H. G. Wells – Gesammelte Werke

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III. Die Tage der Gefangenschaft

Die An­kunft ei­ner zwei­ten Kriegs­ma­schi­ne trieb uns von un­se­rem Guck­loch in die Wasch­kam­mer zu­rück, denn wir fürch­te­ten, dass der Mars­mann von sei­ner Höhe her­ab uns hin­ter un­se­rer Schan­ze zu Ge­sicht be­kom­men könn­te. Mit der Zeit aber ver­lo­ren wir wie­der das Ge­fühl der Ge­fahr, er­blickt zu wer­den; denn ei­nem Auge im blen­den­den Glan­ze des Son­nen­lich­tes muss­te un­ser Ver­steck als tief­schwar­ze Nacht er­schei­nen. Aber an­fangs trieb uns schon der lei­ses­te Arg­wohn ei­ner An­nä­he­rung un­ter Herz­klop­fen in un­se­ren Zuf­luchts­ort, in die Wasch­kam­mer, zu­rück. Aber so schreck­lich die Ge­fah­ren wa­ren, die rings um uns lau­er­ten, die Ver­su­chung, durch die Mau­er­spal­te zu bli­cken, war un­wi­der­steh­lich. Und es nimmt mich heu­te wun­der, wenn ich mich er­in­ne­re, wie wir trotz der un­end­li­chen Ge­fahr, in der wir schweb­ten, auf der einen Sei­te ver­hun­gern, auf der an­de­ren ein noch grau­en­vol­ler­er Tod, hef­tig mit­ein­an­der um das schreck­li­che Vor­recht, hin­aus­bli­cken zu dür­fen, strei­ten konn­ten. Wir konn­ten um die Wet­te durch die Kü­che lau­fen, in ei­nem ganz aben­teu­er­li­chen Lauf­schritt, der zwi­schen Ei­fer und der Furcht, Lärm zu ma­chen, die Mit­te hielt, wir konn­ten uns schla­gen, mit Fäus­ten und Fü­ßen uns ge­gen­sei­tig sto­ßen — und das al­les nur durch ei­ni­ge Zoll breit vor Ent­de­ckung ge­si­chert.

Tat­sa­che ist, dass wir bei­de ganz un­ver­ein­ba­re Ver­an­la­gun­gen und Ge­wohn­hei­ten im Den­ken und Han­deln hat­ten, und dass die Ge­fahr und un­se­re Ein­schlie­ßung die­se Un­ver­ein­bar­keit nur ver­schärf­ten. Schon in Hal­li­ford war mir des Ku­ra­ten al­ber­ne Art, in ta­ten­lo­se Kla­gen aus­zu­bre­chen, die blöd­sin­ni­ge Ver­bohrt­heit sei­nes Cha­rak­ters ver­hasst ge­wor­den. Sei­ne end­lo­sen, im Mur­mel­ton ge­spro­che­nen Selbst­ge­sprä­che mach­ten jede Mühe, die ich mir gab, einen Flucht­plan zu ent­wer­fen, zu­nich­te, und trie­ben mich, durch die Ge­fan­gen­schaft dop­pelt ge­reizt, wie ich war, manch­mal an den Rand des Wahn­sinns. Wie ein hys­te­ri­sches Weib war er un­fä­hig, sich den ge­rings­ten Zwang an­zu­tun. Er konn­te stun­den­lang vor sich hin­wei­nen, und ich glau­be wahr­haf­tig, dass die­ses vom Schick­sal ver­zo­ge­ne Kind sei­ne elen­den Trä­nen nach ir­gend ei­ner Art hin für wirk­sam hielt. Und ich saß in der Fins­ter­nis, durch sei­ne Zu­dring­lich­kei­ten au­ßer­stan­de, mei­ne Ge­dan­ken von ihm ab­zu­len­ken. Er aß mehr als ich. Und es war ganz ver­geb­lich, ihm be­greif­lich zu ma­chen, dass die ein­zi­ge Hoff­nung, mit dem Le­ben da­von­zu­kom­men, dar­in lag, so­lan­ge in die­sem Hau­se zu blei­ben, bis die Mars­leu­te mit ih­rer Gru­be fer­tig ge­wor­den wä­ren; es war ver­geb­lich, ihn zu war­nen, dass wäh­rend die­ser lan­gen Ge­duld­pro­be wohl eine Zeit kom­men kön­ne, in der wir drin­gend der Nah­rung be­dür­fen wür­den. Er aß und trank, wann es ihm ge­ra­de be­hag­te, in sehr aus­gie­bi­gen Mahl­zei­ten, wenn auch in lan­gen Zwi­schen­räu­men. Er schlief we­nig.

Als die Tage ka­men und gin­gen, er­höh­ten sei­ne ganz un­glaub­li­che Sorg­lo­sig­keit und sei­ne Rück­sichts­lo­sig­keit un­se­re Not­la­ge und un­se­re Ge­fahr der­art, dass ich, so sehr ich es auch ver­ab­scheu­te, erst zu Dro­hun­gen, end­lich zu Schlä­gen mei­ne Zuf­lucht neh­men muss­te. Das brach­te ihn eine Zeit lang zur Ver­nunft. Aber er ge­hör­te zu je­nen von Tücke und Ver­schla­gen­heit er­füll­ten Schwäch­lin­gen, die, je­des Stol­zes bar, fei­ge, fisch­blü­tig und ge­häs­sig, nicht Gott, nicht den Men­schen, nicht ein­mal sich selbst Re­chen­schaft ge­ben kön­nen.

Es ist mir un­an­ge­nehm, alle die­se Din­ge mir wie­der ins Ge­dächt­nis zu­rück­zu­ru­fen und sie nie­der­zu­schrei­ben, aber ich muss es der Lücken­lo­sig­keit mei­nes Be­rich­tes hal­ber tun. Jene, wel­che von den düs­te­ren und furcht­ba­ren Sei­ten des Le­bens ver­schont ge­blie­ben sind, wer­den schnell ge­nug bei der Hand sein, mei­ne Ge­walt­tä­tig­keit und mei­ne Wut­aus­brü­che am Ende un­se­res Trau­er­spie­les zu ver­dam­men; denn bes­ser als je­der­mann wis­sen sie, was ta­delns­wert ist, aber nicht, was ein ge­fol­ter­ter Mensch zu tun fä­hig ist. Jene aber, die »ge­wan­dert sind im dunklen Tal«, wel­che bis zum Ur­grund der Din­ge hin­ab­ge­stie­gen sind, die wer­den ihre Her­zen wei­ter dem Mit­leid öff­nen.

Und wäh­rend wir drin­nen un­se­ren düs­te­ren, schat­ten­haf­ten, ge­flüs­ter­ten Kampf aus­foch­ten, un­ter Schlä­gen und mit ge­ball­ten Fäus­ten um Spei­se und Trank kämpf­ten, voll­zog sich drau­ßen im un­barm­her­zi­gen Son­nen­brand je­nes schre­ckens­vol­len Juni das selt­sa­me Wun­der des fremd­ar­ti­gen Ge­trie­bes der Mars­leu­te in der Gru­be. Man er­lau­be mir, zu je­nen, mei­nen ers­ten, neu­en Er­leb­nis­sen zu­rück­zu­keh­ren. Nach lan­ger Zeit wag­te ich mich wie­der an das Guck­loch und sah, dass die frem­den Gäs­te durch die Be­sat­zung von nicht we­ni­ger als drei Kriegs­ma­schi­nen ver­stärkt wa­ren. Die­se hat­ten wie­der eine An­zahl neu­er Werk­zeu­ge mit­ge­bracht, die in ei­ner ge­wis­sen Ord­nung um den Zy­lin­der her­um­stan­den. Die zwei­te He­be­ma­schi­ne war jetzt fer­tig und eif­rig da­mit be­schäf­tigt, eine je­ner neu­ar­ti­gen Er­fin­dun­gen zu be­die­nen, wel­che die große Ma­schi­ne mit­ge­bracht hat­te. Das neue Werk­zeug glich in sei­nen all­ge­mei­nen Li­ni­en ei­ner Milch­kan­ne, über dem ein, in schwin­gen­der Be­we­gung be­find­li­cher, bir­nen­för­mi­ger Be­häl­ter an­ge­bracht war, von dem ein Strom wei­ßen Pul­vers sich in ein kreis­run­des Be­cken er­goss.

Die schwin­gen­de Be­we­gung des Be­häl­ters wur­de von ei­nem Tas­ter der He­be­ma­schi­ne her­vor­ge­ru­fen. Mit zwei an­de­ren spa­ten­ar­ti­gen Hän­den grub die He­be­ma­schi­ne große Men­gen Lehm aus und warf sie in das bir­nen­för­mi­ge Be­hält­nis hin­auf, wäh­rend sie mit ei­nem an­de­ren Arm von Zeit zu Zeit eine Tür öff­ne­te, die im Rumpf der Ma­schi­ne an­ge­bracht war, und ros­ti­ge und ge­schwärz­te Schla­cken dar­aus ent­fern­te. Ein an­de­res stäh­ler­nes Tast­werk­zeug lei­te­te das Pul­ver aus dem Be­cken durch einen ge­ripp­ten Kanal in einen an­de­ren Be­häl­ter, der durch eine Wol­ke bläu­li­chen Staubs sich mei­nen Bli­cken ent­zog. Aus die­sem un­sicht­ba­ren Be­häl­ter stieg ein dün­ner Fa­den grü­nen Rau­ches ker­zen­ge­ra­de in die stil­le Luft auf. Wäh­rend ich so hin­blick­te, streck­te die He­be­ma­schi­ne un­ter ei­nem lei­sen mu­si­ka­li­schen Ge­klirr nach der Art ei­nes Te­le­sko­pen einen Tas­ter aus, der noch einen Au­gen­blick vor­her mir bloß wie ein stump­fer Aus­läu­fer der Ma­schi­ne er­schie­nen war. Sein Ende war nun hin­ter dem Lehm­hau­fen ver­schwun­den. In der nächs­ten Se­kun­de hat­te er eine Stan­ge wei­ßen Alu­mi­ni­ums her­aus­ge­ho­ben, die in fle­cken­lo­sem und leuch­ten­dem Glanz schi­en, und leg­te sie auf einen sicht­lich wach­sen­den Hau­fen von Stan­gen, der sich ne­ben der Gru­be be­fand. Zwi­schen Son­nen­un­ter­gang und Ster­nen­licht muss die­se kunst­vol­le Ma­schi­ne mehr als hun­dert sol­cher Stan­gen aus dem ro­hen Lehm ver­fer­tigt ha­ben, und die Wol­ke bläu­li­chen Staubs wuchs all­mäh­lich an, bis sie den Rand der Gru­be er­reich­te.

Der Ge­gen­satz zwi­schen den ra­schen und wun­der­bar in­ein­an­der­grei­fen­den Werk­zeu­gen und der klot­zi­gen und keu­chen­den Un­be­hol­fen­heit ih­rer Her­ren war so ver­blüf­fend, dass ich mir ta­ge­lang im­mer wie­der sa­gen muss­te, dass es die Letz­te­ren sei­en, die in Wahr­heit die le­ben­den We­sen von den bei­den vor­stell­ten.

Der Ku­rat war im Be­sit­ze der Mau­er­spal­te, als die ers­ten Men­schen zur Gru­be ge­bracht wur­den. Ich saß zu­sam­men­ge­kau­ert un­ter ihm und lausch­te mit dem Auf­ge­bot mei­ner gan­zen Hör­kraft. Plötz­lich fuhr er er­schreckt zu­rück und ich, voll Angst, dass wir ent­deckt sei­en, ver­fiel in eine Art Krampf. Er glitt nun das Ge­röll her­ab und ver­kroch sich ne­ben mich in die Dun­kel­heit, stieß ei­ni­ge ver­wor­re­ne Lau­te aus, mach­te ei­ni­ge wil­de Ge­bär­den, und einen Au­gen­blick lang teil­te ich sei­nen Schre­cken. Sei­ne Ge­bär­den deu­te­ten sei­nen Ver­zicht auf die Mau­er­spal­te an, und nach ei­ner Wei­le mach­te mei­ne Neu­gier­de mir Mut; ich er­hob mich, stieg über ihn hin­weg und klet­ter­te hin­auf. An­fangs konn­te ich kei­nen Grund für sein Ent­set­zen ent­de­cken. Die Däm­me­rung war nun an­ge­bro­chen, oben schie­nen klei­ne, blas­se Ster­ne, aber die Gru­be war er­hellt von dem fla­ckern­dem grü­nen Feu­er, das von der Alu­mi­ni­um­be­rei­tung her­rühr­te. Das gan­ze Bild war ein Ge­men­ge fla­ckern­der Strah­len und auf- und nie­der­glei­ten­der, schwar­zer Schat­ten, selt­sam ver­wir­rend für das Auge. Dar­über­hin und zwi­schen­hin­ein flo­gen un­be­irrt die Fle­der­mäu­se. Die sich rä­keln­den Mars­leu­te wa­ren nicht mehr zu se­hen, die Wol­ke blau­grü­nen Pul­vers war schon hoch ge­nug ge­stie­gen, um sie un­se­ren Bli­cken zu ent­zie­hen. Eine Kriegs­ma­schi­ne stand mit zu­sam­men­ge­klapp­ten, ein­ge­zo­ge­nen und ver­kürz­ten Bei­nen jen­seits der Gru­be. Und mit­ten im Ge­tö­se des ar­bei­ten­den Ma­schi­nen­werks glaub­te ich plötz­lich, einen lei­sen Laut von mensch­li­chen Stim­men zu hö­ren, ein Ver­dacht, den ich heg­te, um ihn so­fort wie­der auf­zu­ge­ben.

Ich bück­te mich nie­der, um die Kriegs­ma­schi­ne schär­fer ins Auge zu fas­sen, und über­zeug­te mich jetzt zum ers­ten Mal, dass die Hau­be wirk­lich einen Mars­mann ent­hielt. Als die grü­nen Flam­men auf­fuh­ren, konn­te ich den öli­gen Glanz sei­ner Ober­haut und das Leuch­ten sei­ner Au­gen wahr­neh­men. Plötz­lich hör­te ich einen gel­len­den Schrei und sah einen weit­ge­dehn­ten Füh­ler über die Schul­ter der Ma­schi­ne hin zu dem klei­nen Kä­fig lan­gen, der auf ih­rem Rücken las­te­te. Und dann wur­de et­was — et­was hef­tig sich Sträu­ben­des — hoch in die Luft em­por­ge­ho­ben, ein vom Ster­nen­licht sich dun­kel und un­klar ab­he­ben­des, rät­sel­haf­tes Ding. Und als die­ser schwar­ze Ge­gen­stand wie­der her­un­ter­kam, sah ich bei dem grü­nen Schein, dass es ein Mensch war. Ei­nen Au­gen­blick lang war er ganz deut­lich sicht­bar. Es war ein stäm­mi­ger, blü­hend aus­se­hen­der, gut ge­klei­de­ter Mann in mitt­le­ren Jah­ren; drei Tage vor­her moch­te er, ein Mann von be­trächt­li­chem An­se­hen, durchs Le­ben ge­wan­dert sein. Ich konn­te sei­ne star­ren Au­gen se­hen und be­mer­ken, wie die Licht­strah­len in sei­nen Hemd­knöp­fen und sei­ner Uhr­ket­te spiel­ten. Er ver­schwand hin­ter dem Hü­gel und einen Au­gen­blick lang herrsch­te völ­li­ges Schwei­gen. Dann hör­te man durch­drin­gen­de Schreie und das lang­ge­zo­ge­ne Freu­den­ge­heul der Mars­leu­te.

 

Ich glitt das Ge­röll hin­ab, rich­te­te mich müh­sam auf, leg­te bei­de Hän­de an die Ohren und stürz­te in die Wasch­kam­mer. Der Ku­rat, der mit den Ar­men sei­nen Kopf um­klam­mernd, schwei­gend zu­sam­men­ge­kau­ert da­ge­s­es­sen hat­te, sah auf, als ich an ihm vor­bei­kam, schrie laut auf, als ich ihn ver­ließ und rann­te mir nach.

In die­ser Nacht, als wir in der Wasch­kam­mer kau­er­ten, und un­se­re Emp­fin­dun­gen zwi­schen Ent­set­zen und der furcht­ba­ren An­zie­hungs­kraft des Guck­lo­ches ge­teilt wa­ren, keim­te in mir der hef­ti­ge Wunsch zu han­deln auf. Aber ich müh­te mich ver­geb­lich ab, einen Ret­tungs­plan zu ent­wer­fen. Spä­ter aber, am zwei­ten Tage, war ich fä­hig, un­se­re Lage mit großer Klar­heit zu über­den­ken. Der Ku­rat, das sah ich, war nicht ein­mal zu ei­ner Be­spre­chung zu brau­chen; un­ge­kann­te Schre­cken hat­ten ihn in ein Ge­schöpf mit wil­den Ein­ge­bun­gen ver­wan­delt, hat­ten ihn sei­nes Ver­stan­des, sei­ner Denk­fä­hig­keit be­raubt. Er war in Wahr­heit schon zum Tier her­ab­ge­sun­ken. Ich aber fass­te, wie eine Re­dens­art lau­tet, mich selbst mit bei­den Hän­den an. Jetzt, da ich die raue Wirk­lich­keit mit Hän­den grei­fen konn­te, fass­te der Ge­dan­ke, dass, so schreck­lich un­se­re Lage auch war, wir doch noch kein Recht zu völ­li­ger Verzweif­lung hät­ten, bes­ser Wur­zel in mei­ner See­le. Un­se­re nächst­lie­gen­de Hoff­nung zu ent­rin­nen, war in der Er­war­tung be­grün­det, dass die Mars­leu­te in der Gru­be nur vor­über­ge­hend ihr La­ger auf­ge­schla­gen hät­ten. Oder, im Fall, dass sie es für be­stän­dig be­zo­gen hät­ten, wür­den sie es doch nicht für not­wen­dig er­ach­ten, es stets zu be­wa­chen; und so könn­te sich uns doch eine Mög­lich­keit der Flucht bie­ten. Ich er­wog auch sehr ernst­lich den Plan, uns von der Gru­be weg einen un­ter­ir­di­schen Gang zu gra­ben, aber die Mög­lich­keit, beim Auftau­chen ei­ner Wa­che ste­hen­den Kriegs­ma­schi­ne zu Ge­sicht zu kom­men, schi­en mir an­fangs doch zu er­schre­ckend. Zu al­lem Üb­ri­gen hät­te ich auch die gan­ze Gra­be­ar­beit al­lein zu ver­rich­ten ge­habt. Der Ku­rat hät­te mich si­cher­lich im Stich ge­las­sen.

Wenn mich mein Ge­dächt­nis nicht trügt, war es am drit­ten Tage, dass ich die Tö­tung je­nes ar­men Teu­fels mit an­se­hen muss­te. Es war das ein­zi­ge Mal, dass ich die Mars­leu­te Nah­rung auf­neh­men sah. Nach die­sem Er­leb­nis ver­mied ich das Loch in der Mau­er wäh­rend des größ­ten Teils des Ta­ges. Ich be­gab mich in die Wasch­kam­mer, häng­te die Tür aus, und brach­te ei­ni­ge Stun­den da­mit zu, so ge­räusch­los wie mög­lich, mit mei­nem Beil zu gra­ben; aber als ich ein etwa zwei Fuß tie­fes Loch ge­gra­ben hat­te, fiel die lo­cke­re Erde wie­der pol­ternd zu­sam­men und ich wag­te nicht, die Ar­beit fort­zu­set­zen. Ich ver­lor al­len Mut und leg­te mich für eine lan­ge Zeit auf den Bo­den der Wasch­kam­mer, und hat­te nicht ein­mal mehr die Kraft, mich zu be­we­gen. Und von nun an gab ich den Ge­dan­ken, durch einen aus­ge­höhlten Gang zu ent­kom­men, auf.

Für den Ein­druck, den die Mars­leu­te auf mich ge­macht hat­ten, ist es sehr be­zeich­nend, dass ich an­fangs we­nig oder viel­mehr gar nicht dar­an dach­te, einen Weg zur Ret­tung dar­in zu er­bli­cken, dass un­se­re Fein­de etwa durch einen mensch­li­chen An­griff über­wäl­tigt wer­den könn­ten. Aber in der vier­ten oder fünf­ten Nacht hör­te ich einen Lärm wie star­kes Ge­schütz­feu­er.

Es war sehr spät nachts, und der Mond schi­en hell. Die Mars­leu­te hat­ten die Aus­höh­le­ma­schi­ne ent­fernt; und ab­ge­se­hen von ei­ner Kriegs­ma­schi­ne, die an dem ent­fern­te­ren Rand der Gru­be stand, und ei­ner He­be­ma­schi­ne, die mei­nen Bli­cken ver­bor­gen in ei­ner Ecke der Gru­be un­mit­tel­bar un­ter mei­nem Guck­loch ge­schäf­tig ar­bei­te­te, war der Platz ver­las­sen.

Von der He­be­ma­schi­ne tanz­te ein blas­ser Schim­mer aus und das Licht des Mon­des schi­en auf die Stan­gen und auf ei­ni­ge Stel­len des Erd­reichs. Sonst war die Gru­be in Dun­kel­heit gehüllt und ganz still. Nur das Geräusch der He­be­ma­schi­ne war zu hö­ren. Es war eine wun­der­voll hei­te­re Nacht; nur mit ei­nem Stern teil­te der Mond sei­ne Herr­schaft über den Him­mel. Ich hör­te einen Hund heu­len und die­ser ver­trau­te Laut be­stimm­te mich, hin­aus­zu­lau­schen. Da hör­te ich ganz deut­lich ein Dröh­nen, ge­nau so, wie den Don­ner schwe­rer Ge­schüt­ze. Ich zähl­te deut­lich sechs Schüs­se und nach ei­ner lan­gen Un­ter­bre­chung wie­der sechs. Und das war al­les.

IV. Der Tod des Kuraten

Es war am sechs­ten Tage un­se­rer Ge­fan­gen­schaft. Ich warf noch einen letz­ten Blick durch das Guck­loch und als ich mich um­wand­te, fand ich mich al­lein. Statt sich dicht an mich zu hal­ten und zu ver­su­chen, mich von der Spal­te weg­zu­drän­gen, war der Ku­rat in die Wasch­kam­mer zu­rück­ge­gan­gen. Ein Ver­dacht schoss durch mei­nen Kopf. Ich ging schnell und lei­se in die Wasch­kam­mer. In der Dun­kel­heit hör­te ich den Ku­ra­ten trin­ken. Ich griff aufs Ge­ra­te­wohl ins Dunkle und mei­ne Fin­ger be­ka­men eine Bur­gun­der­fla­sche zu fas­sen.

Gleich dar­auf ran­gen wir mit­ein­an­der. Das dau­er­te we­ni­ge Mi­nu­ten, dann fiel die Fla­sche zu Bo­den und brach ent­zwei. Nun ließ ich ihn los und er­hob mich. Wir stan­den keu­chend und dro­hend ein­an­der ge­gen­über. Schließ­lich pflanz­te ich mich zwi­schen ihn und die Ess­wa­ren auf und teil­te ihm mei­nen fes­ten Ent­schluss mit, von nun an Man­nes­zucht zu hal­ten. Ich teil­te un­se­re Nah­rungs­mit­tel in der Spei­se­kam­mer in Ra­tio­nen ein, die für zehn Tage aus­rei­chen soll­ten. An die­sem Tag er­laub­te ich ihm nicht mehr zu es­sen. Am Nach­mit­tag mach­te er einen schwa­chen Ver­such, zu die Ess­wa­ren zu ge­lan­gen. Ich war ein­ge­nickt, aber im Nu war ich wach. Den gan­zen Tag und die gan­ze Nacht sa­ßen wir uns Aug’ in Auge ge­gen­über, ich er­schöpft, aber ent­schlos­sen, er wei­nend und über sei­nen großen Hun­ger kla­gend. Ich weiß, es war nur eine Nacht und ein Tag, aber mir schi­en es — und scheint mir noch heu­te eine un­er­mess­lich lan­ge Zeit.

Und so en­de­te die Un­ver­träg­lich­keit un­se­rer Nei­gun­gen und An­la­gen im of­fe­nen Streit. Zwei ewi­ge Tage lang balg­ten wir uns in Flüs­ter­tö­nen und Faust­kämp­fen. Es gab Zei­ten, in de­nen ich mit Schlä­gen und Fuß­trit­ten ihn wie toll be­ar­bei­te­te und Zei­ten, da ich ihm schmei­chel­te und zu über­re­den trach­te­te. Und ein­mal ver­such­te ich, ihn mit ei­ner Fla­sche Bur­gun­der zu be­ste­chen, denn es war eine Re­gen­was­ser­pum­pe vor­han­den, mit­tels der ich mir Was­ser ver­schaf­fen konn­te. Aber da half we­der Ge­walt noch Güte; er war in der Tat schon von Sin­nen. Er ver­stand sich we­der dazu, sei­ne An­grif­fe auf die Spei­se­vor­rä­te auf­zu­ge­ben, noch hör­te er auf, laut mit sich sel­ber zu schwät­zen. Die al­ler­not­wen­digs­ten Vor­sichts­maß­re­geln, die un­se­re Ge­fan­gen­schaft er­träg­lich mach­ten, woll­te er nicht be­ob­ach­ten. All­mäh­lich be­gann ich, mir den voll­stän­di­gen Zu­sam­men­bruch sei­ner Geis­tes­kräf­te klar zu ma­chen, zu be­grei­fen, dass mein ein­zi­ger Ge­fähr­te in die­ser dump­fen und wi­der­li­chen Fins­ter­nis ein Wahn­sin­ni­ger war.

Ei­ni­ge un­kla­re Erin­ne­run­gen be­stim­men mich zu glau­ben, dass auch mei­ne Ge­dan­ken zu Zei­ten sich ver­wirr­ten. Ich hat­te selt­sa­me und furcht­ba­re Träu­me, so oft ich ein­sch­lief. Es klingt son­der­bar, aber ich bin ge­neigt, zu glau­ben, dass die Schwach­heit und der Wahn­sinn des Ku­ra­ten mich warn­ten, stähl­ten und ver­nünf­tig er­hiel­ten.

Am ach­ten Tage be­gann er laut zu spre­chen, statt zu flüs­tern, und was ich auch tat, nichts konn­te ihn be­we­gen, sei­ne Spra­che zu mä­ßi­gen.

»Es ist ge­recht, o Gott!«, rief er ein Mal übers an­de­re. »Es ist ge­recht, über mich und die Mei­nen kom­me Dein Grimm. Wir ha­ben ge­sün­digt, wir sind zu leicht be­fun­den wor­den. Da war Ar­mut, da war Kum­mer; die Ar­men wur­den in den Staub ge­tre­ten, nichts aber stör­te mei­nen Frie­den. Ich pre­dig­te einen hüb­schen Un­sinn — mein Gott, was für einen Un­sinn! — als ich hät­te auf­ste­hen sol­len und soll­te ich da­für auch des To­des ster­ben, und ru­fen sol­len: Tut Buße, Buße! Ihr Be­drücker der Ar­men und Elen­den. – Die Wein­pres­se des Herrn!«

Dann kehr­ten sei­ne Ge­dan­ken un­ver­mu­tet wie­der zum Es­sen zu­rück, das ich ihm vor­ent­hielt. Er bat, fleh­te, wein­te und end­lich droh­te er. Er be­gann sei­ne Stim­me zu er­he­ben – ich bat ihn es nicht zu tun; da sah er, dass er mich da fas­sen konn­te — er droh­te, dass er nun schrei­en und die Mars­leu­te her­bei­ru­fen wer­de. Eine Zeit lang schüch­ter­te mich das ein; aber je­des Zu­ge­ständ­nis hät­te die Mög­lich­keit un­se­res Ent­rin­nens ganz un­be­re­chen­bar ver­rin­gern müs­sen. Ich wi­der­stand, ob­wohl kei­nes­wegs dar­über be­ru­higt, dass er sei­ne Dro­hung nicht aus­füh­ren wer­de. An die­sem Tage we­nigs­tens tat er es aber nicht. Er sprach mit all­mäh­lich er­höh­ter Stim­me wäh­rend des größ­ten Teils des ach­ten und des neun­ten Ta­ges. Dro­hun­gen und Bit­ten ver­misch­ten sich mit ei­ner wah­ren Sturz­flut halb­ver­rück­ter, aber im­mer über­quel­len­der Reue, dass sein Got­tes­dienst nur ei­tel Wort­ge­prän­ge ge­we­sen sei. Ich konn­te nicht um­hin, ihn zu be­mit­lei­den. Dann schlief er ein we­nig und dann be­gann er wie­der mit er­neu­ter Kraft, und zwar so laut, dass ich ge­zwun­gen war, ihn zu­rück­zu­hal­ten.

»Schwei­gen Sie!«, fleh­te ich. Er er­hob sich auf sei­ne Knie, denn er war bis­her im Dun­keln ne­ben dem Wasch­kes­sel ge­ses­sen.

»Ich habe schon zu lan­ge ge­schwie­gen«, sag­te er in ei­nem Ton, den man in der Gru­be hö­ren muss­te. »Und jetzt muss ich Zeug­nis ab­le­gen. Wehe die­ser un­ge­treu­en Stadt! Wehe, wehe! Wehe, wehe! Den Be­woh­nern der Erde, durch die an­de­ren Stim­men der Po­sau­ne —«

»Hö­ren Sie auf!«, sag­te ich, auf­sprin­gend, voll Angst, die Mars­leu­te könn­ten uns hö­ren. »Um Got­tes wil­len —.«

»Nein«, schrie der Ku­rat, so laut er konn­te. Er stand auf und brei­te­te sei­ne Arme aus. »Spre­chen will ich! Das Wort des Herrn ist in mir.«

Mit drei Sät­zen hat­te er die Tür zur Kü­che er­reicht.

»Ich muss mein Zeug­nis ab­le­gen. Ich gehe. Zu lan­ge schon habe ich ge­zö­gert.«

Ich streck­te mei­ne Hand aus und tas­te­te nach dem Hack­mes­ser, das an der Wand hing. Wie ein Pfeil schoss ich dem Ku­ra­ten nach. Ich war ganz toll vor Angst. Ehe er in der Mit­te der Kü­che war, hat­te ich ihn ein­ge­holt. Mit ei­nem letz­ten Fun­ken von Men­sch­lich­keit dreh­te ich die Schnei­de um und schlug mit dem Rücken des Mes­sers nach ihm. Er stürz­te kopf­über hin und lag aus­ge­streckt am Bo­den. Ich stol­per­te über ihn und blieb atem­los ste­hen. Er lag ganz still da.

Plötz­lich hör­te ich drau­ßen ein Geräusch, das Rie­seln und Stür­zen glei­ten­den Mör­tels, und die drei­e­cki­ge Öff­nung in der Mau­er ver­dun­kel­te sich. Ich blick­te auf und sah, wie die un­te­re Flä­che ei­ner He­be­ma­schi­ne sich lang­sam am Loch vor­bei­schob. Ei­nes ih­rer aus­grei­fen­den Glie­der roll­te sich im Schutt zu­sam­men; nun er­schi­en ein zwei­tes Glied, das sich sei­nen Weg über die her­ab­ge­stürz­ten Bal­ken hin tas­te­te. Ich starr­te wie ver­stei­nert hin. Da sah ich durch eine Art Glas­p­lat­te am Ende der Ma­schi­ne das Ge­sicht, wenn ich so sa­gen darf, und die großen dunklen Au­gen ei­nes Mars­man­nes her­ein­spä­hen, und dann rin­gel­te sich die lan­ge, me­tal­le­ne Schlan­ge ei­nes Füh­lers wie prü­fend durch das Loch her­ein.

Im Bann die­ses An­blicks wand­te ich mich mit ei­ni­ger Über­win­dung los, stol­per­te über den Ku­ra­ten und blieb an der Tür der Wasch­kam­mer ste­hen. Der Füh­ler war jetzt schon etwa zwei oder mehr Yard im Zim­mer und fuhr zün­gelnd und schlän­gelnd in blitz­schnel­len Be­we­gun­gen hier­hin und dort­hin. Eine Zeit lang be­ob­ach­te­te ich, selt­sam un­ge­zo­gen, sein all­mäh­li­ches, ei­gen­ar­ti­ges Nä­her­kom­men. End­lich zwang ich mich mit ei­nem lei­sen, hei­se­ren Schrei, in die Wasch­kam­mer zu lau­fen. Ich zit­ter­te hef­tig; ich konn­te mich kaum auf­recht hal­ten. Ich schloss die Tür des Koh­len­kel­lers auf und stand da in der Fins­ter­nis, starr­te nach der schwach be­leuch­te­ten Tür, die in die Kü­che führ­te und lausch­te. Hat­te der Mars­mann mich ge­se­hen? Und was wür­de er jetzt tun?

 

Et­was be­weg­te sich dort sehr lei­se hin und her; je­den Au­gen­blick tapp­te es ge­gen die Mau­er, oder setz­te sei­ne Be­we­gun­gen mit ei­nem schwa­chen, me­tal­li­schen Klir­ren, ähn­lich dem Geräusch ei­nes Schlüs­sel­bun­des, fort. Dann wur­de ein schwe­rer Kör­per — nur zu gut wuss­te ich, was für ei­ner — über den Fuß­bo­den ge­schleift und zur Öff­nung hin­aus­ge­ho­ben. Un­wi­der­steh­lich an­ge­zo­gen, kroch ich zur Tür und späh­te in die Kü­che. In dem von der Son­ne hell be­schie­nen Drei­eck sah ich den Mars­mann, wie er in der He­be­ma­schi­ne, ei­nem wahr­haf­ten Bria­reus1 saß und den Kopf des Ku­ra­ten un­ter­such­te. Ich zwei­fel­te kei­nen Au­gen­blick, dass er aus der Wun­de, die mein Schlag je­nem bei­ge­bracht hat­te, auf mei­ne An­we­sen­heit schlie­ßen wür­de.

Ich kroch zum Koh­len­kel­ler zu­rück, schloss die Tür und be­gann, so gut ich konn­te, und so lei­se, wie es mir bei der Dun­kel­heit mög­lich war, mich un­ter das Brenn­holz und die Koh­len zu ver­ste­cken. Je­den Au­gen­blick hielt ich, starr vor Angst, ein, um zu hor­chen, ob der Mars­mann sei­nen Füh­ler wie­der durch die Öff­nung ge­steckt hät­te.

Und das lei­se me­tal­li­sche Klir­ren er­tön­te von Neu­em. Ich konn­te es all­mäh­lich ver­fol­gen, wie es sich durch die Kü­che durch­tas­te­te. Bald hör­te ich es nä­her — in der Wasch­kam­mer, wie ich ver­mu­te­te. Ich hoff­te, dass sei­ne Län­ge nicht aus­rei­chend sei, bis zu mir zu drin­gen. Ich sprach ein Stoß­ge­bet nach dem an­de­ren. Da tas­te­te das Ding un­ter lei­sem Krat­zen über die Kel­ler­tür; und nun kam eine Ewig­keit von un­er­träg­li­cher, ban­ger Er­war­tung. Dann hör­te ich es am Schloss her­um­füh­len. Es hat­te die Tür ge­fun­den! Der Mars­mann ver­stand sich auf Tü­ren!

Eine Mi­nu­te viel­leicht han­tier­te es am Ver­schluss, und dann ging die Tür auf.

In der Dun­kel­heit konn­te ich das Ding ge­ra­de noch se­hen — mehr als al­lem an­de­ren glich es ei­nem Ele­fan­ten­rüs­sel — es zün­gel­te nach mir und tas­te­te prü­fend an der Mau­er, an den Koh­len, am Holz und an der De­cke um­her. Es sah aus wie ein schwar­zer Wurm, der sei­nen blin­den Kopf hin- und her­be­wegt.

Und ein­mal be­rühr­te es die Fer­se mei­nes Stie­fels. Ich war nahe dar­an zu schrei­en; ich biss mir in die Hand. Eine Zeit lang blieb es ru­hig. Ich hät­te glau­ben kön­nen, dass es sich schon ent­fernt habe. Plötz­lich aber, mit ei­nem un­ver­mu­te­ten Vor­stoß, griff es nach et­was — ich dach­te zu­erst nach mir! — und schi­en wie­der aus dem Kel­ler hin­aus­zu­ge­hen. Eine Mi­nu­te lang war ich mei­ner Sa­che nicht si­cher. Of­fen­bar hat­te es ein Stück Koh­le er­fasst, um es zu prü­fen.

Ich be­nütz­te die Ge­le­gen­heit, um mei­ne Lage ein we­nig zu ver­än­dern, denn ich hat­te Krampf in den Fü­ßen. Dann lausch­te ich wie­der und flüs­ter­te hei­ße Ge­be­te um Ret­tung. Dann hör­te ich das lang­sa­me, be­däch­ti­ge Geräusch wie­der, wie es mir im­mer nä­her kam. All­mäh­lich und lei­se kam es dicht an mich her­an und tapp­te die Mau­er und die Ein­rich­tungs­stücke ent­lang.

Wäh­rend ich noch zwei­fel­te, sprang es rasch zur Kel­ler­tür und schloss sie. Ich hör­te es, wie es in die Spei­se­kam­mer schlich. Die Zwie­back­büch­sen klirr­ten, und eine Fla­sche brach in Stücke. Dann kam ein hef­ti­ger Schlag ge­gen die Kel­ler­tür. Dann war es still — und die Stil­le wur­de mir eine nicht en­den wol­len­de Zeit höchs­ter An­span­nung.

War es fort?

End­lich war ich da­von über­zeugt.

Es kam nicht mehr in die Wasch­kam­mer; aber den gan­zen zehn­ten Tag lag ich in der sti­cki­gen Dun­kel­heit, un­ter Koh­len und Brenn­holz ver­gra­ben, und wag­te nicht ein­mal, mir einen Trunk zu ho­len, nach dem ich lechz­te. Schon war der elf­te Tag an­ge­bro­chen, als ich mich erst aus mei­nem Schlupf­win­kel her­vor­wag­te.

1 Bria­reus, der hun­dert­ar­mi­ge Ti­tan der grie­chi­schen Göt­ter­sa­ge <<<