Unheimliches Wien

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7. DIE POLTERGEISTER VOM PALAIS CAVRIANI

1., HABSBURGERGASSE 5/BRÄUNERSTRASSE 8, EHEMALIGES PALAIS CAVRIANI.

Auch in den „grünen Zimmern“ im ersten Stock des Palais Cavriani sollen sich lange Zeit hindurch Poltergeister bemerkbar gemacht haben, sodass sich selbst bei helllichtem Tage keiner von den Bedienten hineinwagte. Nur Dorothea, die alte Haushofmeisterin, durfte unbehelligt hineingehen, ja sie wurde von dort sogar öfter laut bei ihrem Namen gerufen. Eine alte Sage berichtete, dass in dem 1723 vollendeten Haus ein Schatz vergraben sei, den die gräfliche Familie nun gerne gehoben hätte. Daher veranlasste sie den Beichtvater der Haushälterin diese zu bereden, der rufenden Stimme Folge zu leisten. Die gehorsame Dorothea hörte diese noch am selben Abend, als sie gerade zu Bett gehen wollte. Sie ergriff eine Kerze und folgte der Stimme in die grüne Stube. Dort sah sie auf allen Tischen Lichter stehen, einige sitzende Männer waren mit Geldzählen beschäftigt, andere saßen nur still und stumm. Als sich Dorothea zur Tür umwandte, verschwand der ganze Spuk unter Geprassel, wobei sie große Säcke mit Geld in einen Abgrund hinunterfallen zu hören glaubte. Als sie dies dem Beichtvater berichtete, freute sich dieser schon auf den Schatz und schlich ihr beim nächsten Mal nach. Da sah sie zwar keine Männer, aber doch die Lichter, über die sie auf Befehl des Mönchs ihre Schürze warf – was ihr eine derbe Ohrfeige eintrug, von der sie ohnmächtig wurde. Das von ihm herbeigerufene Hausgesinde brachte sie wieder zu sich. Sie sei von einer alten Frau auf die Wange geschlagen worden, erzählte sie, und habe sechs große eiserne Kästen mit großen Vorhängeschlössern gesehen, alle voller großer Münzen.


Das ehemalige Palais Cavriani: ein Poltergeist im ersten Stock und ein Schatz im Keller, der noch immer dort vergraben sein soll.

Nun begann auf Befehl der Herrschaft die große Schatzsuche, in besagtem Zimmer wurde der Anfang gemacht. Das ganze Haus wurde umgewühlt, doch konnte man nicht die geringste Spur eines Schatzes finden. Eines nachts aber vernahmen die Arbeiter ein gar gewaltiges Poltern und Werfen, was sie natürlich die Flucht ergreifen ließ. Auch der Beichtvater und Dorothea liefen davon, dabei verlosch die Kerze und sie fielen in eine tiefe Grube bis hinab in den weichen, aber ekelhaften Morast der Güllegrube – statt Goldstücken hatten sie Exkremente gefunden. Hier handelt es sich um ein altes Sagenmotiv, die Verwandlung von Gold in Exkremente, da die Schatzsucher einer Belohnung unwürdig waren.

Die Schatzsuche mit Hilfe von Geisterbeschwörungen und anderen magischen Handlungen war durch Jahrhunderte so beliebt, dass sie sogar in die alten Gesetze Eingang fand und es zu zahlreichen Prozessen kam. Die darin verwickelten Personen befanden sich meist in schlechter wirtschaftlicher Lage und hatten sich auf Betrüger eingelassen. So heißt es noch unter Kaiser Leopold I. (1657 – 1705) im Artikel 12 der Gesetzesordnung „Tractatus de juribus incorporalibus“ aus dem Jahr 1679, die die Beziehungen zwischen den „Untertanen“ und den Grundherren regelte: „Wenn jemand mit Zauberei einen Schatz zu erobern sich untersteht, ist dasjenige, was er findet, unserer landesfürstlichen Kammer verfallen und noch dazu die Bestrafung wegen solcher verübten Zauberei dem Landesgerichtsherrn zu überlassen.“ In der Praxis ergingen damals aber bereits milde Urteile.

Die der Öffentlichkeit nicht zugänglichen, zweigeschossigen barocken Keller des Palais Cavriani, wo der Schatz bis zum heutigen Tag noch unentdeckt vergraben liegt, existieren noch und geben Zeugnis für die einst aufwändigen Unterkellerungen sämtlicher alter Palais in der Wiener Innenstadt, die alle miteinander in Verbindung standen. Da unten findet man Hülsen von Schrotpatronen der Firma Rottweil, Geschoßreste und Zielscheiben, denn jahrzehntelang wurden die Räume als gewaltige unterirdische Schießanlage verwendet.

8. GEISTERSPUK AUF DEM LEOPOLDSBERG

19., LEOPOLDSBERG

Bei Schatzsuchern gilt auch der Leopoldsberg als Geheimtipp. Seinerzeit erzählten die Bewohner des Dorfes an seinem Fuß, sie hätten nächtliche Lichter in der verfallenen Burg auf seinem 425 Meter hohen Gipfel gesehen, obwohl niemand dort hauste und das Gemäuer völlig verfallen war. Die Lichter gingen abends an und wieder aus, so als ob jemand mit einem Leuchter in der Hand die Räume durchschreiten und kontrollieren würde, ob auch alles in Ordnung sei. In der Nähe weilende Hirten wollten gar Getöse und Lärm vernommen haben. Alle Tiere mieden das sonderbare Schloss, kein Hund, kein Schaf verirrte sich in die Ruinen. Im Winter, wenn Eis und Schnee das Schloss einhüllte und die Stürme um die Wehrmauern tobten, hielten viele sie für die „wilde Jagd“. Sobald aber die Kirchturmuhr die erste Stunde schlug, war der Spuk vorbei und Ruhe kehrte ein. So ging es lange Jahre. Man munkelte, die kostbare Einrichtung des Schlosses und seine Bibliothek wären in das Stift Klosterneuburg gebracht worden. Die ruhelosen Seelen der ehemaligen Bewohner müssten ihre Schätze nun vergeblich in der Burg suchen, bis sie eines Tages erlöst würden (nach Gustav Gugitz, Sagen und Legenden der Stadt Wien).

So weit die Sage. Die alte Babenbergerburg wurde 1130 als prunkvolle Residenz für Markgraf Leopold III., den Heiligen (1095 – 1136), und seine Gemahlin, die Kaisertochter Agnes, erbaut. Als die Babenberger ihre Residenz aber um 1156 nach Wien verlegten, verlor sie zunehmend an Bedeutung. Einer ihrer späteren Besitzer war Przemysl Ottokar II., danach gehörte sie den Habsburgern, bis Mathias Corvinus sie eroberte. Sie fiel nach seinem Tod an die Habsburger zurück, im Jahre 1529 brannte man sie aber wegen der Türkengefahr nieder. Danach verfiel der Rest, bis Kaiser Leopold I. die Kirche erbauen ließ. Im vorigen Jahrhundert errichtete man auf den alten Gebäuderesten ein Gasthaus und Personalwohnungen. Noch vor kurzem konnte man von dem Lokal aus die wohl schönste, aber äußerst windreiche Aussicht über Wien auf der einen und das Donautal auf der anderen Seite genießen.


Geisterspuk auf dem Leopoldsberg

Innen veranstaltete man legendäre Ritteressen. Seit der Schließung gerät wieder alles in Verfall, es findet sich kein Pächter, der die enormen Renovierungskosten aufbringen möchte, und Stift Klosterneuburg als Grundeigentümer ist ebenso wenig dazu imstande. So ist die Burg wieder ungeschützt den Elementen preisgegeben, die Mauern bröckeln, die Fenster sind eingeschlagen. Man hört wieder von Geisterjägern, von schwarzen Messen und allerlei unheimlichen Gestalten, die sich dort herumtreiben. In Vollmondnächten, besonders in der Walpurgisnacht, kommen die modernen Hexen aus der Stadt und vollführen Zeremonien bei Kerzenschein und Trommelwirbel, man will sie tanzen gesehen haben. In Mauernischen kleben danach Wachsreste. Und daher erzählt man sich heute wieder Geschichten von unheimlichen Lichtern in der Burg auf dem Leopoldsberg und vom Lärm, der aus den Mauern bis ins Tal zu hören ist. Doch diesmal endet der Spuk nicht mit der Geisterstunde, sondern erst im Morgengrauen.

Erst wenn die letzten Autos den Parkplatz verlassen haben, kehrt wieder Ruhe auf dem Leopoldsberg ein.


Unheimliche Lichter tanzen in den Ruinen der Burg.


In Vollmondnächten versammeln sich die Hexen auf dem Leopoldsberg.

TIPP

Leopoldsberg: erreichbar über Höhenstraße oder Fußweg „Nasenweg“ ab Kahlenbergerdorf. Bus Linie 38 A ab U 4, Station Heiligenstadt.

9. KNOCHENFUND IM RATZENSTADL

6., MAGDALENENSTRASSE

In Wiens Untergrund tauchen tatsächlich gar nicht so selten interessante Funde auf, wenn es sich dabei auch meist nicht um Gold oder Silber handelt. Eine Pressemeldung aus dem Jahr 2009 berichtet von einem unheimlichen Fund in Wien-Mariahilf, der die Phantasie der Wiener anregte und rasch zum Stadtgespräch wurde. Der Schauplatz war ein altes Haus am Magdalenengrund, einem Stadtteil im 6. Bezirk, benannt nach der heute nicht mehr existenten Magdalenenkapelle am Stephansplatz, deren Bruderschaft das Areal einst gehörte. Die Gegend hieß früher „Am Saugraben an der Wien“ oder im Volksmund „Ratzenstadl“. Das war zwar nicht schmeichelhaft, gibt aber die damaligen Verhältnisse recht gut wieder. Eine Wiener Sage erzählt denn auch vom Rattenfänger vom Magdalenengrund. Das ehemalige Ratzenstadl war das Häuser- und Straßenquadrat in Wien-Mariahilf, gebildet von der heutigen Kaunitzgasse (wo mit Nummer 7 noch das letzte alte Haus steht), der Dürergasse, der Proschkagasse und der Linken Wienzeile. Die Magdalenenstraße verlief diagonal durch das Viertel. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Stadt Wien das Viertel zu sanieren, heute ist es ein idyllischer Stadtteil mit revitalisierten Biedermeier-Häusern.


Das ehemalige Ratzenstadl auf dem Magdalenengrund (Modell im Bezirksmuseum Mariahilf)

 

Grausiger Skelettfund in einem Keller der Magdalenenstraße

Zurück zum Fund, den geschockte Mitarbeiter eines Räumungsdienstes am Dreikönigstag des Jahres 2009 machten. In einem Kellerabteil des Ratzenstadls in der Magdalenenstraße fanden sie – in Zeitungspapier gehüllt und unter einem Kohlenberg versteckt – menschliche Schädel und Knochen. Der neue Mieter einer Wohnung hatte das Abteil entrümpeln lassen und nicht die geringste Ahnung, was dieser makabre Fund zu bedeuten hatte. Er rief die Polizei, die den Fall untersuchte. Da das Datum der Zeitung unleserlich war, weil komplett vermodert, tippte man auf ein Alter der menschlichen Überreste von mindestens 60 bis 70 Jahren, was die gerichtsmedizinische Untersuchung dann bestätigte. Woher und von wem die Knochen stammten, konnte aber niemand herausfinden. Vielleicht handelte es sich nur um „Studienobjekte eines Sammlers“. Warum diese dann nicht in einer Vitrine, sondern unter den Kohlen lagen, ist damit nicht erklärt. Unweit vom Ratzenstadl liegt ein Wiener Luftschutzbunker unter dem Esterhazypark. Es könnte möglich sein, dass die aufgefundene Person während eines Luftangriffs im Zweiten Weltkrieg versuchte, diesen durch die unterirdischen Gänge zu erreichen, es aber nicht mehr schaffte und im Keller umkam. Später dürfte ein Berg Kohlen in den Keller deponiert worden sein, der die Leiche bedeckte. Wie die Knochen dann aber den Weg in das Zeitungspapier fanden, bleibt nach wie vor rätselhaft. Ältere Bewohner des Viertels, die sich noch an die Zeit des berüchtigten Ratzenstadls erinnern konnten, meinten, der Knochenfund stamme von einem Bewohner des Hauses, der unbekannterweise verstorben und offensichtlich von niemandem vermisst worden war. Seine Leiche wäre von den allgegenwärtigen Ratten abgenagt worden. Eine unheimliche Vorstellung, die jedoch die Zustände in der alten Rattenburg treffend beschreibt. Die Frage nach dem Zeitungspapier bleibt damit aber noch immer unbeantwortet. Ob vielleicht dem Ableben der bedauernswerten Person nachgeholfen wurde? Das lässt sich nicht mehr feststellen. Möglicherweise tauchen aber noch mehr solch unheimlicher Funde auf, denn die Wiener Häuser sind durchgehend unterkellert und viele davon harren noch ihrer Entrümpelung.


Im Restaurant Kaiserwalzer ereignen sich unerklärliche Vorkommnisse. Ist das Münzwardeinschlössl der Ausgangspunkt des Geisterspuks?


Schaurige Keller im ehemaligen Ratzenstadl. Verbergen sich hier noch unentdeckte Leichen?

Unerklärliche Vorkommnisse im Restaurant Kaiserwalzer

Im nahe gelegenen Restaurant „Kaiserwalzer“ 6., Esterházygasse 9, einer ehemaligen Möbelfabrik, ereignen sich seit Jahren unerklärliche Vorkommnisse. So erzählen die Herren „Ober“, dass ohne ihr Zutun immer wieder Gläser aus den Regalen fallen oder sicher verwahrtes Geschirr zu Boden fällt. Unerklärliche Geräusche wie Möbelrücken und Türenknallen wie von Geisterhand sollen keine Seltenheit sein. Die nicht geistergläubigen Angestellten versicherten der Autorin, dass sie eine unterirdische Wasserader für die Verursacherin des Spuks hielten. Unmöglich ist das nicht, denn der nahe Wienfluss wird genau an dieser Stelle von mehreren Wasserläufen gespeist, unter der heutigen Mollardgasse floss einst der Mühlbach, der Wasser aus der Wien und ihren Zuflüssen führte. Über häufige Geistererscheinungen im hinteren Teil des Lokals und auf der Treppe zur Toilette wurde bereits vor einigen Jahren in einem Buch berichtet. Möglicherweise ist aber auch das Nebenhaus, das „Münzwardeinschlössl“, der Ausgangsort des Geisterspuks, denn hat nicht jedes Schloss seinen Poltergeist? So denkt man zumindest in Großbritannien, dem Land der Schlossgespenster.

TIPP

Bezirksmuseum: 6., Mollardgasse 8: Öffnungszeiten Donnerstag 10 : 00 – 12 : 00 und Sonntag 11 : 00 – 13 : 00 (und nach Vereinbarung). Ein 3 mal 3 Meter großes Modell des Magdalenengrundes aus der Zeit um 1900 stellt das Prunkstück des Museums dar.

Literaturtipp: Christof Bieberger u. a.: Spuk in Wien, Wien 2004.


10. DAS KATZENSTEIGHAUS

1., SEITENSTETTENGASSE 6/RABENSTEIG 3

Manche Häuser wirken finster und unheimlich, so das Eckhaus Seitenstettengasse/Rabensteig. Die Autoren gingen der Vermutung nach, dass möglicherweise eine Gruselgeschichte daran festgemacht werden kann, und wurden fündig.

Als in der Seitenstettengasse noch ein Stadttor stand, schlich der Legende nach nächtens eine große, weiße Katze über die Dächer der Häuser. Jeder, der sie erblickte, wurde vom Pech verfolgt, und jedem, der sich ihr näherte, fügte sie mit ihren scharfen Krallen tiefe Wunden zu. Das Tor wurde nach diesem Tier Katzensteigtor benannt, in Wahrheit wohl aber eher nach der „Katze“, einem Wort für einen Teil der Stadtbefestigung.


Schauplatz einer alten Wiener Sage: das Katzensteighaus an der ehemaligen römischen Stadtmauer

Der Besitzer des Hauses Nummer 6 soll ein wüster Geselle gewesen sein, von niemandem wohl gelitten. Eines Tages verfiel er einem lasterhaften Weib. Gemeinsam heckten sie den teuflischen Plan aus, die ehrbare Ehefrau des Wüstlings zu ermorden, um fortan zusammen zu leben. Das Gift mischten sie in die Speisen, doch durch einen Zufall wurden die Teller verwechselt und die Ehebrecherin nahm das Gift zu sich. Sie stürzte zu Boden, wand sich jämmerlich wie eine räudige Katze, sprang aus dem Fenster und brach sich das Genick. Von Stund an war sie dazu verdammt als unheimliche Katze über die Dächer zu streifen (frei nach Gustav Gugitz, Sagen und Legenden der Stadt Wien). Soweit die Sage, doch recht geheuer ist die Gegend wirklich nicht.

Das Unglückshaus am Katzensteig

Auf dem Haus in der Seitenstettengasse beim ehemaligen Katzensteigtor scheint tatsächlich ein Fluch zu liegen. Keinem seiner Besitzer hat es Glück gebracht. Immer waren es unvorhersehbare Ereignisse und unheimliche Pechserien, die über diese hereinbrachen.

Ursprünglich hieß das Haus „Pempflingerhof“, errichtet 1486 aus mächtigen Steinquadern vom Stadtrichter Christoph Pempfling. Seine Frau Dorothea, eine resolute Wienerin, soll selbst den Teufel das Fürchten gelehrt haben. Aus ungeklärter Ursache brach während einer totalen Mondfinsternis am 15. September 1522 ein Feuer auf dem Kienmarkt aus und zerstörte das Gebäude bis auf die Grundmauern. Im Jahr 1555 erwarb Bonifaz Wolgemut, der bekannte Zeichner des ersten Wiener Stadtplans, das Grundstück und errichtete das Gebäude neu, doch stürzte es beim Erdbeben des Jahres 1590 ebenso wie die Häuser der ganzen Umgebung ein. Sein Sohn Mathias Wolgemut erwarb einen Teil der benachbarten Ruinen dazu, renovierte das Ganze und vermietete in dem Teil, dessen Krümmung noch heute den Verlauf der ehemaligen römischen Stadtmauer anzeigt, Wohnungen. Die Mieter wechselten häufig, offenbar bis zum heutigen Tag, denn das Haus scheint seit Jahren unbewohnt zu sein. Nur manchmal sieht man einige Fenster beleuchtet, meist bleibt es abends dunkel. Eine düstere, unheimliche Stimmung geht von dem Gebäude aus. Kein Geschäft, kein Lokal hält sich für längere Zeit.


Das „Fluchhaus“ am Katzensteigtor brachte angeblich jedem seiner Besitzer Unglück.


Ein Fluch liegt auf den Gewölben des ehemaligen Pempflingerhofs.

Das Katzensteigtor wurde 1825 abgebrochen, die alten Häuser stehen noch. An der Stelle des ursprünglichen Pempflingerhofs befindet sich die Synagoge, und das unheimlich wirkende Eckhaus ist ebenfalls Eigentum der Israelitischen Kultusgemeinde.

In den Wiener Sagen taucht auch eine schwarze Katze auf: Die Knechte eines Weinbauern schlichen heimlich in den Keller, um sich just am edelsten Tröpfchen – dessen Genuss ihnen strikt untersagt war – gütlich zu tun. Zur Abschreckung der Missetäter setzte die Hausherrin eine hölzerne, grimmig dreinschauende schwarze Katze auf das Fass mit dem besten Wein, was bei schreckhaften Gemütern seine Wirkung zeigte. Jene, die sich von derlei Hokuspokus nicht beeindrucken ließen, wussten so aber wenigstens gleich, wo sie ihre Becher am besten füllen konnten. Die schwarze Katze wurde daher zum Symbol für den besten Wein im Keller, noch heute ist in vielen Weinkellern eine hölzerne „Kellerkatz“ zu finden. In Wahrheit leitet sich der Ausdruck aber vom Kellerschimmel (lat. cladiosporium cellare) an den Wänden der alten Keller ab, der wegen seines fellartigen Aussehen und der weichen Beschaffenheit als „Kellerkatze“, „Kellertuch“ oder „Schwarze Katze“ bezeichnet wird. Man kann ihn dort finden, wo die alten Kellergewölbe noch heute als Weinkeller dienen.


Schimmel an den Kellerwänden nannte man „Kellerkatz“.

TIPP

1., Seitenstettengasse 6. Hinweistafel auf das Katzensteigtor. 1., Seitenstettengasse 5. Im Hausflur links Bild vom Katzensteig und dem Tor.


Ein schauriges Kapitel der Geschichte, auch in Wien: die Hexenprozesse.

1. EXORZISMUS UND HEXENVERBRENNUNG

1., POSTGASSE, BARBARAKIRCHE, 1., RAUHENSTEINGASSE 10., 3., WEISSGERBER LÄNDE.

Ein schauriges Kapitel in der Geschichte der Strafverfolgung nehmen die Hexenprozesse ein, obwohl es im katholischen Österreich viel weniger Fälle als im protestantischen Deutschland gab. Außerdem kann man feststellen, dass die österreichischen Hexen (ein Drittel davon waren Männer) immer auch in den Verdacht der Ketzerei gerieten, die Abgrenzung gegenüber den Ketzerprozessen also fließend ist. Um sie an der Wiederkehr, aber auch an der fleischlichen Auferstehung am jüngsten Tag zu hindern, verbrannte man sie und warf die Reste in den nächsten Fluss.

Die Plainacherin – eine Hexe?

Der einzige Fall einer Hexenverbrennung in Wien ist aus dem Jahre 1583 bekannt, es handelt sich dabei um den Fall der siebzigjährigen Lutheranerin Elise Plainacherin aus Mank im niederösterreichischen Mostviertel. Ihre bereits verstorbene Tochter war mit einem „papistischen Hund“, einem Katholiken, verheiratet gewesen, die Enkelin Anna Schlutterbauer hatte lange bei ihr gelebt. Als der Vater die inzwischen Sechzehnjährige nach St. Pölten mitnahm, begann sie an Krämpfen zu leiden und galt deshalb als besessen. Ein an ihr vorgenommener Exorzismus half nichts, daher musste eine Hexe als Verursacherin ihrer Krämpfe gesucht werden. Man glaubte diese in der alten Großmutter zu finden, ganz sicher habe sie das Mädchen verhext.


Die Plainacherin wurde auf der Weißgerberlände verbrannt.


Kellerabgang im ehemaligen Schergenhaus

 


Die Rauhensteingasse: Hier befand sich ehemals das gefürchtete Hauptgefängnis von Wien.

Die beiden Frauen wurden nach Wien gebracht. Der berühmte Jesuit Georg Scherer reinigte sich durch strenges Fasten und Geißelungen und trat in der Barbarakirche am Fleischmarkt am 14. August 1583 den 12.652 Dämonen, die es sich in Annas Körper und Geist gemütlich gemacht hatten, tapfer entgegen, bis sie nach langem Ringen aus dem Mädchen ausfuhren. Dabei sagte Anna in ihrer Benommenheit und Verzweiflung aus, ihre Großmutter habe diese Bösen in Gestalt von Fliegen in Gläsern gehalten. Die unschuldige Greisin wurde daraufhin in das „Schergen-“ oder „Malefizspitzbuben-Haus“ in der Rauhensteingasse 10 gebracht, wo sich seit 1422 das Untersuchungsgefängnis nebst Henkerswohnung befand. Im Keller wurde sie dort solange „peinlich befragt“ (gefoltert), bis sie verwirrt alle ihre „Verbrechen“ gestand. Nicht einmal der Stadtrichter war von dem Geständnis überzeugt, er wollte die arme Alte in einem Versorgungsheim unterbringen, ersuchte Kaiser Rudolf II. um Gnade. Es war umsonst, und so bestieg die Plainacherin am 28. September 1583 den Scheiterhaufen auf der „Gänseweide“ (Weißgerber Lände).


Die Gefängniszellen im ehemaligen Schergenhaus.


Im Schergenhaus stand dem Henker eine freie „Dienstwohnung“ zu.

Das Schergenhaus steht heute nicht mehr, dort befindet sich ein Gründerzeitbau mit Wohnungen. Im 22. Bezirk wurde vor kurzem eine Gasse nach der Plainacherin benannt.

TIPP

1., Rauhensteingasse 10. Hier befand sich seinerzeit das 1422 errichtete „Malefizspitzbubenhaus“ mit Untersuchungsgefängnis und Henkerswohnung. Literaturtipp: Anna Ehrlich: Hexen – Mörder – Henker. Wien 2006.

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