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Soll und Haben, Bd. 1 (2)

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Nach dieser Vorstellung erklärte Herr Ehrenthal, Veitel könne gehen und solle am nächsten Morgen um sechs Uhr im Hause sein. Die Entreethüre schloß sich hinter dem Burschen, auch er stand auf der Treppe, in's Geschäft aufgenommen, ein angehender Kaufmann. Er lächelte vergnügt, als er die Treppe hinunter ging, offenbar war er mit seinem Handel zufrieden. Hatte er sich doch gemessen mit dem großen Herrn im Geschäft und hatte einen Vortheil davongetragen. Denn da er sich auf jede Bedingung auch ohne Garderobenzulage engagirt haben würde, so betrachtete er den alten Rock und Hosen zahlbar in vier Wochen mit Recht als eine angenehme Uebervortheilung seines neuen Prinzipals. Die Ueberlegung: »Es wird nur ein Sommerrock sein,« flog wie ein düsterer Schatten über seine Seele; »aber die Hose wird sein von seinem Bernhard, welcher trägt Tuchhosen auch heut am heißen Sommertage.« So trug er beruhigt sein Bündel um die Ecke zu Löbel Pinkus.

Löbel Pinkus war Hausbesitzer und hielt zu ebener Erde einen kleinen Branntweinladen, welcher zahlreiche Kunden hatte. Doch war ersichtlich, daß weder die starke, wie fettig glänzende Figur des ehrsamen Pinkus selbst, noch die dicke Halskette seiner Frau ihre solide Pracht aus dem Branntweingeschäft allein herleiteten, und die Nachbarn zerbrachen sich manchmal den Kopf darüber, wie Frau Pinkus es durchsetzen könne, immer die theuersten Gänse zu braten, ja zuweilen sogar Truthühner. Indeß da ihr Gemahl ein resoluter Charakter war, in allen seinen Reden grob und entschieden, da er Branntwein verkaufte, was immer für ein Zeichen volksthümlicher Gesinnung gelten wird, und da er außerdem Geld gegen ungewöhnliche Procente auszuleihen wußte, so war er unter den kleinen Handwerkern in der Nachbarschaft doch sehr respectirt und gefürchtet. Seine Reputation war gut. Die Straßenpolizei trank im Vorbeigehen gern in seinem Laden einen Liqueur, für den er das Geld zu nehmen stets verweigerte, er zahlte seine Abgaben pünktlich und galt für einen Freund, ja Vertrauten der executiven Macht. In Wahrheit aber war Herr Pinkus eine von den glücklichen Naturen, welche Honig aus allen Blumen zu saugen wissen, auch aus übelriechenden. Er hielt in dem ersten Stock seines Hauses eine stille Herberge für Männer mit und ohne Bart, welche einen Haß gegen Alles, was von dem Geschlecht der Schweine stammt, nicht überwinden konnten. Diese Männer von uralter Familie schätzten zuweilen ein billiges und verborgenes Nachtlager, bei welchem der Wirth keine hohen Rechnungen machte und keinen Paß abforderte; sie kamen in der Regel am späten Abend in die Herberge und schlichen am frühen Morgen wieder hinaus in die Gassen der Stadt, oder auf die Landstraße, bescheidene Trödler und Schacherer, welche ihren Gewinn nach Groschen und Pfennigen berechneten. Außer diesen Gästen erschienen zuweilen noch andere, unregelmäßig wie Kometen, von jedem Alter, Geschlecht und Glauben, sie verhandelten in größter Stille mit dem Hausherrn und konnten es nicht vertragen, wenn man bei Nacht in der Nähe ihres Gesichtes ein Schwefelholz anzündete. Alte Gastfreunde des Pinkus hatten über solche Eigenthümlichkeit allerdings ihre Ansichten, aber sie fanden es nicht gerathen, darum viele Worte zu verlieren.

In diesem Hause tappte Itzig im Finstern eine Treppe hinauf und unsaubere Wände entlang, stieß an eine schwere eichene Thür mit großem Schloß und trat, als er diese durch einen starken Druck geöffnet hatte, in einen wüsten Raum, der fast die ganze Länge des Hauses einnahm. In der Mitte stand ein alter Tisch mit einer schlechten Oellampe, einige Schemel darum; gegenüber der Thürseite war ein großer Wandverschlag mit vielen kleinen Thüren, welche zum Theil offen standen und verriethen, daß der ganze Verschlag aus schmalen, von einander getrennten Abtheilungen mit hölzernen Kleiderhaken und Fächern bestand. Vor den kleinen Fenstern, welche auf die Straße führten, waren verblichene Rouleaux heruntergelassen, auf der gegenüberliegenden Langseite fiel durch eine offene Thür das Abendlicht in das Zimmer, diese Thür führte auf eine hölzerne Galerie, welche längs der Gaststube an der Außenseite des Hauses fortlief.

Itzig warf sein Bündel in einen Wandschrank und trat auf die Galerie hinaus. Da er auch hier keinen zweiten Gast vorfand, fing er an von der Galerie die Aussicht zu bewundern mit demselben Grad von Interesse, welchen ein niederländischer Architekturmaler gehabt haben würde, nur nicht ganz in derselben Absicht. Unten am Fuß des Hauses wälzte ein Fluß sein lehmiges Wasser eilig vorwärts und bildete eine schmale Wasserstraße, welche auf beiden Seiten mit verfallenen hölzernen Häusern eingefaßt war. Fast an jedem Hause, an jedem Stockwerk waren ähnliche hölzerne Galerien herausgebaut und durch gebräunte Balken gestützt. Manchmal liefen drei, vier Galerien übereinander, dann war der Fußboden der obern das Regendach der untern. In alter Zeit hatte die achtbare Zunft der Gerber diese Straße bewohnt, damals war das Holzwerk glatt und neu gewesen, und helle Lämmer- oder Ziegenfelle hatten an den Geländern gehangen, bis sie weich und geschmeidig geworden waren, um Handschuhe für die Patrizier und Ledertaschen für ihre Frauen zu geben. Jetzt waren die Gerber nach entfernteren Stadttheilen hinabgezogen, und statt der Thierfelle hing die Wäsche armer Leute an den hölzernen Balconen, über dem zerbrochenen Schnitzwerk und den wurmstichigen Balkenköpfen. Noch stach die weiße, rothe und blaue Farbe der Wäsche im Abendlichte seltsam ab von dem schwarzen Holzwerk, und das Licht brach sich auf wunderliche Weise an den Säulen und Vorsprüngen der Galerie, an rohen Arabesken der Einfassung und an den dunkeln Pfählen, welche hier und da aus dem Wasser hervorragten. Es war ein unheimlicher Aufenthalt für jedes Geschöpf, außer für Maler, Katzen oder arme Teufel.

Junker Itzig war schon früher ein und das andere Mal in dem Hause gewesen, aber immer in größerer Gesellschaft. Heut bemerkte er, daß eine lange bedeckte Treppe vom Ende seiner Galerie bis hinunter an das Wasser führte; er sah, daß neben dieser bedeckten Treppe eine ähnliche am Nachbarhause hinablief, und schloß daraus, daß es möglich sein müsse, die eine Treppe hinunter und die andere hinauf zu steigen, ohne sich mehr als die Schuhe naß zu machen; er entdeckte ferner, daß es bei dem niedrigen Wasserstand des Sommers möglich war, längs der Häuserreihe am Wasser weit hin fortzugehen, und er überlegte, ob es Menschen geben könnte, welche bei Tag oder Nacht einen solchen Spaziergang für nützlich hielten. Nachtwächter und Polizeidiener wenigstens waren dort nicht zu befürchten. Durch diese Betrachtungen wurde seine Phantasie so aufgeregt, daß er in das Gastzimmer zurücklief, in die Wandschränke kroch, welche offen standen, und die Holzwände derselben durch Klopfen und Schütteln untersuchte. Mit Erstaunen entdeckte er, daß auch die Rückwand von Holz war und hohl klang. Da an dieser Seite die Mauer laufen mußte, welche dies Haus vom Nachbargebäude trennte, so fand er den hohlen Ton auffällig und nicht in der Ordnung und war eben im Begriff, einen verschlossenen Wandschrank anzugreifen und zu sehen, ob nicht ein Ritz in dem Holze der Rückwand weiteren Aufschluß gebe, als ein dumpfes Knurren seine Hand von der Schrankthür zurückhielt. Er sah sich um und erkannte – ohne große Beschämung – daß er nicht mehr allein war. In einer Ecke des Zimmers lag in seinen Kaftan gewickelt, das schwarze Käppchen im Haar, ein galizischer Handelsmann zusammengekauert auf dem Strohsack. Er hatte seine Sachen in dem angegriffenen Wandschrank verschlossen und hielt für nöthig, gegen die Untersuchung des Wißbegierigen zu protestiren. Itzig versuchte ein Gespräch mit dem Fremden anzuknüpfen; da dieser aber mehr Lust zum Schlafen als zur Unterhaltung zeigte, setzte sich Itzig in die gegenüberliegende Ecke auf einen andern Strohsack und saß dort mit seinem rastlosen Geiste rechnend und Geschäfte ausdenkend, wobei er zuweilen in lebhaftem Sinnen mit Händen und Beinen schlenkerte, bis die Dunkelheit der Nacht durch die Thür eindrang, und die kleine Oellampe zu knistern anfing und Miene machte auszugehen. Noch kam Pinkus der Wirth selbst herauf, ein Licht in der Hand; er untersuchte den Bestand seiner Gäste, setzte einen Krug Wasser auf den Tisch und schloß beim Herausgehen die Thür von außen ab. Im Finstern holte Itzig ein Stück trockenes Brod aus der Tasche und schlief endlich unter dem Schnarchen seines Stubengenossen ein, den Strohsack unter sich, zugedeckt mit seiner alten Jacke.

Zu derselben Stunde wickelte sich sein Reisegefährte im Patrizierhause in die gesteppte Decke seines Lagers, sah noch einmal mit müden Augen in der Stube umher und bemerkte schlaftrunken, daß die gelbe Katze auf dem Schreibtisch ihre Beinchen bewegte, sich mit der Pfote zu strählen anfing und ihm zuletzt sogar mit beiden Pfoten Kußhändchen zuwarf. Bevor er Zeit hatte, über diese ungewöhnliche Freundlichkeit des Gipses nachzudenken, war er eingeschlafen. Vor beiden Jünglingen senkte sich das Gewebe von grauem Flor herab, auf welchem die Traumgöttin ihre bunten Bilder zu zeigen pflegt. Anton sah sich selbst auf einem großen Waarenballen sitzen und durch die Luft fliegen, während eine gewisse junge Dame die Arme nach ihm ausstreckte; und Veitel Itzig entdeckte mit Behagen, daß er ein Baron geworden war, welcher von Hirsch Ehrenthal um ein Almosen angeredet wurde. Er sah, wie er dem alten Ehrenthal seine sechs Ducaten als Geschenk gab und wie dieser sich kläglich bedankte. Ueber diese Großmuth erschrak er im Traume so, daß er mit Händen und Beinen um sich schlug.

Am nächsten Morgen begann jeder der beiden Jünglinge seine Thätigkeit. Anton saß auf seinem Platze im Comtoir und copirte Briefe; und Veitel stand, nachdem er sämmtliche Stiefeln und Schuhe der Familie Ehrenthal gebürstet und die Kleidertaschen Bernhards durchsucht hatte, als Aufpasser vor dem größten Hotel der Stadt, um einen fremden Herrn vom Lande zu beobachten, welcher mit Herrn Ehrenthal unzufrieden geworden war und im Verdacht stand, sich andere Geschäftsfreunde auf sein Zimmer bestellt zu haben. Anton bekam durch das Copiren der Briefe Einsicht in Styl und Sprache seines Geschäfts, und Veitel hatte während seines Lauerns vor dem Gasthofe das Glück, die Adresse eines vorübergehenden Studenten zu erhalten, welcher es für zeitgemäß hielt, seine silberne Uhr zu verkaufen.

 

In seinen ersten Mußestunden zeichnete Anton das Schloß, die Kletterpflanzen, den Balcon und die Thürmchen aus dem Gedächtniß auf das beste Papier, das ihm die große Stadt liefern konnte. Er ließ das Bild in einen Goldrahmen fassen und hing es über seinem Sopha auf.

V

Anton hatte in den ersten Wochen Mühe, sich in der neuen Welt zurecht zu finden, in die er versetzt war. Das Gebäude, der Haushalt, das Geschäft waren so alterthümlich, solid und großartig, daß sie auch einem Weltbürger von mehr Erfahrung imponiren mußten.

Das Geschäft war ein Waarengeschäft, wie sie jetzt immer seltener werden, jetzt, wo Eisenbahnen und Telegraphen See und Inland verbinden, wo jeder Kaufmann aus den Seestädten durch seine Agenten die Waaren tief im Lande verkaufen läßt, fast bevor sie im Hafen angelangt sind, so selten, daß unsere Nachkommen diese Art des Handels kaum weniger fremdartig finden werden, als wir den Marktverkehr zu Tombuctu oder in einem Kaffernkral. Und doch hatte dies alte weit bekannte Binnengeschäft ein stolzes, ja fürstliches Ansehen und, was mehr werth ist, es war ganz gemacht, bei seinen Theilhabern feste Gesinnung und ein sicheres Selbstgefühl zu schaffen. Denn damals war die See weit entfernt, die Conjuncturen waren seltener und größer, so mußte auch der Blick des Kaufmanns weiter, seine Speculation selbstständiger sein. Die Bedeutung einer Handlung beruhte damals auf den Massen der Waaren, welche sie mit eigenem Gelde gekauft hatte und auf eigene Gefahr vorräthig hielt. Auf den Packhöfen am Flusse lag in langen Speichern ein großer Theil der fremden Waaren aufgestapelt, ein kleinerer Theil in den Kellern und Gewölben des alten Hauses selbst, viele Vorräthe in Speichern und Remisen der Nachbarschaft. Zahlreiche Kaufleute in der Provinz versorgten sich aus den Magazinen der Handlung mit Colonialwaaren und den tausend guten Erzeugnissen der Fremde, welche uns ein tägliches Bedürfniß geworden sind. Aber auch über die Grenzen des Landes hinaus, nach dem Süden und Osten, bis an die türkische Grenze, saßen die Agenten des Hauses, und dieser Theil des Geschäftes, vielleicht weniger regelmäßig und sicher, galt zur Zeit für die gewinnreichste Thätigkeit der Handlung.

So bot der Verkehr des Tages dem neuen Lehrling eine Menge der verschiedensten Eindrücke, Menschen und Verhältnisse aller Art. Außer den Agenten der Seeplätze, welche fast täglich Waarenproben brachten, und außer den Sensalen der Börse, welche die Geldgeschäfte des Hauses vermittelten, Wechsel anboten und verkauften, zog durch das vordere Comtoir vom Morgen bis zum Abend eine bunte Procession von allerlei Volk. Da kamen Materialhändler aus der Provinz, altväterische Männer mit jeder Art von Mützen und jedem Grade von Bildung und Zuverlässigkeit; sie kauften, drückten die Hände, und verlangten als specielle Freunde des Geschäftes behandelt zu werden; ferner Gutsbesitzer jedes Standes aus der Landschaft, welche die angebauten Handelsgewächse, Farbekräuter, Gewürze u. s. w. anboten; dann polnische Juden, schwarzlockige Gesellen im langen seidenen Kaftan, die zuweilen einkauften, gewöhnlich aber die Producte ihrer Länder Wolle, Hanf, Potasche, Talg verkaufen wollten. Mit ihnen war der Verkehr am wenigsten geschäftsmäßig, ihr Kommen erregte jedesmal unter den jüngern Leuten des Comtoirs stille Heiterkeit. Dazwischen kamen Bettler, Hülfesuchende aller Art, Geschäftsfreunde des Hauses, Fuhrleute, welche ihre Frachtbriefe forderten, Auflader und Hausknechte, welche Aufträge erhielten oder die Aufträge anderer Geschäfte ausrichteten. Anton fand es sehr schwer, bei diesem ewigen Thüröffnen und Durcheinandersprechen seine Gedanken zusammenzuhalten und die einfache Arbeit, welche ihm aufgetragen war, zu vollenden.

Eben war Herr Braun eingetreten, der Agent eines befreundeten Hauses in Hamburg, und hatte aus seiner Tasche eine Anzahl Kaffeproben hervorgeholt. Während diese vom Prinzipal besichtigt wurden, gesticulirte der kleine behende Agent mit seinem goldenen Stockknopf in der Nähe von Antons Augen umher und berichtete von einem Seesturme und dem Schaden, den er angerichtet haben sollte. Da knarrte die Thür, und eine ärmlich gekleidete Frau trat herein. Herr Specht erhob sich und frug: »Was wollen Sie?« Man hörte klägliche Töne, welche mit dem Gepiep eines kranken Huhns Aehnlichkeit hatten, der Kaufmann griff schnell in die Tasche und das Piepen verwandelte sich in ein behagliches Glucksen. »Haushohe Wellen,« ruft der Agent. – »Gott vergelt es tausendmal,« gluckst die Frau. – »Macht 550 Mark zehn Schilling,« sagt Herr Baumann zum Prinzipal.

Jetzt wird die Thür heftig aufgerissen, ein starker Mann, mit einem Geldsacke unterm Arm, tritt ein, er setzt den Geldsack triumphirend auf den Marmortisch und ruft mit dem Ausdruck eines Mannes, der eine gute That vollbringt: »Hier bin ich, und hier ist Geld!« Sogleich erhebt sich Herr Jordan und sagt vertraulich: »Guten Morgen, Herr Stephan, wie geht's in Wolfsburg?« – »Ein furchtbares Loch,« klagt Herr Braun. – »Wo?« frägt Fink. – »Es ist keine schlechte Stadt, aber wenig Nahrung,« sagt Herr Stephan. – »Natürlich im Rumpfe des Schiffes,« antwortet Herr Braun. – »Fünfundsiebzig Sack Cuba,« bemerkt der Prinzipal als Antwort auf die Frage eines Commis.

Während nun Herr Stephan die Neuigkeiten seiner Stadt erzählt, darunter die traurige Geschichte eines Lehrjungen, der sich mit Hülfe einer Schlüsselbüchse erschossen hat, und während Jordan diese nothwendige Einleitung zu dem bevorstehenden Einkauf geduldig durchmacht, öffnet sich wieder die Thür, ein Bedienter tritt ein und ein Jude aus Brody. Der Diener bringt dem Kaufmann die Einladung zu einem Diner, und der Jude schleicht an die Ecke, wo Fink sitzt.

»Wozu kommt Ihr wieder, Schmeie Tinkeles?« frägt Fink kalt, »ich habe Euch schon gesagt, daß wir kein Geschäft mit Euch machen wollen.«

»Kein Geschäft?« ruft der unglückliche Tinkeles krächzend in abscheulichem Deutsch, so daß Anton ihn nur mit Mühe versteht. »Solche Wolle, wie ich bringe, ist noch nicht gewesen im Lande.«

»Wie hoch der Centner?« frägt Fink schreibend, ohne den Juden anzusehen.

»Was ich doch habe gesagt,« antwortete der Jude.

»Ihr seid ein Narr,« sagt Fink, »fort mit Euch!«

»Kein Lootse kann ihm helfen,« sagt Herr Braun.

»Meine Empfehlung an Herrn Commerzienrath,« sagt der Kaufmann.

»Mit einem Schwefelhölzchen hat er den Schlüssel angezündet,« ruft Herr Stephan zum Himmel blickend.

»Wai!« schreit der Mann im Kaftan, »was ist das: Fort mit Euch? Mit Fort kann man machen keine Geschäfte.«

»Was wollt Ihr also haben für Eure Wolle?«

»412/3,« sagt Tinkeles.

»Hinaus!« bemerkt Fink.

»Sagen Sie doch nicht immer hinaus!« bittet der Jude in Verzweiflung, »sagen Sie, was wollen Sie geben?«

»Wenn Ihr so unverschämt fordert, gar nichts,« sagt Fink, eine neue Seite seines Briefes beginnend.

»Sagen Sie doch nur, was wollen Sie geben?« bittet der Jude wieder.

»Nur wenn Ihr wie ein anständiger Mann redet,« antwortet Fink, den Juden ansehend.

»Ich bin anständig,« sagt der Jude leise, »was wollen Sie geben?«

»39,« sagt Fink.

Jetzt geräth Schmeie Tinkeles außer sich, schüttelt seine schwarzen Locken und verschwört sich bei seiner Seele Seligkeit mit lautem Geschrei, er könne nicht unter 41; worauf Fink ihm bedeutet, er werde ihn von einem Hausknecht hinausführen lassen, wenn er solchen Lärm mache. Darauf geht der Jude entrüstet vor die Thüre, steckt den Kopf wieder herein und ruft: »Also was wollen Sie geben?«

»39,« sagt Fink und sieht der aufgeregten Mimik des Händlers ungefähr mit demselben Interesse zu, mit dem ein Physiker die galvanischen Zuckungen eines Frosches betrachtet. Die Zahl 39 bewirkt in der Seele des Juden eine neue Explosion, er tritt wieder vor, verschwört seine Seele in den tiefsten Abgrund der Hölle und erklärt sich selbst für das nichtswürdigste Scheusal der Welt, wenn er für weniger als 41 ablassen könne. Als er sich auf wiederholte Ermahnungen Finks, ruhig zu werden, dazu nicht entschließen kann, wird der Hausknecht gerufen. Das Erscheinen desselben wirkt so weit beruhigend, daß Herr Tinkeles erklärt, er könne allein gehen und werde allein gehen, worauf er still steht und 40½ sagt. Der Agent, der Provinziale und das Comtoir sind still und hören der Verhandlung neugierig zu, während Fink dem armen Schmeie mit einer gewissen Herzlichkeit den Vorschlag macht, er solle sich ohne Weiteres entfernen, er sei völlig Narr und mit ihm kein Geschäft zu machen. Darauf wendet sich der Jude trotzig ab und geht hinaus. Und wieder fährt Herr Braun fort: »Dieser Sturm war ein seltenes Unglück, der Kaffe muß steigen;« und Herr Stephan beweist, daß die Selbstmorde und andere Unthaten seit Erfindung der Schwefelhölzer zugenommen haben; und Fink sagt zum Prinzipal, der einen unterdeß erhaltenen Brief durchliest: »Er wird's lassen, wenn ich ihm noch einen halben Thaler zulege. Wollen Sie mit 39½ abmachen?«

»Wie viel?« fragt der Kaufmann.

»12 °Centner,« sagt Fink.

»Nehmen Sie,« sagt der Kaufmann und liest weiter.

Von Neuem wird die Thür aufgerissen, das Geschwirr geht fort, und Anton müht sich vergebens, zu verstehen, wie man die Wolle kaufen könne, nachdem der Verkäufer in so entschiedener Weise gegangen ist. Da öffnet sich, grade als wieder drei bis vier Stimmen durcheinander sprechen, ganz leise die Thür, Tinkeles schleicht auf den Zehen herein bis hinter Finks Platz und sagt, diesem die Hand auf die Schulter legend, wehmüthig und vertraulich: »Was wollen Sie noch geben?«

Fink wendet sich um und sagt ebenfalls mit vertraulichem Lächeln: »Weil Ihr es seid, Tinkeles, 391/3, aber nur unter der Bedingung, daß Ihr kein Wort weiter sprecht, sonst nehm' ich das Gebot zurück.«

»Ich spreche nichts,« antwortet der Jude, »sagen Sie 40.«

Fink macht eine Bewegung der Entrüstung und weist schweigend nach der Thür. Der Händler geht und dreht an der Thür um.

»Jetzt kommt's,« sagt Fink. Darauf kehrt der Händler zurück und spricht mit mehr Haltung: »39½, wenn Sie es dafür wollen nehmen.«

Nach einigem Zögern bemerkt Fink wie gelegentlich: »Es mag sein.« Worauf Schmeie Tinkeles ganz umgewandelt ist, sich als liebenswürdigen Freund der Handlung erweist und angelegentlich nach dem Befinden des Prinzipals erkundigt.

Und wieder knarrte nach diesem Intermezzo die Thür, neue Käufer und Verkäufer kamen, die Menschen sprachen und Federn knisterten, das Gold rollte unaufhörlich.

Auch der Haushalt, dem Anton jetzt angehörte, erschien ihm sehr fremdartig und mächtig.

Das Haus selbst war ein altes unregelmäßiges Gebäude mit Seitenflügeln, kleinen Höfen und Hinterhäusern, voll von Mauern und kleinen Treppen, von geheimnißvollen Durchgängen, wo kein Mensch welche vermuthete, von Corridoren, Nischen, tiefen Wandschränken und Glasverschlägen. Es war ein durchaus künstlicher Bau, an dem Jahrhunderte gearbeitet hatten, um ihn für späte Enkel so schwierig und unverständlich als irgend möglich zu machen. Und doch sah er im Ganzen betrachtet behaglich aus und umfaßte mit seinen Mauern eine große Welt voll Menschen und Interessen. Der ganze Raum unter dem Gebäude und unter seinen Höfen war zu Kellern gewölbt und bis an die Gewölbgurte mit Waaren gefüllt; das ganze Parterre gehörte der Handlung und enthielt außer den Comtoirzimmern fast nichts als Waarenräume. Darüber lagen im Vorderhause die Säle und Zimmer, in denen der Kaufherr selbst wohnte. Herr Schröter war nur kurze Zeit verheirathet gewesen, in einem Jahr hatte er Frau und Kind verloren, seit dem Tode seiner Eltern war eine Schwester Alles, was er von Familie besaß.

Streng hielt der Kaufmann auf den alten Brauch seiner Handlung. Alle Herren des Comtoirs, welche nicht verheirathet waren, wohnten in seinem Hause, gehörten seinem Haushalt an und aßen alle Mittage Punkt ein Uhr an dem Tische des Prinzipals. Am Morgen nach Antons Eintritt hatte Herr Schröter nur wenige Worte mit ihm gewechselt und ihn darauf Herrn Jordan und dem Provinzialgeschäft übergeben. Jetzt, einige Minuten vor der Mittagsstunde, war Anton in die Zimmer des ersten Stocks bestellt, um der Dame des Hauses vorgestellt zu werden. Erwartungsvoll stieg er die Teppichstufen der breiten Treppe hinauf, der Bediente öffnete und führte ihn durch eine Reihe von Gemächern in das Empfangzimmer. Anton sah auf seinem Wege mit Erstaunen den ruhigen und soliden Glanz der Einrichtung, die großen Wandspiegel, schwere Stoffe, Gemälde, Blumentische, zahlreiche Vasen und Fruchtschaalen von Stein und gemaltem Porcellan. Der Diener schlug eine Portiere zurück, und Anton machte auf dem glatten Parquetboden eine tiefe Verbeugung, als der Prinzipal ihn einer jungen Dame vorstellte und dazusetzte: »Meine Schwester Sabine.«

 

Fräulein Sabine zeigte über dem eleganten Sommerkleide ein feines bleiches Gesicht, von rabenschwarzem Haar eingefaßt. Sie war nicht älter als Anton, aber sie hatte die Würde und Haltung einer Hausfrau. Sie nöthigte Platz zu nehmen und frug ihn theilnehmend, wie er sich eingerichtet habe und ob er noch irgend etwas vermisse.

»Meine Schwester regiert uns Alle,« sagte der Kaufmann mit einem freundlichen Blick auf die Dame, »machen Sie hier Ihre Bekenntnisse, wenn Sie irgend einen wirthschaftlichen Wunsch haben; sie ist die gute Fee, welche den Haushalt in Ordnung hält.«

Anton sah zu der Fee auf und antwortete schüchtern: »Ich habe bis jetzt Alles weit glänzender gefunden, als ich von Hause aus gewöhnt bin.«

»Ihr Leben wird Ihnen bei alle dem mit der Zeit einförmig erscheinen,« fuhr der Kaufmann fort, »es ist eine strenge Regelmäßigkeit in unserm Hause, Sie haben viele Arbeit und wenig Zerstreuung zu erwarten; meine Zeit ist sehr in Anspruch genommen, auch nach dem Schluß des Comtoirs. Wenn Sie aber in irgend einer Angelegenheit Rath oder Hülfe wünschen, so bitte ich, sich vor Allem an mich zu wenden.«

Nach dieser kurzen Audienz erhob er sich und führte Anton nach dem Speisezimmer. Auf dem Wege setzte er ihm die Stellung eines Lehrlings im Geschäft auseinander. Anton fand seine Collegen bereits aufgestellt und in bescheidener Toilette das Mahl erwartend; Sabine trat ein und mit ihr eine ältliche Dame, eine entfernte Verwandte der Familie, welche dem Fräulein in der Wirthschaft half und sehr gutmüthig aussah. Die Herren vom Comtoir machten den Damen ihre Verbeugung und Anton erhielt seinen Platz am Ende einer langen Tafel, zwischen den jüngsten seiner Collegen. Ihm gerade gegenüber saß Sabine, neben dieser ihr Bruder, auf der andern Seite die Verwandte, neben dieser Herr von Fink und dahinter alles Uebrige genau nach Rang und Alter im Geschäft. Es war im Ganzen ein stilles Diner, welches eingenommen wurde, Antons Nachbarn sprachen nur wenig und mit gedämpfter Stimme, das Gespräch wurde fast ausschließlich von dem Prinzipal geleitet. Nur der Jokei von gestern benahm sich mit größter Unbefangenheit, erzählte kleine lächerliche Geschichten, wußte andere Leute vortrefflich in Stimme und Haltung nachzuahmen und bewies seiner Nachbarin, der gutmüthigen Tante, eine fast übertriebene Aufmerksamkeit. Kurz Anton, dessen Herz bereits voller Pietät und Ehrfurcht war, sah mit einer Art von frommem Entsetzen, daß Fink den ganzen Tisch so behandelte, als wäre die Tafel nur seinetwegen gedeckt und als hätte der Kaufherr nur deßhalb ein Geschäft, damit Fink, sein Volontair, leichtsinnige Scherze machen und alle Anwesenden dreist anreden könnte. Dabei glaubte er wahrzunehmen, daß der Kaufherr selbst den jungen Herrn mit Kälte behandelte, und ferner, daß Fink sich sehr wenig um dies zurückhaltende Wesen des Kaufherrn kümmerte. Der Diener im schwarzen Frack servirte mit größter Accuratesse, und als sich die Herren vom Geschäft mit einer Verbeugung erhoben und ihre Stühle wegrückten, nahm Anton aus dem Speisesaal die Ueberzeugung mit hinaus, daß er noch nie so vornehm und feierlich sein Mittagsbrod verzehrt habe.

»Mit Allen werde ich zurechtkommen, nur mit diesem Herrn Fink nicht,« sagte sich Anton den Tag über, »er ist zu dreist und zu stolz. Auch sitzen blieb er, als Alle von unserem Geschäft aufstanden. Er paßt nicht hieher,« entschied der neue Ankömmling mit einer Weisheit, in welcher mehr Instinct als Erfahrung war. Seit der Zeit sah Anton mit einiger Scheu auf Herrn von Fink, er mußte aber oft nach ihm hinsehen und sich viel um ihn kümmern, denn das Wesen des Gentlemans imponirte ihm doch sehr; der edel geformte Kopf, ein schmales Gesicht mit feinen Zügen, die sichere Haltung und die kurze Entschlossenheit in Bewegungen und Worten. Anton getraute sich kaum ihn anzureden, und Fink gab ihm keine Veranlassung dazu, denn er schien von der Anwesenheit des neuen Lehrlings nichts mehr zu wissen. Nur einmal, als Anton zufällig vor Fink die Treppe des Hinterhauses hinauf ging, redete ihn dieser an: »Nun Master Wohlfart, wie gefällt es Ihnen in diesem Hause?«

Anton blieb stehen und sagte, wie sich für einen guten Jungen schickt: »Ausgezeichnet! ich sehe und höre so viel Neues, daß ich noch gar nicht zu mir selbst kommen kann.«

»Sie werden das Alles gewohnt werden,« lachte Fink, »wie an einem Tage geht es das ganze Jahr ohne Veränderung fort. Am Sonntage ein Gericht mehr und ein Glas Wein vor jedem Couvert, und Sie werden gut thun, dazu Ihren Leibrock anzuziehen. Sie sind jetzt als Rad eingefügt in die Maschine, und es wird von Ihnen erwartet, daß Sie das ganze Jahr regelmäßig abschnurren.«

»Ich weiß, daß ich fleißig arbeiten muß, um das Vertrauen Herrn Schröter's zu erwerben,« antwortete der kleine Philister gereizt durch die rebellische Gesinnung des Volontairs.

»Eine tugendhafte Bemerkung,« spottete dieser; »in wenigen Wochen werden Sie sehen, mein armer Junge, welch' ein himmelweiter Unterschied ist zwischen dem Herrn des Geschäfts und den Leuten, welche seine Briefe schreiben und seine Kunden abfertigen. Kein Fürst auf Erden lebt so stolz und einfach unter seinen Vasallen, als dieser Kaffebeherrscher in seinem Reiche. Lassen Sie sich übrigens durch meine Rede nicht stören,« fügte er mit etwas mehr Gutmüthigkeit zu, »das ganze Haus wird Ihnen sagen, daß ich unzurechnungsfähig bin. Da Sie mir aber aussehen, wie ein hoffnungsvoller Comtorist, so will ich Ihnen noch einen ehrlichen Rath geben. Kaufen Sie sich einen englischen Sprachlehrer und machen Sie, daß Sie fortkommen, bevor Sie hier einrosten. Alles, was Sie hier lernen, wird Sie noch nicht zu einem tüchtigen Mann machen, wenn Sie anders das Zeug haben, überhaupt einer zu werden. Guten Abend!« Mit diesen Worten drehte Fink unserm Anton den Rücken und ließ diesen, wieder ärgerlich über den hohen Ton, den der Jokei angenommen hatte, zurück.

Wohl empfand unser Held nach einiger Zeit mitten in dem Rauschen des Geschäftslebens die ewige Gleichförmigkeit der Stunden und Tage; wohl ermüdete ihn das zuweilen, aber es machte ihn nicht unglücklich; denn durch seine Eltern war er an Ordnung und regelmäßigen Fleiß gewöhnt, und diese beiden Tugenden halfen ihm über manche langweilige Stunde hinweg.

Herr Jordan gab sich redlich Mühe, den Lehrling in die Geheimnisse der Waarenkunde einzuweihen, und die Stunde, in welcher Anton zuerst in das Magazin des Hauses trat und hundert verschiedene Stoffe und merkwürdige Bildungen persönlich mit allen Kunstausdrücken kennen lernte, wurde für seinen empfänglichen Sinn die Quelle einer eigenthümlichen Poesie, die wenigstens eben so viel werth war, als manche andere poetische Empfindung, welche auf dem märchenhaften Reiz beruht, den das Seltsame und Fremde in der Seele des Menschen hervorbringt.

Es war ein großes dämmriges Gewölbe im Parterre des Hauses, durch Fenster mit Eisenstäben nothdürftig erhellt, in welchem die Waarenproben und kleinen Vorräthe für den täglichen Verkehr lagen. Tonnen, Kisten und Ballen standen auch hier massenhaft durcheinander, und nur schmale gewundene Pfade führten dazwischen durch. Fast alle Länder der Erde, alle Racen des Menschengeschlechts hatten gearbeitet und eingesammelt, um Nützliches und Werthvolles vor den Augen unsers Helden zusammenzuthürmen. Der schwimmende Palast der ostindischen Compagnie, die fliegende amerikanische Brigg, die alterthümliche Arche der Niederländer hatten die Erde umkreist, starkrippige Wallfischfänger hatten ihre Nasen an den Eisbergen des Süd- und Nordpols gerieben, schwarze Dampfschiffe, bunte chinesische Dschonken, leichte malaische Kähne mit einem Bambus als Mast, alle hatten ihre Flügel gerührt und mit Sturm und Wellen gekämpft, um dies Gewölbe zu füllen. Diese Bastmatten hatte eine Hindufrau geflochten, jene Kiste war von einem fleißigen Chinesen mit roth und schwarzen Hieroglyphen bemalt worden, dort das Rohrgeflecht hatte ein Neger aus Congo im Dienst des virginischen Pflanzers über den Ballen geschnürt; dieser Stamm Farbeholz war an dem Sande herabgerollt, den die Wellen des mexikanischen Meerbusens angeworfen haben, jener viereckige Block von Zebra- oder Jacarandaholz hatte in dem sumpfigen Urwald Brasiliens gestanden, und Affen und bunte Papageien waren über seine Blätter gehüpft. In Säcken und Tonnen lag die grünliche Frucht des Kaffebaumes fast aus allen Theilen der Erde, in rohen Bastkörben breiteten sich die gerollten Blätter der Tabakpflanze, das bräunliche Mark der Palme und die gelblichen Krystalle aus dem süßen Rohr der Plantagen. Hundert verschiedene Pflanzen hatten ihr Holz, ihre Rinde, ihre Knospen, ihre Früchte, das Mark und den Saft ihrer Stämme an dieser Stelle vereinigt. Auch abenteuerliche Gestalten ragten wie Ungethüme aus dem Chaos hervor, dort hinter dem offenen Faß gefüllt mit oranger Masse – es ist Palmöl von der Ostküste Afrikas – ruht ein unförmiges Thier – es ist Talg aus Polen, der in die Haut einer ganzen Kuh eingelassen ist, – daneben liegen, zusammengedrückt in riesigem Ballen, gepreßt mit Stricken und eisernen Bändern, fünfhundert Stockfische, und in der Ecke gegenüber erheben sich über einem Haufen Elephantenzähne die Barden eines riesigen Wals.