Ein Wunder, dass der Laden noch läuft

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Zwischen Zentralverwaltungswirtschaft und Marktwirtschaft gibt es lediglich Tendenzen in die eine oder andere Richtung, nicht aber den immer wieder viel gepriesenen dritten Weg.

Das System Marktwirtschaft verlangt ordnungsliberale Strukturen, während die Zentralverwaltungswirtschaft jede demokratische Staatsform beseitigen muss, auch wenn man meint, es wäre nicht so. Sozialistische Zentralverwaltung muss demokratische Strukturen beseitigen, kapitalistische Marktwirtschaft braucht demokratische Strukturen. Marktwirtschaft ist ein Gebilde, wo man etwas Unsichtbarem Vertrauen schenkt, unsichtbaren Wirkungen. Der Mensch aber neigt dazu, nur etwas zu akzeptieren, was er sieht und er möchte technokratisch ordnen und alles genau regeln. So sucht man auch jetzt wieder den Ausweg im Konstruktivismus.

Marxismus wurde zur politischen Religion und zur Pseudowissenschaft durch „eingebaute Mechanismen“. Ich hatte bereits erwähnt, irgendwo im Manifest hat Marx auch von der Freiheit des Einzelnen gesprochen und diese zur Voraussetzung für die Freiheit aller erklärt. Behauptungen, dass es auch die im Kapitalismus von den Liberalen betonte Freiheit nicht gibt, nehmen zu. Begründungen, die Theorie und das, was wir erleben, gerade seit der Wende, stimmen nicht überein, nehmen zu. Mit der Realität hier zu argumentieren, ist fast aussichtslos. Auch eigene Erlebnisse sind nur bedingt angebracht, die „neue“ Freiheit zu erläutern. Das ist dann genau das Thema, was den Linksparteien und den jetzt grün gefärbten 68ern den Zulauf bringt. Subventionen, Protektionismus, Lobbyismus, Umverteilungen, Partikularinteressen, Beispiele, die zeigen, dass die Chance am Wettbewerb teilzunehmen, schon im Keim erstickt wurde, gab es nicht erst jetzt.

Nicht alles, was seit der Wende gelaufen ist, war oder ist schlecht. Wie oft aber wurde mit Hilfe der Politik und den institutionellen Helfern zielgerichtet Vermögen umverteilt oder Wettbewerbsverzerrung zugunsten partikularer Interessen organisiert. Das medial ausgeschlachtete Beispiel war der Kalibergbau in Thüringen. Das aber war nur die Spitze des Eisberges. Derartige Vorgänge dürften sich in unterschiedlichen Größenordnungen durch alle Ebenen gezogen haben. Die Strukturen des „politischen Gestaltens“ scheinen aber nicht rückläufig, sondern zunehmend. Wundert es, wenn Bürger sagen, wo hatte ich denn die neue Freiheit, mit dem Anteil an den nun privatisierten Produktionsmitteln selbst zu entscheiden. Ich warte heute noch auf meinen Aktienanteil am „Volksvermögen“ der DDR. Die einzig mögliche Antwort wäre zu sagen, die DDR war insolvent. Stimmt, aber wenn beim „Insolvenzverwalter Treuhand“ Filetstücke in politisch bestimmte Richtungen gelenkt wurden, dann ist das kein Wettbewerb, sondern Machtausübung. Weiter ausbauen möchte ich das hier nicht. Noch schlimmer, wenn dann die Filetstücke nur dazu dienten, unliebsame, momentan nicht gewünschte Konkurrenz zu beseitigen.

Natürlich war und ist ein Übergang von der Zentralverwaltung in die Marktwirtschaft mit enormen Herausforderungen verbunden. Man müsse nur genügend Subventionen und Fördermittel in den Osten streuen, dann macht der Markt den Rest, war insofern auch ein Irrglaube, dass, wenn der Rahmen es zulässt, die Mittel nicht so verwendet werden, um die maroden Strukturen wettbewerbsfähig zu machen. Der erwünschte Effekt hielt nur kurzfristig. Das nun mit Marktversagen zu begründen, ist auch nicht gerade hilfreich. Jetzt sind wir schon da angekommen, wo das liberalere Denken in anderen ehemaligen Zentralverwaltungswirtschaften von uns als Populismus abgetan wird. Auch die gegenwärtige Politik in den USA unter Trump wird zu einseitig negativ dargestellt. Die national-liberalere Ausrichtung wird von uns mit „Wissensanmaßung“ als Populismus abgewertet. Globaler Wettbewerb erfordert auch globale Rahmenbedingungen, die es gegenwärtig nicht gibt. Auch in der EU sind die Rahmenbedingungen nicht gerade von liberaler Marktwirtschaft geprägt.

Die Quittung dafür ist schon da. Wir sind bereits wieder in einer Phase, wo der Schrei nach Gleichheit die Freiheit beseitigt. Der Ruf nach Marx, Gleichschaltung der Interessen bis zur kollektiven Ökologie, wird die Chance für ein „Wirtschaftswunder“ in Europa erledigen. Noch kann der Kurs geändert werden. Mit der jetzigen politischen Chefetage wird das jedoch nicht gelingen.

Mal abgesehen von der neuen Ökoideologie denke ich, dass die jüngere Generation aufwacht und die Freiheit in Verbindung mit der Marktwirtschaft zu schätzen weiß.

Dazu gehört auch, zu begreifen, dass Umweltschutz durch Sozialismus nicht funktioniert, weil die dazu benötigte Wirtschaftskraft nicht da sein wird. Dass Marktwirtschaft letztlich auch mehr Umweltschutz hervorbringt, dürfte den gegenwärtigen Diskussionen folgend das am schwersten zu begreifende Problem darstellen. Ich kenne dahingehend nicht eine Aussage der Grünen. Das, was in den zahlreichen Fernsehauftritten rüberkommt, ist Palaver und Interventionismus in ausgeprägter Form.

Die gut ausgebildete Jugend wird bei nicht zufriedenen Bedingungen Deutschland ade sagen und dahin gehen, wo sie ihr Wissen kreativ und anerkennend in den Wettbewerb einbringen kann. Das Zurückholen der Fachkräfte in die neuen Bundesländer hat entscheidend mit dieser Bedingung zu tun. Es tut sich zwar einiges im Bereich der Arbeitskultur, aber das wird nicht reichen. Statt bei den hier noch ansässigen meistens mittelständischen Unternehmen die Abgabenlasten zu verringern, wird gerade dieser Mittelstand am meisten belastet. Auch hier geht es um einen Ordnungsrahmen, den nur die Politik schaffen kann.

Der den meisten wirtschaftlichen Zuwachs bringende Ordnungsrahmen wäre theoretisch bei sonst gleichen Bedingungen ein Ordnungsrahmen, der die Eingriffe des Staates in den Markt komplett verbietet. Die Bedingungen sind eben nicht gleich, so dass es vorübergehend gut ist, wenn sie dadurch angeglichen werden, aber bitte nur vorübergehend. Die politische Praxis aber beschäftigt sich mit dem Zukleistern der Probleme durch Konsumverteilung. Wenn ich nicht die Voraussetzungen verändere, sondern das Ergebnis umverteile, wird das nächste Ergebnis noch schlechter werden. Man möchte Wohlstand und erzeugt Wohlstandsverlust. Damit sind wir wieder auf dem Pfad des Sozialismus gelandet, der den Liberalismus beseitigt.

Nicht das Ziel macht den Unterschied, sondern der Weg dahin. Die Zusammenhänge sind enthüllt, Sozialismus und Liberalismus sind unvereinbar, nur wahrhaben möchte man es nicht, dass der Sozialismus sein eigenes Freiheitsideal vernichtet. Da muss erst wieder die Realität korrigierend zuschlagen, oder wir halten uns an das, was Frank Walter Steinmeier am Tag seiner Wahl zum Bundespräsidenten sagte:

„Die Staatsform der Mutigen - das ist die Demokratie!“

Ich hoffe, er meinte nicht den demokratischen Sozialismus, den die SPD gerade neu erfindet.

Zusammenfassung:

Der Marxismus hat sich als Theorie nicht bestätigt. Das Experiment ist in seiner praktischen Umsetzung vollständig gescheitert. Ob Sozialismus oder Nationalsozialismus, beides führt zu einer Zwangsverwaltung, zu Diktatur, letztlich zum Zusammenbruch des Systems. Die Gesellschaft mit staatlichen Eingriffen in das Marktsystem zu verbessern, erzeugt zentralverwaltende sozialistische Strukturen. Wissensanmaßung verbunden mit politischer Macht ist permanent. Je weniger Eingriffe der durch Gesetzgebung verordnete Rahmen in die Märkte zulässt, desto größer ist das zu erzielende Ergebnis, letztlich der Wohlstand der Bürger. Die Weichen stellt die Politik. Kurskorrekturen erfolgen durch die Kraft der Realität, durch das Volk, im Idealfall durch Wahlen. Die Evolution wird letztlich durch die Summe der freien Entscheidungen der Einzelnen bestimmt. Da das Ergebnis des Spieles der unzähligen Individuen nicht berechnet werden kann, ist die Entwicklung der Gesellschaft nicht planbar, sondern offen. Wissenschaftliche Erkenntnisse der ökonomischen Verhaltensmuster und praktische Bestätigungen sollten Rahmenbedingungen beschreiben können, die Fehlentwicklungen weitestgehend vermeiden. Der Richtungsstreit scheint neu entfacht. Wird es der Weg zur Freiheit oder ignorierend der Warnungen von F. A. Hayek ein neuer Weg zur Knechtschaft.

Der „dritte Weg“, Freiheit, Wohlstand, EU, Globalisierung

Im selbst gemachten „ökonomischen Grundgesetz der DDR“ stand als Ziel der „Volkswirtschaft“: die „immer bessere Befriedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse“. Können unsichtbare Marktmechanismen produktiver sein als zentrale Wirtschaftsmechanismen der Planung und Durchführung? Es wird z. B. von Verfechtern der Planwirtschaft behauptet, dass Russland nur durch zentrale Wirtschaftssteuerung den Anschluss erreichen konnte. Wer Gorbatschow gelesen hat, weiß, dass die abnehmende Innovationskraft das eigentliche Problem war.

Vergleichen wir vorerst zwei Unternehmen, mittlere Größe, gleiche Branche, mit gegensätzlichem Führungsstil. Es geht um das Ziel, neue innovative Produkte zu entwickeln. Im Ersteren hat die zentrale Administration derartige Priorität, dass der Chef, und nur er, festlegt, was und wie die Prozesse ablaufen. Widersprüche, Vorschläge werden nicht geduldet, es gibt nur einen Weg zum Ziel, eine Idee, mehr nicht. Im zweiten Unternehmen, der Chef gibt das Ziel vor, fordert die Mitarbeiter auf, Vorschläge zu machen. Sodann gäbe es mehrere Wege, Varianten werden eingebracht, angenommen, fünf Ideen stehen zur Wahl. Man braucht wenig Phantasie, um zu erkennen, dass Firma B langfristig mehr Wissensinput verarbeiten kann und letztlich nicht nur das bessere Produkt entwickeln, sondern auch mehr und besser produzieren wird. Das Aussortieren erledigt der Markt, sofern es kein kommunales Unternehmen ist bzw. der Staat sich da rausnimmt. Da, wo sich Mitarbeiter einbringen können und sollen, gibt es einen Wettstreit der Ideen. In der anderen Firma sollte man annehmen, dass gute Ingenieure bald kündigen werden. Das Beispiel könnte mehrfach belegt werden, Darstellungen dazu gibt es in der Literatur genug. Ohne Spielräume und Handlungsfreiheiten erstarrt jedes Führungssystem und führt zur Initiativlosigkeit der Mitarbeiter. Spielräume dagegen fördern Kreativität und das Finden des besten Weges innerhalb der „Organisation“.

 

So ist auch Unternehmensführung letztlich die Definition des für die Handelnden günstigsten Rahmens. Das trifft überall zu, wo es ein Führungs- und Organisationsproblem gibt, also überall dort, wo Handelnde zusammenwirken sollen bzw. müssen, vom kleinsten Familienunternehmen bis zum Konzern, von der kommunalen Verwaltung bis zum Bundestag. Man mag am Führungsstil von Steve Jobs Kritik finden, aber er hat das Thema mit einem Satz auf den Punkt gebracht:

„Es macht keinen Sinn, kluge Leute einzustellen und ihnen dann zu sagen, was sie zu tun haben. Wir stellen kluge Leute ein, damit sie uns sagen, was wir tun können."9

Alle Probleme, die sich gegenwärtig in der nationalen und europäischen politischen Diskussion verschärfen, sind durch direkte politische Eingriffe, durch von oben festgesetzte Normen und durch politischen Regelwahn entstanden. Das war leichter und bequemer als partei-übergreifende Diskussionen über den notwendigen Rahmen, den der Markt braucht, um die beste noch unsichtbare aber innovativste Lösung zu finden. Die Korrektur wird teuer werden und die Wohlstandsverluste werden steigen. Die einen sagen mehr Staat und weniger Markt, die anderen sagen mehr Markt mit etwas mehr Zentralverwaltung. Mehr Staat wird oft verwechselt mit einem starken Staat. Gemeint ist eigentlich nicht der Weg, sondern das Ziel einer vorgegebenen Wirtschaftsform zwischen staatlicher Kontrolle und marktwirtschaftlichen Freiheiten, kurz die Organisationsform der Gesellschaft. Demokratischer Sozialismus, eine sozialere oder neue Marktwirtschaft. Das alles ist Makulatur. Die Attribute klingen zwar gut, suggerieren jedoch Negativaspekte der Marktwirtschaft und verführen die Politik zur Intervention. Man kann sie weglassen.

„Nicht weil es ihren Interessen entspricht, sondern weil sie glauben, dass es ihren Interessen entspricht, neigen die Massen zum Sozialismus.“10

Schauen wir auf einige Realitäten. Wie viel Kapitalismus, wie viel Sozialismus hat Frankreich. Auch wenn die Antwort unterschiedlich sein wird. Wo geht die Entwicklung hin? Es scheint, der Druck der Straße erzeugt einen Weg, der den Markt weiter einschränkt. Das Ergebnis wird sein zunehmende staatliche Eingriffe, Fehlentwicklungen, weiter nachlassende Wirtschaftskraft, böses Erwachen, teure Korrekturen. In Deutschland, zwar bei noch hoher Wirtschaftskraft, der gleiche Trend, aber es scheint zu dämmern, die Stimmen werden lauter, die auf die Innovationskraft des Marktes setzen. Die ostdeutschen Länder sind geprägt vom Versagen der Zentralverwaltungswirtschaft, aber auch vom Versagen des notwendig gewesenen Ordnungsrahmens nach der Wende. Ergebnis, die Extreme links erstarken mindestens genauso, wenn nicht sogar noch mehr, als die in der rechten Ecke.

Bereits 1988 wurde der Bundesrepublik eine zu geringe Wettbewerbsfähigkeit testiert, zu geringe Investitionen, zu hohe Energiepreise, zu viel Regulierung und lang dauernde Genehmigungen. Und heute, Brüssel hat das nochmal verstärkt und den nationalen Bewegungsspielraum weiter eingeengt. Durch Expertisen erfolgten Vereinheitlichungen, die Wettbewerb verhindern oder einseitig ausrichten.

Ein Zitat von Professor Harald Kunz, das mir deshalb so gut gefällt, weil es die von mir erlebte Praxis in einer Klarheit wiedergibt, die einmalig ist. Nicht einmalig ist aber die Praxis ordnungspolitischer Einflussnahme. Den Kampf gegen Anordnungen, Anweisungen, Runderlasse, Formblätter, Sonderstäbe, kurz gegen die politische Bürokratie, Intervention und Expertokratie, den verliert man immer wieder.

„Mit Expertisen verhält es sich wie mit manchen Medikamenten, außer den Herstellern helfen sie Niemandem. Und für die Politiker haben sie ungefähr dieselbe Bedeutung wie die Laterne für einen Betrunkenen: die erleuchtet ihn nicht, aber sie gibt ihm wenigstens Halt.“11

Ich glaube, nicht falsch zu liegen, wenn das nicht nur kommunale Betriebe und Einrichtungen betrifft, sondern auch in den Ministerien eine unglaubliche Steigerung erfahren hat. Die Beispiele kann man täglich verfolgen. Die Beraterbranche boomt. Wettbewerb im Sinne der Marktwirtschaft ist das wohl nicht.

Wettbewerb führt letztlich auch zu einheitlichen Normen, diese aber unterscheiden sich von den verordneten Normen dadurch, dass sie sich durch Kostenvorteile im Markt bilden. Wir sehen das gegenwärtig deutlich am Drama mit den Stickoxidwerten. Und da ist noch etwas, ein Innovationsproblem. Die gegenwärtig festgelegte Richtung in die E-Mobilität grenzt die technischen Entwicklungen von vornherein ein. Das ist die chinesische Methode der „Marktöffnung in eine Richtung“. Könnte es nicht sein, dass der Wettbewerb bessere Alternativen findet? Wir wissen es nicht, aber es könnte ja sein, dass dann anderswo außerhalb von Europa der eigentliche technische Fortschritt stattfindet. Nicht, dass wir die Energiewende verpassen, sollte es gelingen, Atomstrom umweltfreundlicher und ohne radioaktiven Abfall zu produzieren. Nur gut, dass die sich im globalen Wettbewerb befindlichen Firmen es sich (wenn sie nicht mit Hilfsmitteln gestützt werden) nicht leisten können, nur in die eine Richtung zu forschen.

Die AfD konnte nur stark werden, weil man diese ideologischen Vorgaben aus alten DDR-Zeiten kennt und weiß, wo das endet. Große Teile der AfD verlangen eindeutig mehr Markt und mehr Demokratie. Leider werden diese auch gleich nach rechts geschoben. Das Fehlen der FDP in den neuen Bundesländern lässt sich u. a. begründen mit den negativen Erfahrungen der Wende, was der linken Propaganda gut hilft. Zur Religion der Grünen, die auch glauben, „Schule schwänzen“ entspricht ihren Interessen, im dritten Kapitel mehr.

Dreht sich das Ding in Richtung Marktwirtschaft, dann diskutiert die Kohlekommission über Rahmenbedingungen und nicht mehr über Maßnahmen und der BER wird fertig oder in kurzer Zeit neu gebaut und die GroKo wird für lange Zeit Geschichte bleiben, hoffentlich.

Zurück zum sogenannten „dritten Weg“. Die Öffnung zur Marktwirtschaft in Russland ist korrupt verlaufen, unumkehrbar nur dann, wenn die Politik mehr Freiheit und Demokratie zulässt. Hier erkennt man an den Auseinandersetzungen deutlich, dass Markt und Freiheit einander bedingen. Da gibt es noch bittere und lange Kämpfe. Seit der Wendung zu mehr Markt ist der Wohlstand in der Breite gestiegen. China öffnet den Markt für vorgegebene Ziele. Die Gefahr, bessere Alternativen zu verpassen, besteht. Der Wohlstand ist gestiegen. Die Demokratie sollte sich weiter in die für den Markt günstigere Richtung entwickeln. Aber auch hier wird der Wohlstandszuwachs nur anhalten, wenn freiheitliche Demokratie zunimmt und Interventionismus abnimmt. Den „Chinesischen Sozialismus“ wird es genauso wenig geben wie den kubanischen. In der Türkei könnte es bald einen „scheinbaren Markt“, reguliert und untergeordnet den diktatorischen Zielen, sozusagen mit „sozialisiertem Privateigentum“ geben oder der Markt beseitigt die Diktatur. Hier sehe ich kurzfristig die größte Gefahr einer nationalsozialistischen Ausrichtung.

Man könnte weitere Länder aufzählen, die glauben, es gäbe den „dritten Weg“. Der Glaube ist teuflisch gefährlich, denn er resultiert aus emotionalen Faktoren mit idealisierten sozialen Gerechtigkeitsabsichten. Es sind Werturteile, verbunden mit den Begriffen „Arm und Reich“, „Neid und Hass“, die man bedienen möchte.

1929 nannte Ludwig von Mises das, was wir unter dem „dritten Weg“ verstehen, „Interventionismus“ und das System dazu „gebundene Wirtschaft“. Auch wenn jetzt manch einer meint, man könne das nicht auf heute übertragen, sollte das folgende Zitat zum Nachdenken Anlass geben.

„Der Sozialismus ist nicht am Widerstand der Ideologie gescheitert. Die herrschende Ideologie ist auch heute noch sozialistisch. Er scheiterte an seiner Undurchführbarkeit. Jeder Schritt, der uns von der Gesellschaftsordnung des Sondereigentums an den Produktionsmitteln wegführt, setzt die Produktivität herab, bringt somit Elend und Not. Und weil man das nicht mehr länger verkennen konnte, weil es sich umso deutlicher dem allgemeinen Bewußtsein aufdrängen mußte, je weiter man auf dem Wege zum Sozialismus fortschritt und je stärker man damit die Produktivität der Arbeit herabsetzte, hat man sich genötigt gesehen, nicht nur mit dem weiterschreitenden auf der Bahn zum Sozialismus halt zu machen, sondern auch schon getroffene sozialistische Maßnahmen abzubauen. Selbst die Sowjets mußten nachgeben. Auf dem Lande haben sie nicht die Vergesellschaftung von Grund und Boden durchgeführt, sondern seine Verteilung an die Landbevölkerung. In Gewerbe und Handel mußten sie anstelle des reinen Sozialismus die „neue Wirtschaftspolitik“ treten lassen. Die Ideologie hat diesen Rückzug nicht mitgemacht. Sie hält noch immer starr an dem fest, was sie vor Jahrzehnten verkündet hat, und sucht den Mißerfolg des Sozialismus auf alle mögliche Weise, nur nicht aus seiner grundsätzlichen Undurchführbarkeit zu erklären.“12

Mir scheint, noch bewegen wir uns in diesem „Interventionismus“, in der Spirale der Reformer von 1968 und der demokratischen Sozialisten von 1990 und nun auch mit Hilfe der Ideologie der grünen Sozialisten. Griechenland ist ein Beispiel dafür, das man nicht gehabt hätte, wenn die Währungsunion dem Markt überlassen worden wäre, Italien genauso, den Brexit hätte es auch nicht gegeben. Die Finanzkrise dürfte noch lange nicht beendet sein. Der Euro ist nicht durch den Markt entstanden, nicht durch die Nachfrage, sondern wurde verordnet, analog „Mindestlohn“. Der Euro war dann für einige Länder so gut, dass durch fehlenden Anreiz nationale wirtschaftliche Entwicklungen abgebremst wurden. Bereits 1997 warnte die Initiative Pro D-Mark:

„Europa ist eine gute Idee; in 20 Jahren mag vielleicht auch eine einheitliche Währung sinnvoll sein. Aber man macht die beste Idee kaputt, wenn man sie zum falschen Zeitpunkt durchsetzen will, nur weil unser Bundeskanzler den Ehrgeiz hat, als der „große Einiger“ in die europäische Geschichte einzugehen.“13

Der damalige Chef-Volkswirt der Deutschen Bundesbank Professor Dr. Otmar Issing, Mitgestalter des Euro, gab damals ebenfalls zu bedenken:

„Die Währungsunion zäumt das Pferd von hinten auf.“14

In einem Interview im Tagesspiegel antwortete er nun auf die Frage: Was ist schief gelaufen?

„Die Wirtschaftspolitik in einer ganzen Reihe von Ländern ist ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden. Sie haben sich so verhalten wie in der Vergangenheit, haben Schulden angehäuft und die Löhne steigen lassen, als könnten sie das noch immer durch eine Abwertung korrigieren. Aber dieses in der Vergangenheit so oft benutzte Instrument steht mit der Aufgabe der eigenen Währung und der Einführung des Euro nicht mehr zur Verfügung. Genau hier müssen Reformen ansetzen.“15

Übersetzt heißt das, der Puffer zwischen den Währungen ist weg und der Antrieb durch Wettbewerb verpufft.

„Otmar Issing, der viele Jahre die Strategie der Bundesbank und der EZB geprägt hatte, zeigte sich tief enttäuscht von der Entwicklung in Europa. Er erinnerte an die Hoffnungen, die einmal mit der Währungsunion verbunden waren: "Europa wird über das Geld entstehen oder es wird nicht entstehen" - so hatte es der damalige französische Finanzminister Jacques Rueff 1949 gesagt. Diese Aussage sei "auf bittere Weise gescheitert", meinte Issing. Stattdessen geschehe heute das Gegenteil: Das gemeinsame Geld vollende nicht die politische Union, "sondern die politische Union wird vorangetrieben, damit die Währungsunion nicht scheitert". Issing sprach von einer "elitistischen Wahnvorstellung".“16

Eine durch Nachfrage entstehende Währung wäre wertstabil gewesen. Wie die Finanzkrise endet, ist offen. Wir dürfen gespannt sein, wie man das gedruckte Papiergeld wieder einsammeln will. Ich denke, umso weiter das aufgeschoben wird, umso dramatischer endet das.

 

Die USA, wo die Marktmechanismen noch am besten funktionieren, wird ob mit oder ohne Trump zu gewohnter Innovationskraft zurückfinden. Die Überbetonung der nationalen Interessen wird die Globalisierung abbremsen. Diese „Entschleunigung“ muss für Europa nicht, wie immer betont wird, unvorteilhaft sein.

Seit 2014 gibt es eine Partei, die sich „Der Dritte Weg“ nennt. Das Programm bestätigt meine Darstellung. Es ist ein Weg zu einer Art des nationalen Sozialismus. Es gab aber auch in der Bundesrepublik die Zeitschrift „Der dritte Weg“. Die Zeitschrift sollte für Alternativen zwischen dem „Sozialismus sowjetischer Prägung" und dem westlichen Kapitalismus eintreten und sollte u. a. bei SED-Funktionären ein Nachdenken bewirken. Die damit suggerierte Einbildung ist politisch aktuell.

Wenn Änderungen nötig sind, dann ein durch die Gesetzgebung geänderter Ordnungsrahmen. Der muss so aussehen, dass der Staat das Funktionieren des Wettbewerbes grundsätzlich auf allen Ebenen sichert und das geht nur mit demokratischen Strukturen und Meinungsfreiheit und dem daraus basierenden „Wettbewerb der Ideen“. Es wird nie gelingen, das Optimum zu finden, aber die Richtung muss ein Optimum an Markt und Wettbewerb sein und ein staatlicher Rahmen, unter dem sich diese Kräfte voll entfalten können. Eingriffe zur zwangsweisen Durchsetzung von politischen Interessen einmal begonnen, und die Interventionsspirale dreht sich.

Die derzeitigen Verwerfungen, auch z. B. im Wohnungsbau, das soziale Auseinanderdriften der Gesellschaft sind erst genau dadurch entstanden, dass derart und immer stärker direkt eingegriffen wurde, statt zu überlegen, besonders im Osten, aber nicht nur hier, unter welchen Bedingungen kann der Markt das bessere Ergebnis hervorbringen und was eigentlich obliegt dem Staat.

Reformen dürfen nicht dahingehen, dass die Freiheit der Handelnden eingeengt wird. Dadurch wird ihnen die Fähigkeit der Selbsterneuerung genommen. Der Staat, besser gesagt der Staatsapparat, ist unentbehrlich, sollte sich aber darauf beschränken, die Grundlagen einer liberalen Marktwirtschaft, das private Eigentum und die individuelle Freiheit gesetzlich zu sichern und konsequent durchzusetzen.

Er muss aber auch Mechanismen schaffen, die sicher-stellen, dass ein Wettbewerb der Ideen so demokratisch stattfindet, dass Minderheiten eine Chance haben, zu Mehrheiten zu werden. Das heißt, die Verfassung und das Rechtssystem müssen in der Lage sein, zu verhindern, dass politische Machtinteressen es ermöglichen, das Denken der Bürger einzuengen.

Der Weg der Evolution kann also immer nur eine Anpassung des Ordnungsrahmens sein und zwar so, dass die dem Markt „unsichtbar“ innewohnende Evolutionskraft optimal wirken kann. Und nur hier liegt das Problem, was die Politik im Wettstreit der Gedanken und mit den Bürgern zu erledigen hätte. Auch wenn die Zukunft offen ist, zu behaupten, dass der „dritte Weg“ im Sozialismus endet, hat mit Wissensanmaßung nichts zu tun. Diese Erkenntnis der liberalen Nationalökonomie dürfte als gesichert gelten. Ersparen wir uns eine erneute schmerzhafte Lektion der Geschichte und denken etwas tiefgründiger über das nach, was unsichtbar ist.

Wäre es besser gewesen, den Aufbau Ost nicht in der Art zu versuchen, dass man genügend Geld in den maroden „Laden“ wirft und denkt, den Rest macht der Markt, sondern das Geld überlegter eingesetzt hätte, um den vorhandenen Ordnungsrahmen nicht überzustülpen, sondern zu ändern. Das Zeitfenster für die Wiedervereinigung war nur knapp offen. Dann aber war Zeit, nur begann die CDU von ihrer Alttradition aus wahrscheinlich machtpolitischen Gründen abzuweichen und entledigte sich der warnenden Stimmen einiger ihrer treuen Anhänger aus Wissenschaft und Politik. Die AfD hat die CDU unter Kohl und Merkel zu verantworten. Das dürfte so einmal in den Geschichtsbüchern stehen. Aber dass es die AfD in die Parlamente geschafft hat, zeigt auch, dass demokratische Mechanismen noch funktionieren.

Kapitalismus verlangt Freiheit, die Freiheit Eigentum zu haben und zu nutzen, selbst zu entscheiden, wie man sich in das Marktsystem einordnen möchte. Staatliche Einschränkungen müssen abwehrbar sein. Dazu bedarf es rechtlicher Rahmenbedingungen, die diese Rechte, voran die Eigentumsrechte, schützen. Die angestrebte „Enteignung“, wie z. B. im Berliner Wohnungsmarkt, ist nicht nur keine Marktwirtschaft, sondern wird die Probleme auf Dauer nicht lösen. Ohne Schutz des Eigentums geben wir die Marktwirtschaft auf. Statt hier über Enteignung zu diskutieren, sollten wir die staatlichen Vorschriften und Auflagen durchforsten. Preistreiber ist nicht der Markt, das ist der Staat mit Abgaben, Steuern und Regulierungen und der immer weiter ausufernden Bürokratie. Auch die Regelwut in der EU übersteigt den für das Funktionieren eines Freihandels notwendigen Rahmen. Freihandel bedeutet nichts anderes, als dass die Marktmechanismen dafür sorgen, dass bei den Angeboten, entstanden aus arbeitsteiliger Produktion, die von der Nachfrage bestimmt am effektivsten produzierten Produkte überleben. Nur der daraus resultierende Wohlstandsgewinn kann das Wohlstandsniveau auch in der Breite der Bevölkerung steigern, Arbeitsbedingungen verbessern und Umweltschutz gewährleisten. Umgekehrt, das Ergebnis staatlich zur Voraussetzung umzufunktionieren, wird nicht erfolgreich sein. Das Beispiel „Mindestlohn“ und dann noch einheitlich in der EU ist so eine Umkehrung. Das wird nicht nur Produktivitätssteigerung reduzieren und Arbeitsplätze beseitigen, sondern die unterschiedliche Wirtschaftskraft der europäischen Länder eher vergrößern und nicht angleichen. Der Slogan, die Unternehmer würden immer nur nach billigen Arbeitskräften suchen, ist zu einfach. Auch hier gilt, wer billig kauft, kauft zweimal, wenn es die zweite Chance noch gibt. Kluge Unternehmen investieren auch klüger in teureres Humankapital. Staatliche Regulierung allgemein, ob EU oder auch global, vernichtet Wohlstand, Freihandel schafft Wohlstand.

Bei allen Problemen, Vorschriften sind immer kontra-produktiv. Warum? Freie Handelsverträge werden zu einem wechselseitigen Vorteil geschlossen. Vorschriften, Zölle, Embargos, Subventionen verhindern oder verzerren das Vertragswerk, sofern es dennoch stattfindet. Aber mehr noch, diese staatlichen Eingriffe schaffen einen neuen Markt, den Markt für Lobbyisten und Korruption. Der Staat schafft Anreize, Ressourcen dafür einzusetzen, Einflüsse auf die Politik und deren institutionellen Helfer zu nehmen. Besser noch, er zwingt den Unternehmer indirekt dazu. Denn derjenige, der das nicht macht, wäre in dem dann staatlich regulierten Wettbewerb im Nachteil.

Reibungslos wird Globalisierung nicht laufen. Das sehen wir gegenwärtig. Das darf aber nicht zu Schlussfolgerungen führen, immer noch mehr regulierend einzugreifen. Eine dynamisch sich entwickelnde Wirtschaft führt immer zu untergehenden und neuen Arbeitsmöglichkeiten. Die Bedürfnisse der Nachfrager verändern sich mit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung. Die Konsumenten letztlich bestimmen, was bleibt und was vom Markt verschwindet. Damit entscheiden die Bürger über die Ausrichtung der Wirtschaft und die Überlebenschancen der Unternehmen.

Verschwinden wird die Arbeit bedingt durch die Knappheit der Ressourcen niemals. Knapp ist alles, auch und besonders Wissen und Bildung, Handwerker und vieles mehr nun auch. Damit Entwicklungsländer eine Chance haben, aus eigener Kraft der Armut zu entkommen, müssten wir unsere „Monopolstellung“ aufgeben und die Zollschranken vollständig beseitigen. Nur so können sie ihren komparativen Vorteil nutzen (Kostenvorteil, ein Gut durch geringere Alternativkosten herzustellen, sog. Opportunitätskosten). Nur ein freier Handel, das Zulassen von Investoren und marktwirtschaftliche Strukturen beseitigen Armut, Kinderarbeit, verbessern die Arbeitsbedingungen und verhindern Umweltzerstörungen.