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Die Ahnen

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»Hütet Euch, Frau,« mahnte der Erzbischof, »freiwillig Eure schuldlose Seele mit derselben Schuld zu beladen, welche auf jenen liegt. Denn nicht nur den irdischen Richter haben sie erbittert, auch dem Himmelsherrn haben sie geraubt, was ihm zukam, als sie eine Jungfrau entführten, die geweiht werden sollte. Darum sorgt für das Heil ihrer Seelen, indem Ihr die Jungfrau zurückgebt, sonst möchte der große Richter des Himmels sich ungnädiger erweisen als König Heinrich, und Eure Söhne für ihre Tat hinabstoßen in das Reich des üblen Drachen.«

Da rief Edith mit flammenden Augen: »Und wenn wahr wäre, was Ihr sagt, und wenn der große Himmelsgott ihnen die Wolkenhalle verschließt um so kleine Schuld, weil sie den Besitz eines geliebten Weibes begehrten und weil sie alle treu waren in der Not; meint Ihr, ehrwürdige Väter, daß die Mutter allein im Himmelssaal kauern wird, getrennt von ihren Kindern? Werden diese verworfen, so will auch ich verworfen sein; lieber will ich meinen sieben Knaben ihre Becher und Schüßlein in der finstern Hölle zureichen, als fern von meinen Kindern Euch, Ihr Heiligen, in der strahlenden Burg des Himmels.«

Der Mönch Reinhard warf sich auf die Knie, und Willigis schlug schnell das Kreuz. Er war ein alter und gestrenger Herr, der eifrig für die Kirche sorgte. Aber als Frau Edith so empört vor ihm stand, höher als sonst und einem Weibe aus der Urzeit ähnlich, da dachte er daran, daß sie von den wilden Sachsen herstammte wie er selbst auch; und obschon ihm graute, so kam ihm doch vor, als ob er wohl auch so reden könnte. Aber seiner Würde gedenkend, zog er sein Gewand zusammen und wandte sich zum Abgang. »Wer die Strafen der Menschen nicht scheut und die Strafen der Ewigkeit nicht über alles fürchtet, mit dem hat ein Priester nichts mehr zu reden.«

Edith jedoch faßte ihm das Handgelenk mit eisernem Griff. »Haltet an, ehrwürdiger Vater, Ihr selbst und wohl auch andere haben mich in meinem Glücke über Gebühr gerühmt als ein gottseliges Weib, das den Heiligen treu diene. Weshalb meint Ihr wohl, bin ich verwandelt? Den ältesten Sohn habe ich verloren, weil ich nach Eurem Rat forderte, daß er gegen seinen Wunsch der Kirche diene und diese Burg den Heiligen übergebe. Als er sich weigerte, habe ich ihm gezürnt, und mein Auge hat ihn seitdem nicht wieder gesehen. Finsteren Gedanken habe ich seine junge Seele preisgegeben, gerade als er den Rat und die Liebe der Mutter am meisten bedurft hätte. Untreu war ich als Mutter, weil ich den Heiligen zu getreu diente. Jetzt ist er, wie ich fürchte, in dieser Welt für mich verloren, und diese Burg, die der König ein Nest unholden Geflügels nennt, soll zerworfen werden durch Eisen und Feuer. Versucht das rühmliche Werk, laßt Eure Knechte kommen mit der Haue und dem Brande, stürmet die Mauern, erschlagt meine Getreuen und führt hinaus an Strick und Kette, was Ihr hier an lebenden Häuptern findet. Einen Leib werdet Ihr dennoch zurücklassen. Folgt mir, Ihr Geweihten, zu der Stelle, die auch Ihr ehren solltet, wenn Ihr Eures Amtes denkt.« Sie zog den Erzbischof aus der Halle über den Hof und öffnete die Tür der kleinen Kapelle. Es war nichts darin als ein Altar mit dem Kreuz darüber. »An dieser Stätte hat der große Verkünder Winfried einen Stein der Heiden geworfen, und sein Genosse Wigbert hat darüber den Altar geweiht. Euch, Erzbischof, und dem frommen Könige sollte dieser Ort ehrwürdig sein, und ich meine, Ihr solltet für Frevel halten, dies Mauernest zu zerreißen und den Flug der Vögel, welchen hier die Heiligen ihren Sitz geweiht haben. Was Ihr tun wollt, steht bei Euch, was ich tun will, berge ich Euch nicht. Brecht Ihr das Haus, dann wird dies die Stätte, wo ich ausharre unter berstenden Mauern und brennenden Balken. Sagt dem König, daß hier das Grab der Edith ist, und daß die Mutter der sieben Knaben keine andere Antwort für ihn hat.« Sie warf sich am Altar nieder, die Sendboten verließen schweigend den Raum.

»Wilde Worte hörten wir«, begann der Erzbischof zu Reinhard, als sie herabritten. »Doch auch der schüchterne Vogel wandelt seine Art, wenn ein Feind die Krallen nach seiner Brut ausstreckt.«

Reinhard antwortete seufzend: »In meinem Herzen fühle ich den Jammer über das Schicksal, welches diesem Geschlecht bereitet wird. Hochwürdiger Vater,« bat er, die Hände faltend, »wenn jemand den Helden Immo vom Tode zu retten vermag, so ist Eurer Weisheit diese gute Tat vorbehalten.«

Der Erzbischof schüttelte das Haupt. »Du kennst noch zu wenig den Sinn dieses Königs. Meinst du, daß Heinrich seine Reise unterbrochen und uns alle als Zeugen seines Tuns mitgeführt hätte, wenn er nicht seine eigene Macht erhöhen wollte, indem er die Häupter eines edlen Geschlechts auf den Rasen wirft. Selbst wenn er dem Schuldigen nicht feindlich denkt, ja auch, wenn er die Missetat in seinem Herzen entschuldigt, ihm ist doch willkommen, sich vor seiner Kriegsfahrt als strengen Richter zu erweisen. Denn die Trauer über des Richters Spruch fühlen nur wenige, die Kunde aber, daß er wieder einen Räuber aus der Zahl der edlen Schildträger getroffen hat, fliegt durch das ganze Land, sie schreckt die Argen und gewinnt dem König die Herzen der Friedlichen. Auch hat der König hier wenig um die Rache mächtiger Herren zu sorgen, denn einsam und ohne großen Anhang von Lehnsleuten haust das Geschlecht am Walde.«

»Dennoch vernahm ich, daß der König einst den Helden Immo wert hielt«, warf Reinhard bittend ein.

»Mir aber scheint sein Sinn gegen ihn verhärtet,« versetzte der Erzbischof, »vielleicht, weil Held Gundomar dem Jüngling feind ist, vielleicht wegen anderem. Nicht umsonst wurde König Heinrich in Klosterzucht gezogen, er hat gelernt, was dem Manne am schwersten ist, seine Gedanken zu verbergen. Dreien Königen habe ich in die Tiefe ihrer Seelen gespäht, jetzt handle ich mit dem vierten, und eifriger als die früheren dient er der Kirche durch Huldbeweis und reiche Spenden. Dennoch erkenne ich zuweilen unter dem Lammfell die Tatze eines Raubtiers, und ich merke, wenn er sich vor den Heiligen am tiefsten demütigt, denkt er am meisten an den eigenen Vorteil. Mich aber freut die kluge Art, denn auch wir sind nicht einfältig, und beide verstehen wir, wo unser Vorteil gemeinsam ist.«

Am Fuß des Berges gab der Erzbischof seinem Gefolge ein Zeichen, die Reisigen rückten im Kreis um das Geschlecht Irmfrieds, und Willigis begann zu Odo: »Steigt von den Rossen, ihr jungen Helden und gebt eure Waffen meinem Hauptmann, daß er sie euch bewahre.« Die Brüder saßen unbeweglich, sahen drohend auf den Herrn und zogen ihre Schilde am Arm herauf. »Demut rate ich euch, wenn ihr dem Leben des Bruders nützen wollt; du selbst weißt, edler Odo, daß du nicht hoch zu Roß dem Könige vor die Augen reiten darfst. Denn er fordert, daß ihr euch ihm ergebt, und barhaupt, mit den Füßen im Staube müßt ihr ihm nahen.« Die Brüder sahen einander grimmig an, und Erwin gebot leise: »Schließt euch zusammen, damit wir wenden und rückwärts durchbrechen.« Aber Ortwin mahnte: »Dann stolpern die Rosse über das Haupt unseres Bruders«, und Odo sprach: »Der Pfeil flog vom Bogen, wir ändern nicht mehr seinen Lauf, taucht zur Erde und fügt euch.« Da sprangen sie von den Rossen, hingen die Schwerter ab, lösten die Helme und schritten zu Fuß unter den Bewaffneten dem Lager zu mit gerötetem Antlitz und Tränen der Scham in den Augen. Vor dem Lager ritt Willigis noch einmal zu ihnen und riet in guter Meinung: »Leichter biegt sich im Sturm der junge Stamm als der alte, und er schnellt auch wieder in die Höhe und breitet seine Wipfel lustig in der Sonne. Denket daran, daß der König vor allem Demut fordert; vermögt ihr sie nicht in eurer Rede zu erweisen, so werdet ihr euer Heil am besten bedenken, wenn ihr schweigend kniet.«

Der König hielt auf seinem Roß mit großem Gefolge, er sah finster über die Söhne Ediths, welche schwerfällig die Knie beugten. »Trotzig finde ich die Waldleute noch in ihrer Haft. Wo habt ihr die Jungfrau? Auch erkenne ich nicht des Königs Banner auf der Burg.«

Willigis antwortete: »In der Burg gebietet die edle Edith, und sie weigerte mir die Jungfrau, welche, wie sie sagte, in Frauenzucht gehöre und nicht in ein Heerlager, da sie die Braut ihres Sohnes sei. Und weil Frau Edith aus edlem Sachsengeschlecht stammt, welches in alter Zeit mit dem Hause des Königs befreundet war, so hielt ich für recht, daß der König selbst gebiete und der Sachsenfrau seinen Willen verkünden lasse. Denn schwere Worte sprach die Mutter in ihrem Schmerz, und ich fürchte, sie begehrt sich den Tod im brennenden Hause.«

Der König zog den Mund zu einem herben Lächeln. »Ich sah Frau Edith einst, als ich ein Knabe war. Meint sie mit dem König zu streiten, weil er sie damals im Kinderspiel auf die Hände schlug? Ist sie so bereit, die Pfänder zu verlieren, welche ich von ihr in der Hand habe? Ein Ende will ich machen mit dieser Widersetzlichkeit. Führt die Räuber ab, doch so, daß sie sich nicht ihrem Bruder gesellen. Euch, hochwürdiger Vater, bitte ich, zur Stelle mit den Fürsten und Edlen, welche mir folgten, im Rat niederzusitzen über den Raub der Jungfrau, damit Ihr mir Eure Meinung erklärt, die ich gern beachte, soweit ich vermag. Denn ich selbst will richten.« Und sein Pferd wendend, rief er Gundomar zu sich. »Dies geht dich an,« sprach er gütiger, »denn ist dir das Haus des toten Irmfried auch verfeindet, so wirst du doch um deiner eigenen Ehre willen dafür sorgen, daß die Frauen nicht in ihrer Torheit das Schicksal der Männer teilen. Reite hinauf und sage ihnen mein Gebot, daß sie vor mir erscheinen.«

Gundomar vernahm die Botschaft mit umwölkter Miene. »Hartes gebietet der König,« murmelte er, »mein Fuß betrat die Mauer nicht seit den Jahren meiner Jugend.«

Aber mit blitzenden Augen rief der König: »Willst auch du mir widerstehen? In guter Meinung sprach ich zu dir. Wahrlich, es ist Zeit, eine Warnung zu geben, denn unbändig und eigenwillig gebärdet sich jeder in dieser Waldecke.«

 

Da warf Gundomar sein Roß herum, winkte mit der Hand, daß seine Ritter ihm folgten, und sprengte dem Berge zu. Weit vor den anderen fuhr er dahin, und die Hofleute sahen freudig auf den streitbaren Helden. Doch hätten sie sein Antlitz geschaut, die Angst darin hätte sie gewundert. Als er den steilen Bergweg hinaufritt, sank ihm das Haupt auf die Brust und er seufzte schwer. Vor dem Wallgraben hielt er still wie einer, der nicht ganz bei sich ist, er vergaß sein Begehr, zum Turme hinaufzurufen, und vernahm auch nicht, daß der Vogt ihn anschrie. Erst als der drohende Ruf zum zweiten Male erklang, hob er das Haupt und starrte wie ein Träumender um sich. Da rief der alte Berthorad: »Ein Antlitz sehe ich, das ich vorzeiten fröhlicher schaute. Bringst du Frieden, Herr, so harre, daß ich dich unserer Herrin verkünde.« Er eilte von der Mauer, nicht lange, und das Tor wurde geöffnet, Gundomar winkte seinem Gefolge, zurückzubleiben und ritt allein in den Hof. Auch dort zögerte er, abzusteigen und zuckte am Zügel, als ob er wieder hinauswenden wollte. Aber neben ihm erhob sich die alte Gertrud am Boden: »Graues Silber glänzt in deinem Haar, aber deine ersten Locken wuchsen, als ich dich auf dem Arme trug. Kannst du dem Weibe deine Hand reichen, das allen Söhnen Irmfrieds als Wärterin diente, so sei gesegnet.«

Gundomar schüttelte das Haupt, und Gertrud rief zornig: »Sieh dorthin, du Held, der Schlehenstrauch steht noch an der Mauer. Weiß ist die Blüte, aber schwarz die Frucht; dort trank der Boden das Blut zweier Brüder, die im Todeshaß gegeneinander schlugen. Dort binde dein Pferd an, du Feind des Geschlechtes. Sechs Söhne Irmfrieds sind deiner Rache verfallen, nur das jüngste Kind ist noch übrig; ich denke, du kommst, auch mit dem letzten den Kampf zu beginnen.«

»Schweig, Alte,« versetzte Gundomar grimmig, »führe mich zu deiner Herrin!«

Gertrud wies auf die kleine Kapelle. »Traust du dich, den Ort zu betreten, wo die Sünden vergeben werden, wirst du sie finden.«

Schwerfällig stieg der Held ab und trat in das Heiligtum. An einer Ecke des Altars saß Edith auf den Stufen, sie wies auf die andere Seite. »Dort sitze nieder, Gundomar, denn die Nähe der Heiligen tut uns beiden not, wenn wir miteinander reden.«

Gundomar warf sich auf die Stufen des Altars, und es war ein langes Schweigen im Raume. Als er sich aufrichtete, warf er scheue Blicke nach Edith und sprach abgewandt: »Eine Lüge ist es, daß die Zeit das Herz des Menschen wandelt. Die Wunde brennt heut, wo ich dich wiedersehe, wie vor fünfundzwanzig Jahren. Die Krallen des Hasses und der Eifersucht fühle ich wie damals, wo ich dich verlor; und was die Priester als schwere Sünde strafen, das hege ich unablässig in meinem Innern, den heißen Wunsch, der mich zu dir treibt.«

Edith wandte ihm ihr Antlitz zu: »Du siehst eine Mutter, die ihre Söhne großgezogen hat, und im Witwenschleier des toten Gemahls gedenkt.«

»Blicke mich nicht an mit deinen Augen, deren lichter Glanz mich einst selig machte. Nicht die Mutter erkenne ich und nicht die Witwe eines anderen, nur das Weib, das ich selbst begehrt habe.«

Edith schob ihr Gewand zusammen und wandte sich ab.

Aber Gundomar fuhr fort: »Wie im Traum habe ich dahingelebt alle diese Jahre, nur meine Sehnsucht nach der einen und mein Haß gegen einen anderen haben wahrhaft in mir gebrannt; alles übrige war mir wie ein Spiel der Gaukler. Oft habe ich gebüßt und die Geißel über meinem Rücken geschwungen, aber fruchtlos war das Fasten und vergeblich die Schläge, denn die bösen Feinde versuchten mich immer wieder. Noch hier merke ich sie«, raunte er scheu um sich blickend. »Vieles habe ich auf Erden erlebt, sündige Liebe und sündigen Haß, ich sah, wie man eine Krone gewinnt und was die Herrlichkeit der Welt wert ist. Unterdes, wenn die warme Himmelssonne mich bescheint, fühle ich den Eisfrost in meinen Gliedern, verleidet ist mir diese Erde und ich schmecke die Galle aus dem Honig. Mich jammert, daß die Menschen so begehrlich sind nach Goldschmuck und Kampfspiel und nach nichtiger Ehre. Das sage ich dir, da ich dich wiedersehe gegen deinen Willen, damit du mich nicht hassest, wenn du an mich denkst. Denn nur an deiner Meinung ist mir gelegen, um die anderen sorge ich wenig. Ich ringe und suche, was mir die Kraft gibt zu überwinden, damit mir das ewige Erbarmen nicht fehle.«

Edith wies nach dem Kreuz auf dem Altare: »Meide den König und suche dir einen anderen Herrn.«

»Ich denke daran bei Tag und Nacht«, antwortete Gundomar leise. Und sich erhebend fuhr er mit verändertem Tone fort: »Der König sandte mich. Forderst du meinen Rat, so weißt du, daß ich dir nichts berge.«

»Rate mir, so wahr du ein Sohn dieses Geschlechtes bist.«

»Dem Könige liegt am Herzen, seine Hoheit in einem Herrengericht zu erweisen. Dazu bedarf er die Geraubte und dich ladet er zur Mehrung seines Ansehens. Ich rate dir, daß du gehst. Denn der wird den Königen am meisten verhaßt, der sie hemmt, wo sie vor dem ganzen Volk ihre Würde erweisen wollen.«

Edith machte eine abweisende Bewegung und Gundomar fuhr fort: »Willst du dem König in der Burg widerstehen, so vermagst du das ganz wohl; denn ihm fehlt alles Sturmgerät, und er kann nur wenige Tage vor diesen Mauern liegen, weil die Königspflicht ihn übermächtig nach dem Süden treibt. Beim Abzug wird er dem Gerhard und den Grafen in der Ebene die Fehde gegen dich und die Deinen übergeben. Auch diesen Feinden kannst du siegreich entgegentreten. Merke, Edith, die Burg und den jüngsten Sohn vermagst du lange gegen den König zu bewahren, nicht die Häupter der Söhne, welche in seiner Gewalt sind. Denn diese wird er Rache heischend werfen. Kommst du dagegen mit der Jungfrau in sein Heerlager, so denkt er vielleicht auch an deinen Wert und an dein Herzeleid. Darum flehe ich dich an, Edith, daß du mir folgst.«

»Rate anderes, Gundomar; die Braut meines Sohnes und die Burg übergebe ich nicht.«

»Was frommt die Brautschaft, wenn der Bräutigam schwindet, und wie kannst du ihm die Burg bewahren, wenn du ihn selbst verlierst.«

Edith barg ihr Antlitz in den Händen. »Du sprichst die Wahrheit. Aber wo die Gedanken in der Seele feindlich gegeneinander ringen und der Mensch angstvoll zweifelt, was ihn retten werde, da findet er einen Trost, wenn er treulich die Pflicht tut, welche ihm aufgelegt ward. Der Herr dieser Burg und der Jungfrau hat uns geboten, beide festzuhalten; seinem Gebot folge ich, was uns allen auch darum geschehe.«

»Du verdirbst dich und andere«, rief Gundomar heftig. »Wohlan, manchen Dienst habe ich dem König geleistet und ich meine, er wird sich scheuen, mir die Ehre zu kränken. Um deinetwillen will ich wagen, was Heinrich mir nicht befahl. Ich biete dir mit der Jungfrau und dem jüngsten Sohne freies Geleit zum Gerichte des Königs, und wenn du es nach dem Gericht begehrst, wieder in die Burg zurück. Bis zu eurer Rückkehr mögen deine Dienstmannen die Burg halten, nur daß sie friedlicher Botschaft des Königs den Zutritt nicht weigern, wenn er sich Zeugen rufen will zu seinem Gericht.«

Da erhob sich Edith: »Gelobe mir, Gundomar«, und er warf sich am Altar nieder und legte die Finger auf sein Schwert.

Unterdes war der König nach dem Hofe gesprengt, in welchem er rasten wollte. Als er durch das Gedränge von Edlen und Landleuten schritt und hier und da anhielt, um einem ehrenwerten Mann Gnade zu erweisen, erkannte er Heriman, den Goldschmied, welcher sich demütig verneigte. Der König winkte ihm ein wenig zu. Und da er seltene und kostbare Waren, wie sie der Goldschmied häufig aus der Fremde brachte, gern ansah und kaufte, so befahl er seinem Kämmerer: »Frage den Heriman, ob er etwas begehrt oder etwas bringt; begehrt er, so laß du dir seinen Wunsch sagen, und bringt er, so führe ihn zu mir.« Dem Eintretenden rief er gütig entgegen: »Wie gedeihen dir deine Fahrten auf des Königs Straße?«

»Wir Thüringe danken dem König, daß er die Raublust der Schildträger gebändigt hat«, versetzte Heriman.

»Dennoch wagt sich freche Gewalttat auf die Straße, sobald der König nur den Rücken kehrt. Ich bin hier, um über einen Friedensbruch zu richten, der euch Erfurter nahe genug angeht; und ich denke eine Warnung zu geben, welche andere Missetäter abschrecken soll, damit friedliche Leute wie du zu Ehren des Königs gedeihen. Was birgst du Gutes in deinem Sack, laß sehen.«

»Nur wenig habe ich, was wert ist, von dem König betrachtet zu werden«, versetzte der Goldschmied, öffnete einen Lederbeutel und breitete seine Schätze auf den Tisch: geschliffene Edelsteine, goldene Borten und zierliche Ketten, Gewürze und Balsam aus dem Orient in seltsamen Kapseln, Schnitzwerk aus Elfenbein, Dolche und Messer mit kostbarem Griff und Scheide.

Der König betrachtete mit Kennerblick Schmuck und Steine und schob hier und da ein Stück zurück. »Was bewahrst du in dem Kästlein?«

»Es ist ein Ring,« versetzte Heriman, »mit dem Stein, den sie Saphirus nennen, er verändert die Farbe, wenn der Ringfinger einen Becher berührt oder auch einen Teller, in welchem Gift ist. Der Stein wird jetzt sehr begehrt von vornehmen Geistlichen und Laien.«

Der König warf einen gleichgültigen Blick darauf und wies an seinem Finger einen Ringstein derselben Art. »Nicht jeden Helden meines Geschlechtes hat dieser Stein vor dem Verderben bewahrt, Heriman, es ist sicherer, den eigenen Augen zu vertrauen, als der Warnung, welche aus Steinen kommt.«

»Besseres hoffe ich dem König zu bieten,« versetzte Heriman, »sobald ich von der nächsten Fahrt über den Rhein zurückkehre. Denn was hier im Lande Pilger und fremde Händler zutragen, das gelangt meist in die Hände der ungläubigen Juden, und diese legen es zuerst dem ehrwürdigen Herrn Willigis vor, weil er ihr Schutzherr ist; ich aber dem Könige.«

»Du meinst also, die Juden stören dir das Geschäft«, fragte der König, einen Edelstein gegen das Licht haltend.

»Sie haben das Geld, und wer mit kostbarer Ware handelt, vermag sie nicht zu entbehren. Auch klage ich nicht über sie, zumal Herr Willigis ihnen günstig ist, weil sie seiner Macht in der Stadt nützen.«

»Und dir gefällt die Macht des Erzbischofs in der Stadt Erfurt«, warf der König hin, in Betrachtung des Steines vertieft.

»Ein weiser Herr ist Willigis; bald werden die Mauern der Stadt zu enge sein für die Zahl der Unfreien, welche er von den Hufen des Stiftes und anderswoher unter seinem Gericht versammelt. Wir alten Burgmannen aber, die wir uns rühmen, von den Vätern her freie Leute zu sein, sehen ungern, daß der Vogt des Königs nicht mehr allein zu Gericht sitzt, denn es fehlt nicht an Schlägereien zwischen unseren Leuten und den Zugehörigen des Erzbischofs. Ich fürchte, in kurzem sind wir die Minderzahl. Doch wir wissen, es ist schwer, den Heiligen zu widerstehen.«

Der König legte den Stein weg und fragte in verändertem Ton: »Wie war‘s mit dem Raub der Grafentochter? Erzähle, was du davon weißt.«

»Die Leute des Erzbischofs haben die Nachtglocke geläutet,« entgegnete Heriman vorsichtig, »sonst würde die Stadt wenig davon wissen, zumal da niemand erstochen wurde. Selten vergeht eine Woche, wo nicht größerer Lärm in den Gassen ist. Unter den Burgmannen sind viele dem Helden Immo und seiner Sippe wohl geneigt; denn diese gelten sonst im Lande für redliche Männer, und wer ungerecht bedrückt wird, findet zuweilen bei ihnen Schutz.«

Der König sah mit großen Augen auf den Goldschmied und befahl streng: »Packe deinen Kram ein, ich will heut deine Steine nicht sehen; denn du kommst nicht um des Kaufes willen, sondern du begehrst etwas anderes von mir.«

»Als ich totwund am Idisbach lag,« antwortete Heriman, seine Steine langsam in den Sack sperrend, »da war es Held Immo, der mich aufhob, und ihm verdanke ich, daß ich heut vor den Augen des Königs stehen kann. Ich wäre niederträchtig, wenn ich nicht gut von ihm redete, da der König zuerst mich seinetwegen gefragt hat.«

Heinrich nickte: »Du hast recht, laß nur liegen.« Heriman packte aus, und der König sah wieder auf die Steine. »Also die Leute des Erzbischofs schlugen an die Glocke. Ich höre, daß einige aus der Stadt den Räubern Vorschub leisteten und sogar mit ihren Wehren die Bewaffneten des Herrn Willigis an der Verfolgung hinderten. Weißt du auch darüber etwas?«

Heriman besann sich. »Sie sagen, daß scharfer Schwertschlag getauscht wurde, und daß Held Immo nur darum ins Unglück kam, weil er einen anderen, der, wie sie sagten, ein Erfurter war, nicht unter den Schwertern der Reisigen zurücklassen wollte. Und da manche in Erfurt glauben, daß der Held wegen seiner Treue gegen ein Stadtkind verwundet und gefangen wurde, so trauern diese über sein Unglück.«

Da schob der König den Kram heftig von sich und stand auf. »Räume fort, ich will gar nichts mit dir zu tun haben.«

Heriman öffnete zum zweitenmal seinen Beutel und packte ruhig ein. »Wenn der Herr König meint, daß die Erfurter Lämmern gleich sind, welche sich scheren lassen und dann noch aus der Hand, die sie geschoren hat, das Futter nehmen, so kennt er seine treuen Bürger nicht. Bei uns lebt mehr als einer, der einen Racheschwur gegen den Grafen Gerhard getan hat, weil dieser ein raubgieriger und ungerechter Mann ist.«

 

»Jetzt verstehe ich«, versetzte der König sich setzend. »Das an dem Dolch ist ja wohl Byzantiner Arbeit, laß sehen.« Und Heriman packte wieder aus. »Wie kommt‘s, daß man den Mann nicht mit Weiden geschnürt hat, der, wie du sagst, für den Räuber Immo das Schwert zog, und dem der Räuber, wie du sagst, seine Treue erwies. Mich wundert‘s, daß einer, der des Königs Frieden so frech gebrochen hat, frei in den Gassen wandelt.«

»Die Wächter des Erzbischofs waren Stadtfremde,« entgegnete Heriman, argwöhnisch nach dem König blickend, »und die Erfurter haben vielleicht nicht sehr nach dem Einheimischen gesucht. Auch hat der Bürger eine Gewohnheit. Bevor er im Zwielicht das Schwert zieht, so streift er sein Haar, wenn er es lang trägt, über das Gesicht; vielleicht birgt er auch seine Glieder in einem wendischen Kittel.« Er trat an den Tisch, bereit die Steine wieder einzupacken.

»Laß nur liegen,« sagte der König, »ich sehe, dein Haar ist kurz genug. Sagtest du nicht, daß sich die Dienstleute des Erzbischofs zu eurem Schaden in der Stadt mehren?«

»Herr, die Stadt wird dabei groß, und wenn auch schlechtes Volk unter den Zugewanderten ist, so muß man doch zugeben, der Stiftsvogt des Mainzers hält über seine Leute strenges Gericht. Nur sorgen bei uns die Alten, welche Bescheidenheit haben, daß die Königsmacht dadurch kleiner wird, und daß sie vielleicht einmal ganz schwindet.«

»Denken viele wie du, daß sie lieber dem König dienen wollen als dem Erzbischof?«

»Das Mehrteil wird sagen, es kommt darauf an, wie der König ist und wie der Erzbischof ist. Dennoch, wenn der König eine starke Hand hat und sein Vogt billig denkt, so wird der Bürger freudiger einem Helden dienen, der ein Schwert trägt, als einem geschorenen Haupte.«

»Ihr selbst sitzt am liebsten daheim; aber ihr hört es gern, wenn der Spielmann vor euch singt, wie die Knie des Königs im Drange der Schlacht wund gerieben wurden«, sagte der König mit trübem Lächeln. »Gemächlicher ist dein Herdsitz, Heriman, als der Sitz deines Königs, welcher das ganze Jahr im Sattel reitet. Geh in Frieden mit deinen Waren, dies hier habe ich für die Königin ausgewählt, laß dir den Preis von meinem Kämmerer zahlen. Und vernimm noch eins, was ich dir in deiner Redeweise vertrauen will. Die bescheidenen Leute in Erfurt und anderswo meinen, der Mann handelt unweise, welcher mit unbedecktem Haupt auf der Straße läuft, wenn der Hagel herunterschlägt. Besser täte er, sein Antlitz zu bergen, bis das Wetter vorübergerauscht ist.«

»Das ist gute Lehre,« versetzte Heriman demütig, »zumal wenn sie ein König gibt. Aber wir im Lande haben ein Sprichwort, womit wir uns trösten: je treuer der Sinn, desto dicker der Kopf.«

Als Heriman das Gemach verlassen hatte, sprach der König zu dem eintretenden Kämmerer: »Das ist ein redlicher Thüring. Sorge, daß er sein Geld ohne Verzug erhält.«