Bankrott und strafrechtliche Organhaftung

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III. Kündigung im Insolvenzverfahren

75

Im Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bankkunden findet § 41 Abs. 1 InsO Anwendung. Danach gelten (noch) nicht fällige Forderungen als fällig. Die Fälligkeit (§ 271 BGB) wird damit qua gesetzlicher Fiktion auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 35 InsO) „vorverlegt“.[76] Folge ist eine vollständige quotenmäßige Berücksichtigung an sich nicht fälliger Forderungen.[77] § 41 Abs. 1 InsO betrifft sämtliche (vor- und nachrangigen) Insolvenzforderungen.[78] Der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückerstattung des Darlehens entsteht, wie gezeigt, bereits mit Abschluss des Darlehensvertrags und wird daher vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst.[79] Unabhängig davon bedarf es eines Rückgriffs auf die Fiktion des § 41 Abs. 1 InsO nicht, wenn sich die Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs bereits aus einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung für den Fall der Insolvenzverfahrenseröffnung ergibt.[80]

76

In dem Zeitraum zwischen Eingang des Insolvenzantrags beim Insolvenzgericht und der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann das Gericht zur Massesicherung dienende einstweilige Anordnungen treffen, um nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners zu vermeiden (§ 21 InsO).[81] Bestehende Kredite werden allerdings ohne weiteres weder durch die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots noch durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters beendet oder vorzeitig fällig.[82] Das Kündigungsrecht bleibt von diesen vorläufigen Maßnahmen unberührt.[83] Die Anordnung eines vorläufigen Verfügungsverbots berechtigt das Kreditinstitut allerdings nach § 490 Abs. 1 BGB bzw. auf Grundlage von Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken[84] zu einer außerordentlichen Kündigung.[85]

Teil 2 Bankgeschäft und Insolvenz – zivil- und insolvenzrechtliche Grundlagen, wirtschaftliche Zusammenhänge › C › IV. Zwischenergebnis

IV. Zwischenergebnis

77

Die Bank ist in der Krise des Bankkunden regelmäßig zur Kreditkündigung berechtigt. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse seitens des Bankkunden beschränken grundsätzlich weder das ordentliche noch das außerordentliche Kündigungsrecht der Banken. Die Krisensituation beinhaltet vielmehr einen Kündigungsgrund, der zu einer außerordentlichen Kreditkündigung berechtigt. Dementsprechend ist die Kreditkündigung auch rechtstatsächlich häufige Folge des Kriseneintritts.

Anmerkungen

[1]

Etwa Batereau WM 1992, 1517; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.98: „Konfliktsituation“; Ganz in: Bittmann, Insolvenzstrafrecht, § 27 Rn. 1: „völlig gegensätzliche Positionen“; Neuhof NJW 1998, 3225: „Konfliktlage“.

[2]

Eine Erörterung der ergänzenden Vorschriften zum Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (§ 489 BGB) kann deshalb unterbleiben.

[3]

In diesem Fall tritt „Fälligkeit“ mit Ende der Laufzeit ein (§ 488 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 BGB), Palandt-Weidenkaff § 488 Rn. 14. Eine ausdrückliche oder konkludente Zeitbestimmung schließt das Recht auf ordentliche Kündigung aus, vgl. MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 224. Sofern für die Rückzahlung eines Darlehens eine Zeit nicht bestimmt wurde (Festdarlehen), hängt die Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs davon ab, dass der Darlehensgeber oder Darlehensnehmer den Darlehensvertrag wirksam kündigt (Kündigungsdarlehen, vgl. § 488 Abs. 3 S. 1 BGB). Die Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB wird durch § 488 Abs. 3 S. 1 BGB verdrängt, BGHZ 42, 302 (305); 64, 278 (284). Zugleich ist die Kündigung Ansatzpunkt für die Beendigung des Vertragsverhältnisses insgesamt, MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 221. Mit wirksamer Kündigung endet ebenfalls der Anspruch des Darlehensgebers auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Zinssatzes. Zu den danach möglichen Verzugszinsen vgl. § 288 BGB. Einer Mahnung (oder gar Kündigung) des Kredits bedarf es in diesen Fällen nicht, Kiethe KTS 2005, 179; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.52. Der Bankkunde hat die Möglichkeit, wirtschaftliche Dispositionen a priori an den vertraglich ausbedungenen Fälligkeitsterminen auszurichten, die dieser selbst (allerdings in wirtschaftlich „gesunder“ Zeit) vereinbart hat, vgl. Canaris ZHR 143 (1979), 113 (115).

[4]

MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 229, 239. Dies entspricht dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz, dass bei Dauerschuldverhältnissen stets ein Recht auf einseitige Vertragsaufhebung besteht, Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.55.

[5]

MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 239.

[6]

Obermüller ZInsO 2002, 97 (98); Palandt-Weidenkaff § 488 Rn. 31, 33; Bruchner/Krepold in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 79 Rn. 116; MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 240. Beschränkungen sowie sonstige vertragliche Modifizierungen des Rechts zu ordentlicher Kündigung sind ebenfalls zulässig; ebenso eine Vereinbarung über die Zulässigkeit einer ordentlichen Kündigung erst ab einer bestimmten Laufzeit, Palandt-Weidenkaff § 488 Rn. 31.

[7]

Die gesetzliche Kündigungsfrist kann verlängert oder verkürzt werden, Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.58.

[8]

Hervorhebung nicht im Original; vgl. auch Nr. 26 Abs. 2 S. 1 AGB-Sparkassen.

[9]

Wenn die AGB-Banken wirksam einbezogen sind. Diese Regelung verfolgt in erster Linie den Zweck, zu vermeiden, dass bereits Kreditzusagen der öffentlich-rechtlichen Kapitalunterlegungspflicht (vgl. § 10 KWG) unterfallen. Diese entfällt, sofern eine Kreditzusage jederzeit kündbar ist. Zu eben diesem telos etwa Obermüller ZInsO 2002, 97 (98); Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 24 Rn. 4 m.w.N.

[10]

Ebenso Nr. 26 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen.

[11]

(Hervorhebung nicht im Original). Nr. 19 Abs. 5 AGB-Banken; ergänzend bestimmt Nr. 19 Abs. 2 S. 2 AGB-Banken, dass die Bank bei Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen hat. Vgl. auch Nr. 26 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen; es handelt sich hierbei rechtlich allerdings nicht um eine Kündigungs-, sondern um eine Abwicklungsfrist, Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 24 Rn. 53; MK-BGB-K.P. Berger § 488 Rn. 241.

[12]

Rümker KTS 1981, 493; OLG Düsseldorf WM 1989, 1838; dieser Gedanke liegt auch Nr. 19 Abs. 1 der AGB-Banken (Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen) zugrunde; die Vorschriften sehen das Recht der Bank vor, sofern eine besondere vertragliche Regelung der Kündigungsfrist nicht erfolgt ist, die Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftsbeziehungen „jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist“ zu kündigen.

[13]

So im Ergebnis ebenfalls Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.52.

[14]

Anders im Einzelfall nach den Grundsätzen des venire contra factum proprium, sofern die Bank die Laufzeit eines – zunächst befristeten – Darlehens mehrfach verlängert hat; hier soll im Einzelfall, mit Rücksicht auf § 242 BGB, eine besondere Hinweispflicht bestehen, dass die Übung nun aufgegeben werde; etwa OLG Hamm WM 1991, 402.

[15]

Canaris ZHR 143 (1979), 113 (114); Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.52.

[16]

Canaris ZHR 143 (1979), 113 (117).

[17]

BGH WM 1985, 1136; OLG Hamm ZIP 1985, 1387; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.51 m.w.N.

[18]

So im Ausgangspunkt auch Canaris ZHR 143 (1979), 113 (122): „Die Freiheit zur ordentlichen Kündigung ist […] integrierender Bestandteil einer funktionell verstandenen Privatautonomie“. Mit einer Übersicht Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.56.

[19]

Canaris ZHR 143 (1979), 113 (124 ff.); Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.54 ff.

 

[20]

Voraussetzung ist daneben, dass der Kunde seine Annuitäten stets vollständig und termingerecht erbracht hat, die Kündigung dem Bankkunden unverhältnismäßige Nachteile brächte und die Prüfung der Vermögensverhältnisse des Geschäftskunden erwarten lässt, dass die Rückzahlung zu einem späteren Zeitpunkt ohne schwerwiegende Probleme gelingt. Zu weiteren Einzelheiten Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.65 f.

[21]

Befürwortet wird ein (maximaler) Aufschub von drei Monaten, Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.66: „Ein Kunde, dem es nicht gelingt, innerhalb dieser Zeitspanne einen neuen Kreditgeber zu finden, hat damit gezeigt, dass er nicht mehr kreditwürdig ist“.

[22]

Canaris ZHR 143 (1979), 113 (125). Mit diesem Gedanken wohl auch BGH WM 1983, 1038; zustimmend Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.67. Nicht dagegen, wenn der Bankkunde die Abhängigkeit selbst und freiwillig herbeigeführt hat.

[23]

Im Übrigen wäre die Folge schwerlich vertretbar, dass Banken mit der (ordentlichen) Kreditkündigung, die Voraussetzung einer möglichen Verwertung bestehender Sicherheiten ist, gerade in der wirtschaftlichen Krise besonders lange zuwarten müssten.

[24]

OLG Frankfurt WM 1992, 1018; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.62.

[25]

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass dem Kreditkunden die vollständige Rückzahlung des Darlehens gerade in dieser Situation wirtschaftlich besonders schwer fällt, Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.60.

[26]

Siehe hierzu oben Rn. 40 f.

[27]

Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 2.

[28]

Dies gilt vor Auszahlung des Darlehens „im Zweifel stets“, nach Auszahlung „nur in der Regel“. Die Vorschrift ist also auch anwendbar, sofern ein Darlehen noch nicht valutiert ist. Der Unterscheidung des Gesetzgebers liegt die Wertung zugrunde, dass es dem Darlehensgeber (Bank) schlechthin unzumutbar ist, „sehenden Auges“ eine Valutierung vorzunehmen, sofern ein Kündigungsgrund vorliegt, während nach Valutierung im Einzelfall Belange des Darlehensnehmers zu berücksichtigen seien, MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 14 ff.

[29]

Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 6. Die Gefährdung der Rückerstattung eines Darlehens i.S.v. § 490 Abs. 1 BGB ist eine gegenüber der allgemeinen „Unsicherheiteneinrede“ (§ 321 BGB) spezielle Regelung des Darlehensrechts.

[30]

Etwa im Fall einer weitergehenden individualvertraglichen Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts bei „Kreditgefährdung“.

[31]

Wortlaut: „durch“; Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 7; MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 8: „unmittelbarer Kausalzusammenhang“.

[32]

Liegt ein Umstand, der den Rückzahlungsanspruch gefährdet, bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor, scheidet die Anwendung von § 490 Abs. 1 BGB aus; wobei gleichgültig ist, ob die Bankverantwortlichen hiervon Kenntnis besaßen, Obermüller ZInsO 2002, 97 (99). Liegt ein derartiger Umstand bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor, kommt nur ein Anfechtungsrecht nach § 119 Abs. 2 BGB, ggf. nach § 123 Abs. 1 BGB in Betracht, MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 2; Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 7.

[33]

BGH NJW 1987, 1705.

[34]

Die Vorverlagerung des Kündigungsrechts bereits in den Zeitraum vor endgültigem Eintritt der Verschlechterung dient dem effektiven Schutz des Darlehensgebers, Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 7; MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 7: „Müsste zunächst die Insolvenz abgewartet werden, würde diese gerade den Vermögensverlust herbeiführen, vor dem Abs. 1 schützen will“.

[35]

MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 7.

[36]

Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 7; externe Faktoren sind hierin nur eingeschlossen, sofern sie sich auf die konkrete Vermögenslage des Betroffenen auswirken. Eine allgemeine „Eintrübung“ der Wirtschaftslage insgesamt (etwa rückläufige Konjunktur, Wirtschaftskrisen etc.) genügt dementsprechend grundsätzlich nicht, MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 4 m.w.N.

[37]

MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 5. Sofern die Vermögenslage des Darlehensnehmers schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses objektiv „schlecht“ war, genügt, dass sich die Situation anschließend weiter verschlechtert hat, Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 7. Dieser Aspekt ist insbesondere für das außerordentliche Kündigungsrecht in Zusammenhang mit Sanierungsdarlehen von Bedeutung. Das Recht zu außerordentlicher Kündigung ist ausgeschlossen, wenn diese Tatsachen den Bankverantwortlichen bereits bei Vertragsschluss bekannt waren, vgl. BGH NJW 2002, 3167; Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 6.

[38]

MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 5: Es bedarf also mehr als einer „simplen Rechenoperation“.

[39]

Ebenfalls die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Darlehensnehmer, Canaris Bankvertragsrecht, Rn. 1254. Ebenso MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 5 mit weiteren Fallbeispielen.

[40]

Die Aussicht auf eine fehlende – wirtschaftlich aber erforderliche – Kreditgewährung ist geeignet, die Vermögensverhältnisse des Betroffenen maßgeblich negativ zu beeinflussen, MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 5.

[41]

OLG Hamm WM 1991, 402.

[42]

Siehe oben Rn. 23 ff.

[43]

Freitag WM 2001, 2370 (2375); MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 6 m.w.N.

[44]

MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 8, das Vorliegen dieser Voraussetzung ist seitens der Bankverantwortlichen mit Rücksicht auf die Belange des Vertragspartners sorgfältig zu prüfen.

[45]

Freitag WM 2001, 2370 (2375); MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 11.

[46]

BT-Drucks. 16/6857, S. 64. Es besteht im Rahmen der Gefährdungsprüfung eine Wechselwirkung zwischen den Vermögensverhältnissen und den zur Kreditsicherung bestellten Sicherheiten, MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 8 f. m.w.N.; die Fassung des Gesetzes wird deswegen teilweise als missglückt bezeichnet, Freitag WM 2001, 2370 (2374 f.).

[47]

Obermüller ZInsO 2002, 97 (100), mit dem Hinweis, dass gerade in der Krise des Schuldners eine sichere Bewertung der Sicherheiten häufig schwierig sei.

[48]

Zu den praktischen Problemen der Bewertungsprognose Obermüller ZInsO 2002, 97 (100); Freitag WM 2001, 2370 (2374).

[49]

Nr. 13 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 22 Abs. 1 AGB-Sparkassen.

[50]

Eine außerordentliche Kündigung wegen Nichtbestellung oder Nichtverstärkung von Sicherheiten (Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken) ist nur zulässig, wenn die Bank dem Bankkunden diese einschneidende Konsequenz als ultima ratio durch entsprechenden Hinweis bei Geltendmachung des Nachbesicherungsanspruchs deutlich vor Augen geführt hat; Nr. 13 Abs. 3 S. 2 AGB-Banken, Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, (8) Nr. 13 Rn. 8; Fischer/Klanten Bankrecht, Rn. 3.120; Bunte AGB-Banken, Rn. 318 m.w.N.

[51]

Zu den Voraussetzungen des Nachbesicherungsanspruchs oben Rn. 40 f.

[52]

Die Unfähigkeit, ergänzende, werthaltige Sicherheiten zu bestellen, ist häufig zugleich deutliches Indiz einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Bankkunden und berechtigt nach Nr. 19 Abs. 3 S. 2 AGB-Banken zur außerordentlichen Kündigung des Darlehens aus „wichtigem Grund“; siehe Obermüller ZInsO 2002, 97 (100 f.).

[53]

Ein Verschulden des anderen Vertragsteils ist in diesem Zusammenhang nicht zwingend erforderlich; Art und Schwere des Verschuldens sind allerdings in die Zumutbarkeitsabwägung einzustellen, vgl. MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 48.

[54]

Auf das Erfordernis der Abhilfefrist sowie einer Abmahnung findet nach § 314 Abs. 2 S. 2 BGB die Vorschrift des § 323 Abs. 2 BGB entsprechende – einschränkende – Anwendung.

[55]

MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 47 m.w.N.; darüber hinaus ist bei einem in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnis (Gelddarlehensvertrag) das Recht zum Rücktritt (§ 323 BGB) durch das Recht zu außerordentlicher Kündigung verdrängt.

[56]

In der Praxis des Kreditgeschäfts kommt diesem außerordentlichen Kündigungsrecht vor allem bei Vertragspflichtverletzungen, namentlich bei schwerwiegenden Verstößen gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten, Bedeutung zu, vgl. MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 46, 49.

[57]

Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 19.

[58]

Diese Grenze ist in Anlehnung an die Vorschriften der §§ 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a, 498 Abs. 1 Nr. 1 BGB gebildet, vgl. MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 49.

[59]

BGHZ 95, 362 (374); BGH WM 1988, 195 (196); OLG München ZIP 1990, 1552 (1553); ebenso BGH WM 1999, 840 (841), gewerblicher Millionenkredit bei vierteljährlicher Zins- und Tilgungsvereinbarung.

[60]

BGH NJW 2003, 2674.

[61]

OLG Karlsruhe BB 1972, 287; gleiches gilt im Falle gewerblicher Darlehen, sofern ein Gesellschafterwechsel, Kontrolländerungen oder die Bildung undurchsichtiger Konzernstrukturen zu Zweifeln hinsichtlich der Bonität des Darlehensnehmers führen, vgl. MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 49: ebenfalls im Falle verdeckter oder gehäufter Gewinnausschüttungen oder der Bildung von „Klumpenrisiken“.

 

[62]

Müllbert WM 2002, 465 (475); Palandt-Weidenkaff § 490 Rn. 4.

[63]

Bzw. die AGB-Sparkassen.

[64]

Nr. 19 Abs. 3 S. 1 AGB-Banken. Führt eine Abwägung der Interessen des Kreditinstituts mit denen des Kunden im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass der Bank die weitere Fortsetzung der Geschäftsbeziehung etwa bis zum jeweils vereinbarten Beendigungszeitpunkt oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist, liegt ein wichtiger Grund vor; Bunte AGB-Banken, Rn. 446; ders. in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 24 Rn. 28 jew. m.w.N.

[65]

OLG Köln NJW-RR 1992, 1522 (1523); Canaris Bankvertragsrecht, Rn. 1248; Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 24 Rn. 29.

[66]

Einschränkend bestimmt Nr. 19 Abs. 3 S. 3 AGB-Banken allerdings, dass, sofern der wichtige Grund in der Verletzung einer vertraglichen Pflicht besteht, eine Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist, „es sei denn, dies ist wegen der Besonderheiten des Einzelfalles (§ 323 Abs. 2 und 3 BGB) entbehrlich“; die Bestimmung ist insoweit an § 314 Abs. 2 BGB angepasst, vgl. MK-BGB-K.P. Berger § 490 Rn. 53; ebenso Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen.

[67]

Nr. 19 Abs. 3 S. 2 (Spiegelstrich 3) AGB-Banken; hiervon abweichend Nr. 26 Abs. 2 S. 3 AGB-Sparkassen.

[68]

Insbesondere der Umstand, dass eine Darlehenskündigung betroffene Bankkunden in dieser Situation häufig besonders empfindlich trifft, bewirkt keine Restriktion des Kündigungsrechts.

[69]

Rümker KTS 1981, 493 (496 f.).

[70]

Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.70, 5.73 m.w.N.

[71]

Sofern der Bankkunde fällige Zins- und Tilgungszahlungen nicht erbringt oder eingeräumte Kreditlinien überschreitet OLG Köln ZIP 2002, 751.

[72]

Insbesondere auch, sofern der Betroffene angesichts einer wirtschaftlichen Krise die Offenlegung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse verweigert, vgl. BGH WM 1994, 838.

[73]

Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.79.

[74]

Die Ursache ist regelmäßig nicht etwa ein „Marktversagen“, Häuser in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 85 Rn. 24.

[75]

Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.79.

[76]

MK-InsO-Bitter § 41 Rn. 1: „Die Forderungen werden hierdurch von Anfang an im Verfahren wie fällige Forderungen berücksichtigt, jedoch gegebenenfalls der Höhe nach gemäß der Abzinsungsregelung in [§ 41]Abs. 2 [InsO] reduziert“; die Vorschrift soll hinsichtlich der Stellung der Gläubiger im Insolvenzverfahren Rechtsklarheit schaffen.

[77]

BT-Drucks. 12/2443, S. 124; Bitter NZI 2000, 399 f. Zugleich vereinfacht § 41 InsO die Abwicklung des Insolvenzverfahrens, vgl. BGH NJW 2000, 1408 (1409).

[78]

Hierzu gehören alle vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner begründeten einfachen Forderungen, MK-InsO-Bitter § 41 Rn. 4.

[79]

Umstritten ist nur, ob als gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch; hierzu bereits ausführlich oben Rn. 18 f.

[80]

MK-InsO-Bitter § 41 Rn. 7 m.w.N. Eine solche Vereinbarung ist für alle Kredtitformen als einzelvertragliche Vereinbarung möglich, Obermüller NZI 2001, 225 (226); Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, § 355 Rn. 23 m.w.N.

[81]

Das Insolvenzgericht kann etwa ein allgemeines Verfügungsverbot an den (potentiellen) Insolvenzschuldner erlassen oder einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen; das Gericht kann ebenfalls anordnen, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

[82]

Das Verfügungsverbot lässt den rechtlichen Bestand vertraglicher Vereinbarungen unberührt, verhindert indes sämtliche Erfüllungshandlungen des Schuldners diesbezüglich; Wittig DB 1999, 197 (198); Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.212, 5.221.

[83]

Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.213: „Das Kündigungsverbot, das in § 137 Abs. 2 des Regierungsentwurfs zur InsO noch enthalten war, hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags nicht in die endgültige Fassung der InsO übernommen“; der Gesetzgeber hat auf eine Vorschrift verzichtet, die vertragliche Auflösungsklauseln (für den Fall des Insolvenzantrags bzw. der Anordnung vorläufiger Maßnahmen im Insolvenzverfahren) als unwirksam behandelt, bewusst verzichtet; eine solche Regelung begründete oder erhöhte die Gefahr für Unternehmen in der wirtschaftlichen Krise, keine Vertragspartner zu finden, die bereit sind, sich an einem Sanierungsversuch zu beteiligen, vgl. BT-Drucks. 12/7302, S. 170 (Die InsO kennt eine Kündigungssperre nur für Miet- oder Pachtverhältnisse, § 112 InsO).

[84]

Nr. 26 AGB-Sparkassen.

[85]

Dies gilt unabhängig davon, ob das Darlehen bereits valutiert ist oder nicht, siehe hierzu Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 5.213a.

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