Allmächtig? Ohnmächtig? Gerecht?

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

„Sie haben Recht“, erwiderte ich. „Dieses ,müssen‘ hört sich nach Zwang an. So meine ich es hier aber nicht. Es geht um eine notwendige Voraussetzung, nicht um einen göttlichen Zwang. Ohne Vertrauen konnte die Harmonie nicht bestehen bleiben.“

„Das ist mir jetzt klar geworden.“

„Um Gottes Reaktion auf die Machenschaften Satans zu verstehen, müssen wir noch etwas bedenken: Wie hätte es sich auf die loyalen Engel und alle anderen intelligenten Wesen ausgewirkt, wenn Gott Satan wegen seiner Bestrebungen aus dem Weg geschafft hätte?“

„Er hätte sich wohl manches erspart“, meinte meine Gesprächspartnerin.

„Auch auf lange Sicht? – Nennen wir die Sache mal klar beim Namen: Gott wäre wie ein Mörder erschienen, denn die Engel hätten ja – wie Ihre Nachbarn bei meinem absurden Beispiel – den Grund dieser Maßnahme nicht verstanden. Welche Folgen hätte das wohl gehabt?“

„Wahrscheinlich hätte sich niemand mehr getraut aufzumucken. Die Engel hätten Angst bekommen.“

„Das denke ich auch. Bei der Erziehung von Kindern ehen wir ja, wohin das führt: Gehorsam, der durch Druck oder Angstmacherei erzwungen wird, bringt auf Dauer den Charakter eines Rebellen hervor.“

„Das kenne ich. Ich bin mit viel Druck erzogen worden. Das erzeugt Angst, aber keine Einsicht. Ich weiß, wovon ich rede. Und irgendwann wird man trotzig und rebellisch – wenn man innerlich noch nicht zerbrochen ist.“

Ich nickte. „Auf Gott und das Universum bezogen bedeutet das: Wenn er Luzifer vernichtet hätte, hätten die Engel ihm aus Angst statt aus Liebe gedient und der nächste Aufruhr wäre vorprogrammiert gewesen. Die Lügen und Verleumdungen Satans hätten Nahrung bekommen. Mit dem Ausüben seiner Macht konnte Gott das Problem also nicht lösen!

Und nun können Sie sich Ihre Ausgangsfrage selbst beantworten“, sagte ich und sah sie erwartungsvoll an: „Warum hat Gott das Böse nicht beseitigt, obwohl er doch allmächtig ist?“

„Hätte er Satan beseitigt, dann wäre damit tatsächlich nichts gewonnen gewesen. Irgendwann hätten die Engel keine Lust mehr gehabt, Liebe zu Gott vorzutäuschen und in Angst zu leben. So geht es ja auch den Menschen, die in Diktaturen leben. Das wäre so, als ob Gott Öl ins Feuer gegossen hätte.“

„Das sehe ich genauso. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt: Das Problem, das Luzifer durch seine Bestrebungen, Lügen und Verleumdungen aufgebracht hat, war mit dem Einsatz von Macht nicht zu lösen – selbst mit Gottes so genannter ,Allmacht‘ nicht.

Gehen wir noch einmal zurück: Gott hat keinen Satan geschaffen, sondern einen vollkommenen Engel namens Luzifer, der der oberste der Cherubim war.14 Sie erinnern sich sicher, dass in Weihnachtsliedern öfter von den Cherubim, den höchsten Engelwesen, gesungen wird. Luzifer hat sich selbst zum Teufel, zum Verleumder gemacht, und zum Satan, zum Feind Gottes.

Das Böse war also nun aufgetreten. Was konnte Gott tun, um es wieder aus der Welt – oder besser: aus dem Universum – zu schaffen? Wie konnte er die Engel und alle vernunftbegabten Geschöpfe davon überzeugen, dass die Behauptungen und Unterstellungen Satans Lügen und Verleumdungen waren?“

Meine Nachbarin sah mich eine Weile nachdenklich an und sagte dann: „Eigentlich hätte Gott einen öffentlichen Prozess veranstalten müssen. Alles müsste wie in einer rechtsstaatlichen Gerichtsverhandlung ablaufen. Die Beweise müssen auf den Tisch, Zeugen werden gehört und Plädoyers gehalten. Und am Ende würden die Geschworenen und Richter ein Urteil fällen. Wer nichts zu verbergen hat, dürfte vor solch einer Verhandlung eigentlich keine Angst haben – besonders dann nicht, wenn das Gericht in der Lage ist, alle verborgenen Tatsachen ans Licht zu bringen.“

„Genau das ist letztlich die Lösung Gottes“, sagte ich. „Es wird am Ende einen ausführlichen Gerichtsprozess geben. Doch zuvor müssen erst einmal klare Beweise gesammelt werden, damit die Entscheidung eindeutig ausfällt. Sonst würde ja lediglich Behauptung gegen Behauptung stehen. Sie kennen das aus Filmen mit Gerichtsprozessen.

Das bedeutet: Gott musste Satan unbedingt Gelegenheit geben, seine Anschuldigungen gegen ihn zu beweisen und durch sein Handeln zu zeigen, was dahintersteckt und wie sein wahrer Charakter ist. Gott konnte nur darauf setzen, dass Satan sich im Laufe der Zeit selbst entlarven und sich die Maske vom Gesicht ziehen würde.“

„Welche Anschuldigungen waren denn das?“

„Gott sei selbstsüchtig, von Machtstreben getrieben und ungerecht. Er lasse sich von seinen Geschöpfen bedienen, tue aber nichts wirklich für sie.

Die Gegenbeweise ergeben sich daraus, dass er in seinem Handeln und in seiner Reaktion auf Satans Machenschaften seinen Charakter und die Prinzipien seiner Regierung demonstrierte – indem er ihn eben nicht gleich vernichtete, sondern barmherzig und liebevoll reagierte. Er appelliert an das Urteilsvermögen der Engel und aller intelligenten Geschöpfe, auch der Menschen.

Die schrecklichen Folgen der Erhebung Satans und seiner Art der Regierung werden schließlich vor dem gesamten Universum deutlich werden. Sein wahrer Charakter wird ebenso wie der wahre Charakter Gottes offenbar werden. Dann kann sich jedes intelligente Wesen am Schluss im Gericht sein eigenes Bild machen, um zu einem gerechten und tragfähigen Urteil zu kommen.“

„Das hört sich gut an“, meinte meine Gesprächspartnerin.

„Um Gottes Handeln besser zu verstehen, ist ein weiterer Punkt wichtig. Da ein Vorwurf Satans lautet, Gott sei ungerecht und unfair – manche bevorzuge und andere benachteilige er –, muss er in seinem Handeln gegenüber Satan absolut fair vorgehen. Gott darf sich also keine Rechte herausnehmen, die er nicht auch gleichermaßen Satan zugesteht. Er darf Satans Handeln nicht einschränken! Und deshalb kann er auch die Folgen davon nicht von Fall zu Fall aufheben oder verhindern.“

„Heißt das, er muss Satan einfach machen lassen?“

„Im Prinzip: ja. Das Drama der Sünde muss einmal durchgespielt werden, damit am Ende alle sehen, wohin eine Rebellion gegen Gott führt. Alle müssen erkennen, dass Gott wirklich barmherzig, liebevoll und gerecht ist und unsere Liebe und unser Vertrauen verdient.

Das Ganze wird dann gewissermaßen wie eine Schutzimpfung wirken: Nachdem alle Fragen geklärt sind und der Bazillus Sünde genügend Antikörper hervorgebracht hat, wird das Universum immun sein gegen jede erneute Auflehnung gegen Gott.“15

„Das klingt ganz schön phantastisch.“

„Ja, aber ich vertraue darauf, dass Gott mit seiner Art des Vorgehens dieses Ziel erreichen wird. Und im Grunde bin ich Luzifer sogar dankbar, dass er diesen Aufruhr angefangen hat.“

„Wieso das?“, fragte sie erstaunt. „Das klingt ziemlich zynisch.“

„Mag sein“, antwortete ich. „Aber weil er das höchste erschaffene Wesen ist, wird niemand je auf die Idee kommen, er sei zu dumm gewesen, um diese Rebellion erfolgreich zum Ziel zu führen.“

„Dafür nehmen Sie aber viel in Kauf, auch wenn es uns die Gewissheit geben sollte, dass das Ganze nicht noch einmal passiert.“

„Der Preis ist hoch. Aber nachdem Luzifer seine Erhebung begonnen hatte, konnte Gott nicht anders vorgehen, wenn er nicht alle Geschöpfe verlieren wollte.“

Sie sah mich nachdenklich an. Nach einer kleinen Pause fragte sie: „Wann soll denn dieser Aufruhr stattgefunden haben?“

„Das sagt uns die Bibel nicht. Das muss aber einige Zeit vor dem Sündenfall unserer Voreltern Adam und Eva gewesen sein.“

„Dazu habe ich auch noch einige Fragen.“

„Das sprachen Sie ja vorhin schon an.“

In diesem Augenblick wurde uns das Abendessen serviert.

„Jetzt tut uns eine kleine Pause sicher gut“, meinte ich.

„Das finde ich auch. Ich heiße übrigens Margot Naumann“,16 sagte meine Nachbarin und gab mir die Hand.

Ich entschuldigte mich, dass ich mich noch nicht vorgestellt hatte, und holte es nun nach. Dann aßen wir schweigend unsere Pasta.

4
Gibt es Ufos? Verführungen durch Satans Engel

Wir flogen in die Nacht hinein. Der Himmel hatte sich blassorange verfärbt. Eine Weile blickten wir hinaus. Unter uns lag Neufundland.

„Was mich am Fliegen immer wieder begeistert“, sagte ich zu Frau Naumann. „ist die Tatsache, dass über den Wolken am Tage immer die Sonne scheint – ganz gleich, wie grau der Himmel beim Abflug ist. Das mache ich mir manchmal bewusst, wenn ich an trüben Tagen niedergeschlagen bin: Eigentlich scheint ja die Sonne, auch wenn ich sie nicht sehe. Für mich ist das ein gutes Bild für die Liebe und Nähe Gottes.“

„Ja, über den Wolken ist es immer schön“, sagte meine Gesprächspartnerin etwas in Gedanken versunken. „Und vieles sieht von hier oben so klein und unwichtig aus. – Sehen Sie mal da drüben, das Licht. Das sieht aus wie ein Ufo.“ Sie schmunzelte und zeigte auf ein Flugzeug mit weißem Blinklicht, das durch die letzten Strahlen der Sonne beleuchtet wurde. Es flog in einiger Entfernung neben uns her.

„Wie denken Sie über Ufos?“, fragte sie plötzlich. „Fliegende Untertassen – gibt es die? Kann es sein, dass wir Besuch von anderen Planeten bekommen, oder sind Ufos nur Sinnestäuschungen?“

„Gerade vor einigen Wochen habe ich einen Bericht über den Stand der Forschung auf diesem Gebiet gesehen“, erzählte ich. „Es scheinen inzwischen auch seriöse Wissenschaftler überzeugt zu sein, dass manche Sichtungen von Ufos nicht eingebildet sind.“

„Aber es gibt doch auch immer irgendeine natürliche Erklärung dafür. Mal ist es das Nordlicht, mal ein Satellit oder ein Gasballon.“

 

„Ein großer Prozentsatz der Sichtungen ist sicher natürlich zu erklären. Aber einige können nicht wissenschaftlich erklärt werden – gut dokumentierte Fälle, bei denen Piloten, Wissenschaftler oder Polizisten Objekte gesehen haben, die nicht in unser Weltbild passen. Man hat sogar eindeutige Abdrücke und Verbrennungen auf dem Boden gefunden und untersucht, die offenbar mit Ufos in Verbindung standen.“

„Das heißt also: Sie glauben auch, dass es außerirdische Wesen gibt?“

„Ja, aber nicht im Sinne von, Marsmenschen‘ oder was man in manchen Science-Fiction-Filmen sieht. Ich denke, dass einige der Ufo-Sichtungen keine Sinnestäuschungen sind und die Besucher tatsächlich nicht von dieser Welt stammen. Nach der Bibel sind auch die Engel gewissermaßen Außerirdische. Aber sie sind nicht darauf angewiesen, mit irgendwelchen Fluggeräten umherzureisen. Sie können unsichtbar sein oder auch eine sichtbare Gestalt annehmen.“

„Wenn sie nicht auf Fluggeräte angewiesen sind, worin besteht dann der Bezug zu den Ufos?“ Sie runzelte die Stirn.

„Möglicherweise sind das die Engel, die sich Satan angeschlossen haben, die Dämonen“, erklärte ich. „Sie haben wie die loyalen Engel besondere Fähigkeiten und können Dinge tun, die wir uns nicht erklären können.“

„Das verstehe ich aber nicht: Wenn sich die bösen Engel auch unsichtbar machen können und keine technischen Hilfsmittel benötigen, warum sollten sie dann in Ufos zu uns kommen?“

„Die Heilige Schrift zeigt uns, dass die bösen Mächte ein großes Interesse daran haben, uns zu täuschen und zu verführen, um uns von Gott abzubringen und uns ins Verderben zu stürzen.17 Daher kann ich mir vorstellen, dass Dämonen hinter manchen Ufo-Erscheinungen stecken.“

Sie sah mich zweifelnd an.

„Als ich noch ein Kind war – ich muss 12 oder 13 gewesen sein“, erzählte ich. „waren meine Eltern mit einem älteren Herrn befreundet. Er hieß Arfst Newton Arfsten und lebte auf der Nordseeinsel Föhr. Dort hatten sie ihn im Urlaub kennengelernt. Als er noch berufstätig war, arbeitete er in Kiel und New York als Dozent für Atomphysik. Er war ein nüchtern denkender Naturwissenschaftler. In New York geriet er in Kreise, die sich mit Spiritismus und Telepathie befassten. Für ihn waren das alles nur Tricks oder Sinnestäuschungen, eben Humbug.“

„So sehe ich das auch“, warf Frau Naumann ein.

„Deshalb wollte er seine Freunde entlarven“, fuhr ich fort. „Um ihren Tricks auf die Schliche zu kommen, nahm er an ihren spiritistischen Sitzungen teil.“

„Was meinen Sie damit?“

„Solche Versammlungen, bei denen die Anwesenden mit den vermeintlichen Geistern Verstorbener Kontakt aufnehmen und mit ihnen kommunizieren.“

„Ja, davon habe ich schon gehört. Sind das denn nicht die Seelen Verstorbener?“

„Nein, sicher nicht“, antwortete ich. „Ich würde Ihnen das gern nachher im Zusammenhang mit Adam und Eva begründen. Die Bibel zeigt uns, dass bei diesen Totenerscheinungen Dämonen am Werk sind.“

„Gut, ich nehme das mal so hin und gedulde mich einen Moment“, sagte sie etwas widerstrebend. „Was hat also dieser Atomphysiker mit dem unaussprechlichen Namen erlebt?“

„Einmal bewegte sich ein Tisch, um den er sich mit einer Hand voll Männer versammelt hatte, und begann mit einem der Beine, an dem ein Schreibgerät befestigt war, eine Botschaft zu schreiben. Er versicherte uns, dass es garantiert keine menschliche Manipulation gegeben hatte. Ein anderes Mal erschien eine Gestalt aus dem Nichts und gab vor, der verstorbene Onkel eines Anwesenden zu sein. Ihm wurden Fragen gestellt, deren Antworten nur der Verstorbene und der anwesende Verwandte kannten.“

„Und was hat Ihr Bekannter dazu gesagt?“, wollte meine Nachbarin wissen und rutschte dabei auf die Kante ihres Sitzes.

„Sein Weltbild wurde durch diese Erlebnisse dermaßen verändert, dass er fortan von der Realität des Übernatürlichen überzeugt war. Er glaubte an die Existenz außerirdischer Wesen und an ein Jenseits.“

„Und was hatte er mit Ufos zu tun?“

„Einmal erzählte uns Herr Arfsten eine Ufo-Geschichte. Es ging dabei um eine Begegnung mit Außerirdischen. Ein junger Mann war in Schweden Zeuge einer nächtlichen Ufo-Landung geworden. Er wurde in das Flugobjekt geleitet, verlor dann aber das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, befand er sich mitten in einer spiritistischen Sitzung in Kanada.“

„Wie konnte das sein?“ Frau Naumann sah mich ungläubig an.

„Das kann ich Ihnen auch nicht erklären. Doch die Geschichte scheint mir glaubwürdig zu sein, weil ich Herrn Arfsten kannte. Und die Verbindung zwischen den Ufos und dem Spiritismus überrascht mich nicht. Die Dämonen scheinen sich geradezu einen Spaß daraus zu machen, uns zu verführen. Da sie jede Art Gestalt annehmen können, ist es für sie leicht, uns etwas vorzutäuschen – so auch die Existenz Außerirdischer oder die verstorbener Verwandter. Das tun sie offenbar besonders gern. Satan untermauert damit seine uralte Lüge, die er bereits Eva gegenüber ausgesprochen hat: Der Mensch sei trotz seines Ungehorsams Gott gegenüber unsterblich.“

Meine Sitznachbarin sah mich fragend an. „Das mit dem Tod müssen Sie mir näher erklären. Sie hatten ja versprochen, darauf zurückzukommen.“

„Das tue ich gern.“

5
Erde, Odem und Seele Die Erschaffung der ersten Menschen

„Bereits im Schöpfungsbericht bekommen wir Aufschluss über die Natur des Menschen“, erklärte ich. „Dort heißt es, dass Gott den Menschen ,aus Erde vom Acker‘ bildete.18

Das bedeutet: Die Elemente, aus denen wir bestehen, kommen überall auf der Erde vor, aber Gott ordnete sie in besonderer Weise an. Der Aufbau vieler lebenswichtiger Eiweißmoleküle ist den Wissenschaftlern ja auch heute noch ein Rätsel.

In der Bibel heißt es dann weiter, dass Gott dem ersten Menschen den ,Odem des Lebens‘ einblies.“19

„Das heißt, er hat ihm eine Seele gegeben, nicht wahr?“

„Nicht ganz“, sagte ich, um ein hartes Nein zu vermeiden. „Der Bericht fährt nämlich fort: ,Der Mensch wurde eine lebendige Seele.‘“20

„Also hat er doch eine Seele!“

„Hier kommt es sehr genau auf die Formulierung an: Die Bibel sagt nicht, dass er eine Seele bekam, sondern eine, lebendige Seele ,wurde‘. Der ganze Mensch wird in der Bibel als eine Seele bezeichnet. Früher sagte man ja auch: ,In dem Dorf wohnen 200 Seelen‘ und meinte ganz normale Menschen.

Die Ansicht, dass der Mensch aus Körper und Seele besteht und die Seele nach dem Tode den Körper wieder verlässt und ewig weiterlebt, stammt aus der ägyptischen Mythologie und der griechischen Philosophie. In der Bibel steht davon nichts.“

„Und was ist der Odem? Ist das nicht ein anderes Wort für Seele?“

„Der Odem bewirkt das Leben, daher heißt er ,Odem des Lebens‘. Das ist die Lebenskraft, die eine ,lebendige Seele‘ von einer ,toten Seele‘ unterscheidet. Damit wird im Alten Testament ein Leichnam bezeichnet.21

Vielleicht kann man diesen ,Odem‘ am besten mit elektrischem Strom vergleichen. Durch ihn wurde der Körper, den Gott geschaffen hatte, erst lebendig. Dasselbe Wort wird in der Bibel deshalb auch für den Atem benutzt.“22

„Und was hat das mit dem Tod zu tun?“

„Ein verstorbener Mensch ist wirklich tot, nicht nur ohne Atem, sondern auch ohne jegliches Bewusstsein. Er hat keinen Anteil mehr an dem, was hier auf der Erde geschieht, sagt die Bibel ausdrücklich.23 Daher können Tote auch weder erscheinen noch uns Auskünfte geben. Und deshalb bin ich mir so sicher, dass hinter den spiritistischen Erscheinungen böse Geister stecken, die uns glauben machen wollen, dass die Verstorbenen nicht wirklich tot sind.“

„Ist es denn falsch, was viele Menschen glauben: Dass nämlich die Seelen der Verstorbenen in den Himmel aufsteigen?“, fragte sie etwas verwirrt.

„In der Bibel steht jedenfalls nichts davon“, antwortete ich. „Diese Lehre ist erst später in das Christentum eingegangen.“

„Ihre Bibelgläubigkeit rührt mich“, sagte sie mit ironischem Unterton. „Wie stellen Sie sich das denn praktisch vor, dass Gott aus Erde einen Menschen gemacht hat? Das kann man doch heute nicht mehr ernsthaft glauben mit all unserem Wissen!“ Sie schüttelte zur Bekräftigung den Kopf.

„Der biblische Bericht benutzt natürlich menschliche Ausdrucksweisen und Bilder. Aber in seinen Grundaussagen über die Erschaffung der Menschen steht er durchaus in Übereinstimmung mit unseren modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen“, sagte ich. „Wenn es Sie interessiert, erkläre ich es Ihnen kurz. Wir kommen dann gleich auf die ersten Menschen zurück.“

„Da bin ich aber gespannt, wie Sie mir das nun wieder klarmachen wollen.“ Frau Naumann sah mich dabei etwas spöttisch an. „Ich bin wirklich neugierig. Nur zu!“

„Da der Schöpfungsbericht vor über 3000 Jahren geschrieben wurde, benutzt er natürlich nicht unsere heutigen wissenschaftlichen Ausdrücke“, begann ich. „Wenn Gott den ersten Menschen aus, Staub vom Erdboden bildete‘,24 bedeutet das, dass er Elemente nahm, die überall vorkommen, und sie in eine neue, höhere Ordnung brachte. Modern ausgedrückt: Er steckte Information in Materie hinein.

Inzwischen haben Naturwissenschaftler unsere Erbanlagen weitgehend erforscht. Die gespeicherte Informationsmenge in den Genen ist enorm. Sie ist weitaus größer als die Datenmenge, die in einer 24-bändigen Brockhaus-Enzyklopädie steckt. Es gelang Gott, das alles in den DNS-Molekülen unserer Chromosome zu speichern. Sie sind winzig klein.“

„Und?“, warf sie herausfordernd ein.

„Die moderne Informationswissenschaft, die in Zusammenhang mit der Computertechnologie entwickelt wurde, lehrt uns, dass weder die Materie noch die Zeit Information hervorbringen kann. Informationen werden zwar immer irgendwie auf materiellen Trägern gespeichert, zum Beispiel durch Buchstaben auf Zeitungs- oder Buchseiten, Magnetisierungen auf Videobändern oder digital auf DVDs. Aber nur Information kann Information hervorbringen – weder die Materie noch die Zeit kann das. Ich möchte das mit zwei Beispielen veranschaulichen.

Am Sandstrand werden die Wellen ein Muster hinterlassen, aber nie ein Wort schreiben – egal wie lange wir warten. Wenn wir jedoch eine Flaschenpost am Strand finden, sind wir uns zu Recht sicher, dass jemand mit Intelligenz die Botschaft darin geschrieben hat. Sie ist nicht dadurch entstanden, dass die Flasche lange auf dem Meer getrieben ist.

Und wenn wir einen Affen an einen Computer setzen, wird er zwar ab und zu so auf die Tasten tippen, dass ein verständliches Wort entsteht, vielleicht gar ein kurzer Satz, aber er wird nie eine wissenschaftliche Abhandlung oder einen Roman schreiben, egal wie lange wir ihn am Computer sitzen lassen. Wenn wir etwas Tiefgründiges lesen, sind wir uns sicher, dass das jemand mit Intelligenz geschrieben hat.“

„Aber was hat das mit dem biblischen Bericht zu tun?“

„Die heute gängige wissenschaftliche Ansicht der Evolutionstheorie ist, dass alle Lebewesen und die Menschen sich in Jahrmilliarden aus ursprünglich unbelebter Materie entwickelt haben. Es wird also behauptet, dass die Materie und viel Zeit eine ungeheure Informationsmenge hervorgebracht haben. Das ist jedoch gemäß der Informationswissenschaft unmöglich, denn nur Information kann Information hervorbringen, und die Quelle der Information muss mehr Information besitzen, als sie weitergeben kann.

Durch Zufall kann die Informationsmenge in den Chromosomen auf keinen Fall entstanden sein. Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass die Wahrscheinlichkeit dafür weitaus geringer ist, als wenn man eine altmodische Schriftsetzerei in die Luft sprengen würde und die Lettern so auf die Erde fallen würden, dass man mit ihnen ein vollständiges Wörterbuch drucken könnte, ohne dass es Fehler enthält.25

Wenn in den Erbanlagen des Menschen eine riesige Informationsmenge gespeichert ist, muss die Quelle, aus der sie stammt, noch mehr Information besitzen. Und da diese Quelle durch die Information eine Person hervorbringt, muss sie logischerweise selbst eine Person sein. Solch eine Person, die mehr Information besitzt als alle Menschen zusammen, bezeichnen wir per Definition als Gott.

 

Und genau das sagt auch der biblische Bericht: Gott hat in gewöhnliche Materie, in Elemente, die sich auch im Erdboden befinden, eine solche Ordnung hineingebracht, dass ein menschlicher Körper entstand. Diesem hat er dann Lebenskraft verliehen, damit er lebendig wurde.“

Während meiner Erklärungen war der herausfordernde Ausdruck in ihrem Gesicht verflogen. Nun sah sie fast bestürzt aus.

„Überrascht Sie das?“, fragte ich.

„Das klingt in sich schlüssig“, bemerkte sie kurz. „Und wie ging es nach Aussage der Bibel mit den Menschen weiter?“

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?