Öffentliches Baurecht für Architekten und Bauingenieure

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II. Abgrenzung privates und öffentliches Baurecht

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Das private Baurecht regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen einem Bauwilligen und denjenigen, die Planungen erstellen, sie ausführen und die auch gegenüber den Behörden für den Bauherrn auftreten können. Das sind in der Praxis vor allem die Architekten und Bauingenieure, zum Teil aber auch Innenarchitekten und Personengruppen (wie z. B. Meister bestimmter Berufsgruppen oder Hochschulabsolventen; vgl. beispielsweise § 43 Abs. 4 LBO Baden-Württemberg).

Regelungen des Vertragsrechts z. B. aus dem Architektengesetz, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder die Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) werden ebenso hierzu gerechnet.

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Das öffentliche Baurecht befasst sich hingegen mit den Aufgaben, die durch eine staatliche Stelle wahrgenommen werden müssen. Dazu gehören die Aufstellung von Bauleitplänen (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan – vgl. § 1 Abs. 1 bis 3 BauGB) oder andere Vorgaben des Baugesetzbuches, wie die Veränderungssperre, §§ 14, 16 Abs. 1 BauGB, um nur auf einige zentrale Vorschriften aus dem BauGB hinzuweisen.

Das gesamte Baugenehmigungsverfahren und die Prüfung der Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften obliegt den Behörden und gehört damit zum öffentlichen Baurecht. Als Beispiel ist die Erteilung (oder die Versagung) einer Baugenehmigung zu nennen, aber auch die Einstellung von Bauarbeiten oder Abbruchsverfügungen gehören zum öffentlichen Baurecht.


Abb. 4: Auszug aus dem Gesetzblatt, dem Verkündungsblatt für das Bundesrecht.


Abb. 5: Auszug aus dem Gesetzblatt des Landes Baden-Württemberg, dem Verkündungsblatt für das Landesrecht (in diesem Fall Baden-Württembergs).

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Insgesamt sind die Aufgaben der Baurechtsbehörden – wie sie etwa § 47 LBO Baden-Württemberg beschreibt – zu erwähnen, also darauf zu achten, dass Vorschriften die im Zusammenhang mit dem Bauen bestehen, eingehalten werden. Die Befugnisse der Baurechtsbehörden lassen es ggf. sogar zu, das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Betretungsrechte einzuschränken. Diese Möglichkeit ist z. B. gegeben, wenn nur so festgestellt werden kann, ob planabweichend gebaut wurde (vgl. z. B. § 47 Abs. 3 LBO Baden-Württemberg).

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Sowohl das private wie auch das öffentliche Baurecht werden in Gesetzen des Bundes und der Länder geregelt. Erlassen werden sie von den Parlamenten. Anders hingegen ist es bei Rechtsverordnungen (z. B. die Baunutzungsverordnung). Durch eine gesetzliche Festlegung erhalten die Fachministerien oftmals die Befugnis, für bestimmte Einzelheiten Rechtsverordnungen zu erlassen. Konkretisierungen von gesetzlichen Vorgaben sollen mittels solcher Regelungen gesteuert werden können. Außerdem gibt es eine große Anzahl von technischen Regelwerken, die in den DIN-Normen (Deutsche Industrienorm) festgelegt sind. Ziel ist es, einen einheitlichen Standard zu erreichen und zu sichern (vgl. z. B. § 3 Abs. 3 LBO Baden-Württemberg). Häufig sind diese Vorschriften zur Gefahrenabwehr die entscheidenden Vorgaben. Sie spielen für die Planer eine zentrale Rolle.

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Allgemeine Übersicht zum öffentlichen und privaten Baurecht in der Bundesrepublik Deutschland


Öffentliches BaurechtPrivates Baurecht
Eine staatliche Stelle (Hoheitsträger) wird tätig.Vertragliche Regelungen zwischen dem Bauwilligen und seinem Planer.
Aufgabe: Prüfung der Einhaltung der öffentlichen Vorschriften durch den Hoheitsträger.Aufgabe: Klärung und Vereinbarung dessen, was der Planer erledigen soll und die Regelung seiner Bezahlung.
Geregelt im Bundes- und Landesrecht.Geregelt im Bundes- und Landesrecht.
Bundesrecht:– Baugesetzbuch– Energiespargesetze– Rechtsverordnungen zum Baugesetzbuch (z. B. Baunutzungsverordnung, Planzeichenverordnung)– technische Vorschriften (DIN-Regelungen)Bundesrecht:– Bauvertragsrecht– VOB (Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen)– sonstige privatrechtliche Regelungen etwa aus dem BGB
Landesrecht:– Landesbauordnung– Rechtsverordnungen zur den Landesbauordnungen (z. B. Regelungen zu Garagen)– Vorgaben zur Energieeinsparung, die ergänzend zum Bundesrecht bestehen können– Sonderregelung für den Grundstücksverkauf, z. B. Agrarstrukturverbesserungsgesetz (ASVG) des Landes Baden-Württemberg für die Veräußerung von Grund und Boden im Landwirtschafts- und Forstbereich (ein privatrechtliches Rechtsgeschäft bedarf der behördlichen Genehmigung, vgl. § 3 ASVG)Landesrecht:– Die Nachbarschaftsgesetze der Bundesländer mit z. B. Regelungen zu Einfriedigungen und Bepflanzungen (vgl. beispielhaft § 16 Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg zur Anpflanzung von Sträuchern und Bäumen an Grundstücksgrenzen)

III. Unterscheidung Bauplanungs- und Bauordnungsrecht

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Bei Bauvorhaben können die Planung und Realisierung unterschiedliche Auswirkungen auf die Umgebung haben. Werden große Infrastruktureinrichtungen geplant – etwa Bahntrassen, Flughäfen, Hochspannungsleitungen oder Windparks –, ist zu prüfen, welche Auswirkungen hiervon ausgehen können und ob die Planung raumverträglich ist oder nicht. In einem besonderen Verfahren (dem sog. Raumordnungsverfahren) sind diese Fragen zu klären. Regelungen dazu enthalten das Raumordnungsgesetz und die dazu erlassene Raumordnungsverordnung. Die Landesgesetze, beispielsweise das Landesplanungsgesetz Baden-Württemberg, enthalten Ergänzungen speziell für das jeweilige Bundesland.

Bei allen Großvorhaben ist es somit erforderlich, zu prüfen, ob ggf. das Thema Raumordnung abzuhandeln ist. Hierzu ist die Kontaktaufnahme mit der zuständigen Behörde (in Baden-Württemberg dem jeweiligen Regionalverband bzw. dem Regierungspräsidium) sinnvoll. Häufig ist die raumordnerische Betrachtung im Vorfeld der eigentlichen Bauleitplanung von Bedeutung.

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Entsprechend den grundgesetzlichen Möglichkeiten (Art. 74 Nr. 18 und 31 GG) sind sowohl – so die Begriffe im Grundgesetz – das „Bodenrecht“ als auch die „Raumordnung“ durch den Bundesgesetzgeber geregelt worden. Mit dem Raumordnungsgesetz und dem Baugesetzbuch sind dazu die zentralen Gesetzeswerke geschaffen worden. Die Besonderheiten des Raumordnungsrechts werden in diesem Buch nicht näher behandelt. Es würde den Rahmen dieses Werkes sprengen. Planer sollten aber bei allen Großvorha ben beachten, dass das Thema Raumordnung eine Rolle spielen kann. Ein recht aktuelles Praxisbeispiel, bei dem der Einstieg Fragen der Raumordnung betrifft, dann das Thema der Bauleitplanung (gibt es z. B. einen Plan für Windkraftflächen?) sowie die Probleme der Genehmigung für die Errichtung der Anlage(n) eine Rolle spielen, sei im Folgenden mit dem Schlagwort „Windkraft“ angesprochen.


Abb. 6: Windpark in Mecklenburg-Vorpommern.

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Aufgrund der weiter fortschreitenden Technik gibt es inzwischen immer leistungsfähigere Windkraftanlagen. Auch die Höhe der Anlagen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen und Anlagen mit einer Tendenz zu einer Gesamthöhe von bis zu 200 m werden vermehrt nachgefragt. Solche Anlagen haben Auswirkungen auf die Umgebung: Sie sind vor allem weithin sichtbar, sie beeinträchtigen das Landschaftsbild und würden bei einer unkontrollierten Zulassung zu einer – so in der Diskussion oft zitierten – „Verspargelung der Landschaft“ führen. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Privilegierung (gemeint ist eine vorrangige Zulassung) von Windkraftanlagen im Außenbereich gilt für „raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen“ die Klärung ihrer Vereinbarkeit im Sinne der Raumord nung. Nach der Definition in § 3 Abs. 1 Nr. 6 Raumordnungsgesetz sind raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen u. a. Maßnahmen, die Raum in Anspruch nehmen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflussen. Das ist bei der Errichtung mehrerer Windkraftanlagen (Windparks) im Regelfall gegeben. Die Anschlussfragen: Welche Vorgaben zur Raumordnung für den betreffenden Bereich gibt es? Sind Pläne für Flächen zur Windkraft in Raumordnungsplänen vorgegeben oder nicht?

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Regelungen zu Plänen der Raumordnung sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. So können in Baden-Württemberg Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen werden, jedoch nur im „positiven Sinne“ (sog. Vorrangflächen). Nicht aber enthalten die Pläne auch ein Verbot für andere Flächen (Ausschlussflächen). Daher ist in unserem Fall zu fragen, ob und welche Regelungen für Windkraftanlagen der Regionalplan enthält. Weist er positiv Flächen für Windkraftanlagen aus, ist das Problem raumordnerisch „gelöst“.

 

In einem sich anschließenden Genehmigungsverfahren sind dann weiter Fragen der Bauleitplanung (gibt es einen Bauleitplan für die Windkraftanlagen?) zu beachten. D.h. wo genau sind Standortflächen ausgewiesen. Wenn kein Plan vorliegt, die Planung also „in der freien Landschaft“ realisiert werden soll, ist zu klären, ob dies baurechtlich nach § 35 BauGB möglich wäre. Weiterhin spielen bei der Klärung zur Genehmigung viele Fachgesichtspunkte, u. a. Fragen des Landschaftsschutzes, des Artenschutzes und des Immissionsschutzes (hier sind Schlagworte u. a. Lärm, Schattenwurf, Infraschall) die zentrale Rolle.

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Das Bauplanungsrecht selbst ist vor allem Städtebaurecht. Dabei unterscheiden wir das Allgemeine und das Besondere Städtebaurecht. Die damit verbundenen rechtlichen Regelungen enthält das Baugesetzbuch. Die dortigen Regelungen sind Bundesrecht und gelten somit in ganz Deutschland.

Im allgemeinen Städtebaurecht soll die Nutzung der Grundstücke im Gemeindegebiet gesteuert werden. Ziel ist eine Sicherung vorhandener bewährter Strukturen, aber auch eine Entwicklung dort zu steuern, wo sie aus kommunaler Sicht nötig ist. Dabei sind soziale, wirtschaftliche und Umweltschutz-Gesichtspunkte zu beachten (vgl. § 1 Abs. 5 BauGB). Die Beplanung und die Nutzung von Grundstücken stehen beim Bauplanungsrecht im Vordergrund, wie ja schon der Begriff sagt.



Abb. 7: Öffentliche Bekanntmachung der Stadt Stutensee (bei Karlsruhe) zur Aufstellung eines Bebauungsplans samt Begründung.

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Die Städte und Gemeinden haben das Recht, aber auch die Pflicht, bei Bedarf die planerische Entwicklung in ihrem Bereich vorzunehmen, wie sich aus der Vorschrift des § 1 BauGB ergibt. Das heißt konkret eine Bestandsaufnahme, eine Auswertung der Fakten und Überlegungen (im politischen Raum) zur Gestaltung des Gemeindegebiets nach den gegebenen Bedürfnissen.

Wie dies geschehen soll, sagt das Gesetz auch, nämlich durch die Aufstellung von Bauleitplänen, d. h. durch die beiden Möglichkeiten Flächennutzungs- und Bebauungsplan. Aber auch für die Sicherung der kommunalen Planung und Vorgaben für Flächen, für die keine Bauleitpläne bestehen, enthält das BauGB Regelungen.

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Für unseren Einstiegsfall (s. o. unter I Rn. 10) ist nun zu prüfen, ob ein Bauleitplan zum Thema Windkraft vorliegt oder nicht. Wenn die Gemeinde einen Plan (für Windkraftanlagen genügt ein Flächennutzungsplan, vgl. § 5 Abs. 2b BauGB, möglich ist aber auch ein Bebauungsplan) aufgestellt hat, sind die dortigen Vorgaben zu beachten. So besteht mit der Darstellung von Flächen für die Windkraft auch ein Ausschluss für andere Flächen im Gemeindegebiet. Wenn der Plan also eine Fläche für die Anlagen ausweist, bedeutet dies gleichzeitig ein „Nein“ für andere Flächen. Somit wird die Privilegierung für Windkraftanlagen durch den Plan abgeändert. Wenn indes kein Bauleitplan vorliegt, ist die Regelung des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB anwendbar. Eine planerische Steuerung der Windkraft im Außenbereich der Gemeinde wird damit deutlich schwerer.

Bei dem Beispiel eines Wohnhausbaus (s. o. unter I Rn. 10) ist ein Bebauungsplan zu lesen, falls ein solcher vorliegt. Die dortigen Festsetzungen sind bei der Planung zu beachten, ebenso die Vorgaben der Landesbauordnung (z. B. Regelungen zu Abstandsflächen, barrierefreies Bauen und allgemein Anforderungen an „gesunde Wohnverhältnisse“). Abweichungen von den Festsetzungen sind nur unter bestimmten, eng umgrenzten Voraussetzungen möglich (§ 31 BauGB), denn der Planungswille der Gemeinde hat sich im Bebauungsplan niedergeschlagen. Fehlt indes ein Bebauungsplan, hat der Planer zu überlegen, ob sich seine Planung in die Umgebung einfügt; vereinfacht ausgedrückt, ob sie sich an die Größe und die Nutzungsart (Wohnen oder eine andere Nutzung) in der Umgebung hält oder nicht.

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Im Besonderen Städtebaurecht geht es vor allem um die Verbesserung einer bereits vorhandenen städtebaulichen Struktur durch unterschiedliche Möglichkeiten, die „passgenau“ auf eine Kommune angewandt werden sollen.


Abb. 8


Abb. 9: Sanierungssatzung – Lageplan. Hier soll ein Teil der Gemeinde „aufgewertet“ werden, da bauliche Missstände festgestellt wurden. Das Besondere Städtebaurecht gibt hier rechtliche Vorgaben/Möglichkeiten an.

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Das Bauordnungsrecht hingegen ist Landesrecht. Es wird in den jeweiligen landesrechtlichen Bauordnungsgesetzen geregelt, z. B. in der Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO). Diese beinhaltet inhaltliche Vorgaben an das geplante Objekt als auch Fragen zu den Verfahren. Somit vor allem

– Fragen der Gefahrenabwehr im Baurecht (daher auch die früher geläufige Bezeichnung „Baupolizei“),

ästhetische Belange bei der Bauausführung (vgl. beispielhaft § 11 LBO Baden-Württemberg),

sozialpflegerische Belange („humanes Wohnen“, vgl. beispielhaft § 3 Abs. 4 LBO Baden-Württemberg) sowie

– die Arten und die Durchführung von Genehmigungsverfahren (vgl. §§ 49 ff. LBO Baden-Württemberg) im Baurecht.

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Im Bauordnungsrecht der Länder sind auch die Verfahrensregelungen zur Erlangung von baurechtlichen Genehmigungen festgelegt, die in den einzelnen Bundesländern zum Teil deutlich voneinander abweichen. Daher müssen Planerinnen und Planer stets die Landesbauordnung des Bundeslandes heranziehen, in dem das Vorhaben realisiert werden soll.

Auch hier ein Hinweis auf unseren Ausgangsfall (s. o. unter I Rn. 10): Für die Genehmigung von Windkraftanlagen wäre ein baurechtliches Genehmigungsverfahren nötig, wenn der Gesetzgeber keine abweichende Regelung getroffen hätte. Grundsätzlich bedarf nämlich die Errichtung von baulichen Anlagen – wie Windkraftanlagen – einer Baugenehmigung. Für große Windkraftanlagen, die über 50 m (Nabenhöhe) hoch sind, ist jedoch (anstelle eines Baugenehmigungsverfahrens) ein immissionsschutzrechtliches Verfahren durchzuführen, in dem auch die Fragen des Baurechts mit abgearbeitet werden (vgl. dazu 4. BImSchV Nr. 1.6, §§ 19, 9, 10 BImSchG). Bei kleineren Anlagen ist aber ein „normales“ Baugenehmigungsverfahren nötig. Bei sehr kleinen Anlagen (max. 10 m Höhe) gibt es in einigen Bundesländern sogar eine Verfahrensfreiheit, d. h. es ist keine Baugenehmigung nötig (vgl. z. B. für Baden-Württemberg, Anhang zu § 50 LBO Nr. 3d).

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Die Landesbauordnungen haben eine Reihe von Anlagen festgelegt, die keines Verfahrens und auch keiner Genehmigung bedürfen. Grund ist, dass diese Bauten kaum oder nur geringe Gefahren mit sich bringen oder von „untergeordneter Bedeutung“ sind.


Abb. 10: Kleingartenhütte in einer Kleingartenanlage, die baurechtlich verfahrensfrei wäre: vgl. Anhang zu § 50 LBO Baden-Württemberg Nr. 1 g. Hinweis: Die Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes sind ebenso wie mögliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan zu beachten.

Zusammenfassend dargestellt:


RaumordnungsrechtMuss die Bauleitplanung beachten (Bauleitpläne, FNP und BP, dürfen den Vorgaben der Raumordnung nicht widersprechen).
Bauplanungsrecht1. Allgemeines Städtebaurecht: Insbesondere Vorgaben des FNP (vorbereitende Bauleitplanung) und des BP (konkreter Bauleitplan).
2. Besonderes Städtebaurecht: Insbesondere städtebauliche Aufwertung (Beseitigung von entsprechenden Missständen).
BauordnungsrechtInsbesondere Gefahrenabwehr, Genehmigungsverfahren, Vorhaben, die baurechtlich verfahrensfrei sind.

B. Bauplanungsrecht
I. Was ist Bauleitplanung bzw. der Zweck der Bauleitplanung?

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Es soll eine Steuerung der Nutzung von Grundstücken im gesamten Gemeindegebiet als Ausfluss der Planungshoheit der Gemeinde ermöglicht werden. Um die Entwicklung im Gemeindegebiet voranzutreiben und gestalten zu können, sind rechtliche Rahmenbedingungen im Baugesetzbuch geschaffen worden. Und: Um die „Vorbereitung“ und „Leitung“ durch Pläne oder – sofern solche fehlen – in einer anderen geordneten Weise zu ermöglichen, hat das BauGB im ersten Teil die entsprechenden Regelungen festgeschrieben. Quasi vor die Klammer gezogen ist § 1 BauGB und enthält damit die Grundregelung. Eine geordnete städtebauliche Planung soll ermöglicht werden, und dies ist eine Aufgabe, die die Gemeinde zu lösen hat. Die kleinste kommunale Einheit ist hier gefordert, und zwar im politischen Sinne, denn der Bürger hat keinen Anspruch auf die Aufstellung von Plänen der Bauleitplanung.

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Bauleitplanung als städtebauliche Entwicklung ist (möglichst) durch eine Steuerung mittels Plänen durchzuführen. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen einer „Grob-“ und einer „Feinplanung“. Während die vorbereitende Bauleitplanung durch den Flächennutzungsplan (FNP) erfolgt und eine grobe Flächeneinteilung hinsichtlich der Grundstücksnutzung beinhaltet, stellt der Bebauungsplan (BP) eine Ausgestaltung – möglichst aus dem Flächennutzungsplan abgeleitet – und damit die für alle verbindliche Feinplanung dar.


Abb. 11: Änderung eines Flächennutzungsplans – die bisherige Planung war Wohnbaufläche, nun soll die Grobplanung in eine Sonderbaufläche umgewandelt werden. Die konkrete Ausgestaltung enthält der geänderte FNP noch nicht. In der weiteren Planung muss die Grobplanung des FNP konkretisiert werden (z. B. Festlegung des Baufensters auf dem/den Grundstücken).

1. Allgemeines

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Wenn sich in einer Gemeinde zeigt, dass eine Entwicklung eintritt, die nicht gewünscht ist, kann (und soll) die Bauleitplanung hier ordnend eingesetzt werden. Die Ursachen für solche Situationen können vielfältiger Natur sein:

– Verlagerung von gewerblichen Bereichen,

– demografischer Wandel und Weg- oder Zuzug von Menschen,

– Freiwerden von Konversionsfläche (gemeint ist damit die Umwandlung ehemaliger militärisch genutzter Flächen zur zivilen Nutzung, häufig Wohnbebauung),

– Bedarf an sozialen Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern,

um nur einige Beispiele zu nennen.

All das kann für die gewählten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte Anlass sein, über die Entwicklung der Gemeinde zu diskutieren und ein Verfahren der Bauleitplanung anzustoßen. Dabei ergibt sich aus § 1 Abs. 3 BauGB zum einen die Pflicht, bei einem gegebenen Bedarf zu planen, andererseits aber auch ein Verbot zu einer Planung, wenn sie nicht erforderlich ist.

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Ein von der Gemeinde erstellter Bauleitplan darf nicht gegen Regelungen der Regionalplanung verstoßen, wie § 1 Abs. 4 BauGB festschreibt. Insoweit ist das „Rangverhältnis“ zwischen Raumordnung (also überörtliche Vorgabe) und der gemeindlichen Planung zu beachten.

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In § 1 Abs. 5 BauGB gibt der Gesetzgeber Leitvorstellungen wieder, die u. a. mit den Begriffen der Nachhaltigkeit in sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Bereichen beschrieben werden. Stadtentwicklung, die Einbeziehung des Umweltschutzes als Lebensgrundlage, aber auch die Baukultur sind einige Gesichtspunkte, die bei den planerischen Überlegungen der Gemeinde zu beachten sind. Konkreter wird die Vorgabe für die Aufstellung der Pläne in § 1 Abs. 6 BauGB. Dort sind viele Fachbelange genannt, die zu berücksichtigen sind. Auch wenn Abs. 6 keine abschließende Aufzählung der Belange enthält (s. im Gesetzestext „insbesondere zu berücksichtigen“), werden doch die Gesichtspunkte aufgelistet, die regelmäßig eine Rolle bei der städtebaulichen Entwicklung spielen.

 

Was den Umweltschutz betrifft, ist stets auch § 1a BauGB zu berücksichtigen, nämlich der Grundsatz des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.

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Natürlich ist es nicht immer sinnvoll, einen Bauleitplan aufzustellen. Wenn z. B. nur relativ kleine Flächen baurechtlich zu klären sind oder aber ein Bedarf für eine planerische Regelung nicht gegeben ist, braucht kein Bebauungsplan aufgestellt werden. Es muss dann jeder Einzelfall unter Beachtung der umgebenden Situation bewertet werden – unter diesem Gesichtspunkt fügt sich ein geplantes Vorhaben in das bereits vorhandene Umfeld ein oder eben nicht. Hier ist auch auf § 36 BauGB hinzuweisen, der dann zu beachten ist. Wenn von Plänen abgewichen werden soll, kein oder nur ein „einfacher“ Plan vorliegt oder ein Plan noch nicht rechtsverbindlich ist, muss sich die Gemeinde (bauleit-)planerisch äußern dürfen.