Kostenlos

Till Eulenspiegel

Text
0
Kritiken
iOSAndroidWindows Phone
Wohin soll der Link zur App geschickt werden?
Schließen Sie dieses Fenster erst, wenn Sie den Code auf Ihrem Mobilgerät eingegeben haben
Erneut versuchenLink gesendet

Auf Wunsch des Urheberrechtsinhabers steht dieses Buch nicht als Datei zum Download zur Verfügung.

Sie können es jedoch in unseren mobilen Anwendungen (auch ohne Verbindung zum Internet) und online auf der LitRes-Website lesen.

Als gelesen kennzeichnen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Die 73. Historie sagt, wie sich Eulenspiegel in Hamburg bei einem Barbier verdingte, dem Meister durch die Fenster in die Stube ging usw.

Einmal kam Eulenspiegel nach Hamburg auf den Hopfenmarkt, blieb dort stehen und sah sich um. Da kam ein Bartscherer gegangen, der fragte ihn, woher er komme. Eulenspiegel sagte: »Ich komme von dort her.« Der Meister fragte ihn: »Was bist du für ein Handwerksgeselle?« Eulenspiegel antwortete: »Ich bin, kurz gesagt, ein Barbier.« Der Meister dingte ihn. Und der Bartscherer wohnte auf dem Hopfenmarkt, gerade gegenüber, wo sie standen. Das Haus hatte dort, wo die Barbierstube war, bis zum Erdboden reichende Fenster nach der Straße zu. Da sagte der Meister zu Eulenspiegel: »Sieh, das Haus gegenüber, wo die hohen Fenster sind, da geh hinein! Ich komme gleich nach.«

Eulenspiegel sagte ja, ging geradeswegs zu dem Haus hin und durch die hohen Fenster hinein und sagte: »Gott zur Ehr! Gott grüße das Handwerk!« Die Frau des Bartscherers saß in der Stube und spann. Sie erschrak und sprach: »Dich führt wohl der Teufel! Warum kommst du durch die Fenster? Ist dir die Tür nicht weit genug?« Eulenspiegel sagte: »Liebe Frau, zürnt mir nicht! Euer Ehemann hat mich das geheißen und hat mich gedingt als Geselle.« Die Frau sprach: »Das ist mir ein getreuer Geselle, der seinem Meister Schaden tut.« Eulenspiegel sagte: »Liebe Frau, soll ein Geselle nicht das tun, was ihn sein Meister heißet?«

Derweilen kam der Meister und hörte und sah, was Eulenspiegel getan hatte. Da sprach der Meister: »Wie, Geselle, konntest du nicht zur Tür hineingehn und mir meine Fenster ganz lassen? Welchen Grund hast du gehabt, daß du mir durch die Fenster hereingekommen bist?« »Lieber Meister, Ihr hießet mich, da hineinzugehen, wo die hohen Fenster seien; Ihr wolltet bald nachkommen. So habe ich nach Eurem Geheiß getan; aber Ihr seid mir da nicht nachgekommen, wo Ihr sagtet, daß ich vorausgehen sollte.« Der Meister schwieg still, denn er bedurfte Eulenspiegels und dachte: Wenn ich mit ihm mein Geschäft verbessern kann, so will ich das hingehen lassen und ihm das von seinem Lohn abziehn.

Also ließ der Meister Eulenspiegel etwa drei Tage arbeiten. Dann hieß er Eulenspiegel die Rasiermesser schleifen. Eulenspiegel sprach: »Ja, gern.« Der Meister sagte: »Schleife sie glatt auf dem Rücken gleich der Schneide.« Eulenspiegel sagte ja und begann, den Schermessern die Rücken ebenso wie die Schneiden zu schleifen. Der Meister kam und wollte zusehen, was er machte. Da sah er, daß bei den Messern, die Eulenspiegel geschliffen hatte, der Rücken ebenso wie die Schneide war. Und die Messer, die er auf dem Schleifstein hatte, die schliff er nach derselben Weise. Da sagte der Meister: »Was machst du bloß? Das wird ein böses Ding!« Eulenspiegel sprach: »Wie sollte das ein böses Ding werden? Es tut ihnen doch nicht weh, ich tue, wie Ihr mich geheißen habt.« Der Meister wurde zornig und sagte: »Ich hieß dich einen bösen, heimtückischen Schalk. Hör auf und laß dein Schleifen! Und gehe wieder hin, wo du hergekommen bist!« Eulenspiegel sagte ja, ging in die Stube und sprang da zum Fenster wieder heraus, wo er hineingekommen war.

Da wurde der Bartscherer noch zorniger und lief ihm nach mit dem Büttel und wollte ihn fangen, damit er ihm die Fenster bezahle, die er zerbrochen hatte. Aber Eulenspiegel war schneller, er entkam in ein Schiff und fuhr von Land.

Die 74. Historie sagt, wie Eulenspiegel einem Bauern die Suppe begoß, übelriechenden Fischtran als Bratenschmalz hinzutat und meinte, es sei für den Bauern gut genug.

Viel Schalkheit hatte Eulenspiegel den Schuhmachern angetan, nicht allein an einem Ort, sondern an vielen Stätten. Nachdem er seinen letzten Streich verübt hatte, kam er nach Stade. Da verdingte er sich bei einem Schuhmacher. Als er am ersten Tage zu arbeiten begann, ging sein Meister auf den Markt und kaufte ein Fuder Holz. Er versprach dem Bauern, ihm außer dem Geld noch eine Suppe zu geben, und brachte ihn mit dem Holz vor sein Haus. Da fand er niemanden in seinem Haus – Frau und Magd waren ausgegangen – als Eulenspiegel. Der war allein und nähte Schuhe. Nun mußte der Meister noch einmal auf den Markt gehen. Er befahl deshalb Eulenspiegel, er möge nehmen, was er habe, und dem Bauern eine Suppe machen; er habe ihm dafür einiges im Schrank gelassen.

Eulenspiegel sagte ja, der Bauer warf das Holz ab und kam in das Haus. Eulenspiegel schnitt ihm Brotstücke in die Schüssel, fand aber nirgends Fett im Schrank. Da kam er zu dem Behälter, worin übelriechender Fischtran war, und begoß damit die Suppe des Bauern. Der Bauer begann sie zu essen und roch, daß sie übel stank. Er war jedoch hungrig und aß die Suppe aus.

Inzwischen kam der Schuhmacher hereingegangen und fragte den Bauern, wie ihm die Suppe geschmeckt habe. Der Bauer sagte: »Das schmeckte alles gut, nur hatte es beinahe den Geschmack von neuen Schuhen.« Damit ging der Bauer aus dem Haus.

Da mußte der Schuhmacher lachen und fragte Eulenspiegel, womit er dem Bauern die Suppe begossen habe. Eulenspiegel sprach: »Ihr sagtet mir, ich sollte nehmen, was ich hätte. Nun hatte ich kein anderes Fett als Seefischtran. Ich suchte im Schrank in der Küche, aber ich fand nirgends Fett. Da nahm ich, was ich hatte.“ Der Schuhmacher sagte: »Nun, das ist gut so; für den Bauern ist es gut genug.«

Die 75. Historie sagt, wie Eulenspiegel ein Weißmus allein ausaß, weil er einen Klumpen aus der Nase hineinfallen ließ.

Große Schalkheit tat Eulenspiegel einer Bäuerin an, um ein Weißmus allein zu essen. Er war hungrig und ging in ein Haus. Dort fand er die Frau allein vor. Sie saß beim Feuer und kochte ein Weißmus. Das duftete Eulenspiegel so wohl in die Nase, daß es ihn gelüstete, davon zu essen. Er bat die Frau, ihm das Weißmus zu geben. Die Frau sagte: »Ja, mein lieber Eulenspiegel, gern! Und wenn ich es selber entbehren müßte, so will ich es dennoch Euch geben, damit Ihr es allein eßt.« Eulenspiegel sagte: »Meine liebe Frau, das möchte wohl nach Euren Worten geschehen.«

Die Frau gab ihm das Weißmus und setzte die Schüssel mit dem Mus samt Brot auf den Tisch. Eulenspiegel war hungrig und begann zu essen. Die Frau kam dazu und wollte mit ihm essen, wie es bei den Bauern üblich ist. Da dachte Eulenspiegel: wenn sie auch kommt und ißt, so wird hier nicht lange für mich etwas übrigbleiben. Und er hustete einen großen Klumpen und spuckte ihn in die Schüssel mit dem Weißmus. Da wurde die Frau zornig und sagte: »Pfui über dich! Dieses Weißmus friß du Schalk nun allein!“

Eulenspiegel sprach: »Meine liebe Frau, Eure ersten Worte waren also: Ihr wolltet das Weißmus selber entbehren, und ich sollte es allein essen. Nun kommt Ihr und wollt mit mir essen. Ihr hättet das Weißmus wohl mit drei Bissen aus der Schüssel geholt.« Die Frau sagte: »Daß dir nimmer Gutes geschehe…! Gönnest du mir meine eigene Kost nicht? Wie solltest du mir dann deine Kost geben?« Eulenspiegel sprach: »Frau, ich tue nur nach Eueren Worten.« Und er aß das ganze Weißmus auf, wischte sich den Mund und ging hinweg.

Die 76. Historie sagt, wie Eulenspiegel in ein Haus schiß und den Gestank durch die Wand in eine Gesellschaft blies, die ihn nicht leiden konnte.

In großen Tagesreisen wanderte Eulenspiegel nach Nürnberg und blieb da 14 Tage. In der Nähe der Herberge, in der er sich aufhielt, wohnte ein frommer Mann, der war reich und ging gern in die Kirche. Er verabscheute jedoch die Spielleute. Wo die waren oder wenn die dorthin kamen, wo er war, da ging er davon. Dieser Mann hatte die Gewohnheit, einmal im Jahr seine Nachbarn zu Gast zu laden. Dann tat er ihnen gütlich mit Kost und Wein und mit den besten Getränken. Und wenn in den Häusern seiner Nachbarn fremde Gäste waren, etwa zwei oder drei Kaufleute, die lud er allezeit mit ein, und sie waren ihm willkommen. Da kam die Zeit, in der jedermann Gäste einlud. Eulenspiegel wohnte zur Herberge nebenan im Nachbarhaus. Und der reiche Mann lud, wie es seine Gewohnheit war, seine Nachbarn und ihre Gäste ein, soweit es ehrbare Leute waren. Aber Eulenspiegel lud er nicht ein; den betrachtete er als Gaukler und Spielmann, die er nicht einzuladen pflegte.

Als nun die Nachbarn zu dem frommen Mann zu Gast in sein Haus gingen zusammen mit den ehrbaren Leuten, die er ebenfalls eingeladen hatte und die sie in ihren Häusern beherbergten, da ging auch der Wirt, bei dem Eulenspiegel zur Herberge war, mit seinen sonstigen Gästen, die gebeten worden waren, dorthin zu Tisch. Und der Wirt sagte zu Eulenspiegel, daß ihn der reiche Mann als einen Gaukler ansehe; darum habe er ihn nicht zu Gast geladen. Eulenspiegel gab sich damit zufrieden. Er dachte aber: Bin ich ein Gaukler, so sollte ich ihm die Gaukelei beweisen. Und ihn ärgerte doch, daß der Mann ihn so verschmäht hatte.

Es war bald nach Sankt-Martins-Tag, als das Gastmahl stattfand. Der Wirt saß mit seinen Gästen in einem köstlichen Gemach, wo er ihnen das Mahl gab. Und das Zimmer war unmittelbar neben der Wand des Hauses, wo Eulenspiegel wohnte. Als sie beim Mahl saßen und sehr guter Dinge waren, kam Eulenspiegel und bohrte ein Loch durch die Wand, die an das Gemach stieß, in dem die Gäste saßen. Dann nahm er einen Blasebalg, machte einen großen Haufen seines Drecks und blies mit dem Blasebalg durch das von ihm gebohrte Loch in das Zimmer. Das stank so übel, daß niemand in dem Gemach bleiben wollte. Einer sah den andern an: Der erste meinte, der zweite rieche so, der zweite meinte, es sei der dritte. Eulenspiegel aber hörte mit dem Blasebalg nicht auf, so daß die Gäste aufstehen mußten und vor Gestank nicht länger bleiben konnten. Sie suchten unter den Bänken, sie kehrten in allen Winkeln, nichts half. Niemand wußte, wo der Gestank herkam, so daß jedermann nach Hause ging.

Auch Eulenspiegels Wirt kam zurückgegangen. Ihm war von dem Gestank so schlecht geworden, daß er alles ausbrach, was er im Leibe hatte. Er erzählte, wie übel es in dem Gemach nach Menschendreck gestunken habe. Eulenspiegel fing an zu lachen und sagte: »Wenn mich der reiche Mann auch nicht zu Gast laden und mir seine Kost gönnen wollte, so bin ich ihm doch viel günstiger und getreuer gesonnen als er mir: Ich gönne ihm meine Kost. Wäre ich da gewesen, hätte es nicht so übel gestunken.« Und sogleich rechnete er mit seinem Wirt ab und ritt hinweg, denn er befürchtete, daß es herauskäme.

 

Der Wirt merkte an seinen Worten, daß er von dem Gestank etwas wußte. Aber er konnte nicht begreifen, wie Eulenspiegel das gemacht hatte, und wunderte sich sehr. Als Eulenspiegel aus der Stadt heraus war, begann der Wirt, in seinem Haus zu suchen, und fand den Blasebalg, der arg beschissen war. Er fand auch das Loch, das Eulenspiegel durch die Wand in seines Nachbarn Haus gebohrt hatte. Da durchschaute er die Sache sogleich, holte seinen Nachbarn dazu und erzählte ihm, wie Eulenspiegel dies alles getan habe und wie seine Worte gewesen seien.

Der reiche Mann sprach: »Lieber Nachbar, von Toren und Spielleuten hat niemand einen Vorteil. Darum will ich sie nicht in meinem Haus haben. Ist mir nun diese Büberei durch Euer Haus geschehn, so kann ich nichts dabei tun. Ich sah Euern Gast als einen Schalk an, das las ich an seinem Wahrzeichen. So ist es besser in Euerm Haus als in meinem Haus geschehen, vielleicht hätte er mir noch schädlichere Dinge angetan.«

Eulenspiegels Wirt sagte: »Lieber Nachbar, Ihr habt es wohl gehört, und also ist es auch: Vor einen Schalk soll man zwei Lichter setzen, und das muß ich wohl auch tun, denn ich muß immer allerlei Gäste beherbergen. Wenn ein Schalk kommt, muß man ihn aufs beste bewirten.«

Damit schieden sie voneinander. Eulenspiegel war dagewesen und kam nicht wieder.

Die 77. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Eisleben einen Wirt erschreckte mit einem toten Wolf, den er zu fangen versprochen hatte.

In Eisleben wohnte ein spöttischer und stolzer Wirt. Der glaubte fest, daß er ein großer Gastwirt sei. Da kam Eulenspiegel in seine Herberge. Es war in den Wintertagen, und es lag viel Schnee. Dann kamen drei Kaufleute aus Sachsen, die nach Nürnberg wollten und bei finstrer Nacht in der Herberge eintrafen. Der Wirt war sehr redselig, hieß die drei Kaufleute mit schnell gesprochenen Worten willkommen und fragte, wo sie, zum Teufel, so lange gewesen seien, daß sie so spät zur Herberge kämen. Die Kaufleute sprachen: »Herr Wirt, Ihr dürft nicht so mit uns zanken! Uns ist unterwegs ein Abenteuer widerfahren: Ein Wolf hat uns viel Ungemach zugefügt. Der begegnete uns im Schnee, so daß wir uns mit ihm herumschlagen mußten, das hielt uns so lange auf.«

Als der Wirt das hörte, spottete er über sie und sagte, es sei eine Schande, daß sie sich von einem Wolf aufhalten ließen. Und wenn er allein auf dem Felde sei und ihm zwei Wölfe begegneten, so wolle er sie schlagen und verjagen, davor solle ihm nicht grauen! Und sie seien zu dritt gewesen und hätten sich von einem Wolf erschrecken lassen! Es währte den ganzen Abend, daß der Wirt die Kaufleute verächtlich behandelte, bis sie zu Bett gingen. Eulenspiegel saß dabei und hörte sich das Gespött an.

Als sie nun zu Bett gingen, wurden die Kaufleute und Eulenspiegel in eine Kammer gelegt. Da sprachen die Kaufleute untereinander, was sie tun könnten, um es dem Wirt heimzuzahlen und ihm den Mund zu stopfen. Denn sonst würde das Gespött kein Ende haben, wenn einer von ihnen wieder in die Herberge käme. Da sagte Eulenspiegel: »Liebe Freunde, ich merke wohl, daß der Wirt ein Aufschneider ist. Wollt Ihr auf mich hören, will ich es ihm so besorgen, daß er Euch nie mehr ein Wort von dem Wolf sagt.« Den Kaufleuten gefiel das wohl, und sie versprachen, ihm Zehrung und Geld zu geben. Da sprach Eulenspiegel, sie sollten hinreiten zu ihren Geschäften und auf der Rückreise wieder zu dieser Herberge kommen. Er wolle auch da sein, und dann wollten sie an dem Wirt Vergeltung üben.

Das geschah. Als die Kaufleute reisefertig waren, bezahlten sie ihren und Eulenspiegels Verzehr und ritten aus der Herberge. Der Wirt rief den Kaufleuten spöttisch nach: »Ihr Kaufleute, seht zu, daß Euch kein Wolf auf der Wiese begegnet!« Die Kaufleute sprachen: »Herr Wirt, habt Dank, daß Ihr uns warnt! Fressen uns die Wölfe, so kommen wir nicht wieder, und fressen Euch die Wölfe, so finden wir Euch nicht mehr hier.« Damit ritten sie hinweg.

Da ritt Eulenspiegel in den Wald und stellte den Wölfen nach. Und Gott gab ihm das Glück, daß er einen fing. Den tötete er und ließ ihn hart frieren. Zu der Zeit, als die Kaufleute wieder nach Eisleben in die Herberge kommen wollten, tat Eulenspiegel den toten Wolf in einen Sack und ritt wieder nach Eisleben. Dort fand er die drei Kaufleute, wie sie verabredet hatten. Von Eulenspiegels Wolf wußte niemand etwas.

Abends während des Essens spottete der Wirt wieder über die Kaufleute wegen des Wolfs. Sie sagten, ihnen sei es eben mit dem Wolf so ergangen; wenn ihm zwei Wölfe auf der Wiese begegneten, würde er sich dann eines Wolfes zuerst erwehren und hernach den anderen erschlagen? Der Wirt sprach große Worte, wie er zwei Wölfe in Stücke schlagen wolle. Das ging so den ganzen Abend, bis sie zu Bett gehen wollten. Eulenspiegel schwieg so lange still, bis er zu den Kaufleuten in die Kammer kam. Dann sagte er zu ihnen: »Gute Freunde, seid still und wacht! Was ich will, das wollt ihr auch. Laßt mir ein Licht brennen!«

Als nun der Wirt mit all seinem Gesinde zu Bett war, schlich Eulenspiegel leise aus der Kammer und holte den toten, hartgefrorenen Wolf. Er trug ihn an den Herd, unterstellte ihn mit Stecken, so daß er aufrecht stand, und sperrte ihm das Maul weit auf. Dann steckte er ihm zwei Kinderschuhe ins Maul, ging wieder zu den Kaufleuten in die Kammer und rief laut: »Herr Wirt!« Der Wirt hörte das, denn er war noch nicht eingeschlafen, und rief zurück, was sie wollten und ob sie etwa wieder ein Wolf beißen wolle. Da riefen sie: »Ach, lieber Herr Wirt, sendet uns die Magd oder den Knecht, damit er uns etwas zu trinken bringt! Wir wissen nicht, wohin vor Durst!« Der Wirt wurde zornig und sprach: »Das ist der Sachsen Art, die saufen Tag und Nacht!“ Und er rief die Magd, sie möge aufstehen und den Kaufleuten etwas zum Trinken in die Kammer bringen.

Die Magd stand auf, ging zum Feuer und wollte ein Licht anzünden. Da sah sie hoch und schaute dem Wolf gerade in das Maul. Sie erschrak, ließ das Licht fallen, lief in den Hof und meinte nichts anderes, als daß der Wolf die Kinder schon aufgefressen habe.

Eulenspiegel und die Kaufleute aber riefen weiter nach etwas zum Trinken. Der Wirt glaubte, die Magd sei wieder eingeschlafen, und rief den Knecht. Der Knecht stand auf und wollte auch ein Licht anzünden. Da sah auch er den Wolf dastehen und meinte, er habe die Magd gefressen, ließ das Licht fallen und lief in den Keller. Eulenspiegel und die Kaufleute hörten, was geschah, und Eulenspiegel sagte: »Seid guter Dinge, das Spiel will heute gut werden!«

Die Kaufleute und Eulenspiegel riefen zum dritten Male, wo der Knecht und die Magd blieben, weil sie ihnen nichts zu trinken brächten; der Wirt solle doch selber kommen und ein Licht bringen; sie könnten im Dunkeln nicht aus der Kammer kommen, sonst wollten sie wohl selbst hinuntergehen. Der Wirt meinte nichts anderes, als daß der Knecht auch eingeschlafen sei, stand auf, wurde zornig und sprach: »Hat der Teufel die Sachsen gemacht mit ihrem Saufen?« Er entzündete ein Licht bei dem Feuer und sah den Wolf am Herd stehen mit den Schuhen im Maul. Da fing er an zu schreien und rief: »Mordenio! Rettet, liebe Freunde!« Und er lief zu den Kaufleuten, die in der Kammer waren, und rief: »Liebe Freunde, kommt mir zur Hilfe, ein schreckliches Tier steht bei dem Feuer und hat mir die Kinder, die Magd und den Knecht aufgefressen!«

Die Kaufleute und Eulenspiegel waren sofort bereit und gingen mit dem Wirt zum Feuer. Der Knecht kam aus dem Keller, die Magd aus dem Hof, und die Frau brachte die Kinder aus der Kammer, so daß man sah, daß sie noch alle lebten. Eulenspiegel ging herzu und stieß den Wolf mit dem Fuß um. Der lag da und rührte kein Glied. Eulenspiegel sagte: »Das ist ein toter Wolf. Macht Ihr deshalb so ein Geschrei? Was seid Ihr für ein Angsthase! Beißt Euch ein toter Wolf in Euerm Haus und jagt Euch und all Euer Gesinde in die Ecken? Vor noch nicht langer Zeit wolltet Ihr zwei lebendige Wölfe auf dem Felde erschlagen. Aber Ihr habt nur in Worten, was mancher im Sinn hat.«

Der Wirt hörte und merkte, daß er genarrt worden war, und ging in die Kammer zu Bett. Er schämte sich seiner großen Worte und daß ein toter Wolf ihn und all sein Gesinde in Schrecken versetzt hatte. Die Kaufleute waren lustig, lachten und bezahlten, was sie und Eulenspiegel verzehrt hatten. Dann ritten sie von dannen. Und nach dieser Zeit sagte der Wirt nicht mehr so viel über seine Mannhaftigkeit.

Die 78. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Köln dem Wirt auf den Tisch schiß und ihm sagte, er möge kommen, damit er es fände.

Bald danach kam Eulenspiegel nach Köln in eine Herberge, und er drückte sich zwei oder drei Tage herum, um sich nicht zu erkennen zu geben. In diesen Tagen merkte er, daß der Wirt ein Schalk war. Da dachte er: Wo der Wirt ein Schalk ist, da haben es die Gäste nicht gut, du solltest dir eine andere Herberge suchen. Am Abend merkte es der Wirt Eulenspiegel an, daß er eine andere Herberge suchte. Er wies den anderen Gästen ihre Betten an, nicht aber Eulenspiegel. Da sprach dieser: »Wie, Herr Wirt, ich bezahle meine Kost ebenso teuer wie die, denen Ihr ein Bett anweist, und ich soll hier auf der Bank schlafen?« Der Wirt sagte: »Siehe, da hast du ein paar Bettlaken!« und ließ einen Furz. Und auf der Stelle ließ er noch einen und sprach: »Siehe, da hast du ein Kopfkissen!« Und zum dritten Male ließ er einen fahren, daß es stank, und sagte: »Siehe, da hast du ein ganzes Bett! Behilf dich bis morgen und lege sie mir auf einen Haufen, damit ich sie beieinander wiederfinde!« Eulenspiegel schwieg still und dachte: Sieh, das merkest du wohl: du mußt den Schalk mit einem Schalk bezahlen. Und er lag die Nacht auf der Bank.

Nun hatte der Wirt einen schönen Klapptisch. Die Flügel klappte Eulenspiegel auf, schiß auf den Tisch einen großen Haufen und klappte ihn wieder zu. Am Morgen stand er früh auf, ging vor des Wirtes Kammer und sprach: »Herr Wirt, ich danke Euch für die Nachtherberge.« Und damit ließ er einen großen Furz und sagte: »Seht, das sind die Federn von dem Bett. Das Kopfkissen, die Bettlaken und die Decken mit dem Bett habe ich zusammen auf einen Haufen gelegt.« Der Wirt sprach: »Herr Gast, das ist gut, ich will danach sehen, wenn ich aufstehe.« Eulenspiegel sagte: »Das tut! Schaut Euch um, Ihr werdet das schon finden!« Und damit ging er aus dem Haus.

Der Wirt sollte zu Mittag viele Gäste haben und sagte, die Gäste sollten auf dem hübschen Klapptisch essen. Als er nun den Tisch aufmachte, zog ihm ein böser Gestank in die Nase, er fand den Dreck und sprach: »Er gibt den Lohn nach den Werken, einen Furz hat er mit einem Scheißen bezahlt.«

Dann ließ der Wirt Eulenspiegel zurückholen, weil er ihn noch besser kennenlernen wollte. Eulenspiegel kam auch wieder, und er und der Wirt vertrugen sich in ihrer Schalkheit so, daß Eulenspiegel fortan ein gutes Bett bekam.