Heiße Colts und wilde Girls: Alfred Bekker präsentiert 8 Western

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Stöhnend sog sie die Luft ein, hielt den Atem an und schlug ihre Hand vor den Mund. Ihr Becken stieß sich ihm entgegen, ihr linkes Bein schwang sich über seine Schulter, als wollte sie ihn in sich hineindrücken. "Fick mich, Captain, fick mich jetzt..."

Cunningham richtete sich auf. Halb saß sie auf seiner Schulter, halb hing sie in seinen Armen. Er trug sie zu dem kleinen Tisch, fegte Tuch, Messer und einen Zinnteller mit zwei Äpfeln herunter und setzte sie behutsam auf die Tischplatte.

"Wie hab' ich mich danach gesehnt, Dave..." Mit gespreizten Schenkeln saß sie da und half ihm, seine Hose zu öffnen. "Wie hab' ich mich nach dieser Zärtlichkeit gesehnt..."

Etwas in ihm registrierte erleichtert, dass sie nicht ihn meinte, sondern den Sex, den er geben konnte. Er streifte das Kleid von ihren Armen und raffte es über ihren Hüften zusammen. Soviel wie möglich wollte er von ihrem Körper sehen. Dann drückte er ihren Oberkörper vorsichtig auf die Tischplatte.

"Sei ganz zärtlich, Dave", flüsterte sie, "komm zuerst ganz zart, hörst du?" Sie nahm sein Glied in beide Hände und führte es zwischen ihre Schenkel. Stöhnend drang er in sie. Sie stieß einen Schrei aus, presste ihre Rechte gegen den Mund, um nicht noch lauter zu werden.

Wohlige, prickelnde Hitze perlte aus ihrem Schoß, griff über auf seinen Körper, und unbändige Lust füllte seinen Schädel bis in die letzte Hirnwindung.

Er umfasste ihre Brüste und knetete sie, genoss ihr Stöhnen unter den rhythmischen Bewegungen seines Beckens und drängte sich tiefer in sie hinein. Erst glitt er langsam und zärtlich hin und her, als wollte er sie streicheln, dann, als sie sich ihm immer fordernder entgegenstemmte, stieß er sie schneller und härter.

Schließlich gaben seine Hände ihre Brüste frei, rutschten über ihren schweißnassen Körper nach unten, gruben sich in ihre Gesäßbacken und hoben ihr Becken an. Im Rhythmus seiner Stöße riss er ihre Hüften an seine Lenden - immer wieder, immer drängender.

Der Tisch knallte hart gegen die Holzwand unter dem Fenster, der alte Holzdielenboden knarrte und quietschte, und Helenas Finger umklammerten die Tischkante, um sich Cunninghams Stößen entgegenstemmen zu können.

Sie bäumte sich auf, als sie kam, und presste beide Hände auf den Mund, um ihren Schrei zu dämpfen. Seufzend kam er, hielt sie sekundenlang fest, dann sank er über sie. Seine Lippen suchten ihren Mund...

4

Die Dämmerung war der Nacht gewichen. Die Posten am großen Haupttor der Forts kletterten von den Wachtürmen und zogen die beiden Flügel des Tores auf.

Ein Dutzend Kavalleristen trabte durch den Torbogen, Colonel Rooster flankiert von Lieutenant Sherman und Sergeant Shakopee an der Spitze.

Norma, das schwarze Hausmädchen der Roosters, sprang erschrocken auf. Seit zwei Stunden hockte sie auf den Stufen der Vortreppe vor den Privaträumen des Kommandanten. Seit zwei Stunden spähte sie über den Innenhof des Forts zu den Stallungen hin. Immer in Erwartung, endlich die schlanke Gestalt ihrer Herrin zu entdecken. Doch sie und der Captain schienen ein besonders intensives Gespräch zu führen.

Norma wartete, bis die Abteilung aus den Sätteln sprang und die Pferde in die Stallung führte. Dann lief sie zu den flachen Gebäuden an der südlichen Palisade des Forts. Der Vorhang des Fensters war zugezogen. Kein Licht brannte dahinter.

Sie klopfte an die Tür ihrer Kammer.

"Madam, Ihr Mann ist zurück", flüsterte sie.

Augenblicke später öffnete sich die Tür. Helena Rooster strich ihr Kleid glatt und huschte aus der Tür.

Captain Cunningham stand mitten im Raum, als Norma die Tür hinter sich zudrückte. Sie zündete eine Kerze an. Er lächelte verlegen und drehte seinen Späherhut zwischen den großen Händen. "Wenn du erlaubst, warte ich noch ein paar Minuten. Es könnte problematisch werden, wenn jemand Mrs. Rooster und mich zusammen aus deinem Zimmer kommen sieht."

"Natürlich, Captain, Sie haben vollkommen recht." Norma sah, dass ihr Tisch verrückt war. Messer und Teller waren nicht an der gleichen Stelle, an der sie heute Morgen noch gelegen hatten. Außerdem befand sich nur noch ein Apfel auf dem Teller.

Sie wandte sich zum Fenster und zog den Vorhang zurück. Ihr Fuß stieß gegen den zweiten Apfel. Cunningham bückte sich rasch nach ihm. Er murmelte eine Entschuldigung und legte ihn auf den Teller zu dem anderen.

Norma spähte zum Fenster heraus. Die Gestalt ihrer Herrin verschwand eben zwischen Palisade und der Rückseite der Offiziersquartiere. Auf der anderen Seite, bei den Mannschaftsbaracken, meinte sie die Bewegung eines Schattens zu sehen.

"Warten Sie ruhig noch ein paar Minuten, Captain." Sie drehte sich nach Cunningham um. "Auf mich können Sie sich verlassen."

"Das hat Mrs. Rooster mir auch gesagt." Cunningham tastete nervös unter seiner Jacke herum. Schließlich zog er eine Zigarette aus seiner Hemdtasche. Er zündete sie an der Kerze an.

Es klopfte. Norma zuckte zusammen. Cunningham sah sich hastig um. Nirgends auch nur die Spur eines Verstecks. Noch einmal klopfte es, diesmal energischer.

"Wer ist da?", rief Norma.

"Sergeant Shakopee. Ich suche Captain Cunningham. Könnte es sein, dass er bei dir ist?"

Norma machte ein erschrockenes Gesicht. Ihre Lippen bewegten sich. Aber keine Antwort kam aus ihrem Mund. Ihr hilfloser Blick flog zwischen Cunningham und der Tür hin und her.

Cunningham ging zur Tür und öffnete sie.

"Hallo, Dave - ich such' dich schon überall", grinste Shakopee.

Gemeinsam schlenderten sie über den Hof in Richtung Stallungen. Shakopee erzählte von Rindern, die sie als Proviant gekauft hatten, von Maultieren und Wagenlenkern.

Cunningham fragte sich, ob er irgend etwas beobachtet hatte. Doch der undurchdringlichen Miene des Halbblutes war nichts anzumerken. Auch seine dunkle Stimme klang so monoton wie immer.

"Wir müssen morgen vor Sonnenaufgang los, um die Rinder hierher zu treiben", sagte er. "Auch eine Wagenladung Kartoffeln und Bohnen müssen abgeholt werden."

"Woher wusstest du, dass ich bei Norma bin?" Cunningham musterte ihn lauernd.

"Ich fand dich nirgends." Shakopee hob gleichgültig die Achseln. "Nicht wenige der Offiziere gehen bei Norma ein und aus." Jetzt flog ein Grinsen über das Gesicht des Sergeants. "Warum nicht auch du?"

"Gehen bei Norma ein und aus...?" Cunningham begriff nicht. Oder wollte nicht begreifen.

"Sag bloß, du wusstest das nicht..."

5

Nur vier Stunden Schlaf hatte Cunningham in der folgenden Nacht. Viel zu lange lag er grübelnd auf seiner schmalen Pritsche und starrte in die Dunkelheit. Die bevorstehende Expedition gegen die Cheyenne machte ihm zu schaffen. Aber nicht nur sie.

Manche der Offiziere gehen bei Norma ein und aus - der Satz des Halbbluts spukte in seinem Schädel herum.

Was zum Teufel hatte Shakopee damit sagen wollen? Mehr als ein Grinsen war dem Sergeant nicht zu entlocken gewesen. Ein vielsagendes Grinsen.

Cunningham konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgend jemand freiwillig die dralle Schwarze vögeln würde. Jedenfalls niemand aus dem Offizierskorps. Immerhin hatte sie schon an die fünfzig Lenze auf dem Buckel. Also konnte Shakopees Bemerkung doch nur eines bedeuten...

Ganz langsam nur dämmerte ihm die Wahrheit: Norma räumte ihr Zimmer, damit Helena Rooster sich dort mit den Offizieren ihres Mannes treffen und ihren Heißhunger stillen konnte.

Prächtig, prächtig - wahrscheinlich war er der Einzige, der davon noch nichts mitbekommen hatte.

Es war noch stockdunkel, als Shakopee ihn weckte. Mit zwanzig Mann ritten sie in die Nacht hinaus zu den Farmern, die ihnen Vieh, Getreide und Kartoffeln verkauft hatten. Als sie zurückkehrten, verblasste bereits die Nacht über dem Fort, und auf den fernen Waldhängen der Rockys breitete sich der rötliche Schimmer der aufgehenden Sonne aus.

Reges Treiben herrschte innerhalb der Palisaden. Wagen wurden beladen, die Pferde aus den Stallungen geführt, Befehle flogen hin und her, die Reiter der beiden Schwadronen hasteten über den Hof.

Cunningham sah Licht in Rooster Büro. Er stieg vom Pferd und band seinen Wallach fest. Entschlossen drängte er sich durch das Getümmel und stieg die Vortreppe zur Kommandantur hinauf.

Er klopfte, und der Colonel hieß ihn eintreten. Tief über Landkarten gebeugt saß Rooster an seinem Schreibtisch. Er sah kurz auf, erkannte Cunningham und erhob sich langsam. Aus feindseligen Augen taxierte er seinen Späher. "Sie?"

Cunningham hatte keine herzliche Begrüßung erwartet. So was hatte Reddog einfach nicht drauf. Aber die Feindseligkeit in seinem Blick überraschte ihn doch. Ihm schwante Übles.

"Ja, Sir - ich." Grüßend legte er die Hand an die Hutkrempe. "Es gibt da ein Problem, Sir."

Rooster musterte ihn stumm. Cunningham verstand das als Aufforderung, sein Problem zu nennen. "Sie wissen, dass die Cheyenne mich großgezogen haben, Sir. Die Expedition bringt mich in eine ziemliche Klemme. Ich bitte Sie hiermit..."

"Reden Sie keinen Quatsch, Captain!" Rooster unterbrach ihn barsch. "Genau deswegen brauch' ich Sie. Weil Sie mit den Gewohnheiten der Cheyenne vertraut sind, weil Sie die Flußtäler kennen, in denen sie lagern, und die Stellen, an denen sie jagen." Er stemmte die Fäuste in die Hüften. "Und weil Sie fast alle Algonkin-Dialekte verstehen und einige sprechen." Er lachte böse. "Ich will zwar nicht plaudern mit den Cheyenne, sondern ihnen eine Lektion erteilen - aber ein Mann, der ihre Sprache spricht, ist für mich unverzichtbar."

 

Mit auf dem Rücken verschränkten Armen kam er hinter seinem Schreibtisch vor. Ganz nah vor Cunningham blieb er stehen. Er sah zu seinem Captain auf. Der Hass in seinen Augen machte Cunningham frösteln. "Und wenn ich Sie nicht brauchen würde, Cunningham, wären Sie in spätestens einer Stunde ein toter Mann." Leise und eindringlich klang Roosters plötzlich. Cunningham verstand sofort. "Aber weil ich Sie brauche, verschieben wir das Duell."

Er wandte sich ab und ging zu seinem Schreibtisch zurück. Auf die Stuhllehne gestützt und die rechte Hand zwischen zwei geöffneten Knöpfen in der Herzgegend unter die Uniformjacke geschoben, stand er da. Wie Napoleon Bonaparte, wenn er vor seinem Hofmaler posierte.

"Sie waren an meiner Frau dran, Cunningham. Ich weiß es aus sicherer Quelle. Und ich weiß auch, dass Sie sich schon länger mit ihr treffen. Im Zimmer dieser verdammten Niggerin."

Cunningham blieb die Luft weg. Er war einfach zu perplex, um sich verteidigen zu können.

"Sobald wir mit den Cheyenne fertig sind, will ich mich mit Ihnen schießen", schnarrte Rooster. "Und nun verschwinden Sie!"

Auf weichen Knien stelzte Cunningham aus dem Büro. Ein Karussell schien in seinem Kopf zu rotieren, während er sich durch die Menge der hin- und hereilenden Kavalleristen drängte.

"Es geht los, Dave!" Lesley McAuley winkte von weitem. "Famos, oder?" Der fast zwanzig Jahre Ältere kam auf Cunningham zu und klopfte ihm überschwänglich auf die Schulter. "Sag schon - wie fühlst du dich, mein Sohn?"

"Bestens", sagte Cunningham heiser und entwand sich der Umarmung seines Partners. "Wirklich bestens..."

Eine Stunde später löste sich die Morgensonne vom östlichen Horizont. Colonel William Rooster gab dem Befehl zum Abmarsch. Tom Sherman tauchte neben Cunninghams Pferd auf. "Schade, Dave." Er schlug seinem alten Freund auf die Schulter.

Cunningham nickte. "Ja, schade."

Die Flügel des Tores wurden geöffnet. Die beiden Schwadronen ritten aus Fort Laramie. Einhundertzweiundvierzig Kavalleristen. Gefolgt von einem halben Dutzend Planwagen mit Proviant und Material und einer kleinen Rinderherde.

Cunningham ahnte, dass ihm ein schwerer Ritt bevorstand. Aber er ahnte nicht, dass es der härteste Ritt seines Lebens werden würde...

6

Der Sommer legte sich glühend auf die Prärie. Kleiner Bär hatte das Lager abbrechen lassen und war mit seinem Stamm weit in den nördlichen Westen gezogen. Bis an den Oberlauf des Missouri.

Im Tal eines Nebenflusses ließ er das neue Lager errichten. Seit dem Tag, an dem Zorniger Büffel mit den Geistern der Erde und der Sonne gesprochen hatte, waren mehr als zwei Monde vergangen.

Die neue Umgebung war ungewohnt. Berghänge umgaben das Lager, überall waren Buschwerk und Laubbäume. Morgens und nachts wehte ein kühler Wind aus den Bergen. Statt Bisons jagten die Krieger Rehe, Hirsche und Bären. Einige versuchten sogar Fische aus dem Fluss zu fangen.

Blauer Vogel vermisste die Weite der Großen Ebene. Das vertraute Grasland, die nächtlichen Rufe der Eulen und der Kojoten, das Stampfen der Büffel - all das war ihr von Kindesbeinen an vertraut. Die nahen Berge machten ihr das Herz schwer. Wie eingezwängt fühlte sie sich. Hinter jedem Busch, hinter den Bäumen am anderen Flussufer, zwischen den Felsblöcken der Berghänge - überall schienen ihr unwägbare Gefahren zu lauern. Nur langsam gewöhnte sie sich an die neue Umgebung.

Jede Squaw und jeder Krieger des Stammes wusste, warum Kleiner Bär diesen Ort als Lagerplatz gewählt hatte. Er und zorniger Büffel erwarteten einen Rachefeldzug der Blauröcke. Und hier, fern ihrer gewohnten Jagdgründe, zwischen dichtem Laubwald und von Berghängen umgeben, war das Lager gut versteckt vor den weißen Feinden.

Doch Kleiner Bär gehörte nicht zu den Männern, die sich schon sicher fühlten, wenn sie ein gutes Versteck gefunden hatten. Sich verkriechen und abwarten - das war nicht seine Art.

Er wies seine Krieger an, Schießübungen zu machen, ließ genaue Zeichnungen der Umgebung anfertigen und probte ein paar taktische Operationen in der ungewohnten Landschaft.

Doch damit nicht genug: Er schickte Abgesandte über die Rocky Mountains nach Kalifornien hinein, um neue Gewehre und vor allem Munition zu kaufen. Und er schickte Boten zu benachbarten Stämmen, um Bündnisse zu schließen und Informationen zu sammeln.

Vor allem bei den Sioux stieß er auf offene Ohren. Sie hassten die weißen Landräuber leidenschaftlich. Ihre Jäger kamen weit herum, wenn sie auf ihren langen Jagdzügen die Bisonherden verfolgten - bis tief in den Südosten der Prärie stießen sie vor. Wenn jemand Truppenbewegungen der Blauröcke beobachtete, dann sie.

Eines Morgens sah die Häuptlingstochter drei Reiter die Flußböschung hinauftraben. Sie schienen aus der Großen Ebene zu kommen.

Zwei der Reiter kannte sie - Boten, die ihr Vater zu den Sioux gesandt hatte: Singendes Messer und Blizzard. Zwei junge Krieger, denen der Häuptling rückhaltlos vertraute.

Der dritte Reiter schien ein Weißer zu sein. Einer dieser rätselhaften Männer, die in den menschenleeren Gebirgsregionen hausten und von der Jagd lebten.

Jedenfalls war er so gekleidet: Biberfellmütze, die ihm kapuzenartig über die Schultern fiel, Lederhemd, an den Ärmeln und Seitennähten mit langen Fransen besetzt, grün gefärbte Wildlederhosen, ebenfalls fransenbesetzt, und Mokassins, wie sie die Sioux zu tragen pflegen.

Auch die Stickerei seiner bunten Satteldecke und die Verzierung seiner Waffengurte erinnerte die Häuptlingstochter an die Art, in der Sioux-Squaws nähen und sticken.

Hin und wieder hatte Blauer Vogel schon einen dieser Mountainmen zu Gesicht bekommen. In ihrer Kindheit waren sie in den Lagern aufgetaucht, um mit ihrem Stamm Tauschgeschäfte zu machen.

In den letzten Jahren waren diese Besuche immer seltener geworden und schließlich ganz ausgeblieben. Ihre Mutter glaubte, dass es kaum noch Bergmänner gab, weil die Weißen keine Biberfellhüte mehr tragen wollten.

Aber dieser Mann, der hier zwischen Singendem Messer und Blizzard ins Lager ritt, war ein Mountainman. Er winkte ihr freundlich zu, als die Reiter an ihr vorbeitrabten, und Blauer Vogel sah die hellwachen Augen in seinem zerfurchten, bärtigen Gesicht. Sein struppiges weißes Haar hing ihm zu zwei Zöpfen geflochten fast bis zum Revolvergurt herab. Der Mann schien sehr alt zu sein.

Kleiner Bär begrüßte ihn wie einen alten Bekannten. Die Männer ließen sich vor dem Häuptlingstipi nieder. Zorniger Büffel rief die Ältesten zusammen; feierlich wurde eine Pfeife entzündet. Während sie kreiste, erteilte der Häuptling dem Mountainman das Wort. Der sprach leise und murmelnd.

Blauer Vogel saß hinter dem Häuptlingstipi. Sie bekam nicht viel mit von dem, was der alte Trapper berichtete und was die Männer anschließend miteinander besprachen.

Sie erfuhr immerhin soviel, dass der Alte eine Sioux zur Frau hatte und geheime Kontakte zur US-Armee pflegte. Ihr Vater nannte ihn Bergfuchs, und ein weiterer Name fiel einige Male: Roter Hund.

Blauer Vogel hatte nie von einem Krieger mit diesem Namen gehört. Die Männer sprachen von ihm wie von einem mächtigen Kriegshäuptling.

Bis zum Mittag dauerte die Ratsversammlung vor dem Häuptlingstipi. Danach wählte Kleiner Bär zwölf Krieger aus. Kundschafter. Sie ritten aus dem Lager in die Große Ebene hinab, an ihrer Spitze der Mountainman.

An der Seite ihres Vaters sah Blauer Vogel die Reiter zwischen den Eichen verschwinden.

"Hat der alte Mann schlechte Nachrichten gebracht?" wollte sie wissen.

"Ja", sagte der Häuptling. "Schlechte, aber keine überraschenden Nachrichten. Bergfuchs hat erfahren, dass hundertfünfzig Blauröcke nach uns suchen. Und er hat erfahren, dass sie von einem Mann angeführt werden, der den Frieden hasst..."

7

Nach zwei Wochen erreichten sie die Stelle, an der es zu dem Schusswechsel zwischen dem Siedlertreck und den Cheyenne gekommen war.

Das Büffelgras wucherte, als hätten hier nie Hunderte von Menschen mit ihren Wagen, Ochsen und Pferden gelagert. Cunningham und Lesley McAuley mussten schon genau hinsehen, um die Spuren der Wagenräder zu erkennen.

Sie stießen auf das Grab des erschossenen Siedlers - ein zusammengesunkener Erdhügel, ein Holzkreuz aus zwei notdürftig bearbeiteten Latten, und ein darauf eingekerbter Name: "Jan VanHaaren".

Rooster und einige Offiziere betrachteten das Grab. Auch Cunningham, McAuley und Shakopee standen bei der Gruppe. "Schon komisch, wie so ein Grab zwei Schwadronen Kavallerie auf die Beine bringt." McAuley kratzte sich seinen grauen Lockenkopf.

"Wie ein Strudel, so ein Grab", murmelte Cunningham nachdenklich. "Dutzende Indianer werden diesem Holländer in die Erde folgen..."

"Sparen Sie sich Ihre weibischen Weltbetrachtungen, Captain Cunningham!" Der Colonel blitzte ihn an. Er griff in die Tasche seiner Uniformjacke und zog eine zusammengefaltete Landkarte heraus. "Beschäftigen Sie sich lieber mit der Karte!" Durch die Hände einiger Offiziere wanderte das Papier zu Cunningham. "In einer halben Stunde will ich von Ihnen wissen, wo die Cheyenne lagern!"

Der Karte nach gab es in der Umgebung nur drei Stellen, an denen nach Cunninghams Erfahrung Cheyenne ihre Tipis aufschlagen würden. Er führte einen Spähtrupp auf Anhieb an die richtige.

Allerdings fanden sie nur noch dürftige Spuren eines ehemaligen Lagerplatzes: eine niedergetretene Bachböschung, verfaulte Essenabfälle, Einstichstellen von Tipistangen im Grasboden und vertrockneter Pferdekot.

"Wie alt?", fragte McAuley.

Cunningham untersuchte Essenreste und Pferdekot. "Einen Monat, schätze ich."

Sie ritten zurück zum Hauptlager und erstatteten Bericht. Rooster schickte sechs Spähtrupps zu je vier Männern aus, um auszukundschaften, in welche Richtung Little Bears Indianer gezogen war.

Zwei Tage später stießen sie auf die Spur des Stammes. Sie führte in nordwestliche Richtung auf den Oberlauf des Missouri zu. Eine Woche lang folgten sie der Fährte. Die nordöstlichen Ausläufer der Rockys rückten näher und näher. Cunningham war sich ziemlich sicher, dass der Stamm sich aus der Großen Ebene in gebirgigere Regionen zurückgezogen hatte.

Nach acht Tagen traf ein Spähertrupp unter McAuley auf ein Indianerlager. Sioux.

"Wir haben nur wenige Krieger gesehen", berichtete der alte Schotte. "Fast ausschließlich Frauen und Kinder."

Ohne lange zu überlegen, ließ Rooster die dritte Schwadron aufsitzen. Die zweite Schwadron teilte er in fünf Abteilungen auf. Sie sollten die Flanken des Angriffs vor Überraschungen schützen. Cunningham und Shakopee führten je eine dieser Abteilungen.

Rooster setzte sich an die Spitze der dritten Schwadron und zog seinen Säbel.

"Wir überrennen das Lager, vertreiben die Rothäute in alle Himmelsrichtungen!", rief er. Sein Gesicht glühte vor Erregung. "Jedes einzelne Zelt wird niedergebrannt. In wenigen Tagen wird sich die Nachricht bis zu Little Bear herumsprechen! Er soll erfahren, dass wir hart durchgreifen! Er soll zittern vor Angst!"

"Verzeihen Sie, Sir!" Cunningham erhob seine Stimme. "Aber Captain McAuley berichtete, dass sich fast ausschließlich Frauen und Kinder im Lager aufhalten!" Einige Männer nickten zustimmend. "Wenn es Tote unter ihnen geben sollte, werden uns die Sioux in den Rücken fallen!" Ein Raunen ging durch die Reihen der dritten Schwadron.

Rooster hieb seinem Wallach die Sporen in die Flanken und galoppierte zu Cunningham.

"Ich warne Sie, Captain", zischte er leise. "Ich lass' mir von Ihnen nicht die Moral meiner Leute zerreden. Noch eine derartige Bemerkung, und ich schieße Sie auf der Stelle nieder..."

Er lenkte sein Pferd zurück an die Spitze der Schwadron neben den Fähnrich mit dem Regimentswipfel und gab das Zeichen zum Angriff. Im Schutz eines bewaldeten Flussufers trabten die schweren Armeepferde auf das Indianerlager zu.

Cunningham und Shakopee wechselten einen stummen Blick. Der undurchdringlichen Miene des Halbbluts war nicht abzulesen, was hinter seiner Stirn vor sich ging.

Cunningham winkte seine Abteilung hinter sich her und führte sie auf eine Anhöhe, von der aus das Grasland sich weit nach Osten und Südosten hin ausdehnte. Keine Spur von Indianern.

 

Wenige Minuten später hörte er den donnernden Hufschlag der angreifenden Kavalleristen. Und kurz darauf ein vielstimmiges "Hurra!" Schüsse fielen, Frauen schrien.

Nach zwei Stunden war alles vorbei. Die Tipis der Sioux brannten lichterloh, ihre Pferde wurden ins Grasland hinausgejagt.

Die meisten der Frauen und Kinder und einige ältere Männer flohen panisch über den Fluss, in den nahen Wald oder ins Grasland hinaus. Fast ein Dutzend starb im Kugelhagel der Soldaten oder in den brennenden Zelten.

Cunninghams Gesicht wirkte noch kantiger als sonst, als er mit seiner Abteilung am Rande des brennenden Lagers vorbeiritt. Das Atmen fiel ihm schwer, sein Brustkorb fühlte sich an, als hätte er sich unversehens mit Steinen gefüllt. In Gedanken sah er das Cheyennelager brennen, in dem er seine Kindheit und Jugend verbracht hatte.

Er wünschte sich, er hätte sein Glück als Viehzüchter versucht, als Landvermesser, als Eisenbahner, als weiß der Teufel was - jedenfalls nicht als Späher der US-Kavallerie.

Roosters Leute fanden zwei gefesselte Crow-Indianer in einem der Tipis. Die Crow waren den Weißen schon seit Jahren freundlich gesonnen. Vor allem der Armee. Die beiden Männer wussten zu berichten, dass Kundschafter Little Bears zwei Tage zuvor das Sioux-Lager besucht hatten. Angeführt von einem weißen Mountainman.

Sie hatten sogar aufgeschnappt, in welcher Gegend die Cheyenne Little Bears sich versteckt hielten.

Rooster ließ ihnen eine Karte vorlegen. Mit einem Stift kreisten sie ein etwa vier Quadratmeilen großes Gebiet in den östlichen Ausläufern der Rockys ein. Nicht weit vom Missouri entfernt.

McAuley betrachtete die Karte.

"Zwei Tagesritte", brummte er. "Höchstens drei."

Roosters Miene hellte sich auf.

"Aufsitzen!", brüllte er. Die beiden Schwadronen trabten nach Nordwesten. Bis zum Einbruch der Dunkelheit ließ der Colonel seine murrenden Männer im Sattel sitzen.

Während das Nachtlager endlich aufgeschlagen wurde, ließ er seine Späher rufen. Cunningham und McAuley trafen sich bei ihm. Cunningham hatte seinen Sergeant Shakopee mitgebracht.

"Jeder von Ihnen sucht sich vier Männer aus", befahl Rooster. "Sie, Captain McAuley, pirschen sich von den Bergen aus an das fragliche Gebiet heran. Und Sie, Cunningham, halten sich westlich und dringen von der Grasebene her in die Wälder ein. Finden Sie diese verdammten Rothäute!"

"Und wo treffen wir Sie und die Haupttruppe, Sir?", wollte McAuley wissen.

"Wir folgen Ihnen im üblichen Marschtempo. In spätestens sechs Tagen erwarte ich Sie mit ihren Berichten in diesem Tal." Er deutete auf ein Flusstal am Rande des von den Crow eingekreisten Gebietes.

Shakopee fixierte die Karte mit starren Augen. Cunningham registrierte es beiläufig.

Die Männer legten die Hand an die Hutkrempen und traten ab.

Im Morgengrauen sattelten sie die Pferde. Cunningham ritt mit Shakopee und drei weiteren Männern nach Norden. McAuley und seine vier Leute lenkten ihre Pferde nach Osten in die Rockys hinein.

"Pass auf deinen Skalp auf, Dave!", rief McAuley zum Abschied.

Cunningham winkte schweigend. Ein schlechtes Gefühl nagte in seinen Eingeweiden. Ein ganz schlechtes Gefühl...