Louisianas Eskorts

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Nachdem er den Raum in sich aufgenommen und gesichert hatte, das war der Offizier in ihm, betrachtete er eingehend sein Gegenüber.

Vor ihm stand eine schöne Frau von etwa 45 Jahren. Ihre rotblonde Haarpracht war perfekt als Chignon frisiert. Konstantin hatte so etwas zuletzt bei einem Empfang des Fürsten d’Aubert gesehen, getragen von der Fürstin und ihrer ältesten Tochter, der bildhübschen Prinzessin Chantal Marguerite.

Seine Gastgeberin war seiner Einschätzung nach ungefähr 1,70 m groß, sicher nicht viel mehr, wog 60 bis 62 Kilogramm, was ihn in der Tat erleichterte. Sie hatte einen schönen Teint und schlanke, perfekt manikürte Hände. Ihm war in der Halle ein Flügel aufgefallen. Die Dame des Hauses wüßte sicher ausgezeichnet, ihn zu spielen. Sie trug links den Ehering, rechts funkelten Brillanten. Ihre schönen, kleinen Ohren waren sich selbst Schmuck genug.

Sie war angetan mit einem hellblauen wallenden Chiffonkleid, unter dem sich ihre ohne Zweifel wohlgeformte Büste hob und senkte. Ihre Haut schimmerte blass durch. Die Dame war erwartungsvoll nervös. Durch das für ihn günstig einfallende Licht vermochte Konstantin die Linien ihres Körpers unter dem hauchdünnen Stoff auszumachen. Seine Augen blitzten auf. Ihre schmalen Füße steckten in feinen Seidenpantöffelchen.

Dank Louisianas Vorbereitung konnte nur Konstantin einen optischen Eindruck gewinnen. Sein schönes Gegenüber trug eine breite schwarze Augenbinde, und das würde auch so bleiben. Dadurch fehlte ihm zwar der ohne Zweifel interessante Eindruck ihrer Augen, aber umgekehrt fehlte er auch − und eines war ausgeschaltet: die Gefahr des Verliebens.

„Möchten Sie nicht näher treten?”

Zum ersten Mal hörte er ungedämpft die angenehme Stimme seiner Gastgeberin, und es durchfuhr ihn wie ein Blitz. Seine bereits in Aufruhr befindlichen Sinne speicherten den schönen Mezzosopran für den Rest seines Lebens ab. Über seinen Körper wogte eine Gänsehaut, wie er sie noch nicht erlebt hatte.

Louisiana stupste ihn an, denn Konstantin stand da wie angewurzelt.

„Fürchten Sie sich nicht, mein schöner Kavalier. Ich beiße nicht”, versuchte die Dame ihn zu ermutigen und setzte, gefolgt von einem zauberhaften Lächeln, hinzu: „Noch nicht.”

Konstantin war wie gebannt. Lou schob ihn nun energisch weiter, blieb dabei jedoch stumm. Als aber die Gastgeberin ihm ihre rechte Hand mit graziler Bewegung entgegenstreckte, eilte er zu ihr hin, nahm die zarte Hand und hauchte einen galanten Kuß auf die dezent nach Rosenöl duftende Haut.

„Sie sind also der Herr Rittmeister”, hob die schöne Dame an. Konstantin rieselte es fortwährend den Nacken herunter.

„Ehrerbietigst zu Ihren Diensten, Madame.” Dabei verneigte er sich, obschon ihm klar war, daß sie ihn nicht sehen konnte. Er legte dabei die rechte Hand auf sein Herz.

„Oh, wie höflich, wie chevaleresk, sich zu verbeugen, obgleich ich es nicht sehen kann”, bedankte sie sich und lächelte charmant dabei.

Konstantins Baritonstimme schien ihr gefallen zu haben, mehr noch, sie reagierte körperlich darauf. Er bemerkte, daß sich ihre feine Armbehaarung aufgerichtet hatte.

„Aber ich fühle, daß Sie sich fragen, wie ich es denn wissen konnte, nicht wahr? Nun ja, Sie werden eine exquisite Erziehung genossen haben, und so wäre es normal, daß Sie sich auch gegenüber einer Nichtsehenden so verhalten, als könnten ihre Blicke auf Ihnen ruhen und sie Sie bei Nichtbeachtung der Courtoisie nonverbal tadeln. Ich weiß, daß Sie sich durch die streng erhobene Augenbraue einer Frau ebenso bestraft fühlten, als zöge sie Ihnen eine Reitgerte quer über das Gesicht. Aber durch Ihre Verbeugung wehte mir Ihr gut gewähltes Parfüm ein wenig stärker entgegen. So einfach ist das.”

Konstantin war verblüfft über die feine Sinneswahrnehmung dieser Frau, die er verwöhnen sollte. Was würde sie noch alles bemerken, ohne daß sie es sehen konnte? Am Ende verwöhnte sie ihn? Seine Selbstsicherheit begann für einen Moment zu wanken.

„Haben Sie ein schönes Gesicht?”

Konstantin wandte sich zu Louisiana um, wobei er fragend mit den Achseln zuckte. Sie formte stumm mit den Lippen „Sag es ihr”.

„Wenden Sie sich nicht von mir ab, mein Kavalier. Ihre Herrin soll die Frage nicht beantworten. Sagen Sie mir, wie Sie sich sehen.”

Konstantin schluckte, machte sich straff und antwortete ihr.

„Ja, ich habe ein männlich schönes Gesicht, so wie es meinem Alter entspricht.”

Die Dame lächelte. Konstantins stolzes Selbstbewußtsein gefiel ihr offensichtlich.

„Treten Sie näher. Ich möchte es prüfen.”

Konstantin blieb gut vierzig Zentimeter vor ihr stehen. Die Dame erhob beide Hände, die zärtlich forschend Konstantins Gesicht abtasteten. Zuletzt strich sie mit ihrem rechten Zeigefinger fast liebevoll über seine Lippen.

„Wahrhaftig. Sie haben nicht übertrieben.” Sie unterstrich ihre Feststellung mit einem feinen Lächeln.

Konstantin betrachtete die Dame. Er konnte nun deutlich erkennen, daß sie unter dem Chiffon nackt war. Ihre Brustwarzen zeichneten sich ab. Er war begeistert.

„Gefällt Ihnen, was Sie sehen und das, was Sie ahnen, Herr Rittmeister?”

„Mir gefällt, was ich sehe, und ich bin zutiefst berührt von dem, was ich ahne, Madame. Ich hoffte, Sie beschenken zu dürfen, aber Sie beschämen mich, denn ich bin bereits der Beschenkte.”

„Sie sind ein flinker Charmeur, mein Lieber, aber ich glaube Ihnen, was Sie sagen. Es gibt übrigens keinen Grund für Sie, zu erröten, doch finde ich es schön, daß Sie es noch können.”

Konstantin sah sich zu Lou um, die nur schmunzelte. Er war rot geworden, bis unter die Haarwurzeln.

„Haben Sie einen schönen Körper?”

„Ich trainiere ihn gut und regelmäßig.” Er antwortete dieses Mal, ohne zu zögern.

„Danach habe ich nicht gefragt, Herr Rittmeister.” Ihre Stimme klang in jenem Moment ein wenig strenger.

Konstantin sah sein Gegenüber intensiv an. Es verursachte der Dame ein mildes Lächeln, denn sie spürte es. Dann sprach er unumwunden und ohne falsche Bescheidenheit.

„Ja, ich habe einen schönen Körper. Ich besitze beste Gene. Sagt Ihnen das zu?”

Konstantins Augen blitzten. Er ärgerte sich über seine Arroganz in dem Augenblick, in dem er es gesagt hatte, aber sie hatte ihn gefragt. Nun wußte sie es. Doch im nächsten Moment war das Staunen wieder an ihm.

„Ich möchte Sie sehen.”

Konstantin riß seine Augen groß auf. Bisher hatte er seine Gespielinnen entkleidet. Das Kommando drohte ihm zu entgleiten, aber hatte er es in diesem Raum je besessen?

„Helfen Sie ihm.” Das galt Louisiana. „Ein Fürst der Liebe entkleidet sich nicht selbst. Und dann warten Sie in der Bibliothek, bis ich Sie rufe.” Madame war es offenbar gewohnt, Anweisungen zu geben.

Lou trat heran. Konstantin ging einige Schritte zurück, damit Lou sich vor ihm bewegen konnte. Sie sah ihn lächelnd an und legte den Zeigefinger zum Zeichen des Schweigens auf ihre Lippen. Madame blieb stehen und legte die Hände ineinander.

Konstantin fand, man hätte ihr nur noch eine Handwaage und ein Schwert in die Hände zu geben brauchen und sie wäre das perfekte Abbild der Justitia gewesen, deren Urteil er nun abzuwarten und wehrlos entgegenzunehmen hatte.

Louisiana nahm Konstantin als erstes den Binder ab. Danach entkleidete sie ihn in aller Ruhe, Stück für Stück, und legte alle Teile fein säuberlich zusammen auf einen Stuhl am Fenster. Konstantin hatte wortlos genossen was mit ihm geschah. Nun trug er nur noch seinen Slip.

„Warum zögern Sie, meine Liebe? Ich will ihn in seiner ganzen Schönheit sehen.”

Louisiana lächelte verschmitzt, kniete vor Konstantin nieder, befreite Monsieur Bouchon und begrüßte ihn auf ihre ganz eigene Art. Konstantin holte tief Luft, sagte aber nichts. Mit einem neckischen Fingertippen auf seine Lippen verabschiedete Louisiana sich von ihm, nachdem sie sich erhoben hatte. Als das Türschloß klickte, wurde Konstantin aufgefordert, wieder näherzutreten.

„Nascht Ihre Herrin immer von Früchten, die ihr nicht wirklich gehören?”

„Nein, das hat sie noch nie getan.”

Konstantin wollte gar nicht erst leugnen, daß Lou ihn zum allerersten Mal so intim geküßt hatte. Darüber würde er noch mit ihr zu reden haben.

Er wunderte sich, daß seine Gastgeberin Lou wiederholt als seine „Herrin” bezeichnet hatte, aber er fand, es stand ihm nicht zu, korrigierend zu widersprechen. Es wäre ihm auch keine Zeit dazu geblieben, denn Madame begann, ihn zu erkunden.

Sie trat hinter ihn, berührte vorsichtig seine Arme, strich mit den Oberseiten ihrer Zeige- und Mittelfinger über seine gebräunte Haut, fuhr mit ihren Händen über seine kräftigen Schultern, kraulte im Nacken seinen Haaransatz, was ihm einen wohligen Schauer nach dem anderen den Rücken herunterjagte. Noch atmete er ruhig, doch als er zwei Fingernägel seine Wirbelsäule entlanggleiten spürte, holte er unwillkürlich tief Luft.

„Magst Du das?” Ihre Stimme nahm eine sinnliche Klangfarbe an, die er berauschend fand. Er verführte nicht, er wurde verführt! Von einer schönen Frau, die ihn nicht sehen konnte, die ihn lediglich fühlte und ahnte.

„Ja, mach’ weiter. Ich liebe es.”

Die Antwort war ein kräftiger Klaps auf seinen Arsch. Er zuckte zusammen und spürte ein leichtes Brennen. Madame hatte Kraft. Er staunte. Klavierspielerhände, die derart zulangen konnten.

„Habe ich Dir schon erlaubt, mich zu duzen? Erst, wenn Du den Süden erfolgreich attackiert und erobert haben wirst, werde ich es Dir vielleicht gestatten, mein Rittmeister.”

Sie ließ ihren rechten Zeigefinger zwischen seinen festen, wohlgeformten Pobacken hin- und her gleiten. Einen Moment lang fürchtete Konstantin, sie könnte in ihn eindringen. Doch entschloß er sich, Madame ihren Willen zu lassen, sollte sie Gefallen daran finden, aber sie tat es nicht.

 

„Strecke Deine Arme zur Seite.”

Er gehorchte. Madame begann, seinen Oberkörper zu erkunden. Konstantin spürte ihren warmen Atem an seinem Rücken, wie sich ihre Brüste gegen seine Haut drückten. Es waren feste Brüste. Vermutlich hatte seine Herrin auf Zeit keine Kinder, aber das war in jener Stunde ohnehin belanglos. Sie massierte vorsichtig seine Brustwarzen, suchte den Weg zu seinem Bauchnabel, spielte mit ihm. Sie begann, mit ihrer rechten Hand seinen schwarzen Pelz zu kraulen, während ihre linke immer noch seinen flachen Bauch liebkoste. Dann bemerkte sie, daß Monsieur Bouchon erwacht und hartnäckig geworden war. Konstantin atmete tief und ruhig. Noch sah er dabei zu, was mit ihm geschah, doch bald würde er vor Lust und Genuß die Augen schließen und alles mit sich machen lassen.

Monsieur Bouchon befand sich ganz in der Hand von Madame. Er war wehrlos und ließ es geschehen. Und es tat ihm gut.

Einen Moment ließ sie von ihm ab. Madame trat vor Konstantin hin, glitt an ihm herab und küßte Monsieur Bouchons lustnassen, hochroten Kopf. Er zuckte, und das übertrug sich auf Konstantin. Ein tiefes Brummen des Wohlbefindens entrang sich seiner Kehle und Brust, die sich in zunehmend schwerem Atmen hob und senkte. Madame liebte Monsieur Bouchon, sie mochte nicht mehr von ihm lassen. Tief nahm sie ihn auf, nur um, plötzlich und unvermittelt, das anfängliche Verwöhnprogramm zu unterbrechen.

Alles in Konstantin schrie, sie solle weitermachen, er sei dem ersten Höhepunkt nahe. Jedoch, sie kannte kein Erbarmen.

„Findest Du es schön, wenn ich Dich quäle? − Ich liebe es, Deine Qual zu erkennen und zu steigern. Du bist ein edler Hengst, und Du verdienst es, gut geritten zu werden, aber zuvor mußt Du daran leiden, Deine Erfüllung nicht sofort zu bekommen. Dann wirst Du es umso mehr genießen können, wenn der Höhepunkt, den ich Dir schenken werde, Dich heiß durchströmt und auf mich überspringt.”

Konstantin konnte es nicht fassen. Binnen kurzem hatte die Frau, die er verwöhnen sollte, ihn fest in der Hand. Monsieur Bouchon tat, was von ihm erwartet wurde: er war hart und ragte, in seiner fein geschwungenen Linie leicht gebogen, steil empor. Er war heiß. Konstantin fühlte eine Erregung und Hitze, wie er es mit Renata nie erlebt hatte. Sie liebte nicht das feine Spiel der Erwartungssteigerung und Erfüllungshoffnung. Immer hatte sie verlangt, daß er sie wild nehme. Renata wollte niedergemacht werden. Das war durchaus in seinem Sinne gewesen.

Nun aber war Konstantin einer offenbar erfahrenen Frau begegnet, die es auskostete, ihn bei sich zu haben, wehrlos gemacht durch Gehorsam, den sie verlangte und bekam. Und daß er gehorchte, lag sicher nicht nur an der bereits gewährten pekuniären Bezahlung. Konstantin fand Gefallen daran. Er fühlte sich erotisch-sinnlich bezahlt. Eine Währung, über die nur wenige Menschen verfügen. In vulgären Münzen und Banknoten war das nicht darstellbar. Konstantin begann, jegliches Zeitgefühl zu verlieren. War er nicht gerade erst vor wenigen Minuten gekommen? Oder war er schon eine halbe Ewigkeit bei dieser geheimnisvollen Frau, deren Namen er nicht kannte, den er vermutlich nie erfahren würde. Lou hatte ihn nicht genannt. Daß sie sich in diesem Raum aufhielt, mußte nicht zwingend bedeuten, daß sie die Herrin dieses Hauses war. Eine reiche Freundin konnte es ihr für den Genuß seiner Dienste zur Verfügung gestellt haben. Er wollte gerade den Gedanken denken, ob es wohl sein könnte, daß sie beide beobachtet würden, unsichtbaren Gästen als erotisches Theater dienten, als er leicht zusammenzuckte, denn Madame berührte ihn wieder und sprach ihn wohltuend leise an.

„Wie ich sehe, mein schöner Freund, kannst Du warten und Dein treuer Assistent steht Dir in nichts nach. Ich werde Dir nun einen weiteren Teil Deiner Belohnung geben. Du wirst nichts tun, als es Dir nur gefallen zu lassen, daß Du mir gefällst, und Du wirst Dir nicht einfallen lassen, Dir ohne meine Erlaubnis Entspannung zu gestatten. Schließe Deine Augen und genieße.”

Konstantin tat, wie ihm geheißen. Es wurde erneut Besitz von ihm ergriffen. Monsieur Bouchon leitete ein so unglaubliches Gefühl von Wonne und Glückseligkeit an sein Gehirn und von dort in seinen Körper weiter, daß Konstantin glaubte, er müsse den Verstand verlieren. Er war noch nie so meisterlich verwöhnt worden. Und gerade, als er im Begriff war, auf dieser Woge einfach davonzuschwimmen, so wunderbar leicht und berauscht fühlte er sich, da brach es unvermittelt wieder ab. Konstantin ahnte, er würde bald die Beherrschung verlieren, wenn sie das noch einmal machte. Es war kaum noch auszuhalten. Ihm war, als schwankte er bereits, als ihre schöne Stimme ihn erreichte.

„Du darfst die Augen wieder öffnen.”

Er tat es und mußte einige Male plinkern, um buchstäblich wieder klar sehen zu können, als sie seine Verwirrung, sein Verlangen, weiter steigerte.

„Möchtest Du mich sehen?”

Konstantin atmete einige Male tief durch.

„Wenn ich um diese Gnade und dieses große Geschenk bitten dürfte, so möchte ich Sie sehr gerne sehen.”

Sein schönes Gegenüber lächelte. Das war genau das, was sie von ihm hören wollte − und im nächsten Moment fiel mit einem leichten Rauschen das zarte Kleid, das Madames Körper so vortrefflich umhüllt, aber nicht verhüllt hatte, zu Boden. Sogleich verlagerte sie ihr Gewicht auf ihr linkes Bein und stellte das rechte ein wenig vor. Ihre schlanken Arme ließ sie herabhängen.

Konstantin war überwältigt. Er hatte schon Frauen dieser Altersklasse in der Sauna und an Nacktbadestränden gesehen, dabei sogar schöne Exemplare entdeckt, doch nie Interesse an ihnen entwickelt, aber was er nun sah, empfand er als extraordinär. Seine Begeisterung machte ihn stumm. Monsieur Bouchons heißes Blut pochte. An Konstantins Schläfen klopfte es − sein Kopf glühte.

„Gefalle ich Dir?”

Ob sie ihm gefiele? Wie sollte er Worte dafür finden? Gab überhaupt irgendein Wortschatz die passenden Worte dafür her, diese Frau zu beschreiben? Er wußte es nicht. Ein göttlicher Künstler mußte sie erschaffen haben, anders war diese perfekte Schönheit nicht zu erklären. Ein normaler Bildhauer müßte wahnsinnig darüber werden, maßte er sich an, solch eine Erscheinung aus einem kalten Marmorblock befreien oder sie in Bronze gießen zu wollen, um sie ein für alle Mal zu bewahren. Ein solches Wesen dürfte niemals sterben dürfen, aber im selben Augenblick schalt er sich für solch einen törichten Gedanken. Ginge solch ein Wunsch in Erfüllung, es wäre schlicht erbarmungslos.

Erbarmen. Hatte sie mit ihm Erbarmen? Sie hatte ihn auf ein Erregungsniveau gehoben, das er schier nicht aushalten konnte. Es verursachte ihm bereits Schmerzen. Lustvolle Schmerzen, aber eben Schmerzen. Konstantin wollte, daß auch sie solch lustvolle Pein durchleben müßte.

„Sie gefallen mir, Madame.”

Diese Nachricht schickte er mit einer leicht tiefergelegten Stimme in ihre Sinneswahrnehmung, was sogleich Wirkung zeigte. Sie begann, sichtbar zu beben. Konstantin ging zum Gegenangriff über.

„Sie gefallen mir, wie einem der Regenbogen gefällt, den Regen und Sonne uns schenken. Sie gefallen mir, wie einem die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages nach einer kühlen Nacht gefallen. Sie gefallen mir, wie einem die Brandung an einem einsamen Strand gefällt, in die man sich nackt stürzen möchte, um die Kraft des Meeres zu spüren. Sie gefallen mir, wie es einem gefällt, wenn ein Tenor perfekt das hohe C trifft und den Ton halten kann. Sie gefallen mir, wie es einem gefällt, wenn einem Koch ein exquisites Mahl gelingt, das man einen ganzen Abend lang genießen darf. Sie gefallen mir, wie es einem gefällt, einen Geschwindigkeitsrausch zu erleben, den man überlebt hat. Sie gefallen mir, wie mir die Sonne gefällt, wenn ihre Strahlen warm meine Haut berühren. Sie gefallen mir, wie mir das Leben gefällt, seit ich Sie heute das erste Mal gesehen habe.” Konstantin machte eine kurze Pause. „Gefällt es Ihnen, wie Sie mir gefallen?”

„Du bist ein Teufel”, hauchte sie, „aber es gefällt mir wie Du seine Zunge gebrauchst.” Damit berührte sie Konstantins rechte Schulter, glitt mit ihrer zarten warmen Hand langsam seinen Arm herab zu seiner Hand, nahm sie in ihre und führte sie zu ihrem Schoß.

„Koste mich”, flüsterte sie. Konstantin zögerte nicht und tauchte unter ihrer dichten roten Wolke in sie ein. Mit einem ersten leisen Stöhnen nahm sie ihn auf, dort, wo sie warm und lustvoll überschwemmt war. Sie quälte sich selbst, ihn nicht ohne Verzug zur sofortigen und vollständigen Eroberung aufzufordern. Doch sie haßte schnelle Vereinigungen, seit sie ihre Jungfernschaft in einer Blitzaktion verloren hatte, die diese erhoffte schönste Stunde in ihrem Mädchenleben vor fast 30 Jahren entweihte und auf ewig zerstörte.

Aber in dieser Stunde hatte sie wieder die Hoffnung auf ein langsames Steigern ihrer Lust und Erregung und die Bereitschaft gewonnen, sich zu öffnen. Sie genoß dieses außergewöhnliche Exemplar eines männlichen Wesens, dessen Jugend ihm nicht im Weg stand, sondern sein Tun wundervoll ergänzte. Sie pries die Stunde, in der sie sich entschlossen hatte, ganz spontan entschlossen hatte, dem Hinweis einer Freundin auf solch eine Genußmöglichkeit zu folgen.

Seine Finger verschafften ihr herrliche Wogen des Wohlbefindens. Es war wundervoll, wie zärtlich forschend er eine Kostprobe ihres Schoßes nahm.

Konstantin schmeckte, was seine schlanken Finger seiner Zunge zuführten. Sein tiefes, genußvolles Brummen ließ Madame auf das Angenehmste erschauern.

Er naschte noch einmal, so wie er als Junge seine Finger nicht mehr aus einem offenen Honigglas nehmen konnte, hatte er sie dort erst einmal eingetaucht und abgeleckt.

Monsieur Bouchon ließ zugleich seine Antwort hervorquellen, die von Madame punktgenau abgenommen und gekostet wurde.

„Komm, Du darfst mich verwöhnen”, forderte sie ihn auf, nahm ihn bei der Hand und zog ihn zu ihrem großen Bett. Dort setzte sie sich nieder und küßte Monsieur Bouchon, ehe sie sich rückwärts zum Kopfende hinbewegte, auf den Rücken legte und mit einer einladenden Handbewegung Konstantin aufforderte, sich ihr zu nähern.

„Küsse mich und dann bereite mich vor, Dich zu empfangen.”

Konstantin stand über ihr und ließ sich nieder. Seine Zunge drang in ihren leicht geöffneten Mund ein, was sie sogleich erwiderte. Erst zärtlich langsam, dann zur Wildheit gesteigert, genossen beide diese erste Vereinigung. Sie zogen es lange hin, ehe Konstantin sich löste, ihren Hals, ihre Ohren, ihre festen Brüste liebkoste. Ihr Bauchnabel schien eine besonders erogene Zone zu sein, denn dort verweilend löste seine Zunge ein erstes Keuchen bei ihr aus, was ihn tief stimulierte.

Genüßlich kraulte Konstantin ihre lockige Feuerwolke, sog tief den Duft ihrer Haut ein und öffnete das Lippentor zum Paradies. Als er mit seiner Zunge eindrang, bog sie sich ein erstes Mal im Rücken durch, stöhnend und tief atmend. Er hatte das Kommando zurück und würde es nicht wieder hergeben.

Mit unendlicher Zärtlichkeit nahm Konstantin Madames Kitzler zwischen seine Lippen und ließ seine flinke Zunge auf ihm tanzen. Der Atem der schönen Frau ging tief und tiefer, sie sog ihn durch die Nase ein und stieß ihn durch den Mund wieder aus, die Frequenz steigerte sich merklich, bis sie keuchte und sich schließlich in einem ersten Orgasmus entlud.

Für die Dauer ihrer Explosion wurde er zum Gefangenen ihrer herrlichen Oberschenkel. Einen Moment lang wähnte er sich in einem Schraubstock eingespannt, es wurde ganz still, denn er hörte nichts mehr, ehe sie ihn und seine Ohren in ihrer Entspannung wieder freigab. Doch Konstantin ließ nicht locker, ging ohne Pause zur erneuten Stimulation über. Madame streckte sich mit einem tiefen Seufzer und legte ihre schönen Arme auf den Kissen ab.

Konstantin hätte zu gern ihre Augen gesehen, obschon sie sie auch ohne schwarze Binde nun wohl geschlossen hielte. Nach einer gefühlten Ewigkeit verstöhnte und verschrie sich die Verwöhnte in einem zweiten Höhepunkt, bei dem sie funkelnde Sterne und viele Farben sah. Konstantin wurde mit ihrem köstlichen Lustsalz überschwemmt. Er genoß es in vollen Zügen. Auch Konstantin befand sich in einem bis dahin unbekannten Farbennebel. Er wußte, er würde süchtig danach werden.

Monsieur Bouchon verlangte schmerzend nach Erlösung, aber nun war es sein Herr, der ihm keine Gnade gewährte. Konstantin gebärdete sich wie ein junger Honigdachs, der zum ersten Mal den Quell seiner Gelüste gefunden hatte und trotz aller Stiche seiner Verteidigerinnen voll Wonne genoß, was ihm Nahrung war.

 

Auf die Erschöpfung der Eigentümerin dieses Lustquells nahm er keine Rücksicht und schenkte ihr damit genau das, was sie wollte. Sie hätte ihn ohnehin mit einer Peitsche schlagen müssen, um seinen Besitz herzugeben, doch wäre es fraglich gewesen, ob er von ihr abgelassen hätte. Schläge hätten ihn vermutlich nur weiter angestachelt, sie zu treiben, bis sie sich in Wonne einfach aufgelöst haben würde.

*

Louisiana wäre kein wißbegieriger Mensch gewesen, keine neugierige Frau, wenn sie sich in der gleichermaßen, zum Gesamtensemble des Hauses passend stilvollen Bibliothek, nicht genau umgesehen hätte. Sie schätzte den Bestand auf etwa zwanzigtausend Bände. Den Buchrücken nach zu urteilen hatten mindestens vier, eher fünf Generationen diesen Schatz zusammengetragen.

Sie wußte, daß Konstantin sich Zeit lassen würde und ihre erste Auftraggeberin schätzte sie als Genießerin ein. Mindestens ein Buch würde sie aufmerksam anlesen können, dessen war sie sich gewiß. Ihr war bekannt, daß außer Madame niemand im Haus war und bis zum Abend sein würde. Eine Störung war nicht zu befürchten.

Nach und nach hatte Lou den Bestand durchgesehen. Sie fand viele Klassiker, die auch bei ihren Eltern standen, von denen sie, in neueren Ausgaben, selbst einige besaß. Die Geschichtsabteilung war groß, besonders zu Preußen, und interessanterweise zu Japan. Sie entdeckte dort ein offenbar verstelltes Werk, schon zu Japan gehörig, aber es war ein Kunstbildband. Neugierig nahm sie ihn heraus und blätterte darin.

Sie staunte über die freizügigen Darstellungen körperlicher Qualitäten gerade bei Männern und solcher der Liebeskunst. Ihr wurde warm dabei, als sie sie betrachtete. Unwillkürlich mußte sie daran denken, was in diesem Augenblick nicht weit von ihr entfernt geschah und gestand sich ein, sie würde gern dabei zusehen.

Lou sah sich gern schöne Frauen an, ohne nachhaltig an Frauen sexuelles Interesse zu haben, obschon …, aber es erregte sie, sich vorzustellen, wie Konstantin …

Sie schlug das Buch zu und stellte es wieder an den Platz, an den es wohl aus Versehen gelangt war. Sie sah sich weiter um. Ihr kam der Gedanke, es könnte mehr Erotica vorhanden sein. Lou begann, danach zu suchen. Und sie wurde fündig. Es war − natürlich − der unvermeidliche Marquis de Sade, der ihr als erster ins Auge fiel. Der Name war ein allzu deutliches Signalwort. Aber der interessierte sie nicht, obwohl …

Einen ihrer Galane hätte sie nur allzu gern gepeitscht, aber es war mehr dessen intellektueller Unterbelichtungsfaktor, denn sexueller Lustgewinn, der sie beinahe dazu getrieben hätte, ihn mit einer neunschwänzigen Katze aus dem Haus zu jagen, wenn sie nur eine griffbereit gehabt hätte.

Karl-Detlev Freiherr von Lundbach-Apfelhausen-Sinnenfeldt.

Wenn jemand schon Karl-Detlev hieß! Um Himmelswillen! Fünf weitere unmoderne Vornamen hingen außerdem an ihm, vermutlich allesamt von seinen längst zu Staub zerfallenen Groß- und Urgroßvätern zusammengewürfelt. An ihm war nur sein Name lang gewesen, er selbst gerade einmal zwei Zentimeter größer als sie selbst, aber er hatte ein unanständig hübsches Gesicht. Darauf war sie hereingefallen. Sein Sex war mäßig, sein Humor grenzwertig, aber sein Gesprächspotential war der absolute Rohrkrepierer: es erinnerte sie fatal an die Qualitäten einer blätterkauenden grünen Raupe. Sie muß von Sinnen gewesen sein, vermutlich in einem akuten sexuellen Notstand, daß sie sich mit diesem Etwas eingelassen hatte. Lou konnte es sich nicht mehr erklären.

Nach vier Wochen, vier unendlich öden Wochen hatte ein Glas warmen Champagners ihr den Rest gegeben. Er konnte nicht einmal Getränke rechtzeitig in die Kühlung stellen. Sie hatte ihm die Brühe einfach ins Gesicht geschüttet und war dem Langweiler wortlos entflohen. Daß der überhaupt die Erlaubnis hatte, frei herumzulaufen, ließ sie mit der Polizei hadern. Sie benötigte eine ganze Woche, ihre Empörung loszuwerden, hatte sich nach dem Champagnerschock in ihrer kleinen Studentenwohnung zwei Stunden unter die Dusche gesetzt und abgeschrubbt. Alles von Karl-Detlev mußte weg, ihr Körper gründlich desinfiziert werden.

Sie schalt sich selbst über das ihr immer noch rudimentär anhaftende, sogenannte Standesbewußtsein. Auch ihre Eltern traktierten sie damit. Sie solle ihnen nur ja nicht mit einem Bürgerlichen kommen, am Ende gar katholisch! Als sie ihrem Vater in Erinnerung rief, was ein Prinz in einer Talkshow, die es nicht mehr gab, einmal gesagt hatte, drohte er ihr fast eine Ohrfeige an. Dieser Prinz hatte unter dem Beifall des Publikums bekannt, daß ein Prozent aller Fräulein adlig sei, neunundneunzig Prozent seien aber bürgerlich. Warum sollte er so dumm sein, sich von neunundneunzig Prozent aller Fräulein freiwillig abzuschneiden? Und die meisten Gräfinnen seien so dumm, daß es knalle.

Bei mangelnder genetischer Vielfalt lasse es meist beim Gehirn zuerst nach, davon war sie überzeugt, und genau an solch eine Fehlkonstruktion war sie geraten.

Danach hatte sie kurzentschlossen gehandelt und sich einen gutgebauten Bodybuilder aus ihrem Fitness-Center geschnappt. Durch die zufällig offene Tür des Umkleideraumes der Männer hatte sie ihn gesehen.

Er war nicht übertrieben muskulös; diese durch Anabolika aufgeblähten Typen konnte sie nicht ausstehen. Er hatte einen schönen, klassisch-griechisch definierten Körper, einen Monsieur Bouchon, daß sie leise durch die Zähne pfiff, und als er sie entdeckte und frech anlachte, da machte sie die Tür von innen zu.

Die folgenden drei Nächte erlebte sie einen erotischen Sturm wie schon lange nicht mehr. Christian Müller, so sein guter, alter deutscher Name, den schon der Soldatenkönig als den echten Uradel bezeichnet hatte, war liebenswürdig, auf eine herrliche Weise frech und er nahm sie als weibliches Wesen wahr. Sie konnte sich gut mit ihm unterhalten − in den Pausen − und danach hatte sie den Namen dieses freiherrlichen Mißgriffs vergessen. Er war einfach weg, und sie fühlte sich sauwohl dabei. Und was war Christian gewesen? Ein einfacher Busfahrer von 25 Jahren. Doch warum eigentlich „einfach”? Er hatte eine verantwortungsvolle Aufgabe: Menschen sicher von A nach B zu transportieren. Sie bedauerte aber, daß er eine Freundin hatte, die nur auf einem Kurzurlaub gewesen war, doch sie hatte drei Tage lang ein wundervolles Gegengift gehabt und war es zufrieden.

Lou suchte weiter. Und dann entdeckte sie eine Reihe einheitlich gebundener, roter Ledereinbände mit Goldprägung. Es waren private Nachbindungen, offensichtlich von einem mit ästhetischem Sinn und diskreter Vorsicht begabten Vorbesitzer veranlaßt, denn sie fand, daß dahinter die Originaltitel noch vorhanden waren. Und die entpuppten sich zum Teil in ihrer Eindeutigkeit als nicht überbietbare erotische Darstellungen.

Bei deren Betrachtung und weiteren Illustrationen empfand Louisiana eine tiefe Wärme, ganz unabhängig von der Raumtemperatur, die sehr angenehm war, und ihr Schoß wurde feucht.

Sie fand unter anderem „Ovids Liebeskunst” und entdeckte etwas, von dem sie noch nie gehört hatte: „Wakashudo − der Weg der Jünglinge”. Eine deutsche Ausgabe. Lou überflog die Inhaltsangabe, etwas Text und die Illustrationen. Es war eine Schilderung der homoerotischen Beziehungen im altjapanischen Militär, weit verbreitet unter den Samurai, diesen Männlichsten der Männlichen, die offenbar bis zum Ende der Ausbildung mit etwa 19 bis 20 Jahren sexuell mit ihren Lehrmeistern verkehrten. Danach wurde es wohl beendet. Davon würde sie Michael berichten, aber der kannte das vielleicht sogar. Sie wußte von seiner Beziehung zu Lord Branbury, der nach Michaels Beschreibung über eine weitaus größere Bibliothek verfügte und sicher einschlägige Literatur besaß. Lou staunte über die offensichtliche Toleranz der Japaner.