Meteorologie

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2.1.4Schmelz- und Verdunstungsenergie

Bisher wurden alle Phasenübergänge lediglich als eine Änderung des Aggregatzustandes gesehen. Tatsächlich spielen sich dabei aber wichtige energetische Vorgänge ab, die im Folgenden besprochen werden.

Denken wir zunächst an das Schmelzen von Eis. Im Eiskristall sind die Wassermoleküle an das strenge Raster des Kristallgitters gebunden. Im Kristallgefüge sind nämlich starke Ordnungskräfte wirksam, die die Moleküle auf ihren Plätzen zu halten versuchen. In der flüssigen Phase dagegen können sie sich bekanntlich relativ zwanglos gegeneinander bewegen (vgl. S. 85).

Will man einen Eiskristall schmelzen, so muss man Energie zuführen, die diese Kräfte überwinden hilft. Man nennt sie Schmelzenergie. Sie beträgt etwa 333 J/g. Das Gleiche gilt für die Überführung von der flüssigen Phase in die Gasphase. Im Gas sind die Moleküle viel weiter auseinander als im flüssigen Zustand, und diese Entfernungsvergrößerung kostet Energie, die als Verdunstungsenergie bezeichnet wird und die sogar 2,3 kJ/g Wasser beträgt. Sie ist, wie man sieht, um ein Vielfaches größer als die Schmelzenergie.

Weder die Zufuhr der Schmelz noch der Verdunstungsenergie bewirken – darauf muss nachdrücklich hingewiesen werden – eine Erhöhung der Temperatur. Sie dienen lediglich dazu, das Kristallgitter zu sprengen bzw. die Überführung in die Gasphase zu ermöglichen.

Bei der Verdunstung bilden sich aus 1 Liter flüssigem Wasser (bei 100 °C, 1013 mbar Luftdruck) fast 1,7 m3 Wasserdampf. Dabei laufen streng genommen zwei Vorgänge gleichzeitig ab. Erstens (vgl. Seite 84): werden die Wasserstoffbrücken in den Wasserclustern zerstört. Da die Wasserstoffbrücken eine Form von (chemischer) Bindung darstellen, muss Energie aufgewendet werden, um deren Bindungskräfte zu überwinden. Man nennt sie Abtrennenergie. Sie beträgt 2,088 kJ/g Wasser (100 °C, 1013 mbar). Zweitens muss Arbeit gegen den umgebenden Luftdruck geleistet werden, was ebenfalls Energie kostet (vgl. Seite 45), die sog. Verschiebungsenergie. Sie beträgt 0,169 kJ pro g Wasser (100 °C; 1013 mbar). Zusammen bilden sie die Verdunstungsenergie von 2,257 kJ pro Gramm Wasser. Wie man sieht, wird für die Trennung der Wassermoleküle von einander rund 93 % für die Volumenvergrößerung dagegen nur etwa 3 % der Verdunstungsenergie aufgewendet.

Eine Reihe von Vorgängen aus dem täglichen Leben, z. B. das Verhalten des Wassers beim Sieden, lassen sich so bequem erklären. Stellt man einen Topf mit kaltem Wasser auf den heißen Herd, so steigt die Temperatur unter der Einwirkung der Heizenergie zunächst stetig an. Setzt aber, sobald 100 °C erreicht sind, der Phasenübergang zum gasförmigen Wasser ein, was sich äußerlich durch sprudelndes Kochen bemerkbar macht, so bleibt die Temperatur unverrückbar auf 100 °C stehen. Die nach wie vor zugeführte Heizenergie wird jetzt einzig und allein für den Phasenübergang aufgewendet.

Auch die Tatsache, dass ein Eis-Wasser-Gemisch wie z. B. im Sektkübel, so lange konstant auf 0 °C stehenbleibt, wie festes Eis vorhanden ist, erklärt sich daraus.

Nach einem fundamentalen Gesetz der Physik kann Energie weder verschwinden noch aus dem Nichts heraus entstehen. Wo bleibt dann die Verdunstungsenergie? Sie wird dazu benützt, die 77 vergrößerten Molekülabstände aufrechtzuerhalten und die Schmelzenergie verhindert, dass die Kristallisationskräfte eine erneute Eisbildung auslösen. Da sich beide Energien dem unmittelbaren Nachweis entziehen, sich also gewissermaßen verstecken, bezeichnet man sie als latente Energie.

Beim Gefrieren bzw. beim Kondensieren wird die latente Energie in Form von Wärme wieder freigesetzt. Daraus ergibt sich für die Meteorologie ein eminent wichtiges Faktum: Flüssiges Wasser, erst recht aber der Wasserdampf stellen einen gigantischen Energiespeicher dar. Mit dem von der Luft transportierten Wasserdampf werden gleichzeitig gewaltige Energiemengen mitbefördert, die bei der Kondensation in Form von Wärme wieder verfügbar werden.

In den Ozeanen der Subtropen verdunsten erhebliche Wassermengen. Der dabei entstehende Wasserdampf enthält riesige Mengen an latenter Energie, die er in die kühleren Regionen der Erde transportiert. In unseren Breiten kondensiert er zu Wolken und Regen. Dabei wird die latente Energie wieder frei und trägt so zur Erwärmung dieser Zonen bei. In Form von latenter Energie wird mehr Wärme nach Europa transportiert als vom Golfstrom. Wir haben hier einen mächtigen Energietransport vor uns, der jedoch äußerlich überhaupt nicht als solcher in Erscheinung tritt.

Dazu ein kleines Rechenbeispiel: In München fallen im Juli durchschnittlich 150 Liter Regen auf jeden m2. Dabei werden 360 MJ an Kondensationsenergie freigesetzt.

Andererseits verdunsten dort im gleichen Monat von jedem m2 rund 80 Liter Wasser, die etwa 190 MJ an Verdunstungsenergie binden. Die Kondensation liefert somit 170 MJ mehr Energie als die Verdunstung aufbraucht. Diese Energiemenge steht zur Erwärmung von Luft und Boden zur Verfügung. Die Sonnenstrahlung spendet im Juli eine Energiemenge von etwa 590 MJ. Somit beträgt der Gewinn an Kondensationsenergie fast 30 % der Sonnenenergie.

Schauen wir uns noch ein anderes Beispiel an: An einem wolkenlosen Hochsommertag erhält ein m2 Bodenoberfläche in Mitteleuropa etwa 30 MJ Strahlungsenergie. Denken wir uns am Abend eines solchen Tages ein Gewitter aufziehen, das jedem m2 5 Liter Regen bringen soll, dann lässt sich leicht berechnen, dass bei der Kondensation dieses Regenwassers etwa 40 % der tagsüber eingestrahlten Energie freigesetzt wurden. Ein etwas heftigerer Schauer mit einer Regenspende von 10 Litern auf den m2 bringt es auf 80 % und ein Unwetter mit 50 Litern pro m2 auf das 4fache der Sonnenenergie. Wirbelstürme und heftige Sommergewitter beziehen ihre Energie vollständig aus der beim Kondensieren frei werdenden latenten Energie. 78

Im Garten- und Weinbau ist die Frostschutzberegnung als probates Mittel zur Bekämpfung der gefährlichen Spätfröste verbreitet. Die Methode besteht darin, dass die zu schützenden Pflanzen in kurzen, regelmäßigen Abständen mit Wasser besprüht werden, das auf der Pflanzenoberfläche bei 0 °C gefriert. Die dabei frei werdende Gefrierenergie wird dazu benützt, die nächtlichen Wärmeverluste zu ersetzen. Richtig angewendet, kann man mit der Frostschutzberegnung Fröste bis unter –6 °C erfolgreich bekämpfen.

Auch im Alltagsleben gibt es Vorgänge, bei denen latente Energie in Wärme umgewandelt wird, z. B. beim Aufschäumen von Milch für einen Cappuccino. Dazu wird der heiße Wasserdampf in die kalte Milch geblasen. Dort kondensiert er und überträgt dabei die frei werdende latente Energie in Form von Wärme auf die Milch.

Sowohl die Schmelzenergie als auch die Verdunstungsenergie müssen aus irgendeiner Quelle entnommen werden. In der Meteorologie ist das der Wärmevorrat der umgebenden Luft, des Bodens, der Gewässer, Pflanzen oder der auf der Erdoberfläche befindlichen Objekte und die Strahlung (s. auch Seite 97). Und weil eine Energieabgabe mit einer Temperaturabnahme verbunden ist, beobachtet man besonders bei Verdunstungsvorgängen oft eine spürbare Kühlwirkung.

Mit Fleischbrühe kann man sich leicht Zunge und Gaumen verbrennen. Der Grund dafür ist, dass die obenauf schwimmende Fettschicht die Verdunstung der Brühe verhindert. Wenn aber keine Verdunstung stattfindet, muss auch keine Verdunstungswärme aufgewendet werden, die die Brühe kühlen würde (vgl. Seite 97).

Man kann diesen Effekt „am eigenen Leibe“ verspüren, wenn man nach dem Baden im Freien aus dem Wasser steigt und das auf der Haut noch vorhandene Wasser verdunstet. Die damit verbundene Abkühlung kann sogar zum Frösteln führen. Vielfach werden Verdunstungsvorgänge bewusst zur Kühlung verwendet. So bewahrt man in südlichen Ländern den Wein gerne in porösen Tonkrügen auf, durch deren Wände ständig Flüssigkeit nach außen diffundieren und dort verdunsten kann. Die dafür notwendige Verdunstungsenergie wird dem Wein entzogen, wodurch er kühl gehalten wird.

Auch wenn die Feuerwehr einen Brand mit Wasser bekämpft, wird durch Entzug von Verdunstungsenergie der Brandherd unter die Entzündungstemperatur abgekühlt.

Tierische wie pflanzliche Lebewesen versuchen durch Verdunstungsvorgänge ihre Körpertemperaturen zu regulieren. Viele Tiere und die Menschen sondern dazu Schweiß ab, der an der Körperoberfläche verdunstet. Pflanzen transpirieren sowohl an der Cutikula (Deckhaut) als auch besonders an bestimmten Gewebeschichten (Schwammparenchym), von wo aus der Wasserdampf durch Stomata (Atemöffnungen) ins Freie gelangen kann. Durch Öffnen oder Schließen der Stomata kann die Pflanze die Verdunstungskühlung innerhalb weiter Grenzen regulieren.

Die Kühlung durch Verdunstung führt noch zu einer weiteren wichtigen Konsequenz. Feuchte Oberflächen kühlen sich stärker ab als trockene. Während so in einer kalten Nacht die Temperatur einer trockenen Pflanze vielleicht gerade noch über dem Gefrierpunkt bleibt, kann sich eine tau- oder regennasse schon unter das Frostniveau abkühlen. Der häufig benützte Begriff Verdunstungskälte lässt sich aus den aufgeführten Beispielen leicht als entzogene Verdunstungsenergie interpretieren. 79

In diesem Zusammenhang soll noch kurz auf die sogenannte Feuchttemperatur hingewiesen werden. Man versteht darunter die tiefste Temperatur, die sich durch Verdunstung (Verdunstungskühlung) erreichen lässt. Voraussetzung dafür, dass sich an einer nassen Oberfläche die Feuchttemperatur einstellt, ist, dass die für die Verdunstung aufzuwendende Energie ausschließlich der vorbei streichenden Luft entnommen wird. D. h., weder die Strahlung noch Wärme aus dem Innern des nassen Gegenstandes noch irgendwelche künstlichen Heizungen dürfen sich an der Energielieferung beteiligen. Darüber hinaus muss die Luft eine Strömungsgeschwindigkeit von mindestens etwa 7 km/h bzw. 2 m/s haben. Die Feuchttemperatur ist umso tiefer, je trockener die vorbei streichende Luft ist. Die Begründung dafür ist im Abschnitt Verdunstung (s. Seite 94) zu finden. Die Feuchttemperatur ist nicht ganz leicht zu berechnen (vgl. Seite 82). Beispiele für ausgewählte Situationen enthält die Tabelle auf Seite 83.

 

Die Feuchttemperatur spielt in der Messtechnik eine wichtige Rolle. Sie wird uns deshalb im Kapitel 8 (s. Seite 391) noch einmal begegnen.

Schließlich sei noch eine Größe erwähnt, die in verschiedenen Bereichen der Meteorologie verwendet wird, die sogenannte Äquivalenttemperatur. Man versteht darunter die Temperatur, die ein Luftpaket annehmen würde, wenn der gesamte darin enthaltenen Wasserdampf zur Kondensation gebracht und die dabei frei werdende Energie zu Erwärmung des Luftpaketes aufgewendet werden würde. Die Äquivalenttemperatur drückt also sozusagen den gesamten Energiegehalt der Luft in Form einer äquivalenten Temperatur aus. Sie lässt sich aus dem Dampfdruck nach Gl. (12) auf Seite 82 berechnen. Der von der Kondensationsenergie herrührende Temperaturanstieg wird als Äquvivalentzuschlag bezeichnet.

Die Äquivalenttemperatur wird primär bei theoretischen Betrachtungen benutzt.

Früher wurde sie auch als Schwülekriterium verwendet. Unser Schwüleempfinden hängt mit dem Wasserdampfgehalt der Luft zusammen. Wie auf Seite 95 noch gezeigt werden wird, hängt die Verdunstung einer feuchten Oberfläche unter anderem von der Luftfeuchtigkeit ab. Trockene Luft fördert, feuchte Luft drosselt die Verdunstung. Somit wird die Kühlung die unser Körper an heißen Tagen durch Verdunstung von Schweiß erfährt, von der Luftfeuchtigkeit beeinflusst (vgl. Seite 366). Da die Äquivalenttemperatur die Luftfeuchte in eine „äquvalente“ Temperatur umrechnet, lässt sie sich als einfaches Schwülekriterium benutzen. Bei Werten über etwa 50 °C setzt Schwülebelastung ein.

Heute hat man sehr viel bessere Kriterien für das thermische Wohlbefinden, z.B. das „Klima-Michel-Verfahren“. (Jendritzky et al; 1990).

2.1.5Rechenformeln und Vergleich der Relativen Feuchte mit anderen Feuchtemaßen

Sättigungsdampfdruck E

Für den Sättigungsdampfdruck gelten je nach Temperatur und Aggregatszustand unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten (vgl. Seite 71):

Für Wasser im Temperaturbereich von 0 °C bis 100 °C gilt:



Für unterkühltes Wasser im Temperaturbereich von 0 °C bis –50 °C gilt:



Für Eis im Temperaturbereich von 0 °C bis –50 °C gilt: 80



Dabei ergibt sich der Dampfdruck E in mbar, wenn man die Temperatur ϑ in °C einsetzt.

Absolute Feuchte a



Dabei ist der Dampfdruck e in mbar, die Temperatur ϑ in °C einzusetzen. a ergibt sich dann in g/m3.

Bei Temperaturen von 0 °C bis 30 °C reicht meist die folgende Faustformel aus:



bei Temperaturen < 0 °C bis –30 °C gilt analog:



Für den Sättigungswert der Absoluten Feuchte gilt die folgende, häufig ausreichende Faustformel:

„Im Temperaturbereich von 5 °C bis 30 °C ist der Zahlenwert der Sättigungsfeuchte in g/m3 gleich dem Zahlenwert der Temperatur in °C“. Beispiel: Bei einer Temperatur von 10 °C beträgt die Sättigungsfeuchte 10 g/m3.

Spezifische Feuchte s



Dabei ergibt sich s in g/kg; Dampfdruck e und Luftdruck p müssen in gleichen Einheiten eingesetzt werden (vgl. Seite 408).

Da der Dampfdruck gegenüber dem Luftdruck sehr klein ist (e << p), ist die folgende Gleichung fast immer ausreichend:



Bezüglich der Einheiten gilt das oben Gesagte.

Für den Sättigungswert der Spezifischen Feuchte gilt die folgende, häufig ausreichende Faustformel:

„Im Temperaturbereich von 5 °C bis 30 °C ist der Zahlenwert der Sättigungsfeuchte in g/kg gleich dem Zahlenwert der 81 Temperatur in °C minus 10 %.“ Beispiel: Bei einer Temperatur von 30 °C beträgt die Sättigungsfeuchte 27 g/kg.

Mischungsverhältnis m

Bezüglich der Einheiten gilt auch hier das oben Gesagte.



Da der Dampfdruck gegenüber dem Luftdruck sehr klein ist (e << p), gilt näherungsweise:



Taupunkt τ



Die Gleichung liefert den Taupunkt in °C; LN ( e ) steht für den natürlichen Logarithmus des Dampfdruckes e (mbar).

Äquivalenttemperatur Ä



Dabei ist die Temperatur ϑ in °C, der Dampfdruck e in mbar einzusetzen. Ä ergibt sich dann ebenfalls in °C.

Feuchttemperatur ϑt

Die Formel für die Feuchttemperatur ist eine sogenannte transzendente Gleichung, die nicht analytisch gelöst werden kann. Zu ihrer Berechnung müssen daher Näherungsverfahren angewendet werden (vgl. Randspaltenbemerkung). Die hier vorgestellte Approximation stammt von R. Stull (2011) und lautet:



Dabei steht ATAN für den Arcus Tangens und RF für relative Feuchte; siehe auch www.metformel.de/Psychro.php

Ist feuchte Luft schwerer als trockene oder umgekehrt?

Sie ist leichter, denn der Wasserdampf hat eine geringere Dichte als die meisten anderen Atmosphärengase.

Unter bestimmten Bedingungen findet man für Wasserdampffreie Luft einen Dichte-Wert von 0,93 kg/m3, der von Wasserdampf kommt dagegen bei ansonsten gleichen Bedingungen nur auf 0,59 kg/m3.

Zu erklären ist die verhältnismäßig geringe Dichte des Wasserdampfes aus den Molekulargewichten der Atmosphärengase:


Kohlendioxid (CO2):44
Sauerstoff (O2):32
Stickstoff (N2):28
trockene Luft:29
Wasserdampf:18

2.1.6Molekularphysikalische Deutung ungewöhnlicher Eigenschaften des Wassers

Vergleicht man physikalische Eigenschaften verwandter chemischer Verbindungen, so stellt man fest, dass die Unterschiede meist auffällig gering sind. 82


Tab. 4Vergleich der Relativen Feuchte mit anderen Feuchtemaßen
Temperatur:–100102030°CBerech­nung nach:
2,96,112,323,442,5Sättigungsdampfdruck (mbar)Gl. 1; Gl. 2
RelativeFeuchte: 30%0,91,83,77,012,7Dampfdruck (mbar)s. Seite 73
–24,1–15,4–6,71,910,5Taupunkt ( °C)Gl. 11
0,531,132,274,337,88Spezifische Feuchte (g/kg)Gl. 7
0,711,452,825,199,11Absolute Feuchte (g/m3)Gl. 4
–11,9–4,33,310,818,4Feuchttemperatur ( °C)Gl. 12a
–8,72,815,630,749,5Äquivalenttemperatur ( °C)Gl. 12
2,04,38,616,429,7Sättigungsdefizit (mbar)s. Seite 73
RelativeFeuchte: 60%1,73,77,414,125,5Dampfdruck (mbar)s. Seite 73
–16,2–6,82,612,021,4Taupunkt ( °C)Gl. 11
1,062,264,558,6915,83Spezifische Feuchte (g/kg)Gl. 7
1,412,915,6410,3818,21Absolute Feuchte (g/m3)Gl. 4
–11,9–2,96,015,024,0Feuchttemperatur ( °C)Gl. 12a
–7,45,621,341,569,0Äquivalenttemperatur ( °C)Gl. 12
1,12,44,99,417,0Sättigungsdefizit (mbar)s. Seite 73
RelativeFeuchte: 90%2,65,511,121,138,2Dampfdruck (mbar)s. Seite 73
–11,3–1,48,418,328,2Taupunkt ( °C)Gl. 11
1,593,396,8313,0723,86Spezifische Feuchte (g/kg)Gl. 7
2,124,368,4615,5727,32Absolute Feuchte (g/m3)Gl. 4
–10,7–0,98,918,828,6Feuchttemperatur ( °C)Gl. 12a
–6,18,426,952,288,5Äquivalenttemperatur ( °C)Gl. 12
0,30,61,22,34,2Sättigungsdefizit (mbar)s. Seite 73
Bitte beachten: Negative Feuchttemperaturen gelten für Eis (nicht für unterkühltes Wasser)!

„Verwandte“ des Wassers – im chemischen Sinn – sind die Wasserstoffverbindungen derjenigen Elemente, die im Periodensystem unter dem Sauerstoff stehen, also Schwefel, Selen oder Tellur. 83

Vergleichen wir einmal ihre Siedepunkte miteinander:

Schwefelwasserstoff

(H2S; Molekulargewicht 34): –61 °C = 212 K

Selenwasserstoff

(H2Se; Molekulargewicht 82): –41 °C = 232 K

Tellurwasserstoff

(H2Te; Molekulargewicht 130): –2 °C = 271 K

Wie man sieht, sind sie recht ähnlich. Die parallel zum Molekulargewicht leicht steigende Tendenz ist einleuchtend, denn je schwerer die Moleküle sind, desto mehr Energie benötigt man, um sie in den Dampfzustand überzuführen.

 

Das Wasser fällt jedoch bei diesem Vergleich völlig aus dem Rahmen. Für ein so leichtes Molekül (Molekulargewicht 18) sollte man einen Siedepunkt um –80 °C = 193 K erwarten. Tatsächlich liegt er aber bei +100 °C = 373 K und damit erstaunliche 180 K „zu hoch“.

Ganz Ähnliches gilt für den Schmelzpunkt:


H2S:–86 °C = 187 K;
H2Se:–66 °C = 207 K;
H2Te:–49 °C = 224 K.

Beim Wasser müsste er um etwa –100 °C = 173 K liegen. Bekanntlich beträgt er aber 0 °C und übersteigt den erwarteten Wert damit um rund 100 K.

Auch der Temperaturbereich, in dem das Wasser flüssig ist, erstreckt sich mit 100 K über eine große Spanne. Vergleicht man mit den Verhältnissen bei seinen „Verwandten“, so würde man an nur etwa 20 K denken.


Abb. 19 Aufbau eines Wassermoleküls.

Wie sind diese erstaunlichen Unterschiede zu erklären? Sie ergeben sich aus der Struktur des Wassermoleküls (s. Abb. 19): Die beiden Wasserstoff-Atome bilden zusammen mit dem Sauerstoff-Atom einen Winkel von etwa 105°. Am Scheitelpunkt sitzt das Sauerstoff-, an den Enden der Schenkel je ein Wasserstoffatom. Dieses Gebilde ist von einer Elektronenwolke umhüllt. Da der Atomkern des Sauerstoffs eine viel stärkere positive Ladung besitzt als die Wasserstoffkerne, zieht er die Wolke überwiegend auf seine Seite. So bildet sich im Scheitelbereich des Molekülwinkels ein negativer Ladungsüberschuss (e) aus. Diese Ladungsverschiebung hat zur Folge, dass die positive Kernladung der beiden Wasserstoffatome nicht mehr restlos kompensiert wird und sich deshalb in ihrem Bereich eine positive Überschussladung einstellt. Insgesamt bildet sich eine Tetraeder-förmige Ladungsverteilung mit 2 positiv und 2 negativ geladenen Spitzen aus. Wassermoleküle haben also eine positiv und eine negativ geladene Seite. Solche Gebilde nennt man Dipole. 84

Aufgrund dieser Eigenschaft ziehen die positiv geladenen Seiten von Wassermolekülen die negativ geladenen Seiten benachbarter Wassermoleküle elektrisch an. Dadurch können sie lockere, zwar leicht zu zertrennende, aber immer wieder neu entstehende Molekülnetze knüpfen, die als Cluster bezeichnet werden und die nach außen hin den Aggregatzustand „flüssig“ bewirken. In Clustern sind zwei benachbarte Sauerstoffatome über ein Wasserstoffatom miteinander verknüpft. In der physikalischen Chemie bezeichnet man solche Verknüpfungen als Wasserstoffbrücken (Abb. 20).


Abb. 20 Schematisierte Beispiele für Wassercluster: (a) aus 3, (b) aus 7 Molekülen aufgebaut. Die schwarzen Linien symbolisieren die Wasserstoffbrücken. Cluster bestehen aus 2 bis 500 Molekülen. Je höher die Temperatur, desto kleiner die Cluster, weil sie von der heftiger werdenden Molekularbewegung zunehmend zerrissen werden. Dennoch hat man Cluster auch im Wasserdampf (vgl. Seite 62) nachgewiesen. Erst ab etwa 1000 °C können die Wassermoleküle als Einzelindividuen existieren. Cluster haben nur eine extrem kurze Lebenszeit:1 bis 20 Picosekunden (= 10-12 s). Deshalb konnte noch kein individuelles Cluster isoliert werden.

Die gegenseitige elektrische Anziehung erklärt die oben aufgeführten ungewöhnlichen Eigenschaften des Wassers ganz zwanglos. Beginnen wir mit dem Siedepunkt: Die Wasserstoffbrücken widersetzen sich in erheblichem Maße dem Bestreben der Wassermoleküle, sich voneinander zu trennen und damit in den gasförmigen Zustand überzugehen. Erst bei der hohen Temperatur von 100 °C wird die Molekularbewegung so heftig, dass es den einzelnen Molekülen (vgl. Abb. 20) gelingt, sich voneinander loszureißen. Analoges gilt beim Schmelzen und erklärt so die hohe Schmelztemperatur. Die Tatsache, dass das Wasser innerhalb einer Temperaturspanne von 100 K flüssig bleibt, folgt ebenfalls aus der elektrischen Anziehung zwischen den Wasserdipolen.

Vom vorigen Abschnitt her wissen wir, dass das Wasser eine außerordentlich hohe spezifische Wärme besitzt, was wichtige meteorologisch-klimatologische Konsequenzen hat. Auch sie geht auf die Neigung zur Brückenbildung zurück. Führt man flüssigem Wasser Wärme zu, so wird ein nicht unerheblicher Teil davon zum Sprengen von Wasserstoffbrücken verbraucht. Da dieser Vorgang sehr energieaufwendig ist, bleibt für die Temperaturerhöhung nur noch ein bescheidener Rest übrig. Die Folge ist, dass sich das Wasser weniger erwärmt als Substanzen ohne Dipoleigenschaften. Dafür macht sich die mit steigender Temperatur abnehmende Zahl von Wasserstoffbrücken aber durch eine abnehmende Viskosität des Wassers bemerkbar: Bei 0 °C ist Wasser fast 7-mal so zäh wie bei 100 °C.

Besonders auffällig macht sich die Dipolwirkung unter den Molekülen an der Oberfläche von Wassertropfen bemerkbar. Sie lässt eine Art elastischer Haut entstehen, die stets bestrebt ist, sich zusammenzuziehen und sich damit möglichst eng um das Wasservolumen herumlegen. D. h., es entsteht eine erhebliche Oberflächenspannung. Sie hat zur Folge, dass auch noch relativ große, frei fallende Wassertropfen ihre Kugelgestalt beibehalten. Erst bei Tropfendurchmessern über 2 bis 3 mm kommt es, wie wir noch sehen werden (s. Seite 127) zu Deformationen.

Die große Oberflächenspannung bewirkt darüber hinaus, dass Wassertröpfchen, die sich zufällig berühren, spontan zu einem einzigen größeren Tröpfchen zusammenfließen. Auf diese Weise können Niesel- oder sogar Regentropfen entstehen (s. Seite 125): Die Oberflächen 85 zweier kleiner Tröpfchen sind nämlich zusammen deutlich größer als die Oberfläche des Tröpfchens, das beim Zusammenfließen entsteht.


Abb. 20 a Schematisierte räumliche Darstellung des Kristallgitters in einem Eiskristall. Die schwarzen Linien stellen Wasserstoffbrücken das (nach einer Vorlage bei Vogel, 1997).

Gehen Sie bitte zum Betrachten wie folgt vor: Halten Sie das Buch etwa 15 cm vor die Nasenspitze. Schielen Sie mit dem rechten Auge über die Nasenspitze hinweg nach links und mit dem linken nach rechts. Sie können dann drei Bilder nebeneinander erkennen. Das mittlere ist das dreidimensionale. Jetzt entfernen Sie das Buch ganz langsam nach vorne, bis der Druck scharf erscheint. Sollte sich der Stereoeffekt nicht gleich einstellen, dann drehen Sie das Buch leicht im oder gegen den Uhrzeigersinn, bis die drei Bilder exakt in einer Linie erscheinen, dann wird sich auch schnell der Stereo-Effekt zeigen.

Ein kleines Rechenbeispiel soll zeigen, dass die Oberflächen zweier Tropfen zusammen größer sind als die Oberfläche des Tropfens, der beim ihrem Zusammenfließen entsteht. Denken wir uns zwei gleich große Tropfen mit einem Radius r = 1 mm.

Ihre Oberfläche O berechnet sich dann nach der Formel

O = 4 * π * r2 zu

O = 12,6 mm2;

beide zusammen haben also eine Oberfläche von 25,2 mm2.

Aus der Formel

V = 4/3 * π * r3

für das Kugelvolumen lässt sich berechnen, dass beim Zusammenfließen der beiden ein Tropfen mit einem Radius von 1,26 mm2 entsteht, der eine Oberfläche von 19,9 mm2 besitzt. Das sind aber nicht einmal 80 % der Summe der beiden ursprünglichen Tropfenoberflächen.

Schließlich erklärt die Dipoleigenschaft die ökologisch wie klimatologisch bedeutsame Tatsache, dass Wasser seine größte Dichte bei 4 °C hat, dass also Eis auf flüssigem Wasser schwimmt.

Stellen wir uns dazu einen –20 °C kalten Eisbrocken vor. Er soll erwärmt, geschmolzen und als flüssiges Wasser weiter erwärmt werden. Dabei verfolgen wir den Dichteverlauf. Bei –20 °C beträgt sie 0,920 g/cm2. Beim Erwärmen wird die Molekularbewegung heftiger: ihre Abstände wachsen und damit verringert sich die Dichte: bis –10 °C auf 0,919 und bis 0 °C auf 0,918 g/cm2.

Beim Schmelzen brechen viele Wasserstoffbrücken auseinander, und es bildet sich ein fluktuierendes Netzwerk aus Wasserclustern (s. Seite 85). Gleichzeitig springt die Dichte auf 0,999 g/cm2, weil in den Clustern die Wassermoleküle aus physikalischen Gründen dichter gepackt sind als in den Kristallen! Beim Erwärmen des flüssigen Wassers laufen zwei Prozesse ab: Erstens eine stetige Verkleinerung der Cluster: Bei Temperaturen um 0 °C sind die Cluster relativ groß; sie enthalten 10 bis mehrere hundert Moleküle. Solche Cluster sind sperrig; zwischen ihnen gibt es viele „Hohlräume“. Mit steigender Temperatur wird die Molekularbewegung heftiger, dabei werden immer mehr Wasserstoffbrücken zerstört und die Cluster zerbrechen. Bei 100 °C bestehen sie meist nur noch aus 2 Molekülen. Dafür sind sie aber „dichter gepackt“ als die kälteren. Das bedeutet: Die Dichte des Wassers müsste beim Erwärmen stetig steigen, wenn nicht noch ein zweiter Vorgang ablaufen würde, nämlich die Wärmeausdehnung des Wassers infolge der heftiger werdenden Molekularbewegung. Sie verursacht einen stetigen Rückgang der Dichte. Die beiden Effekte: Zerfall der Cluster und thermische Ausdehnung wirken also gegenläufig. Bei Temperaturen unter 4 °C überwiegt der Clustereffekt (steigende Dichte), darüber die Wärmeausdehnung (fallende Dichte). Die Folge: Zwischen 0 °C und 4 °C steigt die Dichte des Wassers, darüber nimmt die ab und bei 4 °C (genauer bei 3,983 °C) liegt das bekannte Dichtemaximum. 86

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