Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck

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- Venedig -

zu erreichen, deren Schönheit wir bereits 20 Jahre zuvor mit unseren Kindern auf einer unserer Ferienreisen an die Strände Italiens kennen gelernt hatten. Mittels Pfahlrosten auf etwa 120 eng aneinander liegenden Inseln erbaut, von zahlreichen kleinen Kanälen durchschnitten, verbunden durch rund 400 Brücken, übt sie mit ihrer Vielzahl wunderschöner alter Paläste, Kirchen und anderer berühmter Bauwerke noch immer eine große Anziehungskraft auf ihre unzähligen Besucher aus, obwohl sie auf dem schlammigen Untergrund langsam im Wasser versinkt.

Natürlich standen wir an der Reling, als wir auf der „Prachtstraße“ Venedigs, dem 3.800 m langen und bis zu 70 m breiten Canale Grande, gesäumt von imposanten Bauten aus alter Zeit, langsam an dem prächtigen Dogenpalast mit seinen kunstvoll verzierten Arkaden vorbeiglitten, dahinter am Markusplatz aufragend die fünf mächtigen Kuppeln der Sankt-Markus-Kirche und der viereckige hohe Campanile, ein berühmter Glockenturm. Venedig und seine Lagune wurden 1987 von der UNESCO zur Welterbestätte erklärt.

Die letzte Strecke bis zu unserem Anleger wurden wir von einem Lotsenschiff bugsiert. Zu dem Zeitpunkt befanden wir uns jedoch nach einer Lautsprecherdurchsage bereits in irrem Gedränge im Salon, wo sämtliche Pässe der Passagiere, zu Beginn eingesammelt, jetzt in heillosem Durcheinander auf einem großen Tisch liegend, durch einzelnes Aufrufen der Namen wieder ausgeteilt wurden, eine sehr langwierige Prozedur, immerhin waren über 500 Personen an Bord. Das Ausschiffen klappte dann wenigstens einigermaßen gut.

Nachdem wir im Konvoi die Autostraße, die Venedig mit dem Festland verbindet, hinter uns gebracht hatten, gingen wir auf die Autobahn und brausten ohne Aufenthalt durch die fruchtbare Poebene bis an den etwa 120 km entfernten herrlichen Gardasee, das größte Binnengewässer

- ITALIENS -

inmitten grandioser Gebirgskulisse der Voralpen. Genau zur rechten Zeit, unsere Uhren hatten wir inzwischen wieder um eine Stunde zurückgestellt, stießen wir auf eine ideale Übernachtungsmöglichkeit, einen naturbelassenen Parkplatz direkt am südöstlichen Ufer, unmittelbar daneben eine große Liegewiese mit Badestrand.

Dort wurden die Siebensachen aber gerade eilends zusammengepackt, denn am Himmel hatte sich ein gewaltiges Gewitter zusammengebraut, das sich kurze Zeit später mit Blitz und Donner und kräftigem Regenguss entlud. Der See schwarz und drohend mit weißen Schaumkronen durch den aufkommenden Sturm. Alles, was noch unterwegs war an Seglern, Motoryachten, Ruder- und Paddelbooten strebte so schnell wie möglich dem schützenden Ufer zu. Da wir keine Lust hatten, diesen schönen Platz wieder zu verlassen, gab es aus den noch vorhandenen Vorräten ein leckeres Abendessen an Bord. Bei immer noch trommelndem Regen holten wir zum ersten Mal in diesem Urlaub unser Kniffelspiel aus dem Schrank und würfelten, was das Zeug hielt, bis uns die Müdigkeit übermannte.

Der Sonntagmorgen zeigte sich von seiner besten Seite, also entschlossen wir uns spontan, noch einen Tag auf der Liegewiese und im inzwischen wieder smaragdgrünen klaren Wasser zu verbringen, dabei ausgiebig die traumhafte Aussicht genießend. Am Abend wurde der dritte Eintopf geöffnet und da wieder heftige Schauer aufzogen, Revanche beim Kniffeln gefordert.

Drei volle Tage blieben uns noch für die Rückfahrt. Bei wieder strahlendem Sonnenschein erwartete uns am Montag eine fast 50 km lange herrliche, manchmal kurvenreiche Fahrt unmittelbar am Ufer des lang gestreckten, jetzt spiegelglatten und in allen Blautönen schimmernden Sees entlang, durch idyllische Ferienorte, teilweise in die grünen Hänge bis an die Felsengrenze hineingebaut; zu beiden Seiten, sich hintereinander auftürmend, schroffe Bergriesen, die hohen Gipfel von weißen Wölkchen umspielt.

Anschließend ging es auf nicht minder schöner Strecke via Autobahn durch atemberaubendes Hochgebirge, ganz besonders dramatisch um Bozen herum, malerisch in einem Flusstal zu Füßen der wuchtigen Kulisse der Dolomiten gelegen mit ihren gen Himmel strebenden Gipfeln von über 2.000, einige sogar über 3.000 m Höhe; die größten Steigungen durch etliche Tunnel umgehend; von in weiten Schwüngen harmonisch in die Landschaft eingefügten gewaltigen Brücken aus Schwindel erregender Höhe Traumblicke auf grüne Täler zwischen dunkel bewaldeten Hängen, dahinter über 2.000 m aufragend schneebedeckte Gipfel, die Häuser tief unten zwischen schlanken Tannen wie aus dem Modellbaukasten. Nach etwa 200 Kilometern erreichten wir den Brenner, den 1.375 m hohen Alpenpass in Tirol.

Weiter trug uns unser braves Mobi durch überwältigendes Alpenpanorama, inzwischen wieder in

- ÖSTERREICH -

über die gigantische Europabrücke, die kurz vor Innsbruck in 198 m Höhe mit einer Länge von 785 m das romantische Silltal überspannt, bis wir kurz hinter Innsbruck die Autobahn verließen und nach Überwindung von beachtlichen 16 % Steigung in den 1.180 m hohen malerischen Ferienort

- Seefeld -

einfuhren, den Endpunkt unserer Tagesreise. Den etwas außerhalb wunderschön unter hohen Tannen gelegenen Alpenhof, sehr einladend mit seinen kunstvoll bemalten schneeweißen Wänden und dem von bunter Blütenpracht überquellenden dunklen Holzbalkon, erkoren wir als geeignete Bleibe für die Nacht. Der freundliche Wirt hatte nichts dagegen, dass wir auf seinem großen Parkplatz übernachteten, also verspeisten wir schon bald im rustikalen Ambiente der gemütlichen Gaststube mit bestem Appetit auf der Zunge zergehenden Tafelspitz mit Meerrettichsoße und teilten uns zum krönenden Abschluss einen wie immer köstlichen Kaiserschmarren.

Noch ein paar beachtliche Steigungen, und wir passierten schon um 9.00 Uhr am nächsten Morgen ohne großen Aufenthalt die Grenze nach

- DEUTSCHLAND -

gleich dahinter der Luftkurort Mittenwald, malerisch zu Füßen des Karwendelgebirges gelegen, jetzt allerdings eingehüllt in dicke graue Wolken, es nieselte. Aber bereits in Garmisch-Partenkirchen, idyllisch eingebettet in ein weites grünes Tal, hatte ein starker Wind die Wolkendecke aufgerissen und vor blauem Himmel zeigte sich die atemberaubende Gebirgskulisse, herausragend der schneebedeckte Gipfel der Zugspitze, mit 2.962 m die höchste Erhebung der deutschen Alpen.

Allmählich die dramatische Bergwelt hinter uns lassend, ging es weiter auf landschaftlich sehr schöner Strecke inzwischen wieder in strahlendem Sonnenschein durch den romantischen Pfaffenwinkel, so genannt nach seinen vielen alten Klöstern und Kirchen, ein ganzes Stück am leise gurgelnden grünen Lech entlang, dabei mitten durch das hübsche Landsberg mit seinem barocken Ortsbild und Toren und Türmen der mittelalterlichen Stadtmauer. Auf dem belebten Marktplatz, rundherum die in allen Pastellfarben leuchtenden Häuserfassaden, legten wir mit Blick auf den plätschernden, von leuchtend bunten Blumenrabatten umgebenen, mit vielen Skulpturen verzierten Marienbrunnen und ein mächtiges gotisches Turmtor im Hintergrund unsere obligate Teepause ein, zwar etwas verfrüht, aber ein naher Bäcker mit ofenfrischem Butterkuchen war eine zu große Verführung.

Frisch gestärkt reihten wir uns kurz vor Augsburg in den fließenden Verkehr auf der Autobahn ein, die uns in großzügigen Schwüngen durch herrliche Landschaft führte, bewaldete Hügel, weite fruchtbare Felder, saftig grüne Wiesen mit sicherlich glücklichen Kühen, an sanften Hängen idyllische Ortschaften, auf hoher Brücke über die Donau hinweg, dann quer über den schroffen Gebirgsrücken der Schwäbischen Alb, auf kühn aufragenden Basaltkegeln immer wieder mächtige Burgen und Ruinen, bis in einem Talkessel

- Stuttgart -

unser Tagesendziel, vor uns auftauchte. Wir nahmen eine der ersten Abfahrten und suchten uns in einem ruhigen Vorort eine Bleibe für die Nacht, ein schöner Parkplatz am romantischen Neckar kam uns gerade recht. Das auswärtige Abendessen ließen wir allerdings ausfallen, denn inzwischen hatte es auch meinen Schatz erwischt, und bei mir zeigten die Tabletten ebenfalls keine Wirkung mehr. Aber der Kühlschrank bot ja noch immer einige Auswahl.

Unser letzter Urlaubstag, es war immerhin schon der 1. Juni, gab bereits einen Vorgeschmack auf den nahenden Sommer, Sonne satt. Traditionsgemäß wollten wir zum Abschluss noch einmal am Deutschen Eck in Koblenz übernachten. Also gingen wir so schnell wie möglich wieder auf die Autobahn bis kurz vor Bingen. Von dort aus genossen wir wie schon so oft die herrliche Fahrt unmittelbar am linken Rheinufer entlang, bis wir am späten Nachmittag auf unserem angestammten Parkplatz direkt an der Mündung der Mosel in den Rhein eintrafen und auch das Glück hatten, in der ersten Reihe noch eine Lücke zu ergattern, denn wie immer hatten sich an diesem bevorzugten Ort schon wieder etliche Wohnmobile eingefunden. Da es uns immer noch nicht besonders gut ging, verbrachten wir den Abend an Bord, von unseren gemütlichen Vordersitzen aus bei Cola und Salzstangen als letztes Hausmittel das gewohnte rege Leben und Treiben auf Mosel und Rhein und der Promenade direkt vor uns beobachtend.

 

Am Donnerstag ging’s auf kürzestem Wege via Autobahn zurück nach Düsseldorf, genau 6.378 Kilometer hatte unser Zähler registriert, ein wieder sehr interessanter und durchweg gelungener Urlaub, abgesehen von dem unschönen Mitbringsel, das uns und ganz besonders mir noch sehr schwer zu schaffen machte, während mein Schatz sich einigermaßen schnell erholte. Trotz sofort eingeleiteter Therapie durch unseren Hausarzt verbesserte sich mein Zustand überhaupt nicht, auch stärkende Infusionen vermochten nicht zu verhindern, dass ich immer mehr abnahm. Eine dreitägige stationäre Untersuchung im Krankenhaus brachte ebenfalls keine Klärung. Endlich, ich war schon auf 48 kg abgemagert, entdeckte man in einem Spezialinstitut für Tropenkrankheiten den Erreger, der offensichtlich sehr schwer nachweisbar ist, denn gefunden wurde er nicht bei mir, sondern bei Gerd, der sich Gott sei Dank gleichfalls untersuchen ließ.

Die Reaktion unseres Arztes nach Erhalt der Diagnose: “Diese verflixten Lamblien!“ Es handelt sich um Erreger, die hauptsächlich im Wasser vorkommen und somit beim Schwimmen aufgenommen werden können oder etwa beim Verzehren von gewaschenem Salat und laut Aussage eines Arztes sogar in gekochtem Tee überleben. Na, dann wunderte mich gar nichts mehr! Jetzt konnte gezielt therapiert werden und innerhalb von ein paar Tagen war der Spuk ausgestanden. Auf den Fotos von der Hochzeit unserer Tochter Gaby, die Anfang August desselben Jahres stattfand, sehe ich noch etwas hohlwangig aus, doch langsam ging es wieder bergauf. Aber, wie schon gesagt, trotz dieser Misere haben wir auch an diesen Urlaub eigentlich nur sehr schöne Erinnerungen.

Von San Francisco in den Westen der USA

Im Herbst 1989 wurden wir unserem Mobi zum ersten Mal untreu, von Deutschland aus mieteten wir durch Canusa Touristik in Hamburg ein 24-25 feet Motorhome (um 8 m) bei einem Vermieter in San Rafael, einige Meilen nördlich von San Francisco. Wir starteten am 7. September, einem Donnerstag, mit LTU einigermaßen pünktlich um 11.15 Uhr von unserem Heimatflughafen. Die Maschine war mit 300 Personen restlos ausgebucht. Nach einem sehr angenehmen, überwiegend ruhigen Flug über die Shetland Inseln und Grönland mit herrlichen Ausblicken landeten wir um 1 p. m. am selben Tag (9 Std. Zeitverschiebung) in

- San Francisco -

(in einigen Ländern unterscheidet sich die Beschreibung der Uhrzeit von der bei uns üblichen, a. m.= ante meridiem -vormittags- und p. m.= post meridiem -nachmittags-).

Unsere älteste Tochter Gaby holte uns nebst Ehemann Diethard mit einem großen amerikanischen Schlitten, einem Ford Mercury, den sie auf den Namen Mario getauft hatten (rostbraun mit mittelblauen ledernen Sitzbänken) vom Flughafen ab. Sie hatten im August des Vorjahres, wie schon erwähnt, in Hamburg geheiratet und waren, beide inzwischen zugelassene Rechtsanwälte, zwecks Studium unseres Schwiegersohnes zum MBA an der dortigen Uni drei Wochen nach ihrer Hochzeit nach San Francisco gezogen. Gaby war in der Zwischenzeit in einer PR Agentur zum Account Manager aufgestiegen und trug dadurch zum Auffüllen der Haushaltskasse bei.

Da Diethard noch zur Uni musste, nutzten wir den Nachmittag sofort für eine kleine private Stadtrundfahrt. Zu dritt bequem auf der durchgehenden breiten vorderen Bank sitzend, erklommen wir bei herrlichem Sonnenschein den Russian Hill auf der Lombard Street, der „krummsten Straße der Welt“, die sich am Osthang zu einer steilen Einbahnstraße verjüngt und sich mit ihrem roten Ziegelsteinpflaster bei 40% Gefälle in zehn Haarnadelkurven zwischen gärtnerisch sehr hübsch gestalteten Anlagen hindurch schlängelt, von dort ging`s in flottem Tempo empor zum Telegraph Hill mit seinem 64 m hohen Coit Tower, der 1934 als Feuerwehr-Ehrenmal errichtet worden ist und von dessen Aussichtsterrasse man einen herrlichen Blick genießt auf Downtown, den ehemaligen Fischereihafen Fisherman`s Wharf mit seinen bunten Geschäften und Restaurants, die berühmt-berüchtigte ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz, und last not least das wohl bekannteste Wahrzeichen San Franciscos, die die Bay überspannende sehr imposante auffallend rotgolden schimmernde Golden Gate Bridge, 1937 nach vier Jahren Bauzeit fertig gestellt, mit einer Spannweite von 1280 m und ihren 227 m hohen Pylonen eine der größten und schönsten Hängebrücken der Welt, und weiter östlich die ein Jahr früher eröffnete, über zwei Ebenen gehende Oakland Bay Bridge, die wir später noch aus der Nähe bewunderten; eine zauberhafte Stadt zum Verlieben, kein Wunder, dass sie bei fast jedem Besucher spontane Begeisterung hervorruft.

Weiter chauffierte uns unsere bestens informierte „Reiseführerin“ kreuz und quer durch die Straßen, natürlich wurde auch die supersteile Webster Street, auf der der Wagen fast senkrecht in die Höhe steigen muss, nicht ausgelassen. Gegen Abend erreichten wir fast zusammen mit unserem Schwiegersohn das Domizil der beiden in der Pierce Street in Marina in unmittelbarer Nähe zur Bay. Sie hatten eine wunderschöne Wohnung in der 3. Etage eines 6 Parteien-Hauses gemietet, ein typischer weißer Holzbau mit hochgeklappter Feuerleiter. Vom großen Fenster ihres Wohnzimmers aus hatte man einen traumhaften Blick auf die Golden Gate Bridge, wenn nicht gerade eine dicke weiße Nebelwolke vom Pazifik hereinwaberte.

Bei einem leckeren Abendessen wurde ausgiebig geklönt, und dem Jetlag keine Chance gebend, beendeten wir erst um Mitternacht diesen so ereignisreichen Tag. Drei mindestens ebensolche folgten, unsere Tochter hatte sich für diese Zeit frei genommen, um uns die von beiden so heiß geliebte Stadt ausführlichst vorführen zu können, was sie dann zu unserer Begeisterung am Freitag und Samstag auch gründlich tat; Diethard musste tüchtig in der Uni büffeln

Ganz bequem von unserer breiten Sitzbank aus ließen wir bei gleich bleibend schönem Wetter langsam alle nur denkbaren Sehenswürdigkeiten an uns vorüberziehen; die an Manhattan erinnernden imposanten Hochhäuser des Civic Center, die pompöse City Hall mit ihren unzähligen Säulen und einer mächtigen 92 m hohen Kuppel, die sich, umgeben von gepflegten Rasenflächen über zwei Straßenblocks erstreckt, nach dem verheerenden Erdbeben von 1906 wieder völlig neu aufgebaut; das ebenfalls im klassizistischen Stil errichtete War Memorial Opera House von 1932, auf dessen Bühne 1945 die Charta der Vereinten Nationen unterzeichnet worden ist und die 1980 eröffnete Symphony Hall mit ihrer rundum laufenden Fensterfront und dem silbrig glänzenden flachen Kuppeldach, eine der größten Konzerthallen der USA; den Union Square, der palmengeschmückte sehr belebte Hauptplatz des Downtown Shopping Centers mit den größten Kaufhäusern der Stadt; den nicht minder geschäftigen Financial District, das Bankenviertel mit der 1969 fertig gestellten 237 m bzw. 52 Stockwerke hohen marmorverkleideten Zentrale der Bank of America und dem architektonischen Höhepunkt dieses Stadtbezirks, der 1972 vollendeten 280 m hohen Transamerica Pyramid mit der ungewöhnlichen aluminiumverkleideten Gitterturmkonstruktion; als krasser Gegensatz dazu die im Adobe-Stil (Lehm-Stroh-Technik, angewandt durch die Indianer) 1776 unter dem Namen San Francisco de Asis von spanischen Franziskanern errichtete kleine Mission Dolores, die die Wiege Franciscos verkörpert; die benachbarte Basilika hat man erst 1918 erbaut. Wenn auch Wolkenkratzer die Skyline der Stadt bestimmen, so sind es doch die alten viktorianischen Holzhäuser, die den Charme von San Francisco ausmachen; die schönsten und immer wieder abgelichteten Exemplare, die der Großbrand von 1906 verschont hatte, findet man am parkähnlichen Alamo Square, wunderschön herausgeputzt und äußerst fototrächtig vor der fernen Skyline aufgereiht.

Natürlich wurde auch unsere Stadtrundfahrt ständig durch Fotostopps und kurze Besichtigungen unterbrochen, auch der Magen kam selbstverständlich auf seine Kosten, u. a. genossen wir in einem sehr hübschen Restaurant in Chinatown, eine exotische Welt voller prallem buntem Leben, die fernöstliche Küche.

Abends versuchten wir in einem kleinen gemütlichen Familienrestaurant in der etwas weniger belebten, aber durch ihre typischen wunderschön gestalteten Gartenanlagen, die fünfstöckige Peace Pagoda, die vielen hübschen Tempel, Schreine und Teehäuser nicht minder sehenswerten Japantown unser Glück mit Stäbchen, allerdings gaben wir schon nach kurzer Zeit entnervt auf und griffen auf die in weiser Voraussicht bereitgelegten Gabeln zurück, während Gaby und Diethard, der abends natürlich mit von der Partie war, dank längerer Übung die Kunst bestens beherrschten.

Es führte zu weit, alle an diesen zwei Tagen besuchten Sehenswürdigkeiten ausführlich zu beschreiben, diese Stadt bietet einfach zu viel, also folgt ein stichwortartiger Abriss: Fisherman’s Wharf, ein vor allem für die Touristen südländisch herausgeputzter Hafen mit bunten Geschäften, Restaurants und Straßencafés, nicht zu vergessen den zahlreichen Straßenkünstlern; unter dem südlichen Brückenkopf das gut erhaltene Fort Point, 1853 von der amerikanischen Armee an der Stelle eines spanischen Forts zum Schutz der Einfahrt in die Bucht errichtet, heute ein Militärmuseum, von dessen Top man einen wunderschönen Ausblick genießt; nicht zu vergessen der traumhafte Blick von den etwa 300 m aufragenden Twin Peaks genannten Zwillingsbergen auf die gesamte Stadt, die Bay bis hinüber nach Oakland; das 590 ha umfassende Presidio, ein früherer Stützpunkt der US-Army, inzwischen der größte Teil zum Nationalpark erklärt, eine der grünen Lungen der Stadt; außerdem last not least der liebliche über 400 ha große Golden Gate Park, einer der größten und schönsten Stadtparks der USA mit mehr als 5.000 verschiedenen Pflanzenarten; in Gehegen werden diverse Hirscharten und Bisons gehalten; mehrere Seen und Teiche sowie eine Reihe von Denkmälern bereichern die riesige Grünanlage. Wunderschön der im südwestlichen Teil des Parks gelegene Japanese Tea Garden und sehr hübsch anzusehen das Conservatory of Flowers, ein im viktorianischen Stil erbautes Gewächshaus; für Sportliebhaber gibt es einen ausgedehnten Golf Course.

Natürlich wollten wir auch eine Fahrt mit der berühmten Cable Car nicht missen, also ließen wir den Wagen stehen und enterten eine dieser bunten Bahnen an der nächstliegenden Station zu einer oft sehr schrägen Rundtour. Ein kurzer Ausflug führte uns über die imposante Golden Gate Bridge nach Sausalito, ein Vorort von San Francisco, wo als spezielles Charakteristikum an fünf verschiedenen Stegen eine kleine Armada von Hausbooten festgemacht hat, teils bohemehaft und phantasievoll, teils exotisch und bizarr. Bevor wir den Rückweg über die Brücke nahmen, genossen wir von einem hoch gelegenen Aussichtspunkt aus den direkten Blick auf dieses einmalige Bauwerk und die dahinter in der Ferne aufragende Skyline. Die Tage waren viel zu schnell zu Ende, obwohl wir immer bis fast ein Uhr morgens klönten.

Am Sonntag erwartete uns alle ein ganz besonderes Ereignis, die San Francisco Opera, eine immer im Sommer stattfindende Veranstaltung auf einer riesigen Wiese innerhalb des Golden Gate Parks. Es war irre voll, dicht gedrängt hockten picknickende Menschen, zum Teil phantasievoll kostümiert, auf niedrigen Klappstühlen oder Decken auf dem Rasen, etwas seitlich hatten einige sogar ein Beduinenzelt aufgebaut und tafelten entsprechend gekleidet von silbernen Tabletts und tranken rot funkelnden Wein aus hohen Kristallgläsern. Wir arbeiteten uns mit einem riesigen, wohl bestückten Picknickkorb durch die brodelnde Menge, bis wir noch ein leeres Plätzchen fanden, auf dem wir uns „häuslich“ einrichten konnten. Um 2 p. m. ertönte durch riesige Lautsprecher die Nationalhymne, gespielt von einem Orchester auf einer hoch gelegenen großen Bühne, alle sprangen auf, Hüte vom Kopf, rechte Hand aufs Herz, und während aus Tausenden von Kehlen mit Inbrunst gesungen wurde, zog man langsam die amerikanische Flagge am Mast empor, ein sehr erhebender Augenblick.

Dann genossen wir zweieinhalb Stunden lang ein Feuerwerk der Musik und natürlich auch den leckeren Inhalt des Picknickkorbes. Bekannte Stars der San Francisco Opera sangen ein Potpourri von Arien u. a. aus Carmen von Bizet, Barbier von Sevilla von Rossini, Tannhäuser von Wagner und v. a. m. Die Stimmung war grandios, viele Zuschauer schwenkten „Bravo-Schilder“, die Begeisterung kannte keine Grenzen, am Schluss jede Menge Zugaben und Standing Ovations. Wir ließen dieses tolle Erlebnis ausklingen mit einer Rundfahrt durch den herrlichen Park. Den Abend verbrachten wir in der gemütlichen Wohnung, bei Selbstgebrutzeltem und ein paar Gläschen kalifornischem Wein wurde wieder angeregt geklönt, dann Domino gespielt bis kurz vor Mitternacht, für die beiden begann schließlich am nächsten Morgen der normale Alltag.

 

Wir nutzten den Vormittag zum Zusammenpacken unserer Siebensachen. Als Diethard mittags aus der Uni kam, brachte er uns zur Vermietstation nach San Rafael, wo dann um 4 p. m. die Übergabe stattfand. Da stand es vor uns das stolze Gefährt, schneeweiß mit dunkelblauen Querstreifen und mehrfarbigen geometrischen Figuren, blitzblank geputzt außen wie innen, mit seinen über 8 m ca. 2 m länger als unser eigenes Mobi, durch einen zusätzlichen Alkoven waren insgesamt 4 Schlafplätze an Bord. Wir benutzten dann allerdings ausschließlich das breite gemütliche Doppelbett im hinteren Bereich des Wagens, der Alkoven diente als zusätzliche Gepäckablage.

Ansonsten war alles da, was man brauchte, um sich wohl zu fühlen, ein weicher unempfindlicher Teppichboden; hinter der Fahrerkabine, die bequem über eine niedrige Stufe durchgängig zu erreichen war, auf der linken Seite ein breiter Tisch mit zwei gegenüberliegenden gepolsterten Sitzbänken an großem Panoramafenster, rechts ein drehbarer äußerst bequemer Sessel, im mittleren Teil hinter der Eingangstür auf der rechten Seite die Küchenzeile mit mehr als das Herz begehrt, nämlich außer einem dreiflammigen Gasherd gab es noch einen großen Backofen, von uns lediglich zum Aufbacken der Frühstücksbrötchen benutzt, die in Amerika wohl unentbehrliche Mikrowelle, einen überdimensionalen Kühlschrank und ein zusätzliches Gefrierfach, in dem wir einen Vorrat an Zartbitterschokolade aufzubewahren pflegten; daneben rundeten zwei chromglänzende Spülbecken das Bild ab. In einem hohen Kleiderschrank konnten wir gut den Inhalt eines Koffers unterbringen, außerdem gab es noch genügend weiteren Stauraum in Form von Oberschränken und Schubfächern, alle Fronten aus edlem Holz. Hinten rechts neben dem Doppelbett fand ein großzügiges Bad mit Spiegelschrank, WC und bequemer Duschwanne unser Wohlgefallen.

Rundum zufrieden brachen wir nach etwa einstündiger Einführung, versehen mit sämtlichen Papieren, allen möglichen Gebrauchsanweisungen und genügend Kartenmaterial auf; Diethard war inzwischen wieder zur Uni zurückgekehrt. Den Automatikhebel (gehört in Amerika in fast allen Wagen zur Standardausrüstung) auf D gestellt und los ging’s ohne große Eingewöhnungsmöglichkeit direkt vom Platz auf den sehr belebten Highway, erlaubte Höchstgeschwindigkeit 55 mph (88 km/h). Doch weil ja neben mir am Steuer ein Routinier saß, entspannte ich mich schon nach kurzer Zeit und wandte mich meiner Aufgabe zu, dem Fahrer mit Hilfe des reichlich vorhandenen Kartenmaterials den rechten Weg zu weisen.

Da Gaby und ich am Abend gemeinsam unsere Lebensmittelvorräte einkaufen wollten, kehrten wir also zunächst zur Pierce Street zurück, wo wir gegen 6 p. m. eintrudelten. Eine ganze Weile waren wir dann damit beschäftigt, all unsere Siebensachen, und das waren eine ganze Menge, generalstabsmäßig im Mobi zu verstauen und dieses nach getaner Arbeit ganz in der Nähe in einer Querstraße zu parken, da direkt vor dem Haus Halteverbot. Wir entspannten uns bei einem gemeinsamen leckeren Abendessen, das unsere Gastgeber inzwischen zubereitet hatten. Um 9.30 p. m. (!) fuhren Gaby und ich gemeinsam zu Safeway ganz in der Nähe. Bei dem Wahnsinnsangebot in dem riesigen Supermarkt, in dem übrigens trotz fortgeschrittener Stunde reges Leben herrschte, benötigten wir über eine Stunde. Wie herrlich entspannt man dann an der Kasse zusehen konnte, wie vier fleißige Hände die Ware nach der Registrierung vom übervollen Laufband in große Papiertüten beförderten und diese dann in einem bereit gestellten leeren Einkaufswagen stapelten, das wird für Deutschland wohl leider ein ewiger Wunschtraum bleiben.

Fast eine Stunde nahm das Verstauen der ganzen Köstlichkeiten, darunter zu meiner Freude auch deutsches Schwarzbrot, in Anspruch, danach saßen wir vier noch gemütlich bei einigen Gläsern kalifornischem Wein und angeregter Unterhaltung zusammen, genossen noch einmal den Blick auf die beleuchtete Golden Gate Bridge, um uns dann weit nach Mitternacht von Gaby und Diethard zu verabschieden, da wir die Nacht bereits im Wohnmobil verbringen wollten und die beiden morgens sowieso wieder früh aufbrechen mussten. Um 2 a. m. lagen wir dann endlich todmüde in unserem gemütlichen Doppelbett.

Bis 7.30 a. m. schliefen wir immerhin tief und fest durch, bis wir von vorbeifahrenden Autos und laut klappenden Türen geweckt wurden. Nach erster Morgentoilette im „Luxusbad“ beschlossen wir, zum Frühstück an den Yachthafen am Marina-Boulevard zu fahren, wo wir einen sehr schönen Parkplatz mit Blick auf Alcatraz fanden, die Golden Gate Bridge lag wie häufig um diese Tageszeit unter dickem Nebel verborgen. Wir ließen uns die ersten im Ofen aufgebackenen Brötchen schmecken und alles, was sonst noch so dazu gehört. Dann ging es frisch gestärkt südlich Richtung Highway One, der als eine der Traumstraßen der Welt gilt und vom hohen Norden Amerikas bis fast an die Grenze Mexikos meistens direkt an der Pazifischen Küste entlang verläuft. Ein starker Wind hatte die anfänglichen Wolken vertrieben, und die Sonne strahlte nur so vom Himmel. Flotte Rhythmen von mitgebrachten heimischen Kassetten verbreiteten beste Urlaubslaune.

Gleich hinter der quirligen Studentenstadt Santa Cruz öffnet sich die etwa 40 km lange sanft geschwungene Bucht von Monterey, mit der einer der schönsten Küstenstriche in Kalifornien beginnt, dramatische Steilküsten wechseln sich ab mit weiten weißen Traumstränden, an wild zerklüfteten Klippen brechen sich laut donnernd die gischtenden Wogen des Pazifiks, klar, dass wir uns keinen der dargebotenen Lookouts entgehen ließen. Gegen Mittag erreichten wir die ehemalige Landeshauptstadt Monterey. Natürlich führte uns unser Weg zunächst zu deren bekanntester Adresse, der Cannery Row (Straße der Oelsardinen), übernommen aus dem gleichnamigen Roman des bekannten Schriftstellers John Steinbeck, wo einst durch riesige Sardinenschwärme vor der Küste eine lukrative Konservenindustrie blühte. Durch Buch und Verfilmung desselben ist sie zur Touristenattraktion geworden und lockt jetzt mit einer bunten Anhäufung von Souvenirläden, Boutiquen, Galerien und Restaurants eine Unmenge von Besuchern an. Wegen des herrschenden Gedränges und mangels passenden Parkplatzes machten wir Sightseeing vom Mobi aus, arbeiteten uns vor zum nahe gelegenen Fisherman’s Wharf, dem kleinen Fischereihafen, wo ebenso buntes Treiben herrschte. Am Yachthafen fanden wir dann endlich einen schönen Parkplatz für unsere traditionelle Teepause, die einzige Mahlzeit zwischen ausgiebigem Frühstück und dem Abendessen. Wir genossen nebst herrlichem Ausblick köstliche Muffins aus dem reichlich gekauften Vorrat.

Weiter ging’s über Pacific Grove, eine kleine beschauliche Ortschaft mit hübschen viktorianischen Häusern, die im Westen nahtlos an Monterey anschließt, auf den berühmten 17 Miles Drive, eine private gebührenpflichtige Panoramastraße, die malerisch an der von Pampasgras und uralten windzerzausten Zypressen gesäumten zerklüfteten Felsenküste entlangführt, vorbei am Seal and Bird Rock, bevölkert von einer unübersehbaren Menge brüllender Seelöwen; auf den wild bewegten Wellen sich tummelnd oder mit ihren weiten Schwingen lautlos in der Luft schwebend, um im nächsten Moment im Sturzflug auf das Wasser hinunterzustoßen, Hunderte von Kormoranen, Pelikanen und kreischenden Möwen, die sich den schroffen Felsen mit den etwas plumperen tierischen Bewohnern teilen. Unser mitgebrachtes Fernglas leistete uns sehr gute Dienste. Natürlich war es ein absolutes Muss, die wohl am meisten auf der Welt fotografierte hoch oben auf einem schroffen Klippenvorsprung thronende einsame Zypresse, die so genannte Lone Cypress, im Bild festzuhalten, die dort schon seit mehr als 200 Jahren den rauen Meereswinden trotzt.

Vorbei am manikürten Golfplatz am traumhaften Pebble Beach erreichten wir schließlich mit dem bezaubernden Örtchen Carmel, den südlichen Endpunkt des Drive. Hier findet äußerst gepflegtes Wohnen hinter Kiefern und Zypressen statt. An der eleganten Beach Avenue reihen sich Boutiquen, Galerien und Gasthöfe im attraktiven Tudor-Stil aneinander. Gern hätten wir der berühmten Carmel Mission, 1770 von den Spaniern erbaut, inmitten einer exotischen, leuchtend bunt blühenden Gartenanlage gelegen, einen kurzen Besuch abgestattet, aber leider war das schmiedeeiserne Tor verschlossen, und ein Schild verkündete: „Closed at 5 p. m.“ Das sollte uns bei unseren Reisen durch Amerika noch öfter passieren. Wie verträgt sich das eigentlich mit dem „American way of life“? Etwas enttäuscht schoss ich wenigstens ein Foto durch die Stäbe des Zaunes.