Osteopathische Diagnostik und Therapie

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Pathologie

1. Der Ursprung der Erkrankung ist eine Nervenstörung mit modifizierter Respiration, die wahrscheinlich auf die vasomotorische Störung zurückgeht. Bei vegetativem Ursprung ist der Bereich Th3–Th5 relevant. Primär beeinflusst Keuchhusten das Zwerchfell und den Nervus phrenicus, ebenso den X. Hirnnerv, was in einer Nervenstörung resultiert.

2. Bisweilen, wenn sie sich über das Blut verbreitet, zieht die Erkrankung auch die Trachea und die bronchialen Drüsen in Mitleidenschaft. In diesem Fall lassen sich Läsionen im mittleren und unteren zervikalen Bereich sowie im Bereich der 1.–3. Rippe feststellen.

3. Morbide Anatomie entsteht nur, wenn die Erkrankung Komplikationen wie Bronchitis, Pneumonie und Asthma usw. oder auch die Drüsen mit einschließt. Eine Ausnahme unter den Keuchhusten-Komplikationen bildet das Emphysem. Das ist eine dauerhafte Dilatation der Lungenbläschen, wobei die Hohlräume mit Luft gefüllt werden. Durch richtige Behandlung lässt sich das Lungengewebe erhalten, bei einem lang bestehenden Emphysem kann allerdings osteopathisch wenig getan werden.

Behandlung

1. Stellt man die Erkrankung bereits fest, wenn sie sich ankündigt, sollte das Lymphsystem behandelt und speziell die oberflächliche Blutzirkulation angeregt werden, auch im Bereich von Hals und Rachen.

2. Häufig verläuft die Entwicklung von Keuchhusten in drei Stadien:

a. Im ersten, dem katarrhalischen Stadium, behandeln Sie wie bei einer Erkältung.

b. Im zweiten Stadium behandeln Sie die auftretende Stauung in Augen-, Nasen- und Rachenschleimhaut. Im besonders betroffenen laryngealen Teil des Rachens begegnen Sie dieser Stauung wie einem laryngealen oder nasalen Katarrh. Behandeln Sie den V. Hirnnerven. Wenden Sie an der Nase im seitlichen Bereich hemmenden Druck an und stimulieren Sie dann.

c. Im krampfartigen Stadium stellen wir Hustenkrämpfe fest, die aus einer Reihe von Ausatmungen bestehen, auf die eine Reihe von Einatmungen folgt – und dann ein Keuchen.

3. Im normalen Atmungsvorgang folgt dem Einatmen eine Pause. Bei Fällen von Keuchhusten kommt es dagegen zunächst zu einer Reihe von Ausatmungen, dann zu einer Reihe von Einatmungen und schließlich zu krampfartigem Keuchen. Eine Pause gibt es hier also nicht, an ihre Stelle tritt eine Ausatmung. Daran lässt sich erkennen, dass der ganze Respirationszyklus gestört ist, was folgende Ursachen hat:

a. Es liegt eine Irritation der Hirnnerven IX und X vor sowie eine Nervenstörung des Nervus laryngeus recurrens ggf. auch eine Nervenstörung der vegetativen Nerven. Läsionen bestehen im zervikalen Bereich.

b. Verbunden mit den eben genannten Nervenstörungen besteht eine vasomotorische Störung im Bereich der Bronchien, woraus bei beeinträchtigter Blutversorgung eine beständige Irritation entsteht. Behandeln Sie in diesem Fall den Nervus laryngeus recurrens an den ersten drei oberen Rippen, insbesondere an der 2. und 3., sowie an den vasomotorischen Nerven zu den Bronchien, die Sie im unteren zervikalen und oberen thorakalen Bereich der Wirbelsäule erreichen. Direkte Behandlung in den Bereichen C6–Th2. Der Krampf lässt sich bisweilen über den pneumogastrischen Nerv stoppen und manchmal auch durch hemmenden Druck im Bereich Th2–Th4, also im vasomotorischen Bereich. Läsionen im unteren zervikalen, im oberen thorakalen Bereich und an den ersten drei Rippen müssen angepasst werden.

4. Im Abschlussstadium findet die Rekonvaleszenz statt. Achten müssen Sie jetzt vor allem auf eventuell entstehende Komplikationen in Form von Hämorrhagien der Nasen-, der Rachen- und der Mundschleimhaut. Überprüfen Sie da von der sensorischen Seite her, indem Sie die vasomotorischen Nerven im gesamten zervikalen und im oberen thorakalen Bereich gründlich behandeln. Erstreckt sich die Hämorrhagie auch auf die Augen, behandeln Sie diese durch Schwingung und leichten Druck in den Bereichen C2–C3 sowie Th2–Th3. Ziel des hemmenden Drucks ist an diesem Punkt die Dilatation der Iris. Auch die Pupille lässt sich durch Hemmung im Bereich Th2–Th3 erreichen, dort also, wo sich das ziliare Zentrum für die Kontraktion des Musculus ciliaris befindet. Nierenkomplikationen müssen behandelt werden. Die häufigsten Komplikationen bestehen in fettiger Degeneration der Leber, der Niere und Augenkomplikationen sowie Nephritis. Diese Komplikationen erreichen Sie über die Nervi splanchnici (Th6–Th12).

5. Behandeln Sie täglich direkt die vasomotorischen Nerven von Augen, Nase und Gesicht.

6. Dehnen Sie die Zervikale Muskulatur. Dies gelingt am besten, wenn Sie auf die Klavikula drücken, während Sie mit der anderen Hand gleichzeitig den Kopf rotieren.

7. Wenden Sie Druck am Unterkiefer an und setzen Sie diesen Druck in den Bereichen von Atlas und Axis fort. Wiederholen Sie dies an C1 und C5 an sowie an den Hirnnerven IX und X sowie am Nervus phrenicus. Oft drückt die Klavikula auf den IX. Hirnnerven. Schauen Sie im Bereich C3–C5 nach einer Störung des Nervus phrenicus. Zur Stimulation des oberen Thorax platzieren Sie Ihr Knie im interskapluaren Bereich und ziehen den Thorax von der Schulter aus zu sich.

8. Heben Sie die Arme des Patienten über den Kopf an, während Sie Druck im interskapluaren Bereich ausüben.

9. Schwingung des oberen Thorax von der Klavikula bis zur 2. Rippe – und wenden Sie die Schwingung auf beiden Seiten an. Richten Sie diese Behandlung auf die Bronchien, um Bronchitis, Pneumonie und Emphysem zu verhindern.

10. Häufig kommen bei Keuchhusten Zyanose oder sogar Kollaps vor. In diesem Fall verfahren Sie folgendermaßen:

a. Legen Sie den Patienten auf den Rücken, sofern das möglich ist. Platzieren Sie Ihre Hand auf das Ganglion cervicale superius auf der linken Seite und wenden Sie für eine Minute oder zwei tiefen Druck an. Schwingen Sie dann mit den Fingern. Ziel dieser Behandlung ist die Kontrolle des Blutes. Setzen Sie die Schwingung an C6 fort, um das Ganglion cervicale medium zu erreichen.

b. Behandeln Sie den respiratorischen Zustand, indem Sie die Hand genau über der Skapula platzieren, zuerst auf der linken und dann auf der rechten Seite, während Sie jeweils den Arm auf derselben Seite stark über den Kopf ziehen. Krampf oder Husten können durch diese Behandlung oft gestoppt werden. Nach der linken Seite behandeln Sie in gleicher Weise die rechte.

c. Ist der Patient zu schwach oder ohnmächtig, heben Sie die oberen fünf Rippen.

d. Verabreichen Sie dem Patienten eine ausgiebige zirkulatorische Behandlung.

e. Seine Ernährung muss reguliert werden, seine Kleidung soll warm, aber nicht schwer, und er selbst so viel wie möglich an der frischen Luft sein. Geben Sie ihm viel Wasser und versuchen Sie, ihn bis zur Rekonvaleszenz bei Kräften zu halten.

11. In der Phase der Rekonvaleszenz vom Keuchhusten führen Sie eine allgemeine Behandlung von Augen, Nase, Rachen, Kiefer und der Klavikulae durch. Rotieren Sie die Arme usf. Um die während der Rekonvaleszenz phasenweise auftretenden Spasmen zu blockieren, legen Sie die Finger auf die linke Seite der 5. Rippe und ziehen den Arm über den Kopf, wobei Sie mit dem linken Arm beginnen.


DYSENTERIE

Dysenterie ist eine akute oder chronische Infektionserkrankung. Es handelt sich um einen katarrhalischen Zustand der Schleimhaut im Darmbereich. Bei der akuten Form

1. liegt ein katarrhalischer Zustand der Schleimhaut vor – und

2. eine irritierende Substanz oder eine Irritation, die die Nervenversorgung betrifft. Bei der chronischen Form, die das Ergebnis oder die Auswirkung eines akuten Anfalls ist oder aus einer anderen Erkrankung, z. B. einer katarrhalischen Enteritis, entsteht, ist der Dünndarm entzündet. Es gibt drei Typen akuter Dysenterie:

1. den akuten katarrhalischen,

2. den tropischen, sowie

3. den diphtheroiden Typ.

(I) AKUTER KATARRHALISCHER TYP

Das ist eine höchst infektiöse, epidemisch, in einigen Gegenden auch endemisch auftretende Erkrankung, die stets in nördlichen und gemäßigten Klimazonen im Sommer und im Herbst vorkommt. Sie kommt auch sekundär bei Malaria vor. Manche Autoren bezeichnen diese Form auch als malariartige Dysenterie. Die akute Form

1. ist eine Entzündung, die den Dickdarm insgesamt oder teilweise betrifft.

2. entsteht vor allem im Kontext plötzlicher atmosphärischer Veränderungen oder infolge einer Irritation nach dem Verzehr unreifer Früchte bzw. unverdaulicher oder vergifteter Nahrung.

In den letzten beiden Fällen ist der Darm nahezu immer betroffen – die motorische Nervenversorgung zum Darm ist gestört. An speziellen Läsionen stellen wir aus osteopathischer Sicht laterale Dislozierungen der lumbalen Wirbelkörper fest. Am häufigsten betroffen sind L2 und L3. Dies führt zu einer Störung der Darmschleimhaut, die sich in Stauung, Entzündung usf. äußert. Bisweilen wird behauptet, dieser Zustand gehe auf das Trinken von verunreinigtem Wasser zurück, insbesondere dann, wenn eine Person an gutes, reines Wasser gewöhnt ist. Der Verwendung von unsauberem Wasser wäre jedoch ein Auslöser. Es gibt zwei prädisponierende Ursachen: Dyspepsie des Darms und Verstopfung. Beide implizieren eine träge, im Zustand der Stase gebundene Blutzirkulation.

Pathologie

1. Vom statischen Zustand des Blutes ist zuerst die Schleimhaut betroffen. Sie reagiert mit Katarrh.

 

2. Dieser resultiert in einer Stauung der Schleimhaut.

3. Darauf folgen Hyperämie und Infiltration der Schleimhaut.

4. Weiter folgt eine durch Retention oder Überproduktion von Schleim bedingte Vergrößerung der Follikel, die zu einer Schwellung und zu einer sekundären Entzündung führt, mit

5. Exsudation der blutigen Serumoberfläche der Schleimhaut.

6. Die Drüsen, insbesondere die Lieberkühn-Drüsen, zeigen sich vergrößert, hyperämisch und hypertrophisch, manchmal reißen auch ihre Follikel.

7. Zu diesem Zustand gehört auch ein eiterndes Geschwür in Verbindung mit Gewebsverschorfung. Häufige Verschorfung und Geschwürbildung wird in Flecken festgestellt, die sich über den größten Teil des Darms ausdehnen.

Grundlage der Pathophysiologie der Dysenterie ist eine Nervenstörung des Darms, die ihn träge macht, was dann wiederum in Stauung, Entzündung usf. resultiert.

Verlauf und Symptome

Der Verlauf der Erkrankung beginnt mit Diarrhö.

1. Zuerst ist die Diarrhö schmerzlos, aber extrem stark, nahezu wie bei einem Cholerazustand, das heißt, hier liegt eine ausgeprägte Nervenstörung vor.

2. Binnem Kurzem wird die Diarrhö dann schmerzhaft und verstärkt sich noch wie auch der Schmerz, der nun kolikartig ist. Es handelt sich um eine viszeromotorische Irritation, die sich durch das Kolon zu ziehen scheint und sehr stark an den Schmerz bei einer Kolik erinnert.

3. Gelegentlich geht das Instestinum in einen spastischen Krampf über. Dieser Krampf kann sich bis zur Oberfläche des Körpers ausdehnen, das heißt, es bildet sich ein tetanischer Zustand der Muskulatur aus. Bei einem Kind beginnt dies mit einer merklichen Steifheit der Wirbelsäule und Krämpfen.

4. Neben anderen Symptomen findet man eine nasskalte, belegte Zunge, deren dunkelbraune Farbe von der Leber herrührt. Ein weiteres Merkmal ist oft übermäßig werdender Durst.

Es kann weitere Symptome geben wie eine leicht fiebrige Temperatur, Übelkeit und Erbrechen, Schleimausfluss – Katarrh.

1. Die ersten dysenterischen Ausscheidungen sind von schleimiger, blutiger Beschaffenheit.

2. Verstärken sie sich, werden sie wässerig und nehmen einen choleraartigen Charakter an.

3. Ansonsten sind die Ausscheidungen aufgrund ihres biliären Ursprungs stets eher von grünlicher Farbe. Bisweilen ist der Stuhl kaffeesatzartig, was auf einen Zerfall der roten Blutkörperchen schließen lässt.

Dysenterie ist eine konstitutionelle Erkrankung des Blutsystems, vermutlich nicht durch einen Keim verursacht. Im ersten Diarrhöstadium kommt es zeitweise zu verstärkter Peristaltik des Instestinum. Ein weiteres Symptom ist ein intensiver, krampfartiger Schmerz im Kolonbereich, verbunden mit einem Brennen im Rektum. Ursache ist eine Irritation durch die Gallensäuren. In den Ausscheidungen stellen wir zerstörte, desintegrierte rote und weiße Blutkörperchen fest. Epitheliale Zellen indizieren, dass die Schleimhaut sich auflöst. Das Vorhandensein von Fettzellen oder Globuli zeigt an, dass die Leber nicht richtig arbeitet.

Die Erkrankung dauert im Allgemeinen acht Tage, kann sich aber auch über vier oder fünf Wochen erstrecken.

(II) DER TROPISCHE DYSENTERIETYP

Er ist ebenfalls akut, infektiös und kontagiös. Sein Auslöser ist ein bestimmter Keim, die Amoeba coli. Solche Keime kommen im normalen wie im anomalen Zustand im Darm und in dessen Ausscheidungen vor. Sie nisten sich bisweilen auch in die Schleimhaut ein und vergiften diese – das bedeutet, dass als Basis venöse Stase und Stauung bestehen, die wiederum zu Geschwürbildung und inneren Abszessen führen.

Pathologie
Wir stellen Folgendes fest:

1. Hyperämie der Schleimhaut,

2. Stauung der Schleimhaut.

3. Entzündung der Schleimhaut,

4. Infiltration der Schleimhaut, verursacht durch Desintegration des Blutes, das submuköse Gewebe ist ödematös und es besteht eine Infiltration mit Blutkoagulation.

5. In der submukösen Schicht finden wir auch typisch geformte Geschwüre, die von den Amoebae coli verursacht werden. Dieser Befund ist vor allem im Ilium anzutreffen. Häufig fressen sich die Geschwüre auch in die Muskula. Das Bindegewebe wird filtriert, darauf folgt Nekrose.

6. In einigen Fällen stellen wir als Ergebnis von Exsudation die Bildung einer Pseudomembran fest, gefolgt von Ulzerationen in der muskulären Schicht des Darms, Absterben und Verschorfen der Schleimhaut.

Verlauf

Dieser Diarrhötyp (1) beginnt plötzlich und im Allgemeinen langsam mit einer einzelnen Diarrhö. In den sehr voluminösen Entleerungen findet sich eine große Anzahl von Keimen. Nach einer gewissen Dauer wird die anfangs schmerzlose Diarrhö schmerzhaft und die Temperatur steigt an. Hat sich die Dysenterie etabliert, nimmt der Schmerz allmählich wieder ab. Die große Gefahr bei diesem Typ sind die von den eitrigen Geschwürbildungen herrührenden Komplikationen, wovon es zwei gibt:

1. Abszesse in der Darmwand, die gewöhnlich sehr klein sind und in eine Perforation münden.

2. Abszesse in der Leber. Das können ein Abszess im rechten Leberlappen oder auch mehrere kleine oberflächliche Abszesse an den Wänden der Leber sein. Hierauf folgt lokale Nekrotisierung der Leber. Gelegentlich zeigt sich ein Ausfluss der fettigen granularen Materie, die sich durchgehend bis in die Wände des Dickdarms, gelegentlich sogar bis in die Lungen erstreckt. Häufig sind das Zwerchfell und die pleurale Membran in Mitleidenschaft gezogen und Schwindsucht entsteht.

(III) DER DIPHTHEROIDE TYP

Diese schwerste und komplizierteste Form tritt sekundär zum tropischen Typ auf und stets fulminant auf, während der Patient scheinbar gesund ist. Die Ursache ist vermutlich ein pflanzlicher Keim, der beim Zerfall von Nahrung oder Gewebesubstanz entsteht.

Pathologie

Die Pathologie ist ähnlich wie bei echter Diphtherie.

1. Man findet hier die gleichen Veränderungen wie bei Typ (2), bis hin zur Infiltration.

2. Nach der toxischen Infiltration kommt es aufgrund der Intoxikation zur Desintegration der Schleimhautsubstanz.

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1. Bei der leichten Form bedeckt eine gelbliche Membran die Schleimhaut des oberen Darmtrakts, entstanden durch Exsudation von Flüssigkeit aus den Darmwänden.

2. Bei der schweren Form finden zuallererst Schwellung, Stauung und Infiltration der Schleimhaut statt, dann bildet sich aufgrund nekrosebedingtem Flüssigkeitsstaus auf der geschwollenen Schleimhaut eine Pseudomembran, die sich so eng mit der Schleimhaut verhaftet zeigt, dass ein Trennungsversuch unweigerlich auch diese zerreißt und damit Hämorrhagie und Eiterungen hervorruft. Die sekundären Typen sind nicht so gefährlich wie der primäre.

Symptome.

Die Symptome sind nahezu die gleichen wie bei einem Darmkatarrh, abgesehen von Benommenheit und Delirium, die beide auf die Absorption toxischer Materie von der Pseudomembran im Darm zurückgehen. Die Hauptkomplikation betrifft bei diesem Typ die Leber. Abszesse und Geschwürbildungen sind Folge eines Übergreifens der Infektion vom Darm auf die Leber über die portale Zirkulation. Eine andere, ab und zu auftretende Komplikation besteht in einer (toxischen) Peritonitis, bedingt durch Pyämie oder Perforation. Kommt es zur Perforation, endet die Erkrankung wahrscheinlich tödlich, es sei denn, man operiert den Patienten sofort. Eiterbildung kann durch einen Einschnitt erleichtert werden. Eine weitere Komplikation, die häufig auf diesen Typ folgt, ist Lähmung, die in diesem Fall auf die Absorption der toxischen Materie durch das Nervensystem ausgelöst wird. Diese Komplikation lässt sich aber verhindern, wenn man dem Patienten genügend Aufmerksamkeit widmet.

(IV) DER CHRONISCHE TYP

Hierbei handelt es sich um den letzten Dysenterietyp. Er folgt gewöhnlich auf einen akuten Typ. Die Pathophysiologie des chronischen Typs besteht in einer chronischen Verdickung der Darmwand. Sie erscheint für gewöhnlich vor allem in den mukösen und submukösen Schichten des Darms. Es erscheinen Abszesse an Leber und Darmwänden. Da bei diesem Typ eine andauernde Behinderung der Nerven- und Blutversorgung zum Dickdarm besteht, lassen sich Läsionen im lumbalen und sakralen Bereich feststellen.

Die markantesten Läsionen sind posteriore Fehlstellungen der lumbalen Wirbelkörper. Gelegentlich wird eine linkslaterale Fehlstellung der lumbalen Wirbelkörper nach links festgestellt. Ein weiterer Befund besteht in einem Rigor oder einer Parese der sakralen Muskulatur. Der Grund hierfür ist eine durch Proliferation des Bindegewebes verursachte Steifheit, die einen kaudalen Druck die sakralen Nerven entstehen lässt. Dieser Befund besteht auch bei Vorhandensein eines Tumors, das heißt einer Verdickung der Gewebe über dem Sakrum.

Behandlung

Dysenterie ist eine charakteristische Bluterkrankung und daher in ihrer katarrhalischen Form am typischsten. Die Ausgangbasis für den Katarrh bildet eine Nervenstörung des Zerebrospinalen Nervensystems, von deren Behandlung eine Unterbrechung der Dysenterie abhängt. Artikulieren Sie die Wirbelsäule von oben nach unten. Das Fundament der Erkrankung besteht in Stauung und Entzündung des Instestinum, also in einer vasomotorischen Störung im Bereich des Nabels.

1. Die erste Behandlung sollte auf das Zirkulationssystem gerichtet werden, um die oberflächliche mit der tiefen Zirkulation zu koordinieren. Der Körper des Patienten ist für gewöhnlich kalt, was auf die fehlende Koordination zwischen den beiden Zirkulationen zurückgeht.

a. Hemmung entlang der Wirbelsäule abwärts, ausgehend von Th3.

b. Artikulation im Bereich Th3–Th5, und dann

c. rhythmische Behandlung in demselben Bereich.

2. Der Schmerz sitzt zunächst in der Nabelgegend, also über dem Solarplexus. Die Behandlung sollte wie folgt aussehen

a. Wenden Sie, ausgehend von einem Punkt genau über dem Nabel, hemmenden Druck nach oben und nach innen zum Xyphoid aus, dort tief hemmend.

b. Führen Sie anschließend eine schwingende Behandlung im selben Bereich durch, um den vegetativen Aspekt des Solarplexus zu stimulieren.

c. Der lokale Schmerz folgt gewöhnlich dem Verlauf des Dickdarms. Begegnen Sie diesem Schmerz durch hemmenden Druck und Schwingung in Richtung des Kolons.

d. Hemmen Sie anschließend die sensorischen Bereiche des Dickdarms (Th11–Th12), um Schmerz und Stauungstendenz zu kontrollieren.

3. Behandeln Sie den Dickdarm.

a. Ziehen Sie den Dickdarm sanft aus der Fossa sacroiliaca – am besten, indem Sie Ihre Finger dort in die untere Grube des Instestinum hinein schieben, wo dieses an der sigmoidalen Flexur in Kontakt mit der Wirbelsäule kommt. Ziehen Sie beidseits langsam nach oben, wobei Sie sorgfältig jedes Rucken vermeiden müssen, da plötzliche Bewegungen reizend wirken. Flektieren Sie dabei die unteren Extremitäten.

b. Im Anschluss daran wenden Sie sich dem sakralen Bereich zu und üben auf jeder Seite der Wirbelsäule langsam zuerst leichten, dann tiefen Druck auf das Sakrum aus. Artikulieren Sie auch. Drücken Sie tief genug, um eine stark hemmende Wirkung zu erzeugen. Ziel dieser Methode ist es, die sakralen Nerven zu erreichen. Sie sind Viszerodilatoren und ohne Verbindung mit dem üblichen Vegetativen Nervensystem47 direkt mit dem Darm verbunden.

4. Extreme Dysenterie behandeln Sie am besten durch starke Hemmung im lumbalen Bereich abwärts. Drücken Sie so stark wie möglich mit Ihren Fingerknöcheln nah an der Wirbelsäule. Beginnen Sie am unteren lumbalen Bereich und bewegen Sie sich nach oben.

5. Korrigieren Sie die Läsionen an L3, im Allgemeinen sind es laterale Subluxationen nach links. Während der Patient auf dem Bauch liegt, artikulieren Sie die Wirbelkörper, die Sie bevorzugen. Manchmal besteht eine traumatische posteriore Läsionen am Sakrum. In diesem Fall umfassen Sie die Beine des auf dem Bauch liegenden Patienten mit einem Arm und bewegen sie von einer Seite zur anderen, dann nach oben und nach unten, während Sie mit der anderen Hand Druck über dem Sakrum ausüben.

6. Wenden Sie sich dem Abdomen direkt zu mittels:

a. Hemmung vom Sakrum aus, Flexion abwärts,

 

b. rhythmische Behandlung.

7. Führen Sie eine sehr starke hemmende Behandlung am Sakrum durch.

8. Behandeln Sie Kolon und Leber direkt. Behandeln Sie die Leber lokal und widmen Sie sich dann dem Darmabschnitt der Wirbelsäule. Bei Behandlung der kontrahierten Musculi sphincter folgt der starken Hemmung eine starke Stimulation der sakralen Wirbelkörper – dies ist von Nutzen.

9. Konstitutionelle Behandlung:

a. Diese Behandlung besteht in der Entspannung der Muskulatur.

b. Vasomotorische Behandlung des zervikalen Bereichs und allgemeine zirkulatorische Behandlung.

c. Bei Typ zwei und drei nehmen Sie eine oberflächliche Artikulation im zervikalen Bereich vor sowie in den Bereichen Th1–Th3 oder Th1–Th4.

Beim tropischen und diptheroiden Typ liegt eine Bluterkrankung vor. Richten Sie hier Ihr Augenmerk vor allem auf eine eventuell bestehende Anämie aufgrund einer Desintegration roter Blutkörperchen. Stimulieren Sie zuallererst die Blutzirkulation, um den statischen Zustand zu beseitigen. Um den isotonischen Zustand des Blutes durch die Milz und die Leber aufrechtzuerhalten und zu stimulieren, sollte das Blut im Allgemeinen über diese Organe behandelt werden. Das Verabreichen einer NaCl-Lösung kann hier unterstützend wirken.

Behandeln Sie die Diarrhö im Bereich Th11–Th12 auf der linken Seite.

2. Überprüfen Sie Abszesskomplikationen in Leber, Lungen und Milz und vermeiden Sie sie durch Stimulation der Leber im Bereich von Th7–Th9 auf der rechten Seite sowie der Lungen (Th4–Th7) auf beiden Seiten.

3. Führen Sie eine starke hemmende Behandlung in den unteren thorakalen und lumbalen Bereichen der Wirbelsäule durch. Dazu platzieren Sie – sofern der Patient fähig ist sich aufzusetzen – Ihr Knie am thorakolumbalen Bereich und ziehen dann die Schultern des Patienten nach hinten.

4. Rektale Dilatation mit zweifachem Ziel:

a. Überwindung der Rektumparese – und

b. Beseitigung der Stauung – nicht unbedingt strenger Hemmung folgt hier eine starke Stimulation im sakralen Bereich.

5. Verabreichen Sie eine warme Injektion, gefolgt von einer beidseitigen starken Stimulation der Zirkulation von Milz, Leber und Darm (Th7–Th9).

6. Führen Sie dann beidseitig eine starke schwingende Behandlung im iliakalen Bereich durch, beginnend auf der rechten Seite.

Beim chronischen Typ kommen zu den bei den anderen Typen schon erwähnten Punkten noch folgende hinzu:

a. Unechte Rippen. Diese stehen bei chronischer Dysenterie allgemein eng zusammen überlappen sich bisweilen sogar. Schauen Sie auch nach den kostalen Knorpeln im Rippenbereich. Diese Knorpel zeigen sich entweder in- oder evertiert, und zwar manchmal beidseitig invertiert oder auf einer Seite evertiert und auf der anderen invertiert.

b. Überprüfen Sie sekundäre Läsionen im Bereich von Th7–Th10 sowie im lumbalen Bereich, insbesondere an L5, der entweder anterior oder posterior steht. Diese beiden Typen von Läsionen sind bei einer etablierten Dysenterie sekundär. Die funktionelle Übererregung des Darms verursacht die Dislozierung der Wirbelkörper oder Muskelsteife.

c. Richten Sie Ihr Augenmerk auch auf den Bereich von Th3–Th5, denn manchmal besteht dort eine vasomotorische oder zirkulatorische Läsion, die vor allem mit mangelnder Koordination zwischen oberflächlicher und tiefer Zirkulation zusammenhängt.

Um die beiden Zirkulationen aufeinander abzustimmen, wenden Sie im Bereich der Nervi splanchnici eine Hemmung an, die eine rhythmische Behandlung im Bereich von Th3–Th4 begleitet. Behandeln Sie denselben Bereich mit Wärme.

[…]