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Till Eulenspiegel

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Die 79. Historie sagt, wie Eulenspiegel den Wirt mit dem Klange des Geldes bezahlte.

Lange Zeit blieb Eulenspiegel in Köln in der Herberge. Einmal begab es sich, daß man das Essen so spät zum Feuer brachte, daß es später Mittag wurde, ehe die Kost fertig war. Eulenspiegel verdroß es sehr, daß er so lange fasten sollte. Der Wirt sah es ihm wohl an, daß es ihn verdroß, und er sprach zu ihm: wer nicht warten könne, bis die Kost zubereitet sei, der möge essen, was er habe. Eulenspiegel ging in eine Ecke und aß eine trockene Semmel auf. Dann setzte er sich an den Herd und beträufelte den Braten, bis er gar war.

Als es zwölf schlug, wurde der Tisch gedeckt, und das Essen wurde gebracht. Der Wirt setzte sich zu den Gästen, aber Eulenspiegel blieb in der Küche am Herd. Der Wirt sprach: »Wie, Eulenspiegel, willst du nicht mit am Tisch sitzen?« »Nein«, sagte er, »ich mag nichts mehr essen, ich bin durch den Geruch des Bratens satt geworden.« Der Wirt schwieg und aß mit den Gästen, die nach dem Essen ihre Zeche bezahlten. Der eine ging fort, der andere blieb, und Eulenspiegel saß bei dem Feuer.

Da kam der Wirt mit dem Zahlbrett, war zornig und sprach zu Eulenspiegel, er möge zwei kölnische Weißpfennige für das Mahl darauflegen. Eulenspiegel sagte: »Herr Wirt, seid Ihr ein solcher Mann, daß Ihr Geld von einem nehmt, der Eure Speise nicht gegessen hat?« Der Wirt sprach feindlich, er müsse das Geld geben. Habe Eulenspiegel auch nichts gegessen, so sei er doch von dem Geruch satt geworden. Er habe bei dem Braten gesessen, das sei soviel, als habe er an der Tafel gesessen und habe gegessen. Das müsse er ihm für eine Mahlzeit anrechnen. Da zog Eulenspiegel einen kölnischen Weißpfennig hervor, warf ihn auf die Bank und sprach: »Herr Wirt, hört Ihr diesen Klang?« Der Wirt sagte: »Diesen Klang höre ich wohl.« Eulenspiegel nahm schnell wieder den Pfennig auf, steckte ihn in seinen Säckel und sprach: »Soviel Euch der Klang des Pfennigs hilft, soviel hilft mir der Geruch des Bratens in meinem Bauch.« Der Wirt wurde unwirsch, denn er wollte den Weißpfennig haben, aber Eulenspiegel wollte ihm den nicht geben und das Gericht entscheiden lassen. Der Wirt gab es auf und wollte nicht vor das Gericht. Er befürchtete, daß Eulenspiegel es ihm so heimzahlen würde wie mit dem Klapptisch, ließ ihn im guten fortgehen und schenkte ihm die Zeche.

Eulenspiegel zog von dannen, wanderte fort vom Rhein und zog wieder in das Land Sachsen.

Die 80. Historie sagt, wie Eulenspiegel von Rostock schied und dem Wirt an das Feuer schiß.

Mit Eifer reiste Eulenspiegel von Rostock weg, als er die Schalkheit verübt hatte, und ging zur Herberge in einen Flecken. In dem Haus war nicht viel zu essen, denn dort herrschte eitel Armut. Der Wirt im Haus hatte viele Kinder, und bei ihnen war Eulenspiegel nur ungern. Eulenspiegel band sein Pferd im Stall fest, ging in das Haus, kam zur Feuerstelle und fand einen kalten Herd und eine leere Wohnung. Da begriff er, daß hier nichts als Armut war. Er sprach: »Herr Wirt, Ihr habt böse Nachbarn.« Der Wirt sagte: »Ja, Herr Gast, das habe ich; sie stehlen mir alles, was ich im Hause habe.«

Da mußte Eulenspiegel lachen und dachte: hier ist der Wirt wie der Gast. Er hatte wohl Lust dazubleiben, aber die Kinder mochte er nicht leiden, denn er sah, daß sie ihre Notdurft hinter der Haustür verrichteten, ein Kind nach dem andern. Da sprach Eulenspiegel zu dem Wirt: »Wie sind doch Eure Kinder unsauber! Haben sie keine Stelle, wo sie ihre Notdurft verrichten können als hinter der Haustür?« Der Wirt sagte: »Herr Gast, was scheltet Ihr darüber? Mir mißfällt nichts daran, ich schaffe es morgen hinweg.«

Eulenspiegel schwieg. Später, als er seinen Drang verspürte, schiß er einen großen Haufen Dreck an das Feuer. Als er bei seinem Werke war, kam der Wirt und sprach: »Daß dich das Fieber schüttle! Scheißt du an das Feuer? Ist der Hof nicht groß genug?« Eulenspiegel sagte: »Herr Wirt, was scheltet Ihr darüber? Das macht mir nichts aus, ich schaffe es täglich weg.«

Und er setzte sich auf sein Pferd und ritt zum Tor hinaus. Der Wirt rief ihm nach: »Halt, und schaffe den Dreck von dem Herd weg!« Eulenspiegel sprach: »Wer der letzte ist, der kehre das Haus! So wird mein Dreck und Euer Dreck zugleich ausgekehrt.«

Die 81. Historie sagt, wie Eulenspiegel einen Hund schund und das Fell der Wirtin als Bezahlung gab, weil er mit ihm aß.

Nun begab es sich, daß Eulenspiegel in ein Dorf in der Nähe von Staßfurt kam. In einem Haus fand er die Wirtin allein. Die Wirtin hatte ein zierliches Hündlein, das sie sehr liebte. Es mußte ihr allezeit auf dem Schoß liegen, wenn es nichts anderes vorhatte.

Eulenspiegel saß am Feuer und trank aus der Kanne. Die Frau hatte den Hund daran gewöhnt: Wenn sie Bier trank, gab sie dem Hund auch Bier in eine Schüssel, damit er ebenfalls trinken konnte. Als nun Eulenspiegel dasaß und trank, stand der Hund auf, schmeichelte sich an Eulenspiegel heran und sprang an seinem Hals empor. Das sah die Wirtin, und sie sprach: »Ach, gebt ihm auch zu trinken in der Schüssel! Das ist sein Wunsch.« Eulenspiegel sagte zu ihr: »Gern«. Die Wirtin ging und tat die Dinge, die sie zu erledigen hatte. Eulenspiegel trank und gab dem Hund auch zu trinken in der Schüssel und legte darein noch einen Bissen Fleisch, so daß der Hund satt wurde, sich ans Feuer legte und sich ausstreckte, so lang er war.

Dann sagte Eulenspiegel zu der Wirtin: »Wir wollen abrechnen« und sprach weiter: »Liebe Wirtin, wenn ein Gast Eure Kost ißt und von Eurem Bier trinkt und kein Geld hat, borgt Ihr dem Gast?« Die Wirtin dachte nicht daran, daß er den Hund meinen könnte, sondern glaubte, er selbst sei dieser Gast, und sagte zu ihm: »Herr Gast, man borgt hier nicht, man muß Geld geben oder ein Pfand.« Eulenspiegel sprach: »Damit bin ich für meinen Teil zufrieden; ein anderer sorge für das Seine!« Dann ging die Wirtin fort. Und sobald Eulenspiegel es zuwege bringen konnte, nahm er den Hund unter den Rock und ging mit ihm in den Stall. Dort zog er ihm das Fell ab und ging wieder in das Haus zum Feuer und hatte das Fell des Hundes unter dem Rock. Dann hieß Eulenspiegel die Wirtin kommen und sagte wiederum: »Laßt uns abrechnen.«

Die Wirtin rechnete, und Eulenspiegel legte die halbe Zeche hin. Da fragte die Wirtin, wer die andere Hälfte bezahlen solle, er habe das Bier doch allein getrunken. Eulenspiegel sagte: »Nein, ich habe es nicht allein getrunken, ich hatte einen Gast. Der trank mit, und der hat kein Geld, aber er hat ein gutes Pfand; der soll die andere Hälfte bezahlen.« Die Wirtin sprach: »Was ist das für ein Gast? Was habt Ihr für ein Pfand?« Eulenspiegel antwortete: »Das ist sein allerbester Rock, den er anhatte.« Und er zog das Hundefell unter dem Rock hervor und sprach: »Seht, Wirtin, das ist der Rock des Gastes, der mit mir trank.«

Die Wirtin erschrak und sah, daß es ihres Hundes Fell war. Sie wurde zornig und sprach: »Daß dir nimmer Glück geschehe! Warum hast du mir meinen Hund abgezogen?« Und sie fluchte. Eulenspiegel antwortete: »Wirtin, das ist Eure eigene Schuld, also laß ich Euch fluchen. Ihr sagtet mir selbst, ich solle dem Hund einschenken. Und ich sagte, der Gast habe kein Geld. Ihr wolltet ihm nicht borgen, Ihr wolltet Geld oder Pfand haben. Da er kein Geld hatte und das Bier bezahlt werden mußte, so mußte er den Rock als Pfand lassen. Den nehmt jetzt für sein Bier, das er getrunken hat.«

Die Wirtin wurde noch zorniger und hieß ihn aus dem Haus gehen; und er solle niemals wiederkommen. Eulenspiegel sprach: »Ich will aus Euerm Haus nicht gehn, sondern reiten.« Und er sattelte sein Pferd, ritt zum Tor hinaus und sagte: »Wirtin, bewahrt das Pfand so lange auf, bis ich Euer Geld zusammengebracht habe, dann will ich noch einmal ungeladen wiederkommen. Wenn ich dann nicht mit Euch trinke, brauche ich auch kein Bier zu bezahlen.«

Die 82. Historie sagt, wie Eulenspiegel derselben Wirtin einredete, Eulenspiegel liege auf dem Rad.

Hört, was Eulenspiegel weiter in dem Dorf bei Staßfurt getrieben hat! Er zog andere Kleider an und ging wieder in seine vorige Herberge. In dem Haus sah er ein Rad stehen. Da legte er sich oben auf das Rad, bot der Wirtin einen guten Tag und fragte sie, ob sie nicht etwas von Eulenspiegel gehört habe. Sie antwortete, was sie wohl von dem Schalk hören solle, am liebsten möchte sie ihn gar nicht nennen hören.

Eulenspiegel sprach: »Frau, was hat er Euch getan, daß Ihr ihm so gram seid? Wo er hinkam, da schied er freilich nicht ohne Schalkheit.« Die Frau sagte: »Das habe ich wohl gemerkt. Er kam auch hierher, schund mir meinen Hund und gab mir das Fell für das Bier, das er getrunken hatte.« Eulenspiegel sprach: »Frau, das war nicht wohl getan.« Die Wirtin sagte: »Es wird ihm auch schändlich ergehen.« Er sprach: »Frau, das ist schon geschehn, er liegt auf dem Rad.« Die Wirtin sagte: »Dafür sei Gott gelobt!« Eulenspiegel sprach: »Ich bin es. Ade, ich fahre dahin.«

Die 83. Historie sagt, wie Eulenspiegel eine Wirtin mit bloßem Arsch in die heiße Asche setzte.

Boshafte und zornige Nachreden bringen bösen Lohn. Als Eulenspiegel von Rom zurückreiste, kam er in ein Dorf, in dem eine große Herberge war. Der Wirt war nicht zu Hause. Da fragte Eulenspiegel die Wirtin, ob sie Eulenspiegel kenne. Die Wirtin antwortete: »Nein, ich kenne ihn nicht. Aber ich habe von ihm gehört, daß er ein auserlesener Schalk ist.« Eulenspiegel sprach: »Liebe Wirtin, warum sagt Ihr, daß er ein Schalk ist, wenn Ihr ihn nicht kennt?« Die Frau sagte: »Was ist daran gelegen, daß ich ihn nicht kenne? Das macht doch nichts; die Leute sagen eben, er sei ein böser Schalk.« Eulenspiegel sprach: »Liebe Frau, hat er Euch je ein Leid angetan? Wenn er ein Schalk ist, so wißt Ihr das nur vom Hörensagen; darum wißt Ihr nichts Eigentliches von ihm zu sagen.« Die Frau sprach: »Ich sage es so, wie ich es von den Leuten gehört habe, die bei mir aus- und eingehen.«

 

Eulenspiegel schwieg. Des Morgens stand er ganz früh auf und scharrte die heiße Asche auseinander. Dann ging er zum Bett der Wirtin und nahm sie aus dem Schlaf. Er setzte sie mit dem bloßen Arsch auf die heiße Asche, verbrannte ihr den Arsch gar sehr und sprach: »Seht, Wirtin, nun könnt Ihr von Eulenspiegel sagen, daß er ein Schalk ist. Ihr empfindet es jetzt, und Ihr habt ihn gesehen. Hieran mögt Ihr ihn erkennen.« Das Weib fing an zu jammern, aber Eulenspiegel ging aus dem Haus, lachte und sprach: »Also soll man die Romfahrt vollbringen.«

Die 84. Historie sagt, wie Eulenspiegel einer Wirtin in das Bett schiß und ihr einredete, das habe ein Pfaffe getan.

Böse Schalkheit verübte Eulenspiegel in Frankfurt an der Oder. Dorthin wanderte er mit einem Pfaffen, und beide zogen in dieselbe Herberge. Am Abend behandelte sie der Wirt sehr freundlich und gab ihnen Fisch und Wildbret. Als sie zu Tisch gingen, setzte die Wirtin den Pfaffen obenan, und das Gute in den Schüsseln legte sie dem Pfaffen vor. Sie sagte: »Herr, esset das um meinetwillen.« Eulenspiegel saß unten am Tisch, sah den Wirt und die Wirtin dauernd an, aber niemand legte ihm etwas vor oder hieß ihn essen, obwohl er doch gleichviel bezahlen mußte.

Als das Mahl beendet und es Schlafenszeit war, wurden Eulenspiegel und der Pfaffe in die gleiche Kammer gelegt. Für jeden wurde ein schönes, sauberes Bett bereitet, in dem sie schliefen. Am Morgen stand der Pfaffe zu passender Stunde auf, betete die ihm vorgeschriebene Zeit, bezahlte danach den Wirt und zog weiter.

Eulenspiegel blieb liegen, bis es neun Uhr schlagen wollte, dann schiß er in das Bett, darin der Pfaffe gelegen hatte, einen großen Haufen. Die Wirtin fragte den Hausknecht, ob der Pfaffe und die anderen Gäste aufgestanden seien und ob sie abgerechnet und bezahlt hätten. Der Knecht sprach: »Ja, der Pfaffe stand frühzeitig auf, betete seine Zeit, bezahlte und wanderte weiter. Aber den anderen Gesellen habe ich heute noch nicht gesehen.« Die Frau befürchtete, er sei krank, ging in die Kammer und fragte Eulenspiegel, ob er nicht aufstehen wolle. Er sagte: »Ja, Wirtin, mir war bisher nicht recht wohl.«

Indessen wollte die Frau die Bettlaken vom Bett des Pfaffen nehmen. Als sie es aufdeckte, lag ein großer Dreck mitten im Bett. »Ei, behüte mich Gott«, sprach sie, »was liegt hier?« »Ja, liebe Wirtin, das wundert mich nicht«, sagte Eulenspiegel, »denn was zum Abendessen an Gutem auf den Tisch kam: davon wurde das Allerbeste dem Pfaffen vorgelegt. Und den ganzen Abend wurde nur gesagt: ›Herr, eßt das auf! ‹ Da der Pfarrer so viel gegessen hatte, wundert es mich, daß es bei dem Haufen im Bett geblieben ist und daß er die Kammer nicht auch noch voll geschissen hat.« Die Wirtin fluchte dem unschuldigen Pfaffen und sagte, wenn er wiederkommen müsse er weitergehn; aber Eulenspiegel, den braven Knecht, den wolle sie gern wieder beherbergen.

Die 85. Historie sagt, wie ein Holländer aus einer Schüssel einen gebratenen Apfel aß, darein Eulenspiegel ein Brechmittel getan hatte.

Recht und redlich rächte sich Eulenspiegel an einem Holländer. In einer Herberge in Antwerpen, in der holländische Kaufleute waren, begab es sich einmal, daß Eulenspiegel ein wenig krank wurde. Er konnte kein Fleisch essen und ließ sich weiche Eier kochen. Als die Gäste zu Tisch saßen, kam auch Eulenspiegel an den Tisch und brachte die weichen Eier mit.

Der eine Holländer hielt Eulenspiegel für einen Bauern und sprach: »Wie, Bauer, magst du des Wirtes Kost nicht, daß man dir Eier kochen muß?« Damit nahm er die beiden Eier, schlug sie auf und schlurfte sie eins nach dem andern aus. Die Schalen legte er vor Eulenspiegel hin und sagte: »Sieh hin, leck das aus, der Dotter ist heraus!« Die anderen Gäste lachten darüber, und Eulenspiegel lachte mit ihnen.

Am Abend kaufte Eulenspiegel einen hübschen Apfel, den höhlte er inwendig aus und füllte ihn mit Fliegen und Mücken. Dann briet er langsam den Apfel, schälte ihn und bestreute ihn außen mit Ingwer. Als sie nun des Abends wieder zu Tisch saßen, brachte Eulenspiegel auf einem Teller den gebratenen Apfel und wendete sich vom Tisch ab, als ob er noch mehr holen wolle. Als er den Rücken wandte, griff der Holländer zu, nahm ihm den gebratenen Apfel vom Teller und schlang ihn schnell hinunter. Sogleich mußte der Holländer brechen und brach alles aus, was er im Leibe hatte. Ihm wurde so übel, daß der Wirt und die anderen Gäste meinten, Eulenspiegel habe ihn mit dem Apfel vergiftet.

Doch Eulenspiegel sagte: »Das ist keine Vergiftung, es ist nur eine Reinigung seines Magens. Denn einem gierigen Magen bekommt keine Kost gut. Hätte er mir gesagt, daß er den Apfel so gierig hinunterschlucken wollte, so hätte ich ihn davor gewarnt. Denn in den weichen Eiern waren keine Mücken, aber in dem gebratenen Apfel lagen sie. Die mußte er wieder ausbrechen.«

Unterdessen kam der Holländer wieder ganz zu sich und merkte, daß es ihm nicht weiter schadete. Er sprach zu Eulenspiegel: »Iß und brate, ich esse nicht mehr mit dir, und wenn du auch Krammetsvögel hättest.«

Die 86. Historie sagt, wie Eulenspiegel von einer Frau zu Gast geladen wurde, der der Rotz aus der Nase hing.

Es begab sich einmal, daß ein Hoffest gehalten werden sollte, und Eulenspiegel wollte dahin reiten. Da fing sein Pferd an zu hinken, und er mußte zu Fuß gehen. Es war sehr heiß, und ihn begann zu hungern. Unterwegs lag ein kleines Dorf, aber es war kein Wirtshaus darin. Um die Mittagszeit kam er in das Dorf, in dem er wohlbekannt war. Er ging in ein Haus, wo die Frau saß und Käse machte, und sie hatte einen Klumpen Molke in den Händen. Als die Frau über der Molke saß, hatte sie keine Hand frei, und ein großer Schnudel hing ihr unter der Nase.

Da bot ihr Eulenspiegel einen guten Tag und sah den Schnudel wohl. Das merkte sie zwar, aber sie konnte die Nase nicht an den Ärmeln abwischen und sich auch nicht schneuzen. Da sprach sie zu ihm: »Lieber Eulenspiegel, setzt Euch hin und wartet, ich will Euch gute, frische Butter geben.« Da machte Eulenspiegel kehrt und ging wieder zur Tür hinaus. Die Frau rief ihm nach: »Wartet doch und eßt erst etwas!« Eulenspiegel sagte: »Liebe Frau, später, wenn er gefallen ist!« Denn er befürchtete, der Schnudel fiele in die Molke.

Er ging in ein anderes Haus und dachte: Die Butter magst du nicht; wer dazu ein wenig Teig hätte, brauchte keine Eier hineinzuschlagen, er würde von dem Rotz fett genug.

Die 87. Historie sagt, wie Eulenspiegel 12 Blinden 12 Gulden gab, so daß sie meinten, sie könnten sie frei verzehren, zuletzt aber ganz schlecht dabei wegkamen.

Als Eulenspiegel landauf und landab zog, kam er einmal wieder nach Hannover, und da trieb er viele seltsame Abenteuer. Eines Tages ritt er eine Ackerlänge Weges vor dem Tor spazieren. Da begegneten ihm 12 Blinde. Als Eulenspiegel zu ihnen kam, sprach er: »Woher, ihr Blinden?« Die Blinden blieben stehen und hörten wohl, daß er auf einem Pferd saß. Da meinten sie, es sei ein ehrbarer Mann, zogen ihre Hüte und Kappen und sagten: »Lieber Junker, wir sind in der Stadt gewesen. Da ist ein reicher Mann gestorben, dem hielt man ein Seelamt und gab Spenden, und es war schrecklich kalt.« Da sprach Eulenspiegel zu den Blinden: »Es ist wirklich sehr kalt, ich fürchte, ihr friert euch zu Tode. Seht her, hier habt ihr 12 Gulden. Geht wieder hin in die Stadt, und zwar zu der Herberge, aus der ich geritten komme« – und er beschrieb ihnen das Haus -, »und verzehrt diese 12 Gulden um meinetwillen, bis dieser Winter vorbei ist und ihr wieder wandern könnt, ohne zu frieren.« Die Blinden standen und verneigten sich und dankten ihm eifrig. Und der erste Blinde meinte, der zweite habe das Geld, der zweite meinte, der dritte habe es, der dritte meinte, der vierte habe es, und so fort bis zum letzten, der glaubte, der erste habe es.

Also gingen sie in die Stadt zu der Herberge, wohin sie Eulenspiegel gewiesen hatte. Als sie in die Herberge kamen, sprachen die Blinden: ein guter Mann sei an ihnen vorbeigeritten und habe ihnen aus Barmherzigkeit 12 Gulden geschenkt. Die sollten sie um seinetwillen verzehren, bis der Winter vorüber sei. Der Wirt war gierig nach dem Gelde, nahm sie dafür auf und dachte nicht daran, sie zu fragen und nachzusehen, welcher Blinde die 12 Gulden hatte. Er sprach: »Ja, meine lieben Brüder, ich will euch gut bewirten.« Er schlachtete, bereitete zu und kochte für die Blinden und ließ sie so lange essen, bis ihn dünkte, daß sie 12 Gulden verzehrt hätten. Da sprach er: »Liebe Brüder, wir wollen abrechnen, die 12 Gulden sind fast ganz verzehrt.«

Die Blinden sagten ja, und jeder fragte den andern, ob er die 12 Gulden habe, damit der Wirt bezahlt würde. Der erste hatte die Gulden nicht, der zweite hatte sie auch nicht, der dritte wiederum nicht, der vierte desgleichen; der letzte wie der erste hatten die 12 Gulden nicht. Die Blinden seufzten und kratzten sich die Köpfe, denn sie waren betrogen, und der Wirt desgleichen. Er saß da und dachte: läßt du die Blinden gehen, so wird dir die Kost nicht bezahlt; behältst du sie, so fressen und verzehren sie noch mehr, und da sie nichts haben, erleidest zu zweifachen Schaden. So trieb er sie hinten in den Schweinestall, sperrte sie darin ein und legte ihnen Stroh und Heu vor.

Die 88. Historie sagt, wie Eulenspiegel für die Blinden einen Bürgen stellte.

Eulenspiegel dachte, es sei an der Zeit, daß die Blinden das Geld verzehrt hätten. Er verkleidete sich und ritt in die Stadt zu dem Wirt in die Herberge. Als er in den Hof kam und sein Pferd im Stall anbinden wollte, sah er, daß die Blinden im Schweinestall lagen. Da ging er in das Haus und sagte zu dem Wirt: »Herr Wirt, was denkt Ihr Euch dabei, daß die armen blinden Leute so in dem Stall liegen? Erbarmt es Euch nicht, daß sie essen, wovon ihnen Leib und Leben weh tut?« Der Wirt sprach: »Ich wollte, sie wären dort, wo alle Wasser zusammenlaufen. Wenn nur meine Kost bezahlt wäre!« Und er erzählte ihm alles, wie er mit den Blinden betrogen worden sei.

Eulenspiegel sagte: »Wie ist es, Herr Wirt, können sie keinen Bürgen bekommen?« Der Wirt dachte: O hätte ich jetzt einen Bürgen! und sprach: »Freund, könnte ich einen sicheren Bürgen bekommen, den nähme ich und ließe die unseligen Blinden laufen.« Eulenspiegel sagte: »Wohlan, ich will in der ganzen Stadt herumhören und sehen, daß ich für Euch einen Bürgen finde.«

Da ging Eulenspiegel zu dem Pfarrer und sprach: »Mein lieber Herr Pfarrer, wollt Ihr wie ein guter Freund handeln? Mein hiesiger Wirt ist in dieser Nacht von einem bösen Geist besessen worden. Er läßt Euch bitten, ihm diesen wieder auszutreiben.« Der Pfarrer sagte: »ja, gern, aber er muß einen Tag oder zwei warten, solche Dinge kann man leicht übereilen.« Eulenspiegel entgegnete: »Ich will gehen und seine Frau holen, damit Ihr es zu ihr selber sagt.« Der Pfarrer sprach: »Ja, laß sie herkommen.«

Da ging Eulenspiegel wieder zu seinem Wirt und sagte zu ihm: »Ich habe Euch einen Bürgen besorgt, das ist Euer Pfarrer. Der will dafür gutsagen und Euch geben, was Ihr haben sollt. Laßt Eure Frau mit mir zu ihm gehen, er will ihr das zusagen.« Der Wirt war damit einverstanden und froh darüber, und er sandte seine Frau mit Eulenspiegel zu dem Pfarrer. Da hob Eulenspiegel an: »Herr Pfarrer, hier ist die Frau. Sagt ihr nun selber, was Ihr mir zugesagt und gelobt habt!« Der Pfarrer sprach: »Ja, meine liebe Frau, wartet einen Tag oder zwei, so will ich ihm helfen.« Die Frau sagte ja, ging mit Eulenspiegel wieder nach Hause und sagte das ihrem Ehemann. Der Wirt war froh, ließ die Blinden gehn und sprach sie ihrer Schuld ledig. Eulenspiegel aber machte sich reisefertig und verschwand unauffällig.

Am dritten Tag ging die Frau zum Pfarrer und mahnte ihn wegen der 12 Gulden, die die Blinden verzehrt hatten. Der Pfarrer sagte: »Liebe Frau, hat Euch Euer Mann das so geheißen?« Die Frau bejahte. Da sprach der Pfarrer: »Das ist der bösen Geister Eigenschaft, daß sie Geld haben wollen.« Die Frau sagte: »Das ist kein böser Geist; bezahlt ihm die Kost!« Der Pfarrer sprach: »Mir ist gesagt worden, Euer Ehemann sei vom bösen Geist besessen. Holt mir ihn her, ich will ihn davon befreien mit Gottes Hilfe.« Die Frau sagte: »Das pflegen Schälke zu tun, die zu Lügnern werden, wenn sie bezahlen sollen. Ist mein Mann vom bösen Geist gefangen, so sollst du das heute noch zu spüren bekommen.«

Und sie lief nach Hause und erzählte ihrem Ehemann, was der Pfarrer gesagt hatte. Der Wirt nahm Spieß und Hellebarde und lief damit zum Pfarrhof. Der Pfarrer wurde dessen gewahr, rief seine Nachbarn zu Hilfe, bekreuzigte sich und sprach: »Kommt mir zu Hilfe, meine lieben Nachbarn! Seht, dieser Mensch ist besessen von einem bösen Geist!« Der Wirt sagte: »Pfaffe, gedenke deiner Worte und bezahle mich!« Der Pfarrer stand und bekreuzigte sich wieder. Der Wirt wollte auf den Pfarrer einschlagen, die Bauern aber kamen dazwischen und konnten die beiden nur mit großer Mühe auseinanderbringen.

 

Und solange der Wirt und der Pfarrer lebten, mahnte der Wirt den Pfarrer wegen der Kosten. Der Pfarrer sprach, er sei ihm nichts schuldig, sondern der Wirt sei vom bösen Geist besessen, und er wolle ihn bald davon befreien. Das währte, solange die beiden lebten.