Opa, wie funktioniert das Internet?

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1.3. INTERNET

Bisher haben wir uns in bekannten alten Bahnen bewegt; nun wird es langsam spannender, aber zunehmend auch etwas komplizierter. Wir erinnern uns, dass es überall Computer gibt: in allen Firmen, Behörden, Schulen und und und. Alle diese vielen Computer sind in einem internen Netz zusammengeschaltet. Dazu kommen die PCs und Handycomputer. Nach Angaben der Gartner Group, einer Beratung für Computereinsatz gibt es im Jahre 2013 fast zwei Milliarden Smartphones, 200 Millionen Tablet-PCs und über 300 Millionen PCs, wobei inzwischen mehr Tablet-PCs als PCs verkauft werden. Alle wollen miteinander verbunden und permanent im Netz aktiv sein. Die internen Netze werden nach und nach mit den externen Netzen verbunden. Kein Nutzer will lange Wartezeiten, alle wollen unabhängig von der Entfernung in der ganzen Welt überall herumspringen. Wir haben schon gelernt, dass es immer mehrere Wege geben muss, weil es bei jeder Technik manchmal Ausfälle gibt. Natürlich müssen auch die Computer, die du besuchst, einen Ersatz – technisch sagen wir ein Backup – in Gang setzen, wenn sie mal nicht mehr funktionieren.

Ich erinnere mich, dass du mal erzählt hast, dass ihr in eurem Rechenzentrum zwei Großrechner und auch zwei Netzrechner für die Steuerung der Leitungen hattet. Wenn der Strom ausfällt, läuft aber trotzdem nichts und dann?

Dann haben wir eine kurze Zeit mit großen Batterien weiter gearbeitet, die automatisch den Strom lieferten, so lange, bis wir unser Notstromaggregat angeworfen hatten. Die wichtigen Rechner im Netz müssen alle so abgesichert sein. Deswegen sind in den letzten Jahren riesige Rechenzentren entstanden. Wenn bei dir zu Hause der Computer kaputt ist, ist das vielleicht nicht ganz so schlimm. Oder doch? Inzwischen hat man sogar durch Gerichte festgestellt, dass das Internet zum täglichen Leben gehört.

Ein Ausfall kann zu Ansprüchen an den Netzbetreiber führen. Nun haben die Ingenieure bei der Telekom und den anderen Netzanbietern noch ein Riesenproblem. Sie wissen niemals, wie viele Daten durch das Netz jagen und wie viele oder wie starke (dicke) Leitungen benötigt werden und wie sie überall eventuell eine Ersatzleitung zur Verfügung stellen können. Bei der zu Anfang erwähnten Leitungsvermittlung wird zwischen den Teilnehmern eine Leitung geschaltet und bleibt solange bestehen, bis das Telefonat oder auch die früher übliche blockweise Datenübertragung beendet ist. Dabei gibt es ja auch nur kurze Sprechpausen. Bei der Datenkommunikation ist das völlig anders. Es gibt mal eine riesige Datenmenge, dann wieder nur sehr wenige Übertragungen. Die Leitungen wären möglicherweise ganz schlecht ausgelastet oder überlastet. Es gibt eventuell riesige Stauprobleme.

Dann bräuchte man, könnte ich mir denken, so etwas wie ein Verkehrsleitsystem.

Richtig, Nico. Es kommt aber noch ein anderes Moment hinzu. Die ersten Rechnernetze entstanden in den USA zwischen den Computern in den Universitäten im Auftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Darin sollte natürlich keiner lauschen, also arbeitete man zusätzlich an Verschlüsselungssystemen. Und so ging 1969 eine erste Lösung dieser Probleme in Betrieb, die man »Arpanet« nannte und die heute als Keimzelle für das Internet gilt. Ingenieure sind oft sehr erfinderisch. Herausgekommen ist eine tolle Lösung, die man Paketvermittlung nennt.

Macht man dabei aus all den Daten etwa Pakete?

So ist es. Diese Technik ist im Kern sehr kompliziert, im Prinzip ähnelt sie der Paketauslieferung der Post, daher auch der Name. Die Post muss in Deutschland täglich mehrere Millionen Pakete über das ganze Land verteilen und bündelt sie in den einzelnen Regionen nach Transportrichtungen. Dann werden die Pakete mit großen Lkws in die über das ganze Land verteilte Unterzentren transportiert, dies zumeist über die schnellen Autobahnen. Wenn die Autobahn wegen eines Unfalls gesperrt ist, gibt es, wie du bestimmt schon erlebt hast, eine Umleitung. Das geht häufig über kleine Straßen, die auch anschließend benutzt werden müssen, wenn die Pakete in die kleinen Orte und in die Straßen gebracht werden müssen. Dazu werden die Pakete neu sortiert und mit kleineren Auslieferungswagen zur endgültigen Adresse gebracht. Also: In den großen und kleinen Verteilstellen werden die Adressen (meistens natürlich technisch) gelesen und die Pakete über Sortiermaschinen und Förderbänder auf die bereitstehenden Lkws transportiert. Dieses wird heute natürlich alles über Computerprogramme gesteuert, ich habe viel damit zu tun gehabt.

Diese Verfahren haben sich die Netzingenieure und Telekomexperten als Vorlage genommen und sich überlegt, wie man die zu transportierenden Daten in Pakete, also in kleine Abschnitte aufteilen kann und mit welchen Steuerungsprogrammen die Teildaten, also die Pakete durch das Netz gejagt und wie sie wieder zusammengesetzt werden können.

Gibt es im Netz auch Zwischenlager oder Unterzentren wie im Paketdienst?

Gibt es. Die Datenpakete werden unabhängig voneinander über ganz verschiedene Zwischenstationen zum Empfänger geleitet. Bei jedem Stopp wird die Empfängeradresse des Paketes gelesen und mithilfe einer Routingtabelle geprüft, auf welcher Strecke das Paket die nächste Station am schnellsten erreichen kann.

Opa, das ist sicher wieder die gleiche Logik wie beim Navisystem, nicht wahr?

Genau. Die Paketvermittlung benutzt also keine fest geschalteten Leitungen wie wir das früher bei stark benutzten Wegen gemacht haben. Sie sucht sich immer neue freie Wege. Das geht auch deswegen so gut, weil die Datenautobahnen mehrere Übertragungen gleichzeitig bewerkstelligen können.

Es ist klar, dass all diese Pakete Absender und Adresse benötigen, damit sie im Ankunftsort wieder zusammengesetzt werden können und, falls ein Fehler auftritt, zurück zum Absender geleitet werden können. In diesem Fall wird ein neuer Absendeversuch gestartet. Wenn eine Leitung die vielen Datenpakete nicht mehr schafft, errechnet ein Computer eine Umleitung, also eine neue Route. Daher heißen diese speziellen Computer auch Router. Sie befinden sich in den Knoten.

Das klingt sehr einfach, wenngleich ich ahne, dass dahinter sehr ausgeklügelte Programme stehen. Die vielen Computer und die Netze sind nicht alle gleich, wenn ich zum Beispiel an japanische Entwicklungen denke, wie kriegt man das denn übereinander, das heißt, wie verstehen sich die unterschiedlichen Techniken?

Nico, erinnerst du dich an die Diplomatie und deren Protokolle? Es ist äußerst mühsam, die vielen Techniker in den vielen Ländern zusammenzubringen, damit sie sich auf einheitliche Verfahren einigen. Techniker sind keine Politiker, also kriegen sie eine Lösung der Probleme über die Grenzen hinweg besser und schneller zustande. Ein internationales Protokoll für Datenpaketnetze ist nach langen Diskussionen in den Organisationen der Internationalen Fernmeldeunion unter der Leitung der UNO entstanden. Das war im Jahre 1976.

Und wer betreibt das riesige Netz? Ist das die Telekom?

Zum Teil schon. Die Telekom betreibt ein großes eigenes Netz, das wiederum nur ein Teil des riesigen Internets ist. Das Netz der Netze, das ist ja das Internet, wie du weißt, wird von keiner eigenen Organisation betrieben. Nur die Standards werden von privaten Gruppen gesetzt. Du kannst das auch so formulieren: Das Internet ist ein Chaos ohne eigene Verwaltung und funktioniert trotzdem. Es ist ein sich selbst organisierendes System oder ein freiwilliger Zusammenschluss unterschiedlicher Netzwerke von Firmen, Behörden, Instituten, Telekomunternehmen, Informationsdiensten und sonstigen Organen. Es ist dies die reinste Form elektronischer Demokratie.

Also läuft das ohne Mitwirken der Politik?

Im Prinzip schon. Wir werden später über das Schützen der vielen Daten sprechen, die überall im Netz herumschwirren. Da ist die Politik gefordert. Kehren wir nun zurück zum Telefonnetz.

Wie alle Telefone eine Nummer haben, gilt das dann natürlich auch für alle Computer, wenn sie sich im Netz befinden, wie wir schon gehört haben. Diese Nummer ist natürlich ziemlich lang, weil es eben Millionen Computer und noch vielmehr Kleincomputer, also Handys oder Tablet-PCs in der Welt gibt.

Opa, du hast doch einmal erzählt, dass du die Uni gewechselt hast, weil es in der neuen Uni einen Computer gab. Waren denn damals die Computer ganz seltene Exemplare?

Das war in der Tat so, Nico. Anfang der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts glaubte man sogar, dass es auf der ganzen Welt nur eine Handvoll Computer geben wird. Zehn bis zwanzig Jahre später hatten dann doch viele Hochschulen einen Computer. Das waren riesige Schränke mit gewaltigen Klimaanlagen, weil der Strom die damaligen Bauteile so sehr erhitzte. Einer der ersten großen Universalcomputer mit dem Namen ENIAC aus dem Jahre 1947 war dreißig Meter lang und hatte einen Stromverbrauch wie heute 15 000 PCs. Er bestand aus 17 000 Röhren. Wenn wir also heute feststellen, dass es Milliarden Computer gibt, muss man sagen: Das war damals eine gewaltige Fehleinschätzung.

Damit man mit diesen Computeradressen überhaupt umgehen kann, gibt es dafür Namen, die man sich viel besser merken kann, die es natürlich auch nur einmal geben darf. Man nennt diesen Namen auch Internetadresse, beispielsweise FC Bayern für deinen Lieblingsverein. Dahinter kommt dann noch .de, woraus man erkennen kann, dass diese Adresse aus Deutschland kommt. Davor findest du weitere Bezeichnungen wie http://www. Das ist für technische Identifizierungen erforderlich, dazu erzähle ich später noch eine ganze Menge.

 

Das klingt in der Tat alles sehr technisch, normalerweise braucht man das nicht zu wissen. Über Google finde ich schließlich alles ohne diese Adressen. Das ist viel einfacher.

Aber Nico, du wolltest doch wissen, was sich hinter den Kulissen abspielt, denn bevor Google seine wirklich großen Fähigkeiten ausspielt, muss die Basis gelegt werden, um die wir uns hier kümmern.

Ich verstehe das Netz jetzt schon ganz gut, vor allem nach deinem Vergleich mit den Inseln und Brücken und Straßen mit den Häusern. Wenn die Daten durch das Netz flitzen, ist das sicher so ähnlich wie mit dem Auto- und Bahnverkehr. Das muss geregelt werden durch Ampeln, durch Umgehungsleitungen bei Staus und Fahrpläne bei den Bahnen, damit nicht alle Züge gleichzeitig auf die Schienen kommen.

Sehr gut beobachtet, Nico, das ist ganz wichtig. In diesem Netz muss es ein Navi geben. Es muss gezählt werden, wie viele Daten sich im Netz befinden, damit die Daten so gesteuert werden, dass es keine Staus gibt und dass möglichst viele Daten über die Datenautobahnen geleitet werden. Du erinnerst dich, das sind die dicken Leitungen. Diese Steuerungen werden erledigt durch ganz spezielle Computer, die Router, von denen ich vor kurzem gesprochen habe. Das kannst du dir sicher gut merken. Vielleicht hast du schon mal mitgekriegt, dass die Firma, in der Papa arbeitet, die Router und dabei vor allem die Steuerprogramme entwickelt hat, sie heißt Cisco.

Jetzt weiß ich endlich ein wenig, was ein Router ist. Kann ich das mit einer Weichenstellung bei der Eisenbahn vergleichen?

Das ist gut erkannt, Nico. Wir haben gelernt, dass die einzelnen Pakete ihre gesamten Steuerinformationen mit sich schleppen. In denen steht, woher die Pakete kommen und wohin sie gehen, damit kann der Knotencomputer die Weichen stellen. Er kann die Pakete auch in Warteräume schicken, wenn zu viele Pakete gleichzeitig anmarschieren. In der Computerwelt nennen wir das Puffern. Diese Paketvermittlung ist ähnlich der Sendungsverfolgung, die von Speditionen oder, wie man heute sagt, Unternehmen der Logistikbranche eingerichtet worden ist, um den Kunden immer sagen zu können, wo sich ihr Paket oder die Wagenladung gerade befindet und wann sie voraussichtlich ankommt.

Eines habe ich nun überhaupt nicht verstanden. Der PC, mit dem man ins Internet geht, ist mit dem Telefon verbunden. Das leuchtete mir ein, doch meine Eltern gehen fast immer mit ihrem Handy, also Smartphone, ins Internet. Jetzt haben sie natürlich bereits einen Tablet-PC. Permanent kommt da was Neues. Wie geht das denn nun?

Du denkst schon wieder gut mit, Nico. Bisher haben wir nur das Netzwerk betrachtet, das mit Leitungen aufgebaut worden ist, das also aus Drähten und dazwischen liegenden Vermittlungsstellen und Computern besteht. In den letzten Jahren hat sich auch dieses Gebiet unheimlich schnell weiterentwickelt. Ich denke häufig daran, dass vor zwanzig Jahren ein tragbares Telefon, besser gesagt ein Autotelefon, den halben Kofferraum ausfüllte. Dauernd fuhr man damit in ein Funkloch, die Verbindung brach zusammen, alles musste von vorne losgehen. Man kann kaum begreifen, dass diese Geräte heute sehr leistungsfähige Computer sind, und dass außerdem die Netze um den gesamten mobilen Bereich erweitert wurden. Das Mobilfunknetz arbeitet im Prinzip wie das Radio oder das Fernsehen mit sogenannten elektromagnetischen Wellen, die durch die Luft flitzen und dann mit den anderen Teilen des Netzes zusammengeschaltet werden können. Leider kann keiner diese elektromagnetischen Wellen sehen, sie entstehen aus dem Zusammenwirken von Strom und Magnetismus. Da das so wichtig ist für die Kommunikation, hören wir später davon noch etwas mehr.

Kannst du dazu nicht jetzt etwas erklären? Mit Radio- und Fernsehwellen haben wir täglich zu tun. Sie spielen, wie du gerade sagst, eine große Rolle beim Mobilfunk. Was diese Wellen aber wirklich sind, das weiß ich nicht. Ich möchte gerne meinen Freunden erklären, wie ein Handy funktioniert.

Wir haben schon gehört, dass beim Telefonieren Schallwellen in elektrische Wellen umgesetzt werden. Zwischen den elektrischen Wellen und dem Magnetismus gibt es einen Zusammenhang, den wir bei den Schaltern der Computer noch genauer besprechen werden. Diese elektrischen Wellen sind schwankende Signale, die eine Sendeantenne schwingen lassen. Daraus entstehen die elektromagnetischen Wellen, die sich vom Dipol der Antenne nach außen ausbreiten. Wenn die Signale auf diesen Wellen weit transportiert werden, verlieren sie unterwegs immer ein wenig die Puste, werden also schwächer. Daher braucht es Verstärker in gewissen Abständen, etwa alle dreißig bis fünfzig Kilometer. Nachdem man die in der Welt sehr verbreitet eingerichtet hat, kommen die Signale überall klar und deutlich an. Außerdem mussten die Experten bereits für die Fernseh- und Radiowellen ein ganz einfaches Problem lösen. Du weißt, dass die Erde eine große Kugel ist. Da die Wellen sich geradlinig ausbreiten, hauen sie bei großen Entfernungen zum Beispiel über die Ozeane in den Weltraum ab, sie kriegen die Kurve nicht.

Opa, das verstehe ich nicht, es gibt doch genug Satelliten?

Du hast recht, Nico. Dieses Problem konnte erst gelöst werden, nachdem im Weltraum die Satelliten als Verstärker einerseits und Richtungsumlenker andererseits zur Verfügung standen. Du warst vor einiger Zeit mit deinen Eltern in Cape Canaveral. Dort wurde in 1962 eine Delta-Rakete gestartet, die einen 75 Kilo schweren Satelliten in eine Erdumlaufbahn trug. Der war eine Relaisstation für eine transatlantische Übertragung. Wenn der Satellit die Erde in genau derselben Zeit einmal umrundet, in der sich die Erde einmal um die eigene Achse dreht, dann hat er in Relation zur Erde eine feste Position. Das schafft man, wenn man eine Umlaufbahn in etwa 36 000 km Höhe wählt. So viel im Augenblick zum drahtlosen Teil des Netzes, später erzähle ich mehr zu den Grundlagen.


Abb. 3 Kommunikationssatellit

Eine kleine Skizze zeigt dir das, obwohl ich denke, dass du dir das sowieso vorstellen kannst.

Wenn in kleinen Zellen überall die Signale verstärkt werden, dann muss das System wissen, wo sich die Handys befinden. Also ist auch bekannt, wo ich mich befinde, wenn ich das Handy benutze, oder?

Das ist so, ja. Du hast sicher in Krimis schon einmal gesehen, dass die Handys geortet werden. Das wird in der Zukunft noch viel besser. Vielleicht hast du schon einmal von dem neuen System Galileo gehört. Das ist viel genauer als das bisherige amerikanische System zur Navigationsunterstützung, das auch mit Hilfe der Satelliten arbeitet. Das Galileo-System kann bis auf einige Zentimeter die Position bestimmen. Über die Handys weißt du dann immer ganz genau, wo sich deine Freunde befinden oder wo der nächste Laden ist.

Die neuen sogenannten Endgeräte, die am Ende des Netzes wirken, die modernen Smartphones sind aus den Minicomputern entstanden. Daher wird es Zeit, dass wir über die Computer und ein wenig auch über die Entwicklung dieser Wunderwerke sprechen. Das tue ich natürlich besonders gern, weil ich die Entwicklung vom riesengroßen Schrank zu den Kleingeräten so hautnah miterlebt habe.

Ich kann es gar nicht abwarten, zu erfahren, wie ein Computer arbeitet. Ich habe nicht mal eine Ahnung, wie mein Taschenrechner funktioniert, denn das ist ja schließlich auch ein Computer oder?

Ein Rechner ist das schon, doch wenn man vom Computer spricht, meint man eigentlich, dass er von einem Programm gesteuert ist, das in ihm liegt. Aber fangen wir von vorne an.

2. Computer

Computer sind Rechner, das ist nur eine Übersetzung. Sie sind schnelle Rechner, weil sie mit schnellem Strom arbeiten. Sie sind immer schneller geworden, weil die Bauteile immer kleiner geworden sind und der Strom daher immer kürzere Wege zurücklegen muss. Computer haben ein Gedächtnis, das wir Speicher nennen. Die Speicher können eine permanent größere Kapazität erhalten, ohne dass ihre Größe steigt, weil die Bauteile für die Speichereinheiten immer kleiner werden. Ganz wesentlich ist, wie ich gerade gesagt habe, dass die Computer durch ein Programm selbsttätig gesteuert werden. Die Programme werden auch Software genannt, also weiche Ware im Gegensatz zur Hardware, das ist der Rechner an sich, den man anfassen kann. Es gibt die Software, die die Rechner steuert und die Software für die Anwendungen, inzwischen unermesslich viele. Die Hardware besteht aus Leitungen, Speicherplatten, ganz vielen Schaltern, Tastaturen, Ein- und Ausgabegeräten und vielem mehr.

Das ist mir nun zu allgemein. Ich kann den Computer bedienen, also die Eingabe machen und den Druck aufrufen. Doch wie es drinnen aussieht, das sollst du mir bitte erklären. Das ist wie beim Radio oder Fernsehen. Wie die funktionieren, das wissen die meisten Leute auch nicht.

Natürlich, das war auch nur die Einleitung. Wir wollen tiefer einsteigen, das wird wohl etwas anstrengender, du musst gut aufpassen. Fangen wir mit der Hardware an, um danach in die Grundzüge der Programme einzusteigen.

2.1. HARDWARE

Natürlich ist ein Computer im Kern ein Rechner wie dein Taschenrechner. Du sagtest, dass du nicht weißt, wie der arbeitet. Du vermutest zu Recht, dass die meisten Menschen das nicht so genau wissen. Zunächst müssen Zahlen und Buchstaben in den Rechner hinein und die Ergebnisse wieder heraus. Dazu gibt es die Ein- und Ausgabegeräte, das ist logisch. Es gibt eine vielfältige Anzahl von diesen Geräten.

Opa, mein Taschenrechner hat auch Programme, ich kann mit einem Tastendruck beispielsweise die Quadratwurzel errechnen.

Richtig Nico, auch dein Taschenrechner hat Programme, die sind allerdings festgezurrt; die Experten sagen: verdrahtet. Das betrifft die wesentlichen Rechenarten, wie Addition, Multiplikation, Subtraktion und Division. Auch kleine Speicher hat der Taschenrechner, die sind vorgesehen für Zwischen- und Endergebnisse. Einige Taschenrechner haben auch kleine Drucker zur Ausgabe der Ergebnisse. Was aber den eigentlichen Computer auszeichnet, ich sagte es schon, ist die Steuerung durch ein variables Programm, das nach Eingabe der Daten alles ohne Eingriff abarbeitet.

Einer der ersten Ingenieure oder Mathematiker, die das realisiert haben, war der Deutsche Konrad Zuse. Das war Mitte der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Er entwickelte ein Steuerwerk, das die Befehle, aus denen ein Programm besteht, der Reihe nach abwickelte. Die Programme hatten sogenannte Sprungbefehle, mit denen sie an den Anfang zurückspringen konnten, wenn sie z. B. mit einer Anfangszahl eine komplizierte Berechnung erledigt hatten und dasselbe mit der nächsten Zahl machen sollten. Wir werden später ein schönes Programmbeispiel durchsprechen. Man bezeichnet das erste Vorliegen dieser sogenannten programmgesteuerten Rechner als die Geburtsstunde der Computer. Konrad Zuse baute seinen ersten Computer in seiner Wohnung und musste dauernd seinen Tisch erweitern, wie dein Onkel bei seiner Eisenbahn. Er verlor seinen Computer durch den Krieg und musste danach von vorne anfangen.

Du hast früher einmal erzählt, dass du in der Firma Zuse gearbeitet hast, als du noch Student warst. Habe ich das richtig behalten?

Ja, ich hatte die einmalige Chance, im Jahre 1958 bei der Firma Zuse – als Werkstudent – den Umgang mit den Computern, vor allem das Programmieren zu lernen. Damals gab man die Daten mit Hilfe von Lochstreifen ein, das sind Papierstreifen, in denen nach einem bestimmten System Löcher gestanzt wurden. Die Löcher erlaubten dem Strom zu fließen. Wie daraus Zahlen und Buchstaben wurden, werden wir bald lernen.

Das verstehe ich nicht, wieso kann der Strom durch Löcher fließen? Der Strom benötigt doch eine Leitung?

Schon. In den Lesegeräten gibt es feine Drahtbürsten. Wenn die Löcher in den Lochstreifen oder den Lochkarten daran vorbeigleiten, schließen sie Kontakte mit den darunter liegenden metallischen Seiten. Der Strom fließt ganz kurz und abhängig von der Stelle, an der sich das Loch befindet, kann die Maschine erkennen, welche Ziffer sich dahinter verbirgt. Es gibt aber auch die Möglichkeit mit Licht zu arbeiten. Licht kann natürlich durch Löcher dringen. Licht kann mit entsprechenden Sensoren auch Kontakte schließen.

 

Das war sicher eine ausgeklügelte Technik, anhand derer man auch gut das Prinzip verstehen kann. Heute gibt es so etwas aber nicht mehr, oder?

Heute findest du das bereits im Museum. Es gibt sogar ein eigenes Computermuseum in Paderborn seit etwa zwanzig Jahren. Dort hat ein anderer deutscher Computerpionier, Heinz Nixdorf, ein großes Unternehmen aufgebaut. Ich habe viel mit dieser Firma zusammengearbeitet.

Zurück zu unserem Strom, Nico. Wir sehen wieder, ohne Strom geht bei der Technik nichts. Du weißt es, Strom kann fließen oder nicht. Wenn er durch ein bestimmtes Loch dringt, kann daraus eine Zahl erzeugt werden, natürlich muss ein Programm oder eine Schaltung dazu eine Umrechnung vornehmen.

Das ist mir nicht genau genug. Ich habe schon verstanden, der Computer kann nur ja und nein, wie du sagst, der Strom fließt oder nicht. Wie können daraus eine Zahl oder ein Buchstabe oder sogar Musik entstehen?

Eigentlich ist das nicht so schwer zu verstehen, wenn du dich konzentrierst. Wir sagen, wenn der Strom fließt, ist das eine »Eins« und wenn nicht eine »Null«, das heißt, wir bauen uns aus diesen beiden Zahlen all die anderen Ziffern und danach die Buchstaben und schließlich die Bilder und die Musik auf. Eine solche Darstellung nennt man Code.

Was ist denn ein Code, ich denke dabei an Verschlüsselungen. Ist das richtig?

Ganz allgemein ist ein Code eine Vereinbarung zur Nachrichtenübermittlung, die mit Gebärden, mit der Sprache und durch Schrift geschieht. Auch Lichtzeichen und Funksignale gehören dazu. Auch beim Fahnenschwenken oder bei der Festlegung von Verkehrszeichen müssen Vereinbarungen getroffen werden. All diese Regeln bezeichnet man als Code.

Fangen wir mit dem Code an, mit dem der IBM-Computer arbeitete, den ich an der Uni programmierte. Das war eine IBM-Maschine vom Typ 650, die 1954 entwickelt wurde. Sie war für damalige Verhältnisse ein gewaltiger Renner, die fast 2000-mal verkauft wurde. Auch bei IBM im Rechenzentrum konnte ich an der Maschine programmieren. Ich komme auf den Speicher in dieser Maschine, eine Magnettrommel, später noch einmal zu sprechen.

Da wir zehn Ziffern haben, nämlich 0 bis 9, könnte man sich vorstellen, für jede Ziffer einen Speicherplatz mit zehn Stellen einzurichten und für jede Stelle einen Schalter vorzusehen. Wenn also der 3. Schalter umgelegt oder geöffnet wäre, bedeutet das die Zahl 3 und so weiter. Dabei braucht man eine Riesenmenge an Schaltern und das war vor allem früher sehr teuer. Es geht auch mit weniger Schaltern. Bei dem oben erwähnten IBM-Computer brauchte man nur noch sechs Elemente, das System benutzte fünf Schalter und einen Oberschalter. Wenn der Oberschalter an war, stellten die fünf anderen Schalter die Zahlen 0 bis 4 dar, im anderen Fall die Zahlen 5 bis 9. Technisch nannte man das den biquinären Code, das heißt 2 aus 5. An der Konsole des Computers, also am Bedienungspult konnten wir erkennen, welche Zahl sich im Speicher befand, denn es leuchteten immer zwei kleine Lämpchen für jede Zahl auf.

Das hat man sicher abgeguckt von unseren zwei Händen. Der eine Schalter wäre für die linke oder rechte Hand und die anderen für die Finger, nicht wahr? Aber geht das denn nicht viel einfacher? Unser Mathelehrer hat neulich das Dualsystem erklärt, das habe ich ein wenig verstanden. Mir ist klar geworden, dass ich mit 0 und 1 alle Zahlen und Buchstaben darstellen kann. Da du aber ein studierter Meister der Mathematik bist, erkläre es bitte mit deinen Worten.

Na toll, Nico, nun willst du mich wohl testen. Ganz nebenbei: Zu meiner Zeit waren wir keine Master, wir machten schlicht und einfach ein Diplom und mussten unsere Diplomarbeit ohne Computerhilfe schreiben, denn es gab noch keine Textverarbeitungsprogramme.

Nun zurück zu den Zahlencodes. Auch ich habe bereits früh in der Schule das Dualsystem kennen gelernt. Das bedeutet sicher, dass es ziemlich einfach ist, nicht wahr? Auch der Computer, mit dem ich in der Firma Zuse gearbeitet habe, arbeitete mit dem Dualsystem, die elektrischen Schalter waren damals Elektronenröhren so groß wie Glühbirnen. Mit einem speziellen Gerät, das man Oszillograph nennt, konnten wir erkennen, ob in der Röhre die »Null« oder »Eins« angezeigt wurde.

Du hast gerade von den Röhren als elektrische Schalter gesprochen. Ich habe keine Ahnung, wie das funktioniert.

Auf die Röhre kommen wir später zurück, ich habe für die Schalter ein eigenes Kapitel vorgesehen. Die elektrischen Schalter sind die wesentlichsten Bausteine für den Aufbau der Computer.

Gut, dann warte ich noch ein wenig. Warum musstet ihr erkennen, ob die Röhre eine »Null« oder eine »Eins« zeigte?

Die Anzeige der einzelnen Zeichen war eine große Hilfe bei den Probeläufen für die neu geschriebenen Programme. Wenn wir einen Fehler im Programm suchen mussten, konnten wir Schritt für Schritt jede einzelne Zahl und auch jeden Befehl verfolgen. Wie können wir nun alle Zahlen unseres bekannten Dezimalsystems durch »Null« und »Eins« darstellen? Du hast ganz früh gelernt, was die Darstellung im Dezimalsystem bedeutet. Es gibt für uns zehn Ziffern, viele sagen, weil wir zehn Finger haben. Wenn wir weiter zählen, benötigen wir einen Übertrag in die nächste Stelle nach links und wir wissen von Jugend an, dass dort die Zehner stehen. Gehen wir zur nächsten Stelle, dann stehen dort die Hunderter oder die 10 mal 10er und so fort. Die Stelle gibt die Wertigkeit in Zehnermultiplikationen an, besser schreibt man das oft in Hochzahlen oder Potenzen.

Das ist doch einfach, Opa, warum erzählst du denn das, das weiß doch jeder!

Eben, weil wir es von Kindheit an gewöhnt sind. Wenn du nun aber nur die Zahlen 0 und 1 zur Verfügung hast, mit denen du ja sehr einfach die zwei Vorgänge »ein« und »aus« darstellen kannst, muss dir sicher ein kleines Zauberkunststück einfallen, Nico.

Das finde ich nicht. Die Computerbauer sind doch Ingenieure und keine Zauberer. Und da ich eben nur zwei Zahlen habe, sollte es einfach und übersichtlich sein.

Das ist klar. Ich habe bereits in der Schule mitgekriegt, dass man mit jeder Zahl als Basis ein System aufbauen kann, daher kommt zum Beispiel aus alter Zeit das Dutzend oder der Zwölf-Stunden-Rhythmus für Tag und Nacht.

Du hast das doch gerade erklärt, Opa. Die Stelle, an der die Zahlen stehen, geben genau die Wertigkeit in Form der Basiszahl an. Beim Dezimalsystem rückst du eine Stelle nach links, wenn die nächste Zehnerwertigkeit kommt, also wenn du vom Einer zu Zehner und dann zum Hunderter und so weiter kommst.

Genauso ist es, Nico. Die Zahl 123 heißt danach, dass du 3-mal die Einerstelle, 2-mal die Zehnerstelle und 1-mal die Hunderterstelle hast. Das ist nun für uns doch wirklich super einfach, Mathematiker nennen das trivial. Man kann auch sagen 1-mal 10 hoch 2 (das ist ja 100) und 2-mal 10 hoch 1 (das ist ja 10) und schließlich 3-mal 10 hoch 0 (das ist nämlich genau 1).

Opa, ich kann nur wieder sagen: Das weiß doch jeder.

Nun also nehmen wir jetzt die Basis 2, dann haben wir halt eben wieder nur zwei Zahlen, nämlich 0 und 1 zur Verfügung. Dabei waren wir eben schon. Doch jetzt kommt der Pfiff. Wenn ich nur zwei Zahlen zur Verfügung habe, also 0 und 1, was mache ich, wenn ich nun aber eine dezimale Zwei vor mir habe? Ich gebe dir eine Hilfe: Das ist so, als wenn du im Dezimalsystem eine größere Zahl als neun haben willst.

Ich mache einen Übertrag in die nächste linke Stelle, also wird die dezimale 2 dual durch 10 dargestellt und die 3 durch 11 und die vier, weil ich schon wieder einen Übertrag habe, ist 100 in dualer Form. Das bedeutet, wir haben einmal 2 mal 2 in der linken Stelle, eben 4 und 0 mal 2 in der mittleren Stelle und noch die 0 in der letzten Stelle. Wenn ich noch eins weiter zähle, bekomme ich dual 101, das ist 5 in dezimaler Schreibweise. Wenn ich dein System mit den Hochzahlen ansetze, muss ich sagen 100 dual bedeutet 1-mal 2 hoch 2 und 0-mal 2 hoch 1 und 0 mal 2 hoch 0 (das ist per Definition die 1), oder umgerechnet 1 mal 4 (eben 2 hoch 2) und 0 mal 2 (also 2 hoch 1) und 0 mal 1 (eben 2 hoch 0). 100 dual ist also 4 dezimal, wie wir gerade schon gesehen haben.

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