheiden[339].

§ 33c GewO betrifft „Spielgeräte, die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind und die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten“. Diese muss einen für den Spielausgang ausschlaggebenden Einfluss auf den Spielerfolg ausüben, also mit einem Zufallsgenerator ausgestattet sein[340]. Andere Spiele iS des § 33d GewO sind daher solche, die dieses Merkmal nicht aufweisen, dh vor allem Geschicklichkeitsspiele und solche Glücksspiele, die nicht unter § 284 StGB fallen[341]. § 33d GewO kann daher neben den nicht technisch ausgerüsteten Spielen (zB Dartspiele, Kartenspiele) auch Spielautomaten mit technischen Einrichtungen erfassen, deren Selbstlauf aber durch den Spieler überwunden werden kann[342]. Unter dem Begriff „Fun Games“[343] werden Spielgeräte mit schnellen Spielabläufen zusammengefasst, bei denen hohe Einsätze erbracht werden müssen, aber auch hohe Gewinnaussichten bestehen, so dass ein starker Spielanreiz entsteht. Mittlerweile haben diese Geräte durch Änderung des Spielablaufes, wie etwa die Ausdehnung der Spielfrequenzen und die Einrichtung einer „Pausenfunktion“, ihren bloßen Unterhaltungscharakter verloren und müssen daher als Geldspielgeräte und somit genehmigungspflichtig nach § 33c Abs. 1 S. 1, 2 GewO angesehen werden[344]. Der Gesetzgeber hat ferner angesichts der Gefahren, die von diesen Geräten ausgehen, reagiert und in § 6a SpielV[345] solche Spiele verboten, die „als Gewinn Berechtigungen zum Weiterspielen sowie sonstige Gewinnberechtigungen oder Chancenerhöhungen anbieten“ oder nach dem jeweiligen Spielergebnis „Gewinne ausgegeben, ausgezahlt, auf Konten, Geldkarten oder ähnliche zur Geldauszahlung benutzbare Speichermedien aufgebucht“ werden. Darunter fallen auch solche Fun Games, die mit gegen Geld zu erwerbenden Spielmarken, sog. Token[346], bespielt werden bzw solche als „Gewinn“ ausschütten.

308

Unterhaltungsspiele ohne Gewinnmöglichkeit, also zB Tischfußballautomaten, Flipper und andere Spielautomaten[347], sind als solche nicht erlaubnispflichtig, konnten aber nach früherem Recht dazu führen, dass es sich um eine nach § 33i Abs. 1 S. 1 GewO erlaubnispflichtige Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen handelt[348]. Eine solche Erlaubnispflicht für solche Betriebe, die nur Spiele ohne Gewinnmöglichkeit aufstellten, stellte nach Ansicht der EU-Kommission einen unverhältnismäßigen Eingriff in Art. 9 DLR dar[349]. Nunmehr beschränkt sich der Spielhallenbegriff auf das Aufstellen von Spielgeräten iSv § 33c Abs. 1 S. 1 GewO und die Veranstaltung anderer Spiele iSv § 33d Abs. 1 S. 1 GewO. Eine Einrichtung wird durch die Aufstellung von Spielgeräten immer dann zur Spielhalle, wenn die Bewirtung der Gäste in den Hintergrund gedrängt[350] und der Raum von den Spielgeräten bzw anderen Spielen geprägt wird und dadurch eine typische Spielhallenatmosphäre entsteht[351]. Ein weiteres aktuelles Beispiel aus dem Umfeld des Spielrechts liefern Laserdrome und Paintball. Sofern man dieses Spiel nicht von vornherein als gegen die Menschenwürde verstoßend aus dem Gewerberecht ausklammert (s. schon Rn 216), handelt es sich um die (gewerberechtlich nicht erlaubnispflichtige) Veranstaltung anderer Spiele ohne Gewinnmöglichkeit[352]; zu den auf die Länder übergegangenen Gesetzgebungskompetenzen vgl Rn 165 ff.

309

Hinweise zu Fall 25 (Rn 303)[353]:

Bei dem Internetcafé des I könnte es sich um eine Spielhalle handeln. Dies setzt zum einen voraus, dass die Räumlichkeiten ausschließlich bzw überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele dienen und eine typische Spielhallenatmosphäre aufweisen. Die Spielhallenatmosphäre kann man angesichts der Abdunkelung wohl bejahen. Allerdings besteht das Charakteristikum eines Internetcafés gerade darin, dass die aufgestellten Computer keinem bestimmten Zweck eindeutig zugeordnet werden können. Zudem hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung explizit Internetcafés aus § 33i GewO herausnehmen wollen[354]. Aus der Sicht eines Nutzers und damit auch nach Sinn und Zweck des § 33i GewO – Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs – macht es jedoch andererseits keinen Unterschied, ob es sich um einen nur zum Spielen geeigneten Automaten oder um einen multifunktionellen PC handelt[355]. Gleichwohl müssen nach dem Wortlaut Spielgeräte „aufgestellt“ bzw andere Spiele „veranstaltet“ werden, so dass es – auch für eine Erlaubnispflicht des K nach § 33c oder § 33d GewO – nicht ausreichen kann, wenn sich Nutzer übers Internet in solche Spiele einloggen können. Das Ergebnis folgt im Übrigen auch daraus, dass sowohl nach den einschlägigen Vorschriften des TelemedienG sowie nach den allgemeinen Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts derjenige, der lediglich den Zugang zu Internetinhalten vermittelt, nicht für rechtswidrige Internetinhalte verantwortlich gemacht werden kann[356]. Das Risiko, dass andere die Einrichtung rechtswidrig nutzen, hat er nicht zu tragen[357]. Dies wäre ansonsten eine auch vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) unangemessene Ausdehnung seiner gewerberechtlichen Verantwortlichkeit. Für denjenigen, der sogar nur ein Café betreibt, in der ein anderer einen Computer zum Einloggen zur Verfügung stellt, kann erst recht nichts anderes gelten. Dies gilt ungeachtet der speziellen Vorschriften des TelemedienG umso mehr, als nicht notwendigerweise der Betreiber der Spielhalle iSd § 33i GewO auch Aufsteller bzw Veranstalter sein muss[358], sodass ein weiterer Gewerbetreibender (§§ 33c, 33d GewO) dazwischentritt und potentiell – etwa bei jugendgefährdenden Inhalten auf den PCs – auch erfolgsversprechender belangt werden könnte.

 

b) Die gewerberechtliche Erlaubnis

310

Der verfassungsrechtliche Hintergrund prägt die Auslegung all dieser Vorschriften über Erlaubnispflichten (s. Rn 123). Es sind regelmäßig „gebundene“ Erlaubnisse, die Behörde ist also zur Erlaubniserteilung verpflichtet, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Rechtsschutz erlangt der Betroffene über eine Verpflichtungsklage bzw einen Verpflichtungswiderspruch. Im Zentrum der Prüfung steht regelmäßig auch beim genehmigungspflichtigen Gewerbe die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Teilweise wird die Zuverlässigkeitsprüfung in den jeweiligen Vorschriften näher konkretisiert. Bei Unzuverlässigkeit ist die Genehmigung zwingend zu versagen.

311

Fall 24b (Rn 302):

§ 34a GewO stellt nicht nur Anforderungen an den Gewerbetreibenden selbst und an Leitungspersonen, sondern auch an das Wachpersonal (§ 34a Abs. 1a GewO). Dabei gelten dann auch die allgemeinen Grundsätze (s. Rn 253 ff), so dass die Erkenntnisse zu A verwertet werden dürfen und zu seiner Unzuverlässigkeit führen; B war Mitglied in einer nunmehr verbotenen Rockerbande, was zwar keinen Bezug zum konkreten Gewerbe aufweist, aber nach § 34a Abs. 1 S. 4 Nr 1 GewO grundsätzlich die Unzuverlässigkeit begründet. Allerdings könnte sich diese Regelvermutung widerlegen lassen. Gegen seine Unzuverlässigkeit könnte man anführen, dass er sich lediglich im Hintergrund um die wirtschaftlichen Belange gekümmert hatte. Allerdings stellt die Rechtsprechung an ein Abweichen von Regelvermutungen für die Unzuverlässigkeit hohe Anforderungen. Die Stellung als Kassenwart ist für einen Verein besonders wichtig und erweckt auch im Außenverhältnis keineswegs den Eindruck, dass man sich von den Aktivitäten des Vereins distanziert. Dies spricht eher gegen seine Zuverlässigkeit.

312

Teilweise handelt es sich um raumgebundene Erlaubnisse, weil sie Anforderungen an die Betriebsräume statuieren (so zB § 33i Abs. 2 Nr 2 GewO für die Spielhalle; s. auch zur gaststättenrechtlichen Erlaubnis Rn 437 ff). Das Kriterium der Beschaffenheit der Räume zielt auf die Sicherheit von Besuchern und Personal ab, betrifft also insbes feuerpolizeiliche Anforderungen, sanitäre Einrichtungen, Belüftung etc. Daneben ist allerdings auch die Versagung der Spielhallenerlaubnis im Hinblick auf die Lage der Räume möglich. Die Lage der Räume betrifft die Anforderungen an die Gewerberäume im Hinblick auf ihre Umgebung[359].

Solche Gefahren sind dann gegeben, wenn nach den Erfahrungen der für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen Stellen die örtliche Lage des Betriebes geeignet ist, die Begehung strafbarer Handlungen zu fördern[360]. Diese Prognose kann aber nicht allein auf ein „kriminalitätsgeneigtes Umfeld“ gestützt werden. Genauso wie im vergleichbaren Fall des § 4 Abs. 1 Nr 3 GastG erstreckt sich die Prüfung nicht auf die Umgebung, sondern beschränkt sich auf den Betrieb und die dafür vorgesehenen Räume. Der Versagungsgrund liegt also nur vor, wenn aufgrund des polizeiwidrigen Umfelds auch die Betriebsräume selbst nicht den polizeilichen Anforderungen entsprechen[361]. Hinsichtlich der Anforderungen an die Lage der Räume stellt sich regelmäßig die Frage nach dem Verhältnis zur Baugenehmigung. So kann eine Spielhalle die ausgewogene gewerbliche Nutzungsstruktur der Umgebung beeinträchtigen[362]. Nach der Rechtsprechung entfaltet die in einer Baugenehmigung enthaltene Feststellung der Vereinbarkeit des Vorhabens einschließlich der genehmigten Nutzung mit den öffentlichrechtlichen Vorschriften insofern Bindungswirkung, als es um Rechtsfragen geht, deren Beurteilung in die originäre Regelungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde fällt oder zumindest zu ihr den stärkeren Bezug hat[363]. Wurde eine Baugenehmigung (häufig in Gestalt einer Nutzungsänderung) also erteilt, können bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Gründe auf der Grundlage des § 33i Abs. 2 Nr 2 GewO dem Antragsteller nicht (noch einmal) entgegengehalten werden[364].

313

Eine Erlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen werden, wenn dies durch die speziellen Vorschriften (vgl etwa §§ 33a Abs. 1 S. 1, 33c Abs. 1 S. 3, 33i Abs. 1 S. 2 GewO) oder § 36 Abs. 1 LVwVfG zugelassen ist[365]. Aus dem Umstand, dass spezialgesetzlich nur Auflage und Befristung genannt sind, wird geschlossen, dass hinsichtlich anderer Nebenbestimmungen § 36 Abs. 1 LVwVfG anwendbar ist[366]. Folgt man hM und BVerwG[367] ist gegen Nebenbestimmungen grundsätzlich die Anfechtungsklage die einschlägige Klageart.