Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck

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- San Diego -

der mit über 1 Million Einwohnern nach Los Angeles zweitgrößten Stadt Kaliforniens, die südliche Stadtgrenze bildet gleichzeitig die Grenze der USA nach MEXICO. Bei der Einfahrt folgten wir dem Hinweis auf ein Tourist Information Center, wo ich mich mit einem ausführlichen Stadtplan eindeckte und gleichzeitig nach Übernachtungsmöglichkeiten erkundigte, das freie Stehen war natürlich wieder strengstens verboten. Das erste Angebot gefiel uns überhaupt nicht, also weiter zum nächsten, super, direkt an der Bay gelegen. Zunächst erst einmal den uns zugewiesenen Platz unmittelbar am Ufer belegt, ganz nach unserem Geschmack. Zu unserer Freude gehörte zum Campground auch ein hübsches gemütliches Café, in dem wir schon kurze Zeit später, inzwischen war es schon fast 7 p. m., wieder einmal ein leckeres Dinner nebst kalifornischem Wein genossen, einen traumhaften Ausblick auf die Bay gab es gratis dazu.

Dank Petrus konnten wir am nächsten Morgen wieder bei herrlichem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel aufbrechen zu einer Sightseeing-Tour per Mobi durch die wunderschöne Stadt mit gepflegten Villen und Gärten, in Downtown beeindruckt am meisten das über mehrere Häuserblocks ausgedehnte 6 Stockwerke hohe moderne Einkaufs- und Unterhaltungszentrum Horton Plaza in kühner Glas- und Stahlarchitektur, aufgelockert durch einen kleinen idyllischen Park. Östlich davon schließt sich das historische Gaslamp Quarter an; 16 Häuserblocks mit viktorianischen Bauten aus der Zeit von 1880 bis 1910 sind liebevoll restauriert, daneben gibt es viele modische Geschäfte, Restaurants, Theater und Bars, entsprechend reger Betrieb in den Straßen.

Weiter ging es auf unserer Stadtrundfahrt direkt hinein in den fast 600 ha großen Balboa-Park, der 1915 anlässlich der Panama-California-Ausstellung angelegt wurde und inzwischen die meisten Museen San Diegos, Galerien, Theater und Restaurants beherbergt. Als Wahrzeichen reckt sich der speziell zur Ausstellung errichtete California Tower 60 m hoch in den Himmel, die ihn umgebenden Gebäude sind fast alle im spanisch-maurischen Stil errichtet, sehr schön anzusehen. Auch die Landschaft kommt nicht zu kurz, weitläufige Rasenflächen, etliche kleine Seen, Pinien- und Zypressenhaine und eine reiche subtropische Vegetation machen diesen Park zu Recht zu einem beliebten Erholungsgebiet. Besonders schön das Botanical Building am Seerosenteich, das ursprünglich für einen Bahnhof der Santa-Fe-Eisenbahn konzipiert wurde. Da wir ja leider noch ohne eigenen Rollstuhl reisten und ein Spaziergang deswegen nicht in Frage kam, genossen wir halt die Pracht vom Mobi aus und ließen uns langsam kreuz und quer über die Drives und Boulevards treiben, immer wieder, wenn möglich, unterbrochen durch Fotostopps.

Dann ging es auf direktem Wege an die nordwestlich gelegene Mission Bay mit ihren vielen Buchten und Sandstränden. Unser Hauptziel war jedoch zunächst der berühmte Meerestierpark Sea World, der uns dank der Möglichkeit, dort wieder einen Rollstuhl leihen zu können, doch noch zu einer ausgiebigen Besichtigungstour verhalf. Fast zwei Stunden schlenderten wir durch den hübsch angelegten Park, ließen keine Möglichkeit aus, seine „Bewohner“, wie die verspielten Delphine, die putzigen Ottern, bedrohlich aussehende Haie, possierliche Pinguine, mächtige Walrosse, Seelöwen und die besonders attraktiven tonnenschweren schwarz-weißen Schwertwale, auch Killerwale genannt, aus nächster Nähe in ihrem Element zu beobachten, von denen einige ihre andressierten Künste sehr eindrucksvoll in regelmäßig stattfindenden Shows zur Schau stellen. Trotzdem wäre es uns wesentlich lieber gewesen, diese herrlichen Tiere in freier Wildbahn zu erleben.

Da es inzwischen später Nachmittag geworden war, wurde es Zeit für die Stehplatzsuche. Über die eindrucksvolle Coronado Bay Bridge, die sich über drei Kilometer lang in weiten Kurven über die San Diego Bay hinüber zur Halbinsel Coronado spannt, gelangten wir nach kurzer Zeit zum

- Silver Beach -

und entdeckten einen State Park direkt am endlos scheinenden weißen Sandstrand, genau das Richtige für uns. Zum ersten Mal wurden wir mit „Self-Reservation“ konfrontiert, mussten also zunächst einmal die genauen Anweisungen an der kleinen Holzhütte am Eingang studieren, aus einem Kästchen einen Umschlag mit Formular entnehmen, Namen und Kennzeichen und Datum eintragen, 10 Dollar beifügen und das verschlossene Kuvert in einen Briefkasten werfen; am späten Abend wird von einem Ranger geprüft, ob alle brav bezahlt haben, sehr praktisch! Jetzt konnten wir uns in aller Ruhe einen Platz aussuchen, einige Wohnmobile hatten sich bereits eingefunden und sich in gebührendem Abstand voneinander aufgestellt. Wir reihten uns entsprechend ein, ein freundlicher Gruß zum in größerer Entfernung stehenden Nachbarn, und dann hatten wir nichts Eiligeres zu tun, als uns in unsere Badesachen und sodann todesmutig in die schäumenden recht kühlen Wellen des Pazifiks zu stürzen, herrlich! Für das Abspülen des Salzwassers waren genügend Duschen am Strand vorhanden. Nach diesem ausgiebigen Badevergnügen schmeckte das leckere Abendessen an Bord besonders gut. Danach blieb noch Zeit, endlich einmal jede Menge Karten an die Lieben daheim zu schreiben, die natürlich mit Blick auf einen spektakulären Sonnenuntergang ganz besonders gefühlvoll ausfielen.

Am nächsten Morgen wurden wir durch prasselnden Regen geweckt. Aber schon, nachdem wir der wunderschönen Küste den Rücken gedreht und uns auf der Interstate 8 in eine imposante Gebirgslandschaft hinaufgeschraubt hatten, lugte die Sonne wieder aus den Wolken hervor. Nach etwa einer Stunde tauchten wir in eine völlig andere Welt, Wüste, so weit das Auge schaute, riesige bizarre Kakteen recken ihre vielen Arme hoch in die Luft, das Leben schien erstarrt, flimmernde Hitze, absolute Stille, kein Auto weit und breit, wir ganz allein unterwegs, jetzt bloß keine Panne! Plötzlich ein unheimliches Heulen in der Luft, eine schwarze Wand kam auf uns zu, wir konnten gerade noch die Fenster schließen, bevor uns eine dichte Staubwolke völlig einhüllte, einer der berüchtigten Sandstürme hatte uns voll erwischt. Da hilft nur eines, die Geschwindigkeit auf ein Minimum drosseln und mit vollem Licht langsam vorantasten, schlimmer als der dichteste Nebel.

Endlich nach einer äußerst anstrengenden Stunde der Hinweis auf eine Rest Area, auf der wir uns bei Kuchen und Sprite allmählich vom ständigen Starren auf die Straße erholten. Dann war der ganze Spuk vorbei, und nur mehr oder minder hohe Sandverwehungen zeugten noch von dem Spektakel. Unser linker Blinker schien etwas abbekommen zu haben, jedenfalls funktionierte er nicht mehr, auch das noch! Auf der Tankstelle in Yuma, dem ersten größeren Ort direkt hinter der Grenze in

- ARIZONA -

konnte man ihn nicht reparieren, also weiter mit linker Hand aus dem Fenster, wenn nötig. Auf wechselnden Highways und Interstates erreichten wir gegen 6 p. m. unser Tagesziel,

- Phönix -

die Hauptstadt Arizonas. Die in unseren Unterlagen am Stadtrand ausgewiesenen zwei Campgrounds waren auch nach mehreren Rückfragen nicht aufzufinden, wir fuhren kreuz und quer durch die quadratisch angelegten Straßen, die niedrigen Einfamilienhäuser ähnelten sich wie ein Ei dem anderen, keine Menschenseele auf der Straße. Zuletzt stellten wir uns entnervt neben ein hübsches Blumenbeet auf dem großen Parkplatz eines Einkaufzentrums, das erstaunlicherweise schon seit 7 p. m. geschlossen hatte.

Um 10 p. m. Uhr lagen wir bereits todmüde in unserem bequemen Doppelbett, das Licht war aus, als kurz darauf ein Auto mit quietschenden Reifen direkt neben uns hielt. Ein ganz vorsichtiger Blick durch die Vorhänge, ein Policeman umrundete unseren Wagen, o je, jetzt gab’s Ärger! Aber nein, wir hatten Glück, er war einer der Wenigen von der friedlichen Spezies. Nachdem er sich von unserer Ungefährlichkeit überzeugt hatte, zog er wieder ab, und wir konnten endlich in den wohlverdienten Schlaf sinken, aus dem wir leider um 6 a. m. abrupt gerissen wurden durch den Höllenlärm einer Kehrmaschine, die fast auf Kollisionskurs ging, außerdem sorgte ein automatischer Sprenger auf dem Blumenbeet für eine kostenlose einseitige Wagenwäsche, nach dem gestrigen Sandsturm bildeten sich hübsche Rinnsale.

Zum Frühstücken suchten wir uns schleunigst einen etwas ruhigeren Platz. Danach fragten wir uns zunächst zu einer Chevrolet- Service-Station durch, die uns Gott sei Dank den Blinker sofort reparierte, so dass wir beruhigt bei wieder strahlendem Sonnenschein zu einem Kurztrip in das Zentrum aufbrechen konnten, das allerdings kaum Sehenswürdigkeiten im klassischen Sinne bietet. In Bahnhofsnähe stießen wir auf den historischen Stadtkern, wo einige hübsch renovierte Fassaden von heute privat genutzten Häusern noch etwas vom Flair vergangener Tage vermitteln. Als Kontrast recken sich die schwarz glänzenden Türme des supermodernen Arizona Centers in den Himmel, daneben im Schatten der Hochhäuser gleich einem musealen Relikt die zartrosa getönte St. Mary’s Basilica.

Da uns eines der größten Highlights unseres Urlaubs, der unvergleichliche

- Grand Canyon National Park -

der für diesen Tag auf dem Programm stand, magisch anzog, drehten wir Phönix verhältnismäßig schnell den Rücken, verließen die Wüstenregion in nördlicher Richtung und tauchten ein in dichtes Waldgebiet, ab und zu unterbrochen durch kleine mehr oder minder gepflegte Ortschaften mit den typischen überwiegend weißen niedrigen Holzhäusern, im Ortskern ist die Hauptdurchgangsstraße stets gesäumt von aneinander gereihten kleinen Läden, bunte Reklame, so weit das Auge blickt. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto öfter winkten die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains herüber. Nach dem Eintreffen in der gemütlichen Universitätsstadt Flagstaff, wo wir unsere gewohnte, von uns sehr geschätzte Kuchenpause einlegten, hatten wir etwa 2/3 der 225 Tagesmeilen geschafft (in den USA wird die Entfernung in Meilen angegeben, 1 Meile = 1.609 km) Je weiter wir vorankamen, desto dramatischer gestaltete sich die Landschaft. Mit dem etwa 3.800 m hohen Humphreys Peak nordöstlich von Flagstaff war der höchste Punkt Arizonas erreicht.

 

Dann endlich lag es vor uns, das fast zum nationalen Heiligtum erhobene Naturwunder, der Grand Canyon, seit 1979 zum Weltnaturerbe der UNESCO gehörend. Wir hatten sofort den nächsten sich uns bietenden Aussichtspunkt am South Rim Drive, eine direkt am Canyonrand entlangführende Straße, den Mather Point, angesteuert, dank der vielen angebotenen Behindertenparkplätze sofort unser Mobi abstellen können und blickten nach ein paar Schritten erschauernd auf das sich uns darbietende grandiose Panorama. Keine noch so faszinierende Beschreibung kann den Besucher auf das Ausmaß der gigantischen Schlucht vorbereiten. Die atemberaubende Weite und Tiefe dieses Canyons, seine unbeschreibliche Schönheit, seine bizarren Formen und Farben, von ockergelb, graublau über Rot in allen Tönen bis Violett in der Sonne leuchtend, ließen uns vor Ehrfurcht erstarren, eine schmerzhafte Gänsehaut zog sich von den Zehenspitzen bis in die Haarwurzeln.

Laut Meinung der meisten Geologen gräbt (fräst) sich der Colorado River seinen gewundenen Weg seit ungefähr 6 Mio. Jahren durch das mehr oder minder harte Gestein und hat im Laufe der Zeit eine klaffende Schlucht von 450 km Länge und 6 bis 29 km Breite geschaffen, bis zu 1.600 m tief fallen die Wände am Südrand hinunter zum sich wie ein dünner Faden dahinschlängelnden Fluss. Er arbeitet heute an etwa 1,8 Mrd. alten Granitschichten, also breitet sich ein unvorstellbarer Abschnitt der Erdgeschichte vor den Augen des überwältigten Besuchers aus.

Nur sehr schwer konnten wir uns losreißen, aber da die Uhr schon 5 p. m. zeigte, wurde es Zeit, sich um einen Platz zu kümmern. Die Campgrounds im Grand Canyon Village waren alle restlos belegt, also zurück zur Haupteinfahrt, dort hatten wir endlich Glück, d. h., was die Stehmöglichkeit anbelangte; der Versuch, einmal wieder zu dumpen, schlug fehl, das was wir schon von Anfang an befürchtet hatten, passierte, der starre Plastikschlauch brach, als wir ihn anschließen wollten. Was jetzt? Es war schon 6.30 p. m., wo sollten wir eine noch offene Werkstatt finden? Wir fanden schon nach kurzer Zeit und auch einen netten Monteur, der sich bereitwillig an die sich als sehr schwierig herausstellende Reparatur machte. Die üblichen Fragen wurden gestellt: „Where are you from and where are you going?“ Dann empfahl er uns einen Film im nahe gelegenen Imax, der stündlich laufen sollte.

Eine halbe Stunde später reihten wir uns in eine unendlich lange Schlange ein, danach musste der Film wirklich gut sein. Obwohl wir keinen Rollstuhl hatten, wurden wir sofort vom netten Personal ganz nach vorne geholt. Das von mir erwartete Gedränge beim Einlass blieb jedoch aus, wir mussten einen langen Gang hinter uns bringen bis zum eigentlichen Eingang, und das dauert bei uns halt ein bisschen länger. Obwohl viel Platz vorhanden war, überholte uns niemand, alle blieben brav hinter uns. Als ich mich umdrehte und eine einladende Geste machte, doch vorbeizugehen, winkte man freundlich ab: „Don’t hurry, it’s time enough!“ Sehr angenehm! Der Film war mehr als lohnenswert, ein Erlebnis besonderer Art. Auf einer überdimensionalen Leinwand wurde zunächst die Entstehungsgeschichte des Grand Canyon gezeigt, das Leben der menschlichen und tierischen Bewohner aus vergangenen Epochen bis in die heutige Zeit. Durch Kameraführung und einen irren Sound fühlten wir uns mitten in das Geschehen versetzt. In der Kanzel eines kleinen Flugzeuges sitzend tauchten wir scheinbar tief in den Canyon ein, berührten fast die steil aufsteigenden Wände, dann brachen wir uns beinahe das Genick bei halsbrecherischer Fahrt auf einem Floß durch die tosenden Stromschnellen des Colorado River. Damit noch nicht genug, zum Schluss stürzten wir uns todesmutig mit einem Drachenflieger über den Canyonrand in den gähnenden Abgrund, ein Aufschrei ging durch das ganze Kino. Wahnsinn!

Dieses Abenteuer hatte uns natürlich sehr hungrig gemacht. Wir steuerten also umgehend ein nettes Restaurant in der Nähe an. Der Wirt entpuppte sich als Deutscher und freute sich, einmal wieder deutsche Laute hören zu können. Oh Wonne, es gab Kasseler mit Sauerkraut und Kartoffelpüree, eine willkommene Abwechslung. Bei dem Dessert konnten wir auch nicht widerstehen, Milchreis mit frischen Früchten, köstlich! Nach solcherlei Genüssen kehrten wir hochzufrieden in mondbeschienener Nacht auf unseren Stehplatz zurück, wo wir schon bald dem nächsten Tag entgegenträumten.

Wieder war Petrus uns wohlgesinnt, die Sonne strahlte nur so vom Himmel bei angenehmen Temperaturen um 20°C. Gegen 9.30 a. m. brachen wir auf und gingen sofort auf den etwa 40 km langen East Rim Drive, nahmen jeden Aussichtspunkt mit. Die bekannteste Aussicht eröffnet sich am Yavapai Point, der Blick geht über das Gewirr der vielfarbigen tausendfach gestuften Felsformationen bis hinüber zum North Rim und tief hinein in die faszinierende Canyonwelt. Natürlich besuchten wir auch das dort befindliche Museum, in dem man Hochinteressantes über die Geologie und die Entstehung des Grand Canyon erfährt und durch die riesigen Panoramascheiben nochmals den überwältigenden Ausblick genießen kann. Das taten wir dann auch vom Yaki Point, die dunkle Granite Gorge im Blickfeld, und vom Grand View Point, der seinen Namen völlig zu Recht trägt, bietet sich doch von dort eines der schönsten Panoramen. Die Straße endet mit dem Desert View, von dem dortigen Aussichtsturm aus öffnete sich uns nach Osten hin ein grandioser Blick auf die Painted Desert, eine wie mit den allerbuntesten Farben bemalte Wüstenregion.

Mit dem Verzehr von Hot Dogs aus dem auf dem Parkplatz aufgebauten Imbissstand hatte die Erde uns endgültig wieder. Schweren Herzens trennten wir uns, fuhren aber weiter durch traumhafte Landschaft, meilenweit ging es auf einsamer Straße vorbei an hoch aufgetürmten Felsmassiven, die typischen Schattierungen von Ocker, dunklem Rot, über Rosa, Violett bis zur gesamten Graupalette leuchteten in der Sonne, sehr dekorativ die eingestreuten dunkelgrünen Pflanzenbüschel. Immer wieder ergaben sich sagenhafte Ausblicke auf die steil aufragenden Ufer des Colorado River, und immer wieder wurde die Kamera gezückt, über 200 herrliche Dias erinnern uns allein an diese Region. Mit dem kleinen Städtchen Page erreichten wir den Lake Powell mit seinem imponierenden Staudamm, das azurblau schimmernde Wasser und die sich darin spiegelnden weiß-rosa Felsen boten abermals eine atemberaubende Kulisse. Und weiter ging es wie gehabt, wir waren einfach überwältigt von der maßlosen Schönheit dieser unberührten Landschaft. Trotzdem mussten wir allmählich an einen passenden Stehplatz denken, der Nachmittag ging langsam zur Neige. Gegen 6 p. m. entdeckten wir in dem kleinen Städtchen Kanab, inzwischen hatten wir die Grenze nach

- UTAH -

überfahren, einen sehr schön direkt unter einem bizarren roten Felsen gelegenen Campground, und schon bald genossen wir in einer gemütlichen Inn in unmittelbarer Nähe ein vorzügliches Dinner. Total ermüdet von den unendlich vielen Eindrücken des Tages lagen wir schon um 10 p. m. in unserem gemütlichen Doppelbett mit Blick auf den dekorativ angestrahlten Felsen.

Dank Petrus konnten wir am folgenden Vormittag bei wiederum herrlichem Sonnenschein zu unserem nächsten Highlight aufbrechen, dem

- Zion Nationalpark -

den wir auch bald über das kleine Städtchen Springdale erreichten. Für seine Beschreibung gehen mir allmählich die Adjektive aus, einfach irre, atemberaubend! Durch das tief eingeschnittene Tal des Virgin River, eines Nebenflusses des Colorado, führt die Straße an gen Himmel ragenden Wänden entlang, rechts und links löst eine gewaltige Bergformation die nächste ab, fast alle über 2.000 m. Ein 12 km langer Scenic Drive führt durch eine prachtvolle Szenerie aus schroffwandigen, bis zu 900 m tiefen Talschluchten, Mesas (Tafelbergen), Felsendomen und Tausenden von Zinnen, deren Farbenspiel von Weißgrau über Orange- und Rottöne bis zu kräftigem Violett reicht. Die vorherrschende Farbe im Park ist rot in vielen Schattierungen, sogar die Straßen sind rostrot.

Nach fast zweistündigem Genießen brachen wir in südwestlicher Richtung auf, weiter ging’s durch nach wie vor unendliche prächtig gefärbte Felsenlandschaft. Kurz hinter dem kleinen Städtchen St. George überfuhren wir wieder die Grenze nach ARIZONA und standen schon nach kurzer Zeit am gigantischen Hoover Dam, der mit seiner imposanten Höhe von 221 m und 380 m Breite den Black Canyon absperrt, durch den sich der Colorado zwängt. Der durch den Fluss gebildete riesige Lake Mead mit seinen imponierenden Ausmaßen von 185 km Länge und bis zu 180 m Tiefe ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wassersportler.

Nachdem wir von der Staumauer aus, die übrigens die Grenze nach

- NEVADA -

bildet, die sich bietenden spektakulären Ausblicke genügend genossen und natürlich auch fleißig im Bild festgehalten hatten, wendeten wir uns unserem Tagesendziel zu, der glitzernden Glücksspielmetropole Las Vegas, die sich wie eine Vision aus der leblosen Wüste erhebt. Ernüchterung machte sich bei uns breit, als wir am späten Nachmittag langsam den die Stadt von Südwesten nach Nordosten durchziehenden breiten Hauptboulevard, der unter der Bezeichnung Strip Weltberühmtheit erlangt hat, entlangfuhren. Riesige Unterhaltungspaläste, Nachtlokale, Bars, Spielkasinos, luxuriöse Hotels mit überdimensionaler Architektur reihen sich aneinander, besonders auffallend der bombastische weiß-goldene Rundbau des Caesars Palace, bescheiden dagegen die kleine ockerfarbene, aber sehr berühmte hölzerne Hochzeitskapelle mit ihrem über dem seitlichen Eingang hoch aufragenden dunkelgrauen, sehr spitzen Turm, gekrönt von einem metallenen Kreuz. Erst als mit beginnender Dämmerung Millionen bunter Neonlichter und unzählige riesige in allen Farben blinkende Reklameschilder und Leuchtfiguren die Szenerie illuminierten, konnten wir uns einer gewissen Faszination nicht entziehen.

Da alle angebotenen Dinner-Shows ausverkauft waren, kein Wunder am Freitagabend, versuchten wir zunächst in einem der vielen Spielkasinos unser Glück, d.h., überwiegend waren wir als Zuschauer unterwegs. Um unsere Urlaubskasse nicht zu arg zu strapazieren, setzten wir lediglich die für einen gewieften Spieler lächerliche Summe von 100 Dollar in kleine Chips um, die wir, oh Wunder, an einem Roulette-Tisch in kleinen Schritten um 20 Dollar vermehrten.

Rechtzeitig vor dem Ende unserer Glückssträhne verließen wir diesen verführerischen Ort und gingen auf die Suche nach einem gemütlichen Restaurant, gar nicht so einfach in dieser gigantischen Unterhaltungsmetropole, außerdem durfte der Parkplatz für unser großes Wohnmobil auch nicht allzu weit entfernt sein. Endlich gegen 9 p. m. meinten wir das Richtige gefunden zu haben, hinter dem Namen El Rancho hatten wir allerdings keinen Chinesen vermutet. Nun gut, aßen wir nach langer Zeit einmal wieder chinesisch.

Nachdem wir uns an einer Reihe von kunterbunten, höllisch klappernden und scheppernden Spielautomaten, natürlich alle besetzt von zum Teil lauthals fluchenden Glücksrittern, vorbeigearbeitet hatten, diese einarmigen Banditen sind einfach überall, waren wir froh, in einem ganz gemütlichen Raum zu landen, in dem wir unser wohlverdientes Dinner in aller Ruhe genießen und uns auch ohne überlautes Gedudel aus irgendwelchen Lautsprechern nett unterhalten konnten. Zum Abschluss des Abends ließen wir uns noch einmal so langsam wie möglich den glitzernden Prachtboulevard rauf- und runtertreiben, schon sehr eindrucksvoll! Kurz vor Mitternacht schlichen wir uns einfach auf einen der riesigen sehr vollen Hotelparkplätze, natürlich kein anderes Motorhome weit und breit, so dass wir mitten zwischen den „Kleinen“ weithin sichtbar herausragten. Trotzdem schliefen wir ohne unliebsame Störung tief und fest bis zum wieder sonnigen Morgen.

 

Zufällig waren wir auf dem Parkplatz des grandiosen Hotelpalastes Circus Circus gelandet, der mit seinen zeltähnlichen weiß-rosa gestreiften Anbauten seinem Namen gerecht wird. Mit laufender Reklame lud man zum Breakfast für 2,29 Dollar ein. Warum nicht? Wir bereuten unseren Entschluss allerdings, als wir auf die unendlich lange Warteschlange vor dem großen Frühstückssaal stießen. Aber nun waren wir schon so weit gekommen und mussten da durch. Auf der linken Seite des Raumes war auf drei langen nebeneinander stehenden Tafeln ein reichhaltiges Büfett angerichtet. Ordnungskräfte in prächtigen Uniformen sorgten dafür, dass man sich erst an einem der Tische niederließ, wenn man sich vorher schön brav in einer Reihe durch die schmalen Gänge geschlängelt und dabei im Vorübergehen seinen Teller gefüllt hatte. Gerd durfte natürlich schon früher ausscheren, hatte zwei Plätze in der Nähe belegt, und ich war froh, dass ich mit zwei voll beladenen Tellern nicht lange jonglieren musste; einen Nachschlag zu fassen, war bei den nachrückenden Massen schier unmöglich. Wir ließen uns das mühselig erworbene Frühstück trotzdem schmecken, über den Preis konnte man ja echt nicht meckern.

Um 11.30 a. m. brachen wir frisch gestärkt auf zu neuen Abenteuern. Als wir an der letzten Ampelkreuzung warten mussten, fiel uns ein junger Mann auf, der ein großes Pappschild hochhaltend am rechten Straßenrand stand. „I’ll work for food!“ hatte er mit ungelenken Buchstaben aufgeschrieben. Das in dieser Stadt, wo das Geld keine Rolle zu spielen scheint, welch ein krasser Gegensatz! Einigermaßen erschüttert verließen wir den Ort in südwestlicher Richtung; wohltuend der Sprung von der lauten Glamourwelt in die freie Natur, die sich abermals in den bereits begeistert geschilderten Formen und Farben darbot.

Nach etwa 65 km überfuhren wir wieder die Grenze nach