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Till Eulenspiegel

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Die 38. Historie sagt, wie Eulenspiegel dem Pfarrer zu Kissenbrück sein Pferd mit einer falschen Beichte abschwatzte.

Eine böse Schalkheit ließ sich Eulenspiegel nicht entgehen in dem Dorfe Kissenbrück im Asseburger Gerichtsbezirk. Da wohnte ein Pfarrer, der eine gar schöne Haushälterin hatte und dazu ein kleines, hübsches, munteres Pferd. Die hatte der Pfarrer alle beide sehr gern, das Pferd und auch die Magd. Nun war der Herzog von Braunschweig zu dieser Zeit in Kissenbrück gewesen und hatte den Pfarrer durch andere Leute mehrfach gebeten, ihm das Pferd zu überlassen, er wolle ihm dafür mehr geben, als es wert sei. Der Pfarrer schlug es aber dem Fürsten allezeit ab. Er wollte das Pferd nicht verlieren, weil er es so gern hatte. Der Fürst wagte auch nicht, ihm das Pferd wegnehmen zu lassen, denn das Gericht unterstand dem Rat von Braunschweig.

Eulenspiegel hatte diese Dinge gehört und wohl verstanden und sprach zu dem Fürsten: »Gnädiger Herr, was wollt Ihr mir schenken, wenn ich Euch das Pferd des Pfaffen zu Kissenbrück herbeischaffe?« »Wenn du das tust«, sprach der Herzog, »will ich dir den Rock geben, den ich jetzt anhabe.« Und das war ein roter, mit Perlen bestickter Schamlot.

Eulenspiegel nahm das an und ritt von Wolfenbüttel in das Dorf zur Herberge beim Pfarrer. Er war in des Pfarrers Haus wohlbekannt, denn er war oft vorher bei ihm gewesen und ihm willkommen. Als er nun etwa drei Tage dort gewesen war, da gebärdete er sich, als ob er ganz krank sei, ächzte laut und legte sich nieder. Dem Pfaffen und seiner Haushälterin tat es leid, und sie wußten keinen Rat, was sie tun sollten. Zuletzt wurde Eulenspiegel so krank, daß ihn der Pfaffe anredete und ihn bat, er möge beichten und das Abendmahl nehmen. Eulenspiegel war durchaus dazu geneigt. Der Pfarrer wollte ihm selbst die Beichte abnehmen und ihn aufs schärfste befragen. Er sprach, Eulenspiegel möge an seine Seele denken, denn er habe sein Leben lang viel Abenteuer getrieben. Er sorge sich, ob ihm Gott der Allmächtige seine Sünden vergeben werde. Eulenspiegel sprach ganz kränklich zu dem Pfarrer: er wisse nichts, das er getan habe, außer einer Sünde; die aber dürfe er ihm nicht beichten. Er möge ihm einen anderen Pfaffen holen, dem wolle er sie beichten. Denn wenn er sie ihm offenbare, so besorge er, daß er ihm darum zürnen würde.

Als der Pfarrer das hörte, meinte er, dahinter sei etwas verborgen, und das wollte er wissen. Er sprach: »Lieber Eulenspiegel, der Weg ist weit, ich kann den anderen Pfaffen nicht so schnell erreichen. Wenn du aber inzwischen stirbst, so hätten du und ich vor Gott dem Herrn die Schuld, wenn es deshalb mit dir versäumt würde. Sage es mir! Die Sünde wird so schwer nicht sein, ich will dich davon lossprechen. Was hülfe es auch, wenn ich böse würde? Ich darf doch die Beichte nicht offenbaren.« Da sagte Eulenspiegel: »So will ich das wohl beichten.« Die Sünde sei auch nicht so schwer. Sondern ihm sei es nur leid, daß der Pfarrer zornig werden würde, denn es beträfe ihn. Da verlangte es den Pfarrer noch mehr, es zu wissen. Und er sprach: wenn er ihm etwas gestohlen, sonst etwas angetan, ihn geschädigt habe oder was es auch sei, Eulenspiegel möge es ihm beichten. Er wolle es ihm vergeben und ihn nimmer darum hassen.

Eulenspiegel sprach: »Ach, lieber Herr, ich weiß, Ihr werdet mir darum zürnen. Doch ich fühle und fürchte, daß ich bald von hinnen scheiden muß. Ich will es Euch sagen. Gott weiß, ob Ihr zornig oder böse werdet. Lieber Herr, das ist es: ich habe bei Eurer Magd geschlafen.« Der Pfaffe fragte, wie oft das geschehen sei. Eulenspiegel antwortete: »Nur fünfmal.« Der Pfaffe dachte: dafür soll sie fünf Hiebe bekommen.

Er absolviertes Eulenspiegel sogleich, ging in die Kammer und ließ seine Magd zu sich kommen. Er fragte sie, ob sie bei Eulenspiegel geschlafen habe. Die Köchin sprach nein, das sei gelogen. Der Pfaffe sagte, Eulenspiegel habe es ihm doch gebeichtet, und er glaube es ihm auch. Die Haushälterin sprach: »Nein“, der Pfaffe sprach: »Ja« und erwischte einen Stecken und schlug sie braun und blau. Eulenspiegel lag im Bett, lachte und dachte bei sich selbst: Nun will das Spiel gut werden und ein rechtes Ende nehmen. Und er lag den ganzen Tag so.

In der Nacht aber wurde er gesund, stand des Morgens auf und sprach, es gehe ihm besser, er müsse in ein anderes Land. Der Pfarrer möge berechnen, was er während der Krankheit verzehrt habe. Der Pfaffe rechnete mit ihm ab, war aber so irr in seinem Sinn, daß er nicht wußte, was er tat. Er berechnete Geld und nahm doch kein Geld und war mit allem zufrieden, wenn Eulenspiegel nur von dannen ritte. Ebenso ging es der Köchin, die um seinetwillen geschlagen worden war.

Als Eulenspiegel bereit war und gehen wollte, sprach er zu dem Pfaffen: »Herr, seid daran erinnert, daß Ihr die Beichte offenbart habt! Ich will nach Halberstadt zum Bischof gehn und ihm das von Euch berichten.« Der Pfaffe vergaß seinen Zorn, als er hörte, daß Eulenspiegel ihn in Schwierigkeiten bringen wollte. Er fiel ihm zu Füßen und bat ihn mit großem Ernst zu schweigen. Es sei im Jähzorn geschehen. Er wolle ihm zwanzig Gulden geben, damit er ihn nicht anzeige. Eulenspiegel sprach: »Nein, ich wollte nicht einmal hundert Gulden nehmen, um das zu verschweigen. Ich will gehen und es vorbringen, wie es sich gebührt.« Der Pfaffe bat die Magd mit tränenden Augen, sie solle Eulenspiegel fragen, was er von ihm haben möchte; das wolle er ihm geben. Schließlich sagte Eulenspiegel, wenn der Pfaffe ihm sein Pferd geben wolle, so wolle er schweigen, und es solle ungemeldet bleiben. Er wolle aber nichts anderes nehmen als das Pferd. Der Pfaffe hatte das Pferd sehr gern und hätte Eulenspiegel lieber seine ganze Barschaft gegeben, als von dem Pferde zu lassen. Und doch trennte er sich von ihm, wenn auch gegen seinen Willen, denn die Not brachte ihn dazu.

Er gab Eulenspiegel das Pferd und ließ ihn damit fortreiten. Also ritt Eulenspiegel mit des Pfaffen Pferd nach Wolfenbüttel. Als er auf den Stadtwall kam, stand der Herzog auf der Zugbrücke und sah Eulenspiegel mit dem Pferd dahertraben. Sogleich zog der Fürst den Rock aus, den er Eulenspiegel versprochen hatte, ging zu ihm und sprach: »Schau her, mein lieber Eulenspiegel, hier ist der Rock, den ich dir versprochen habe!« Da sprang Eulenspiegel vom Pferd und sagte: »Gnädiger Herr, hier ist Euer Pferd.« Er hatte sich den großen Dank des Herzogs verdient und mußte ihm erzählen, wie er das Pferd von dem Pfaffen an sich gebracht hatte. Darüber lachte der Fürst und war fröhlich und gab Eulenspiegel ein anderes Pferd zu dem Rock.

Der Pfarrer aber trauerte um das Pferd und schlug die Köchin noch oft und heftig darum, so daß sie ihm entlief. Da war er ihrer beide ledig, des Pferdes und der Magd.

Die 39. Historie sagt, wie Eulenspiegel in dem Dorfe Peine einem kranken Kinde zum Scheißen verhalf und großen Dank verdiente.

Recht bewährte Arznei scheut man zuweilen wegen eines kleinen Geldbetrages, und man muß den herumziehenden Händlern oft noch viel mehr geben. So geschah es einmal im Stift Hildesheim. Dahin kam einst auch Eulenspiegel, und zwar in eine Herberge, deren Wirt nicht daheim war. Eulenspiegel war dort gut bekannt. Die Wirtin hatte ein krankes Kind. Eulenspiegel fragte die Wirtin, was dem Kinde fehle und was es für eine Krankheit habe. Da sprach die Wirtin: »Das Kind kann nicht zu Stuhl gehen. Könnte es zu Stuhl gehen, so würde es mit ihm besser werden.« Eulenspiegel sagte: »Da gibt es noch guten Rat.« Die Frau sprach, wenn er etwas dazu tun könne und dem Kinde hülfe, so wolle sie ihm geben, was er haben wolle. Eulenspiegel sagte, dafür wolle er nichts nehmen, das sei ihm eine leichte Kunst: »Wartet eine kleine Weile, es soll bald geschehen.«

Nun hatte die Frau hinten im Hof etwas zu tun und ging dorthin. Derweilen schiß Eulenspiegel einen großen Haufen an die Wand, stellte gleich des Kindes Kackstühlchen darüber und setzte das kranke Kind darauf. Als die Frau wieder aus dem Hof zurückkam, sah sie das Kind auf dem Stühlchen sitzen und sprach »Ach, wer hat das getan? « Eulenspiegel sagte: »Das habe ich getan. Ihr sagtet, das Kind könne nicht zu Stuhl gehn, also habe ich es darauf gesetzt.« Da wurde sie gewahr, was unter dem Stuhle lag, und sprach: »Ach, lieber Eulenspiegel, seht her, das hat dem Kind im Leibe gelegen! Habt Dank, daß Ihr dem Kind geholfen habt!« Eulenspiegel sagte: »Von dieser Arznei kann ich viel machen mit Gottes Hilfe.«

Die Frau bat ihn freundlich, daß er auch sie diese Kunst lehre, sie wolle ihm dafür geben, was er haben wolle. Da sagte Eulenspiegel, daß er reisefertig sei. Wenn er aber wiederkäme, so wolle er sie die Kunst lehren.

Er sattelte sein Pferd und ritt gen Rosenthal. Doch kehrte er wieder um, ritt wieder auf Peine zu und wollte hindurch reiten nach Celle. Da standen halbnackte Bankerte von der Burg und fragten Eulenspiegel, welchen Weg er daherkäme. Eulenspiegel sprach: »Ich komme von Koldingen. « Denn er sah wohl, daß sie nicht viel anhatten. Sie sagten: »Höre, wenn du von Koldingen kommst, was läßt uns denn der Winter sagen?« Eulenspiegel sprach: »Der will euch nichts sagen lassen, er will euch selber ansprechen.« Und er ritt weiter und ließ die halbnackten Buben stehn.

Die 40. Historie sagt, wie Eulenspiegel sich bei einem Schmied verdingte und wie er ihm die Bälge in den Hof trug.

Eulenspiegel kam nach Rostock im Lande Mecklenburg und verdingte sich dort als Schmiedegeselle. Der Schmied hatte eine Redensart: wenn der Geselle kräftig den Blasebalg treten sollte, sprach er: »Haho, folge mit den Bälgen nach!« Nun stand Eulenspiegel auf den Bälgen und blies. Da sprach der Schmied zu Eulenspiegel mit harten Worten: »Haho, folg mit den Bälgen nach!« Und mit diesen Worten ging er hinaus in den Hof und wollte sich seines Wassers entledigen. Also nahm Eulenspiegel den einen Balg auf den Nacken, folgte dem Meister nach in den Hof und sprach: »Meister, hier bring ich den einen Balg, wo soll ich ihn hintun? Ich will gehen und den anderen auch holen.« Der Meister sah sich um und sagte: »Lieber Geselle, ich meinte es nicht so. Geh hin und leg den Balg wieder an seine Stelle, wo er vorher lag!« Das tat Eulenspiegel und trug ihn wieder an seinen Ort.

 

Da überlegte der Meister, wie er ihm das vergelten könnte, und wurde mit sich selber einig: fünf Tage lang wollte er um Mitternacht aufstehen, den Gesellen wecken und ihn arbeiten lassen. So weckte er die Gesellen und ließ sie schmieden. Eulenspiegels Mitgeselle begann zu fragen: »Was meint unser Meister damit, daß er uns so früh weckt? Das pflegte er sonst nicht zu tun.« Da sprach Eulenspiegel: »Willst du, so will ich ihn fragen.« Der Geselle sagte ja. Nun sprach Eulenspiegel: »Lieber Meister, wie geht es zu, daß Ihr uns so früh weckt? Es ist erst Mitternacht.« Der Meister antwortete: »Es ist meine Art, daß zu Anfang meine Gesellen acht Tage auf meinen Betten nicht länger liegen sollen als eine halbe Nacht.« Eulenspiegel schwieg still, und sein Kumpan wagte nicht zu sprechen.

In der nächsten Nacht weckte sie der Meister wieder um Mitternacht. Da ging Eulenspiegels Mitgeselle zum Arbeiten. Eulenspiegel aber nahm das Bett und band es sich auf den Rücken. Und als das Eisen heiß war, kam er eilends vom Dachboden zum Amboß gelaufen und schlug mit zu, daß die Funken ins Bett stoben. Der Schmied sprach: »Nun sieh doch, was tust du da? Bist du toll geworden? Mag das Bett nicht liegen bleiben, wo es liegen soll?« Eulenspiegel sagte: »Meister, zürnet nicht, es ist meine Art in der ersten Woche, daß ich eine halbe Nacht auf dem Bette liegen will, und die andere halbe Nacht soll das Bett auf mir liegen.« Der Meister wurde zornig und sprach zu ihm, er solle das Bett wieder dahin tragen, wo er es hergenommen habe. Und weiter sprach er zu ihm in jähem Ärger: »Und geh mir da oben aus meinem Haus, du wahnwitziger Schalk!« Eulenspiegel sagte ja, ging auf den Dachboden und legte das Bett wieder dorthin, woher er es genommen hatte. Er holte eine Leiter, stieg in den Dachfirst, brach das Dach oben auf und ging auf die Dachlatten. Dann nahm er die Leiter, zog sie nach sich, setzte sie vom Dach aus auf die Straße, stieg hinab und ging davon.

Der Schmied hörte, daß er polterte, ging ihm mit dem anderen Gesellen auf den Dachboden nach und sah, daß Eulenspiegel das Dach aufgebrochen hatte und dadurch hinausgestiegen war. Da wurde er noch zorniger, suchte den Spieß und lief aus dem Hause ihm nach. Der Geselle hielt den Meister zurück und sprach zu ihm: »Meister, nicht also! Laßt Euch sagen: er hat doch nichts anderes getan, als was Ihr ihn geheißen habt. Denn Ihr spracht zu ihm, er solle Euch da oben aus dem Hause gehn. Das hat er getan, wie Ihr seht.« Der Schmied ließ sich belehren. Und was sollte er auch tun? Eulenspiegel war fort, und der Meister mußte das Dach wieder flicken lassen und dessen zufrieden sein. Der Geselle sprach: »An solchen Kumpanen ist nicht viel zu gewinnen. Wer Eulenspiegel nicht kennt, der habe nur mit ihm zu tun, dann lernt er ihn kennen.«

Die 41. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Schmied Hämmer und Zangen und andres Werkzeug zusammenschmiedete.

Als Eulenspiegel von dem Schmied kam, da ging es dem Winter entgegen, und der Winter war kalt. Es fror hart, und dazu kam eine teure Zeit, so daß viele Dienstleute ohne Arbeit waren. Und auch Eulenspiegel hatte kein Geld mehr zu verzehren. Da wanderte er weiter und kam in ein Dorf, wo auch ein Schmied wohnte. Der nahm ihn als Schmiedegeselle auf. Eulenspiegel hatte zwar keine große Lust, dort als Schmiedegeselle zu bleiben; doch der Hunger und des Winters Not zwangen ihn dazu. Er dachte: halte aus, was du aushalten kannst; so lange, bis der Finger wieder in die lockere Erde geht, tu, was der Schmied will. Der Schmied wollte ihn wegen der teuren Zeit nicht gern aufnehmen. Da bat Eulenspiegel den Schmied, daß er ihm zu arbeiten gebe. Er wolle alles tun, was der Schmied wolle, und dazu essen, was sonst niemand essen wolle.

Der Schmied war ein geiziger Mann, dazu spottlustig. Er dachte: nimm ihn auf, versuche es mit ihm acht Tage lang, in dieser Zeit kann er dich nicht arm essen. Des Morgens begannen sie zu schmieden. Der Schmied trieb Eulenspiegel heftig an, mit dem Hammer und mit den Bälgen zu arbeiten, bis es Mittag und Zeit zum Essen wurde. Im Hof hatte der Schmied einen Abtritt. Als sie zu Tisch gehen wollten, nahm der Schmied Eulenspiegel, führte ihn zum Abtritt in den Hof und sagte dort zu ihm: »Sieh her, du sprachst, du wolltest essen, was niemand essen wolle, damit ich dir zu arbeiten gebe. Dies mag niemand essen, das iß du nun alles!« Und er ging in das Haus, aß etwas und ließ Eulenspiegel bei dem Abtritt stehen.

Eulenspiegel schwieg still und dachte: Du hast dich verrannt, du hast solches und Böseres vielen anderen Leuten getan. Mit dem Maße wird dir nun wieder gemessen. Doch wie willst du ihm das heimzahlen? Denn heimgezahlt muß es werden, und wäre der Winter noch so hart.

Eulenspiegel arbeitete allein bis an den Abend. Da gab der Schmied ihm etwas zu essen, denn er hatte den Tag über gefastet. Und es ging ihm nicht aus dem Kopf, daß der Schmied ihn zum Abort gewiesen hatte. Als Eulenspiegel zu Bett gehen wollte, sprach der Schmied zu ihm: »Steh morgen auf, die Magd soll den Blasebalg ziehen, und schmiede eins nach dem anderen, was du hast, und haue Hufnägel ab, solange bis ich aufstehe.« Da ging Eulenspiegel schlafen. Und als er aufstand, dachte er, er wolle es ihm heimzahlen, und sollte er bis an die Knie im Schnee laufen.

Er machte ein heftiges Feuer, nahm die Zange, schweißte sie an den Sandlöffel und fügte sie so zusammen. Desgleichen tat er mit zwei Hämmern, dem Feuerspieß und dem Speerhaken. Dann nahm er das Gefäß, in dem die Hufnägel lagen, schüttete sie heraus, hieb ihnen die Köpfe ab und legte die Köpfe zusammen und die Stifte ebenfalls. Als er hörte, daß der Schmied aufstand, nahm er seinen Schurz und ging hinweg.

Der Schmied kam in die Werkstatt und sah, daß den Hufnägeln die Köpfe abgehauen und Hämmer und Zangen und anderes Werkzeug zusammengeschmiedet waren. Da wurde er sehr zornig und rief die Magd, wo der Geselle hingegangen sei. Die Magd sagte, er sei vor die Tür gegangen. Der Schmied fluchte und sprach: »Er ist gegangen als ein niederträchtiger Schalk. Wüßte ich, wo er außerhalb des Ortes ist, ich wollte ihm nachreiten und ihm einen guten Schlag in das Genick geben.« Die Magd sagte: »Er schrieb etwas über die Tür, als er wegging. Es ist ein Antlitz, das sieht aus wie eine Eule.« Denn Eulenspiegel hatte diese Gewohnheit: wo er eine Büberei tat und man ihn nicht kannte oder seinen Namen nicht wußte, da nahm er Kreide oder Kohle, malte über die Tür eine Eule und einen Spiegel und schrieb darüber auf Lateinisch: »Hic fuit«. Und das malte Eulenspiegel auch auf des Schmiedes Tür.

Als der Schmied des Morgens aus dem Hause ging, da fand er das also, wie ihm die Magd gesagt hatte. Aber der Schmied konnte die Schrift nicht lesen. Da ging er zu dem Kirchherrn und bat ihn, daß er mitgehe und die Schrift über seiner Tür lese. Der Kirchherr ging mit dem Schmied vor seine Tür und sah die Schrift und das Gemalte. Da sprach er zu dem Schmied: »Das bedeutet soviel als: Hier ist Eulenspiegel gewesen.«

Der Kirchherr hatte viel von Eulenspiegel gehört und was dieser für ein Geselle war. Er schalt den Schmied, daß er es ihn nicht habe wissen lassen, weil er doch Eulenspiegel gern gesehen hätte. Da wurde der Schmied böse auf den Kirchherrn und sagte: »Wie sollte ich Euch zu wissen tun, was ich selber nicht wußte? Doch ich weiß nun wohl, daß er in meinem Hause gewesen ist; das sieht man gut an meinem Werkzeug. Aber daß er wiederkommt, daran ist mir wenig gelegen.« Und er nahm die Kohlenquaste, wischte alles über der Tür aus und sagte: »Ich will keines Schalkes Wappen an meiner Tür haben.« Da ging der Kirchherr von dannen und ließ den Schmied stehen.

Aber Eulenspiegel blieb aus und kam nicht wieder.

Die 42. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Schmied, seiner Frau, seinem Knecht und seiner Magd je eine Wahrheit draußen vor dem Hause sagte.

An einem Feiertag gelangte Eulenspiegel nach Wismar, als er von dem Schmied kam. Dort sah er vor einer Schmiede eine hübsche Frau mit ihrer Magd stehn; das war die Frau des Schmiedes. Er kehrte in der Herberge gegenüber ein, riß in der Nacht seinem Pferde alle vier Hufeisen ab und zog am anderen Tage vor die Schmiede. Und es wurde bekannt, daß er Eulenspiegel war. Als er vor die Schmiede kam und sie sehen konnten, daß es Eulenspiegel war, da kamen die Frau und die Magd vor das Haus auf die Diele, damit sie Eulenspiegels Tun hören und sehen konnten. Eulenspiegel fragte den Schmied, ob er ihm sein Pferd beschlagen wolle. Der Schmied bejahte, und es war ihm lieb, daß er mit Eulenspiegel reden konnte.

Und unter vielen Worten sprach der Schmied zu ihm: wenn er ihm ein wahres Wort sagen könne, so wolle er seinem Pferd ein Hufeisen geben. Eulenspiegel sagte ja und sprach: »Wenn Ihr habt Eisen und Kohlen / und Wind in den Balg holet, / so könnt Ihr wohl schmieden.« Der Schmied sagte: »Das ist wirklich wahr« und gab ihm ein Hufeisen.

Der Knecht schlug dem Pferd das Eisen auf und sprach zu Eulenspiegel am Notstall: könne er ihm ebenfalls ein wahres Wort sagen, das ihn betreffe, so wolle auch er dem Pferd ein Hufeisen geben. Eulenspiegel sagte ja und sprach: »Ein Schmiedeknecht und sein Gesell / müssen beide kräftig zupacken, / wenn sie zu Werke gehen wollen.« Der Knecht sagte: »Das ist auch wahr« und gab ihm ein Hufeisen.

Als das die Frau und die Magd sahen, drängten sie sich herzu, damit sie auch mit Eulenspiegel ins Gespräch kämen. Sie fragten ihn, ob er ihnen beiden auch ein wahres Wort sagen könne, jede von ihnen wolle ihm ebenfalls ein Hufeisen geben. Eulenspiegel sagte wieder ja und sprach zu der Frau: »Eine Frau, die viel vor der Türe steht / und bei der viel Weißes im Auge zu sehn ist: / Hätte sie Zeit und Gelegenheit, / die wär kein Fisch bis auf die Gräten.« Die Frau sprach: »Das ist wirklich wahr« und gab ihm ein Hufeisen.

Danach sagte er zu der Magd: »Mägdlein, wenn du issest, so hüte dich vor Rindfleisch. Dann brauchst du nicht in den Zähnen zu stochern, und es tut dir auch der Bauch nicht weh.« Die Magd sprach: »Ei, behüt uns Gott, was für ein wahres Wort das ist.« Und sie gab ihm auch ein Hufeisen.

Also ritt Eulenspiegel von dannen, und sein Pferd war ihm wohl beschlagen worden.