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Lavinia

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Henry, der die Oertlichkeit kannte, führte ihn an das Ende des Dorfes zu dem Hause, das seine Cousine bewohnte. Dort verließ er ihn.

Das Haus lag ein wenig von den andern entfernt. Auf der einen Seite lehnte es sich an den Fels, auf der andern beherrschte es die Schlucht. Nur drei Schritte davon stürzte der Bach mit donnerndem Getöse in die Felsrinne, so daß das Haus, das so zu sagen in dies erfrischende, wilde Geräusch eingehüllt war, vom Sturz des Wassers erschüttert und bereit schien, sich mit ihm in die Tiefe zu stürzen. Es war eine der pittoreskesten Lagen, die man wählen konnte, und Lionel erkannte an diesem Umstande den romantischen und etwas bizarren Geschmack der Lady Lavinia wieder.

Eine alte Negerin öffnete ihm die Thür eines kleinen Salons im Erdgeschoß. Kaum fiel der Lichtschein auf ihr glänzendes, schwieliges Gesicht, als Lionel ein Ausruf der Ueberraschung entschlüpfte. Es war Pepa, Lavinia's alte Amme, dieselbe, die Lionel zwei Jahre lang täglich bei seiner Vielgeliebten gesehen hatte. Da er auf eine Gemüthsbewegung nicht vorbereitet war, verwirrte der unerwartete Anblick der Alten, der ihm die Vergangenheit in's Gedächtniß zurückrief, auf kurze Zeit all seine Gedanken. Beinahe wäre er ihr um den Hals gefallen, hätte sie beinahe wie in den Tagen der feurigen Jugend Mutter genannt und sie wie eine würdige Dienerin, eine alte Freundin umarmt, doch Pepa wich drei Schritte zurück und betrachtete Lionels erregtes Wesen mit verdutzter Miene. Sie erkannte ihn nicht wieder.

– Ich habe mich also sehr verändert? – dachte er.

»Ich bin die Person, die Lady Lavinia zu sich befohlen hat,« sagte er dann verwirrt. »Hat sie es Ihnen nicht gesagt?«

»›O doch, Mylord‹« entgegnete die Negerin. »›Mylady ist auf dem Ball; sie befahl mir, ihr ihren Fächer zu bringen, sobald ein Herr Einlaß begehre. Bleiben Sie hier, ich eile, sie zu benachrichtigen‹« – –

Die Alte begann den Fächer zu suchen. Er lag auf der Kante eines Marmortischchens im Bereich von Sir Lionel's Hand. Er nahm ihn auf, um ihn der Alten zuzustellen; der feine Duft desselben haftete noch an seinen Fingern, als sie schon hinausgegangen war.

Dies Parfum wirkte wie ein Zauber auf ihn ein. Seine Nerven durchzuckte es wie ein elektrischer Schlag, der bis in's Herz drang und es erschütterte. Es war Lavinia's Lieblingsparfum: die Essenz eines aromatischen, in Indien wachsenden Krautes, mit der sie vormals ihre Kleider und Handgeräthe zu durchtränken pflegte. Dies Patchouli war eine ganze Welt voll Erinnerungen, ein ganzes Liebesleben: es war ein Theil der ersten Frau, die er geliebt hatte. Sein Blick umflorte sich, seine Pulse pochten heftig. Vor ihm schien eine Wolke zu lagern und in dieser ein braunes, zartes, sechszehnjähriges Mädchen, so feurig und doch so sanft: die Jüdin Lavinia, seine erste Liebe. Schnellfüßig wie ein Hirsch sah er sie vorüberfliegen, wie sie Haideblumen pflückte, das wildreiche Blachfeld seiner Forsten durchstreifte, ihr schwarzes Rößlein durch die Sümpfe spornte – lachlustig, feurig, phantastisch wie Diana Bernow oder die heitern Feen der grünen Insel.

Bald aber schämte er sich dieser Schwäche, indem er an den Ueberdruß dachte, der diese Liebe und all die andern vernichtet hatte. Mit trübsinnig-philosophischem Blick schaute er zurück auf die zehn prosaisch vernünftigen Jahre, die ihn schieden von jener Zeit der Schäferspiele und der Poesie; dann beschwor er die Zukunft herauf, den parlamentarischen Ruhm und den Prunk des politischen Lebens in der Gestalt der Miß Margaret Ellis, die er selbst in der Form ihrer Mitgift anbetete, und zuletzt begann er in dem Zimmer, wo er sich befand, auf und ab zu schreiten und schaute dabei um sich mit dem sceptischen Blicke eines vernünftig gewordenen Liebhabers und eines dreißigjährigen Mannes, der nach einer Stellung im gesellschaftlichen Leben ringt. –

Man wohnt einfach in den Bädern der Pyrenäen, aber Dank den Lawinen und den Sturzbächen, die in jedem Winter die Wohnsitze verwüsten, sieht man in jedem Frühling die Verzierungen und das Mobiliar sich erneuern oder verjüngen. Das Häuschen, welches Lavinia gemiethet hatte, war aus unbehauenen Steinen erbaut und innen ganz mit harzigem Holze getäfelt. Dies weiß gestrichene Holz hatte den Glanz und die Frische des Stucks. Eine in Spanien geflochtene und in verschiedenen Farben schattirte Binsenmatte diente als Teppich. Blendend weiße Basin-Vorhänge fingen den schwankenden Schatten der Tannen auf, deren dunkles Nadelwerk der Nachtwind im flüssigen Mondenlichte schüttelte. Kleine, lackirte Gefäße aus Olivenholz waren mit den schönsten Blumen des Gebirges angefüllt. Lavinia hatte sie in den abgelegensten Thälern und auf den höchsten Gipfeln selbst gepflückt: diese Belladonnen mit der korallenrothen Blumenkrone, dies Eisenkraut mit dem himmelblauen Helmschmuck und dem giftgeschwängerten Kelche, diese weiß und rothen Nelken mit den feingezackten Blättern, dies bleiche Seifenkraut, diese wie Musselin durchsichtigen und ebenso gefalteten Glockenblumen, diesen purpurrothen Baldrian, all diese wilden Töchter der Einsamkeit, die so frisch und duftig blühen, daß sich die Gemse scheut, sie im Laufe mit den Hufen zu berühren und zu knicken, und daß das Wasser der dem Jäger unbekannten Quellen mit seinem lässigen, stillen Strome sie kaum zur Erde beugt.

Dies weiße, duftende Stübchen war wirklich und wie unbewußt zu einem Rendezvous geschaffen; doch daneben schien es auch das Allerheiligste einer reinen, jungfräulichen Liebe. Die Kerzen verbreiteten einen schwachen Schimmer, die Blumen schienen schamhaft ihre Kelche vor dem Licht zu schließen, kein Frauengewand, keine Spur absichtlicher Coquetterie zeigte sich auf den Möbeln, nur ein verwelkter Veilchenstrauß und ein zerrißner weißer Handschuh lagen neben einander auf dem Kamine. Lionel, von einer unwiderstehlichen Bewegung fortgerissen, nahm den Handschuh und zerknitterte ihn zwischen den Händen – die krampfhafte, kalte Umarmung bei einem letzten Abschied. Er hob das duftlose Bouquet auf, betrachtete es einen Augenblick, machte eine bittere Anspielung auf die Blumen, aus denen es bestand, und warf es mit Ungestüm weit von sich. Hatte Lavinia diesen Strauß absichtlich dort hingelegt, damit ihr alter Liebhaber einen Commentar dazu mache?

Lionel näherte sich dem Fenster und schob die Vorhänge auseinander, um durch den Anblick der freien Natur die üble Laune zu dämpfen, die sich seiner mehr und mehr bemächtigte. Das Schauspiel war zauberhaft. Das auf dem Felsen ruhende Haus diente einer gigantischen, senkrecht aufsteigenden Bergwand, deren Fuß die Gave bespülte, als Bastei. Rechts stürzte mit furchtbarem Getöse der Cataract herab, links neigte sich ein dichtes Tannengehölz über den Abgrund, in der Ferne breitete sich das mondbeglänzte Thal in unbestimmten Umrissen aus. Ein großer, wilder Lorbeerbaum, der in einem Felsspalt wurzelte, schlug mit seinen länglichen Blättern gegen das Fenstersims, und der Wind, der mit denselben spielte, schien geheimnißvolle Worte zu flüstern.

Während Lionel in diesen Anblick versunken war, trat Lavinia ein. Das Rauschen des Baches und des Windes hinderten ihn, sie zu hören. Mehrere Minuten blieb sie hinter ihm stehen, ohne Zweifel bemüht, sich zu sammeln und vielleicht sich fragend, ob das dort der Mann sei, den sie so sehr geliebt; denn in diesem Moment natürlicher Rührung glaubte Lavinia trotz aller Vorbereitung zu träumen. Sie gedachte der Zeit, wo es sie unmöglich gedünkt hatte, Sir Lionel wiederzusehen, ohne vor Zorn und Schmerz todt umzusinken. Und nun stand sie da, sanft, ruhig, vielleicht gleichgültig – –

Lionel wandte sich mechanisch um und erblickte sie. Ein Schrei entschlüpfte ihm, er hatte sie nicht erwartet. Dann machte er, beschämt über diese Unschicklichkeit und durch das, was er empfand, verwirrt, eine heftige Anstrengung, um einen correcten, tadellosen Gruß an Lavinia zu richten.

Doch gegen seinen Willen lähmte eine unerwartete Bestürzung, eine unbezwingliche Aufregung seinen erfinderischen, leichtfertigen Geist, diesen so gelehrigen, schmiegsamen Geist, der immer bereit war, sich liebenswürdig und ohne Rückhalt hinzugeben und zum Gebrauch des ersten besten von Hand zu Hand zu gehen wie das Gold. Diesmal schwieg der rebellische Geist und verharrte fassungslos in der Betrachtung Lavinia's.

So schön sie wiederzufinden, hatte er nicht erwartet. Als er sie verließ, war sie sehr leidend und entstellt. Damals hatten die Thränen ihre Wangen gefurcht, der Kummer ihre Gestalt verzehrt, ihr Auge war erloschen, ihre Hand trocken, ihre Toilette vernachlässigt. Unkluger Weise hatte sie sich damals selbst verunstaltet, die arme Lavinia, ohne zu bedenken, daß der Kummer nur das Herz der Frau verschönert, und daß die meisten Männer der Frau bereitwillig die Seele absprechen würden, wie es ein gewisses Concil italienischer Prälaten that.

Jetzt aber stand Lavinia im vollen Glanze jener Nachblüte der Schönheit, deren die Frauen sich erfreuen, wenn nicht die Jugendzeit ihnen unheilbare Herzenswunden geschlagen. Noch immer war sie die schlanke, hagere Portugiesin mit dem etwas bronzefarbenen Teint und dem etwas scharf geschnittenen Profil, aber ihre Erscheinung und ihre Manieren hatten ganz die Grazie und einschmeichelnde Anmuth der Französinnen angenommen. Eine unveränderlich feste Gesundheit hatte ihrer bräunlichen Hautfarbe ein sammetweiches Aussehen verliehen. Ihr zarter Körper hatte die Geschmeidigkeit und blühende Lebendigkeit wiedererlangt. Ihr Haar, das sie vormals abgeschnitten, um damit der Liebe ein Opfer zu bringen, hing jetzt in ganzer Fülle dichtgelockt über der klaren, faltenlosen Stirn. Ihre Toilette bestand aus einer Robe indischen Musselins und einem Büschel weißen Haidekrauts im Haar, das im Thale selbst gepflückt war. Es gibt kein reizenderes Gewächs, als die weiße Haide: beim Anblick der zarten, schwanken Zweige im schwarzen Haar Lavinia's hätte man meinen können, es wären Trauben wirklicher Perlen. Ein ausgezeichneter Geschmack hatte zu Rath gesessen bei dieser Haartracht und dieser einfachen Toilette, in der die erfinderische Coquetterie der Frau sich enthüllte, indem sie sie zu verhüllen schien.

 

Nie hatte Lionel Lavinia so verführerisch gesehen. Nur noch einen Moment – und er wäre vor ihr niedergesunken und hätte sie um Verzeihung gebeten. Doch das ruhige Lächeln, das er auf ihrem Antlitz bemerkte, erfüllte ihn von neuem mit der nöthigen Bitterkeit, um die Zusammenkunft mit allen Zeichen stolzer Würde zu bestehen.

Aus Mangel an einer passenden Redensart zog er ein sorglich versiegeltes Päckchen aus dem Busen und sagte, indem er es auf den Tisch legte, mit fester Stimme:

»Madame, Sie sehen, Ihr Sklave ist gehorsam – kann ich annehmen, daß mir mit diesem Tage meine Freiheit zurückgegeben ist?«

»›Es scheint mir‹« entgegnete ihm Lavinia mit melancholisch-heitrer Miene, »›daß bis jetzt Ihre Freiheit nicht allzusehr beschränkt war, Sir Lionel. Haben Sie wirklich während dieser ganzen Zeit in meinen Fesseln geschmachtet? Ich gestehe, daß ich mir damit nicht geschmeichelt habe.‹«

»O Madame! ich beschwöre Sie, spotten Sie nicht! Ist dieser Augenblick nicht ein beklagenswerter?«

»›Das ist eine alte Tradition, eine abgemachte Lösung, ein unvermeidlicher Moment bei allen Liebesgeschichten,‹« erwiederte sie. »›Ja, wenn man beim Schreiben von der künftigen Notwendigkeit, mißtrauisch das Geschriebene einander wieder entreißen zu müssen, durchdrungen wäre – – aber man denkt nicht daran. Mit zwanzig Jahren schreibt man voll der tief wurzelnden, arglosen Meinung, man habe unverbrüchliche Schwüre ausgetauscht: mitleidig lächelt man bei dem Gedanken an das prosaische Ende der im Erlöschen begriffenen Leidenschaften. Hochmüthig glaubt man, man werde allein unter allen eine Ausnahme bilden von dem starren Gesetz der menschlichen Unbeständigkeit! – ein edler Irrthum, ein glücklicher Selbstbetrug, aus dem die Stärke und die Illusionen der Jugend entspringen! Ist's nicht so, Lionel?‹«

Lionel blieb starr und stumm. Diese traurig-gelassene Sprache, obgleich aus Lavinia's Munde so natürlich, dünkte ihn eine unglaubliche Widersinnigkeit, denn nie hatte er Lavinia so gesehen: er kannte sie, wie sie, ein schwaches Kind, sich blindlings allen Irrungen des Lebens hingab, sich vertrauensselig allen Stürmen der Leidenschaft überlieferte – hatte er doch, als er sie, die Schmerzgebrochene, verlassen, noch gehört, wie sie dem Urheber ihres Unglücks ewige Treue schwor.

Doch sie dergestalt das Todesurtheil über alle Träume der Vergangenheit aussprechen zu hören, war peinlich und schrecklich. Diese Frau, die sich selbst überlebte und sich nicht scheute, ihrem Leben die Todtenrede zu halten, bot ein tief trauriges Schauspiel, das Lionel nicht ohne Schmerz betrachten konnte. Er fand keine Antwort. Wol wußte er besser als irgend jemand, was man in solchem Falle alles sagen konnte, aber er hatte nicht den Muth, Lavinia bei diesem Selbstmord zu unterstützen.

Da er in seiner Verwirrung das Packet mit den Briefen zwischen den Händen zerknitterte, sagte sie:

»›Sie kennen mich gut genug, oder vielmehr, Sie erinnern sich meiner gut genug, als daß Sie nicht wüßten, daß ich nicht aus Rücksichten der Klugheit, die den Frauen einfallen, wenn ihre Liebe erloschen ist, diese Zeugen einer alten Liebe reclamire. Hegten Sie solchen Argwohn, so dürfte die Erinnerung daran, daß ich diese Zeugen zehn Jahre lang in Ihren Händen ließ, ohne an die Rückforderung zu denken, zu meiner Rechtfertigung genügen. Nie würde ich mich dazu entschlossen haben, wenn nicht die Ruhe einer andern Frau durch das Dasein dieser Papiere in Frage gestellt würde.‹«

Lionel sah Lavinia fest an und lauerte auf das geringste Zeichen von Groll oder Kummer, das der Gedanke an Margaret Ellis bei ihr erzeugen möchte, aber es war ihm unmöglich, in ihrem Blick oder ihrer Stimme die geringste Erregung wahrzunehmen, Lavinia schien jetzt unverwundlich.

Ist diese Frage zu Stein oder zu Eis geworden? – fragte er sich.

»Sie sind großmüthig,« sagte er halb bewundernd, halb ironisch, »wenn das der einzige Beweggrund ist.«

»›Und welchen andern könnte ich haben, Sir Lionel? Wollen Sie mir das gefälligst erklären?‹«

»Ich könnte annehmen, Madame – wenn ich Lust hätte, Ihren Edelmuth zu läugnen, was Gott verhüte! – daß persönliche Motive Sie zu dem Wunsche veranlassen, wieder in den Besitz dieser Briefe und dieses Portraits zu gelangen?«

»›Das hieße sich ein wenig spät entscheiden!‹« erwiderte Lavinia lachend. »›Sicherlich würden Sie starke Gewissensbisse empfinden, wenn ich Ihnen erklärte, daß ich bis heute mit dem Anschaffen »persönlicher Motive« (so lautet Ihr Ausdruck) gewartet hätte, nicht wahr?‹«

»Madame, Sie setzen mich in große Verlegenheit,« versetzte Lionel und sprach diese Worte mit zwangloser Geläufigkeit, denn nun befand er sich auf seinem Terrain. Vorwürfe hatte er erwartet und war auf den Angriff vorbereitet. Doch dieser Vortheil ward ihm nicht, der Gegner änderte sogleich die Stellung.

»›Doch fürchten Sie nicht, theurer Lionel,‹« sagte sie mit einem Lächeln voller Herzensgüte, das Lionel, der in ihr nur die leidenschaftliche Frau kennen gelernt hatte, noch nicht an ihr kannte, »›Fürchten Sie nicht, daß ich die Gelegenheit mißbrauche. Mit den Jahren ist mir auch der Verstand gekommen, und seit langem habe ich recht gut eingesehen, daß Sie mir gegenüber schuldlos sind. Ich selbst bin schuldig gegen mich, gegen die Gesellschaft, vielleicht auch gegen Sie. Denn unter zwei so jugendlichen Liebesleuten, wie wir es waren, sollte die Frau die Führerin des Mannes sein. Anstatt ihn auf die Irrwege einer verfehlten, unmöglichen Laufbahn zu leiten, sollte sie ihn dadurch, daß sie ihn an sich fesselt, der Welt erhalten. Ich aber, ich wußte nichts zur rechten Zeit zu thun. Ich habe Ihnen auf Ihrem Lebenswege tausend Hindernisse bereitet, ich war die unfreiwillige, aber unbesonnene Ursache fortwährender schlimmer Gerüchte, die Sie verfolgten, ich hatte den furchtbaren Schmerz, Ihre Tage durch Rächer bedroht zu sehen, die ich verläugnete, die sich aber dessenungeachtet gegen Sie erhoben, ich war die Qual Ihrer Jugend, der Fluch Ihres Mannesalters. Verzeihen Sie mir, ich habe das Böse, das ich Ihnen anthat, schwer gesühnt.‹«