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Gleich jedem ordentlichen festen Haus müssen auch die rollenden Häuser Vorrichtungen zu ihrer Beleuchtung besitzen.

Die Anschauung, daß in den Personenwagen während der Dunkelheit Lampen brennen müssen, hat nicht immer geherrscht. In dem ersten Jahrzehnt ihres Bestehens sträubten sich die deutschen Eisenbahngesellschaften überhaupt dagegen, Nachtzüge fahren zu lassen, da ihnen dies infolge der mangelhaften Sicherheits-Einrichtungen zu gewagt schien. Als der immer mehr sich steigernde Verkehr sie jedoch schließlich hierzu zwang, wollten sie die Mehrausgaben für Beleuchtung gern vermeiden. In Preußen mußte diese notwendige und wohltätige Einrichtung erst durch Eingreifen des Königs Friedrich Wilhelm IV. erzwungen werden.

Der Kabinetts-Minister von Bodelschwingh sah sich auf Geheiß des Königs veranlaßt, am 11. November 1844 das folgende Schreiben an die Minister des Innern und der Finanzen zu richten: „Des Königs Majestät halten es der Sicherheit und des Anstands wegen für wünschenswert, daß die Eisenbahnwagen während der nächtlichen Züge erleuchtet werden und haben mir aufgetragen, Eure Exzellenzen auf diesen Gegenstand unter dem Ersuchen aufmerksam zu machen, entweder Anordnungen in diesem Sinn zu treffen oder sich gegen Seine Majestät über die etwaigen Hindernisse äußern zu wollen.“ Solche Hindernisse traten in der Tat noch auf, und einige Verwaltungen konnten erst durch Ordnungsstrafen zur Einführung der Beleuchtung in den Personenwagen gezwungen werden.

In dem Buchteil über die Geschichte der Eisenbahn haben wir bereits gehört, daß die erste Eisenbahn-Beleuchtung aus einer Kerze bestand, die ein mildherziger Beamter der Stockton-Darlington-Bahn in einem von Pferden gezogenen Wagen auf den darin aufgestellten Tisch klebte. Auch in Deutschland wurden im Anfang Kerzen benutzt, die nicht lange nachher durch Rüböl-Lampen ersetzt wurden. Petroleum wurde als zu gefährlich angesehen und fand keine größere Verwendung.

Die neuzeitliche Eisenbahnwagen-Beleuchtung beginnt erst mit den Arbeiten des deutschen Ingenieurs Julius Pintsch, der sich ein außerordentliches Verdienst um diesen Gegenstand erworben hat. Die Erzeugnisse der großen, von ihm begründeten Berliner Fabrik werden heute in aller Herren Länder in größter Zahl verwendet. Pintsch führte die Gasbeleuchtung in den Eisenbahnbetrieb ein.

Die Aufgabe war deshalb schwer zu lösen, weil erst ein Gas geschaffen werden mußte, das sich kräftig zusammenpressen ließ, ohne dadurch an Leuchtkraft zu verlieren. Denn die Gasbehälter, die unter den Wagen angebracht werden können, müssen klein sein, weshalb sie einen genügenden Vorrat von Gas nur mitzunehmen vermögen, wenn dieses in zusammengepreßtem Zustand eingefüllt wird.

Pintsch erfand im Jahre 1867 das Fettgas, welches alle für die Wagenbeleuchtung erwünschten Eigenschaften besitzt. Es wird aus flüssigen Fettstoffen, aus Petroleumrückständen oder Paraffinöl, in Deutschland zumeist aus den bei Vergasung der Braunkohle zurückbleibenden Teerölen gewonnen. Seit dem Jahre 1870 begann der Siegeslauf der Fettgasbeleuchtung. Man führt den Brennstoff den Behältern unter den Wagenkasten entweder von festen Füllstellen her zu oder bringt ihn in besonderen fahrbaren Gasbehältern auf solche Bahnhöfe, die keine eigenen Erzeugungsanstalten besitzen. Diese Gaswagen mit ihren meist drei sehr großen, walzenförmigen Behältern sind überall auf den Bahnhöfen zu sehen.

Der kleine Gasbehälter, der unter jedem Wagen mit Gasbeleuchtung zwischen den Achsen angebracht ist, nimmt Brennstoff für 30 bis 40 Leuchtstunden auf. In den Lampen selbst kann das Gas mit dem Behälterdruck von 6 Atmosphären nicht verwendet werden. Es ist notwendig, die Pressung zu vermindern, und das gibt gleichzeitig Gelegenheit, ein gleichmäßiges Brennen der Flammen trotz der allmählich eintretenden Entspannung im Behälter herbeizuführen. Es ist das große Verdienst von Pintsch, einen Druckregler für diesen Zweck geschaffen zu haben, der den Gasstrom zu den Flammen auf immer gleichen Druck bringt und trotz seiner aufs feinste wirkenden Teile gegen die starken bei Eisenbahnwagen auftretenden Erschütterungen ganz unempfindlich ist.

Dieser Druckregler, den unser darstellt, ist folgendermaßen gebaut. Er besteht aus einem gußeisernen Topf, von dem die Gasleitung zu den Lampen abgeht, und der oben mit einer Lederhaut abgeschlossen ist. Diese wird gegen äußere Angriffe durch einen übergelegten eisernen Deckel geschützt. An der Lederhaut A ist die Stange B angebracht, die einen unter Druck der Feder D stehenden Hebel C bewegen kann. Dieser Hebel C wirkt durch seine Bewegung auf ein Ventil ein, das den Zufluß des Gases aus dem Hauptbehälter in den Reglertopf beeinflußt. Wenn in dem Topf der Gasdruck herrscht, der für die Lampen der geeignetste ist, so wird die Lederhaut A etwas nach oben gedrückt, die Stange B zieht an, und der Hebel C verschließt das Zuflußventil. Sinkt der Druck im Reglertopf, so läßt C mittels seines Ventils ein wenig Gas aus dem Behälter nachströmen. Auf diese Weise herrscht in der Leitung zu den Lampen stets der gleiche Druck, wenn sich die Pressung im Behälter auch stark mindert.

Als das Azetylen erfunden war, mischte man dieses dem Fettgas bei. Vom Jahre 1900 ab wurde dieses Mischgas überall verwendet und mit ihm eine 15mal größere Leuchtkraft in den gleichen Brennern erzielt, wie sie für das Fettgas verwendet wurden. Der Preis für die Kerzenstunde sank auf die Hälfte.

Eine weitere, sehr bedeutende Verbesserung der Gasbeleuchtung in Eisenbahnwagen brachte die Einführung des Glühlichts, nachdem es gelungen war, die von Auer von Welsbach erfundenen Glühstrümpfe so haltbar zu machen, daß sie starke Erschütterungen auszuhalten vermögen. Zunächst verwendete man stehende Glühlichtbrenner; sie gewährten jedoch wegen des starken Schattens, den die Brennerarme nach unten warfen, keine volle Befriedigung. Die heutige vorzügliche Gasbeleuchtung in Eisenbahnwagen ist erst vorhanden, seit geeignete Bauarten hängender Glühlichtkörper erfunden sind. Bei Verwendung von Glühkörpern ist zur Erzielung einer bedeutenden Lichtstärke die Beimischung des teuren Azetylens zum Fettgas nicht mehr notwendig. Seit 1909 sind denn auch im Bereich der preußischen Eisenbahnverwaltung die Betriebe der Mischgas-Anstalten eingestellt worden; man ist seitdem wieder zum reinen Fettgas zurückgekehrt. Trotzdem ist seither die Lichtstärke in allen Wagenklassen, ohne Erhöhung der Betriebskosten, wiederum etwa auf das doppelte gestiegen.

Diese kurze Betrachtung über die geschichtliche Entwicklung der Gasbeleuchtung zeigt deutlich, wie rasch die Technik unserer Tage arbeitet. Die eine Verbesserung wird schon nach kurzer Zeit von der folgenden überholt. Wie wenige andere technische Verwaltungen sind die Eisenbahnbetriebe gezwungen, allen auftretenden Neuerungen Beachtung zuzuwenden. Sie müssen sie aufs genaueste prüfen und dürfen selbst vor sehr hohen Umänderungskosten nicht zurückscheuen, sobald die Neuerung erfolgversprechend erscheint. Die Ausgaben, welche durch Einbau der immer neu gestalteten Gasbeleuchtungsarten entstanden, haben sich durch Betriebsersparnisse mehrfach bezahlt gemacht.

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist nun der Gasbeleuchtung in allen ihren Formen ein neuer Mitbewerber in Gestalt der elektrischen Beleuchtung erstanden. Das Gas herrscht heute in den Eisenbahnwagen noch vor, und es ist keineswegs schon jetzt abzusehen, wann sein Gegner die Überhand gewinnen wird. Die elektrische Beleuchtung für Eisenbahnwagen ist heute noch bedeutend weniger einfach, als die Anordnungen für die ältere Lichtart. Die Kosten für die Kerzenstunde sind noch nicht geringer, die Ausgaben für die notwendigen Einrichtungen an jedem einzelnen Wagen bedeutend höher. Doch auch auf diesem Gebiet werden wir sicher rasch vorwärtskommen, und einstens wird der Tag oder, richtiger, der Abend da sein, an dem die elektrische Beleuchtung als Siegerin dastehen wird.

So ausgezeichnete Dienste das Gaslicht bei der Eisenbahn geleistet hat und noch heute in weitestem Maß leistet, ist dennoch seine Ersetzung durch elektrisches Licht aus verschiedenen Gründen wünschenswert.

Insbesondere würde die Feuersicherheit in den Wagen bedeutend erhöht werden. Die Brände, welche häufig nach Unfällen ausbrechen und die zwischen den Wagentrümmern eingeklemmten, manchmal gänzlich unbeschädigten Reisenden aufs schwerste gefährden, haben ihre Ursache häufig in der Entzündung des mitgeführten Leuchtgases, in das beim Ausströmen aus den beschädigten Behältern ein Funke fällt. Der elektrische Strom kann in dieser unheilvollen Weise nicht wirken. Zwar bergen elektrische Anlagen stets die bekannte Kurzschlußgefahr in sich. Aber gerade bei der Eisenbahnwagenbeleuchtung ist diese am allerwenigsten zu fürchten, da infolge der sehr kurzen Entfernung von der Erzeugungsstelle mit einer sehr niedrigen Spannung – gewöhnlich 32 Volt – gearbeitet werden kann.

Bei Anwendung der elektrischen Beleuchtung braucht die Lichtquelle jedes Abteils nicht mehr aus einem einzigen Körper zu bestehen, sondern die Lampen können zerstreut angebracht werden, was das Lesen sehr viel bequemer macht. Als die Mischgasbeleuchtung noch herrschte, hatte man aus dieser Erkenntnis heraus bei einer großen Reihe von D-Wagen in den Abteilen erster und zweiter Klasse bereits elektrische Leselampen hinter den Sitzen angebracht. Seit Einführung des sehr viel kräftiger wirkenden Gasglühlichts sind diese Zusatzlampen, da sie nicht mehr notwendig erschienen, wieder beseitigt worden.

Die Einschaltung der elektrischen Beleuchtung kann für jeden Wagen von einer einzigen Stelle aus bewirkt werden, ohne daß es notwendig wäre, wie beim Gas, Zündflammen zu unterhalten, die immerhin durch ihre sehr bedeutende Gesamtzahl einen nicht geringen Gasverbrauch haben. Die Erfindung der Metallfadenlampe mit ihrem geringen Stromverbrauch hat die Verbreitung der elektrischen Beleuchtung im Eisenbahnbetrieb bereits bedeutend gefördert.

 

Es ist selbstverständlich nicht daran zu denken, den mit Dampf betriebenen Zügen Elektrizität für die Beleuchtung dadurch zuzuführen, daß neben den Geleisen feste Leitungen verlegt werden, von denen der Strom mittels Gleitschuhen abgenommen wird. Ein Leitungsnetz von so ungeheurer Ausdehnung allein für diesen nebensächlichen Zweck zu schaffen, wäre viel zu kostspielig.

Selbst die durchgehende Beleuchtung geschlossener Züge von einer gemeinsamen, mitgeführten Stromquelle aus hat vorläufig keine Hoffnung auf weitere Verbreitung. Man hat Versuche auf diesem Gebiet gemacht, indem man auf der Lokomotive einen kleinen, durch besondere Dampfturbine angetriebenen Erzeuger aufstellte. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß eine weitere Belastung der ohnedies stark angestrengten Lokomotivmannschaft durch diese neue Anordnung nicht zulässig war. Insbesondere aber ist, sowohl bei Aufstellung des Erzeugers auf der Lokomotive wie im Packwagen, was auch bereits oft versucht worden ist, die Führung zweier Leitungen über den ganzen Zug notwendig. Das Kuppeln, bei dem heute schon außer der Zusammenfügung der eigentlichen Zugverbindungsglieder die Herstellung der durchlaufenden Brems- und Heizleitungen notwendig ist, wird dadurch weiter erschwert, was sich wegen der notwendigen Schnelligkeit bei der Zugabfertigung als äußerst störend erwiesen hat. Es wäre ferner notwendig, jeden Wagen, der für geschlossene Zugbeleuchtung eingerichtet ist, auch mit allen Vorkehrungen für Gaslicht zu versehen, da die Wagen ja nicht stets im gleichen Zug bleiben, sondern die Fähigkeit haben müssen, in verschiedene Züge eingestellt zu werden, wo sie durchaus nicht immer Vorkehrungen für elektrische Beleuchtung vorfinden. Will man die doppelte Beleuchtungs-Einrichtung vermeiden, so hört die Freizügigkeit der Wagen auf, was keineswegs zulässig ist.

So wird denn heute bei der elektrischen Beleuchtung der Hauptwert auf Einrichtungen für Einzelwagen-Beleuchtung gelegt. Am einfachsten sind die hierfür notwendigen Vorrichtungen, wenn man den Strom Speicherbatterien entnimmt, die unter dem Wagenkasten bequem aufgestellt werden können. Die Einzelzellen solcher Batterien werden meist in Kasten aus Hartgummi untergebracht. Man kann die Batterien, wenn sie entladen sind, entweder rasch gegen voll aufgeladene auswechseln oder ihre Kraft an vorgesehenen Ladestellen erneuern. Der erste Vorgang ist sehr beschwerlich, da die Zellen großes Gewicht haben, bei der zweiten Art muß der betreffende Wagen eine Zeit lang aus dem Betrieb gezogen werden. Trotzdem hat sich die Einzelwagen-Beleuchtung durch Speicherbatterien bereits bei manchen Sonderfahrzeugen bewährt, die ohnedies nicht ständig zu laufen pflegen, wie bei Bahn-Postwagen und bei Schlafwagen.

Bei Schlafwagen sind die Vorzüge der elektrischen Beleuchtung besonders groß. Es wird dadurch die Gefahr beseitigt, welche durch Ausströmen selbst sehr geringer Gasmengen in den engen Abteilen entstehen kann. Ferner verschwindet jeglicher Geruch, und es wird das Anbringen beweglicher Lampen möglich, das gerade hier sehr erwünscht ist. Gewöhnlich schließt man noch einen elektrischen Kocher im Dienstabteil an, auf dem der Wärter Morgenkaffee für die Reisenden bereiten kann.

Bei reiner Speicherbeleuchtung würde aber der freie Umlauf gewöhnlicher Abteilwagen allzu sehr eingeschränkt werden, da sie ja von Zeit zu Zeit außer Betrieb gestellt werden müßten, und vor allem, weil sie von Ladestellen abhängig würden. Aus diesem Grund versieht man jeden solcher Wagen, der mit elektrischer Beleuchtung ausgerüstet ist, mit einem eigenen Stromerzeuger; dessen Antrieb erfolgt durch eine Wagenachse. Da diese aber weder gleichmäßig noch ständig in Bewegung ist, so leuchtet ohne weiteres ein, daß besondere Vorkehrungen zur Herbeiführung eines gleichmäßig brennenden Lichts getroffen werden müssen.

Die elektrische Einzelwagen-Beleuchtung mit Stromerzeuger hat denn auch zum Bau höchst sinnreicher und mannigfaltiger Vorrichtungen geführt, die insbesondere deshalb höchst bewundernswert erscheinen, weil sie gestatten, die Schaltungen und Regelungen verschiedenster Art, die hier notwendig sind, mittels verhältnismäßig sehr einfacher, selbsttätiger Vorrichtungen zu bewirken.

Der Strom wird von den Erzeugern nicht immer unmittelbar den Lampen zugeführt, sondern es werden durch die Maschine stets ein oder zwei Speicherbatterien aufgeladen, welche die Speisung der Lampen während des größten Teils der Fahrt übernehmen. In Deutschland sind insbesondere zwei Bauarten für diese Beleuchtungsart in reger Anwendung: die der Gesellschaft für elektrische Zugbeleuchtung und die Bauart Pintsch-Grob.

Die Gesellschaft für elektrische Zugbeleuchtung verwendet nur Eine Speicherbatterie. Zum Aufladen dient eine Rosenberg-Maschine, die an der Stirnseite eines Drehgestells aufgehängt und durch Riemen mit einer Wagenachse verbunden ist. Sie liefert trotz der wechselnden Geschwindigkeiten der Wagenachsen, und obgleich diese ja in kehrenden Richtungen laufen, stets Strom gleicher Spannung und gleicher Richtung, wie es für Gesundhaltung der Batteriezellen notwendig ist. Wenn die Batterie genügend stark aufgeladen ist, schaltet sie sich selbsttätig ab. Solch ein Abschalten ist aber auch dann notwendig, wenn bei noch nicht vollständig aufgeladener Batterie der Zug stehen bleibt. Denn in solchem Fall würde ja Strom aus der Batterie in die Maschine fließen, was unbedingt vermieden werden muß. Ein besonderer Apparat verhindert, gleichfalls selbsttätig, diesen Vorgang.

Würde man die Lampen in den Abteilen ohne weiteres von der Batterie aus speisen lassen, während die Maschine diese fortwährend nachladet, so würden die Reisenden ein starkes Schwanken der Lichtstärke wahrnehmen. Eine Regelung ist also auch hier notwendig. Sie geschieht durch Vorschalten von Eisendrahtwiderständen bei jeder Lampe. Eisen hat die Eigenschaft, seinen Widerstand sehr stark zu erhöhen, wenn es in der Nähe der Rotglut weiter erhitzt wird. Man sorgt daher dafür, daß die Eisendrahtwiderstände bei der gewünschten Lichtstärke jeder Lampe so heiß werden, daß sie fast zu glühen beginnen. Steigt jetzt die Spannung in der Zuleitung an, so verzehren die Eisendrahtwiderstände den Überschuß, und das Licht bleibt unverändert. Die Widerstände werden in lampenähnlichen Glasgefäßen untergebracht, die mit Wasserstoff gefüllt sind.

Bei der Bauart Pintsch-Grob kommen zwei Speicherbatterien zur Anwendung. Hier wird der Lampenstrom den Batterien nur solange entnommen, wie die Zuggeschwindigkeit unter einem bestimmten Maß bleibt. Alsdann legt die Fliehkraft zweier sich drehender Gewichte die Leitung so um, daß die Maschine unmittelbar an die Lampen geschaltet, und gleichzeitig eine der beiden Batterien wieder aufgeladen wird. Bei jedem Stillstand des Zugs wird an die Stelle der bis dahin aufgeladenen Batterie selbsttätig die andere gesetzt, so daß beide ständig genügende Ladung besitzen.

Die Fortschritte, welche im Lauf der Jahrzehnte im Bau der Personenwagen gemacht worden sind, werden am besten durch die Zunahme der sogenannten toten Last gekennzeichnet. Man bezeichnet damit die Zahl der Kilogramme, die sich ergibt, wenn man das Gesamtgewicht eines Wagens durch die Anzahl der vorhandenen Plätze teilt. In den älteren zweiachsigen Wagen der preußisch-hessischen Staatseisenbahnen beträgt das tote Gewicht für jeden Platz etwa 500 Kilogramm, in den dreiachsigen Wagen schon 800 Kilogramm, in den vierachsigen D-Wagen sind mehr als 1100 Kilo für jeden Platz mitzuschleppen, bei den sechsachsigen Schlafwagen steigt die tote Last gar auf über 1400 Kilogramm. Wenn man bedenkt, daß ein erwachsener Mensch im Durchschnitt 70 Kilogramm wiegt, so geht hieraus deutlich hervor, welche Verschwendung getrieben wird, um ein möglichst angenehmes Fahren zu erzielen.

Die Ausstattung der rollenden Häuser ist eben allmählich sehr stark verbessert worden, und jede Verbesserung bringt eine Erhöhung des Gewichts mit sich. In dieser Entwicklung sind wir bei uns durchaus noch nicht an der Grenze angelangt. Überschreitet doch die tote Last in den besonders großartigen Saalwagen der amerikanischen Pennsylvania-Bahn, die dem gewöhnlichen Tagesverkehr dienen, 1700 Kilogramm für den Platz.

16. Die Lastträger

Nicht immer rollen Züge über die Strecke, aus deren hellen Fenstern Menschenaugen neugierig in die Landschaft hinausblicken. Nicht jedesmal, wenn die Schienen unter der Last eines darüberbrausenden Zugs erdröhnen, zieht eine feurige, kühn dahinbrausende Lokomotive eine gleichmäßig gebaute Reihe wohlgeformter rollender Häuser hinter sich.

Die Geleise haben nicht nur die Aufgabe, Menschen rasch von einem Erdenwinkel zum anderen zu befördern, sie werden in weit stärkerem Maß noch zum Austausch der Güter benutzt, die zur Aufrechterhaltung des menschlichen Lebens und der menschlichen Tätigkeit dienen.

Im ersten Abschnitt dieses Buchs ist bereits darauf hingewiesen worden, daß mehr als 64 vom Hundert der Einnahmen bei den deutschen Eisenbahnen aus dem Güterverkehr stammen. Dieser überragt also den Personenverkehr ganz bedeutend. Auf den großen Durchgangsstrecken insbesondere sieht man viel häufiger, als das blendende Schauspiel des mit fast unglaubwürdiger Geschwindigkeit vorüberstürmenden Schnellzugs sich zeigt, eine unabsehbar lange Wagenkette langsam und keuchend herankommen. Die Fahrzeuge sind nicht gleichmäßig geformt. Die Dachkanten solcher Züge erinnern nicht mehr, wie bei den für Menschenbeförderung bestimmten, an die glatte Linie, in der etwa die Kimm, die Trefflinie von Himmel und Wasser, das Gesichtsfeld auf dem Meer abschneidet, sie ähneln jetzt dem arg zerrissenen Rücken eines Gebirges, das in der Ferne zu den Wolken ragt. Jäh steigt die Dachlinie aufwärts und abwärts. Hochgetürmte Wagen wechseln mit niedrigen Fahrzeugen ab, Eckiges folgt auf Wohlgerundetes; hier ist festgestopftes Heu mit einer mächtigen Leinwanddecke umhüllt, dort hebt eine landwirtschaftliche Maschine ihren eigentümlich geformten, nackten Arm in die Höhe. Der finsteren Schwärze des Kohlenwagens folgt das brennende Rot geschichteter Ziegelsteine, hinter der wuchtigen Schwere eines roh gegossenen Maschinenrahmens, der allein einen ganzen Wagen einnimmt, rollt ein heiteres Völkchen eng geschichteter Rüben.

Im Gegensatz zu der flinken Munterkeit der Personenzüge fährt der Güterzug ernst und streng über den trostlos grauen Bahndamm. Kein freundliches Lämpchen wirft des Nachts seinen Schein hinaus, schweigend und schwerfällig zieht er mit klirrenden Kupplungen seinen Weg. Sobald er einen Schnellzug in seinem Rücken weiß, geht er ihm scheu und ängstlich aus dem Weg. Die hellen, wohlgepflegten Bahnsteige sind für den Lastenschlepper nicht vorhanden; als wäre er ihm feindlich gesinnt, lenkt der Stellwerkswärter den Zug vor jedem Bahnhof durch Abzweigstellung der Weichen hinüber in das krause Gestrüpp der Verschiebegeleise. Was den Güterwagen entsteigt, wird nicht mit Blumensträußen und freundlichen Grüßen empfangen, sondern von harten Händen rauh herausgerissen und mühsam in Schuppen oder auf Fuhrwerke gewälzt.

Während die Schnellzüge hundert Kilometer in der Stunde durchfahren, die Personenzüge 60 bis 70, müssen sich die Güter mit einer stündlichen Fahrgeschwindigkeit von nur 30 bis 40 Kilometern begnügen.

Dafür aber ist der Wagenpark, der ihnen für ihre Reisen zur Verfügung steht, von überraschendster Mannigfaltigkeit. Man unterscheidet drei Hauptarten von Güterwagen: bedeckte, offene und für besondere Zwecke bestimmte. Aber innerhalb jeder dieser Gattungen gibt es die zahlreichsten Einzelformen. Rollen doch im Güterverkehr nicht nur Wagen, die den Eisenbahngesellschaften gehören, sondern auch solche, die von anderen Besitzern erbaut und in Betrieb gegeben werden. Sie zeigen, ihren sehr verschiedenartigen Bestimmungen und Fähigkeiten entsprechend, alle erdenklichen Bildungen. Freilich werden von den Bahngesellschaften Privatwagen nur unter besonderen Bedingungen zugelassen; sie müssen ganz genauen Vorschriften unterliegen, denn wir wissen ja heute sehr genau, daß der „freie Wettbewerb auf der Schiene“ ein Unding ist.

Der allgemeinen Benutzung sind ferner die Bahndienstwagen entzogen, die von den Bahngesellschaften selbst für den inneren Betrieb erbaut und verwendet werden.

Während sämtliche Personenwagen mit Bremsen versehen sein müssen, gibt es unter den Güterwagen einen sehr großen Teil, der gar keine Hemmvorrichtungen besitzt. Die Bremswagen wieder zerfallen in solche mit durchgehender Bremse und andere, die nur mit einzeln zu betätigender Hemmeinrichtung versehen sind. Die bremslosen Wagen besitzen häufig Leitungen, die ihre Einstellung in Züge mit durchgehender Bremse gestatten, ohne daß durch sie die von der Lokomotive bis zum Zugschluß laufende Druckluftleitung unterbrochen wird.

 

Das wichtigste Merkmal eines jeden Güterwagens ist das für ihn zugelassene Ladegewicht. Es besteht auf allen deutschen Bahnen daher die Vorschrift, daß es durch deutliche Aufschriften auf beiden Langseiten angegeben sein muß. Güterwagen mit zulässigem Ladegewicht unter 15 000 Kilogramm werden heute in Deutschland kaum noch gebaut. Bei den offenen Wagen werden solche mit 20 000 Kilogramm Ladefähigkeit, insbesondere für Kohlenbeförderung, immer beliebter. Plattformwagen für Lasten von 30 000 und 35 000 Kilogramm sind keine Seltenheit mehr. Bei der Bestimmung der Achszahl für Güterwagen mit so hohen Ladegewichten muß natürlich darauf Rücksicht genommen werden, daß der höchste zulässige Achsdruck niemals überschritten wird. Zwar herrscht heute im Güterwagenpark der Zweiachser noch vor; sehr häufig ist aber bereits in Rücksicht auf die Einstellbarkeit in die rascher fahrenden Personenzüge der Dreiachser, und auch Wagen mit zwei zweiachsigen Drehgestellen sind keineswegs mehr auffallende Erscheinungen. Für die Beweglichkeit der Achsen im Gleis gilt dasselbe, was bereits in dem Abschnitt über die Personenwagen gesagt wurde.

Die Bauart der Güterwagen ist sehr viel einfacher als die von Fahrzeugen für Personenbeförderung. Die Wände werden bei den bedeckten Wagen zum größten Teil aus Winkel- oder ähnlichen Formeisen zusammengenietet und mit schmalen, wagerecht liegenden Brettern verschalt, die hinter dem Eisengerüst angebracht sind. Damit Luft auch bei geschlossenen Türen in den Wagen gelangen kann, werden zwei bis vier schmale Öffnungen dicht unter dem Dach angebracht, die durch Klappen verschlossen werden können.

Es ist bekannt, daß die bedeckten Güterwagen im Krieg eine wichtige Rolle bei der Beförderung von Mannschaften und Pferden spielen. Ihre Beladungsfähigkeit für diese Fälle ist schon im Frieden durch Aufschriften gekennzeichnet, z. B. 48 Mann oder 6 Pferde. Vorrichtungen zum Aufstellen einfacher Holzbänke und zum Anhängen von Gepäck sind stets vorhanden, desgleichen auch, wie in sämtlichen Abteilen der Personenwagen, ein eiserner Stutzen zum Anbringen einer Laterne.

Im Frieden dienen die bedeckten Wagen zur Beförderung von Tieren und von solchen Gütern, die vor Witterungseinflüssen geschützt werden müssen. Sie sind verschließbar, so daß Entwendungen während der Beförderung ohne gewaltsamen Eingriff nicht stattfinden können. Die Fahrzeuge geben auch Gelegenheit, Waren unter festem Zollverschluß über die Landesgrenzen hinauszuführen.

Unter den bedeckten Wagen gibt es ein Geschlecht der Riesen. Es sind die allgemein mit dem Namen Hohlglaswagen bezeichneten Fahrzeuge, die zur Beförderung besonders sperriger Güter dienen. Beim Verladen von Glasgefäßen gleicher Form, die nicht ineinander gestellt werden können, ist es bei gewöhnlichen Ausmaßen der Wagen nicht möglich, ihre Tragfähigkeit auszunutzen. Das gleiche gilt für die Beförderung von Papierhülsen, Spielwaren, Strohhüllen und ähnlichem. Aus diesem Grund werden Wagen, die solchen Zwecken dienen, möglichst breit und möglichst hoch gemacht. Im Krieg haben sich die Hohlglaswagen an der Front und in der Etappe besonderer Vorliebe zu erfreuen gehabt. Überall, wo Truppenteile längere Zeit in Eisenbahnwagen wohnen mußten, was sehr häufig vorkam, suchte jede Abteilung, sich nach Möglichkeit großräumige Wagen zu sichern, weil der Aufenthalt in diesen selbstverständlich sehr viel bequemer ist.

Vorzüglich ausgestattet sind bedeckte Wagen, die zur Beförderung von Renn- und edlen Reitpferden dienen. Sie haben stark gepolsterte Wände. Durch Aufstellen von gleichfalls gepolsterten Scheidewänden können zwei bis drei Einzelställe hergerichtet werden, die mit Futtertrögen ausgerüstet sind. Derartige Wagen enthalten gewöhnlich auch ein gut eingerichtetes Abteil für die Begleiter. Die Fahrzeuge sind mit allen nötigen Vorrichtungen, wie Druckluftbremse und Heizleitung versehen, damit sie auch in Schnellzüge eingestellt werden können. Güter, die durch Wärmeeinwirkung leicht verderben können, werden in Wärmeschutzwagen befördert. Es kommen hierfür insbesondere Versendungen von Bier, Milch, feinem Obst und anderen Eßwaren in Betracht. Zwei- und dreifach verschalte Dächer halten die Sonnenstrahlung ab. Wände und Böden sind gleichfalls doppelt ausgeführt, und die Zwischenräume der Verschalungen mit Stoffen wie Kieselgur oder Torfstreu ausgefüllt, welche die Wärme schlecht leiten. Besondere Behälter gestatten das Einlegen von Eis. Bayern besitzt allein 2000 Bierwagen solcher Art. Damit auch der Frost keine schädliche Wirkung ausüben kann, sind die Wagen zum großen Teil mit Heizvorrichtungen für Kohlefeuerung versehen.

Fischwagen enthalten große Wasserbehälter aus Metall, die durch Scheidewände in mehrere Abteilungen zerlegt sind, damit nicht die ganze Wassermasse auf einmal ins Schwanken geraten und schädliche Schläge ausführen kann. Die Fischbehälter haben oft einen Inhalt von 20 Kubikmetern. Eine meist durch Benzinmotor angetriebene Pumpe sorgt dafür, daß das Wasser sich in ständigem Umlauf befindet und mit frischer Luft durchsetzt wird.

Zur Versendung von Kleinvieh ist eine große Zahl bedeckter Wagen mit einem zweiten Boden in halber Höhe versehen. Zwei weitere Böden können rasch durch bereit gehaltene Bretter hergestellt werden, so daß Gänse oder anderes Geflügel in großer Zahl darin untergebracht werden können. Wenn die Tiere über längere Strecken befördert werden müssen, werden Wagen verwendet, die ein Betreten des Innern zur Vornahme der Fütterung und Tränkung gestatten.

Eine besondere Art vollkommen geschlossener Eisenbahnfahrzeuge stellen die Kesselwagen dar. In ihnen werden Flüssigkeiten befördert. Die Kesselwagen haben große Bedeutung für das chemische Gewerbe. Petroleum, Benzin, Treiböl, Teer, Teeröl, Terpentin können in ihnen bequem versandt werden. In Wüstengegenden werden sie auch vielfach zur Beförderung von Wasser verwendet. Auch die bei der Beleuchtung der Personenwagen erwähnten Gaswagen sind betrieblich dieser Gattung zuzurechnen. Das Füllen erfolgt durch einen oben aufgesetzten Dom, die Entleerung durch ein Bodenventil. Damit dicke Flüssigkeiten, wie z. B. Teer, rascher auslaufen, sind Heizvorrichtungen angebracht. Säuren werden sehr geschwind durch Einlassen von Druckluft hinausgeschafft, Spiritus durch Pumpen ausgesaugt. Damit die Dämpfe, die sich aus den Flüssigkeiten häufig bilden, die Kesselwagen nicht sprengen können, sind Sicherheitsventile vorgesehen. Zur Verhinderung von Schlägen durch ungehemmte Bewegungen des Inhalts werden Querwände eingebaut.

Säuren, die imstande sind, Metallwände anzufressen, werden in großen Steintöpfen befördert. Diese stellt man mit Hilfe hölzerner Gerüste sehr fest und unverrückbar auf. Kalk und Salz reisen in Fahrzeugen, die im allgemeinen wie offene gebaut, aber durch Klappdeckel zu verschließen sind.

Auf jedem größeren Bahnhof werden ständig Hilfszüge in Bereitschaft gehalten, die bei einem Unfall stets sofort abfahren können und die zu raschen Hilfeleistungen notwendigen Vorkehrungen enthalten. Die wichtigsten Teile dieser Hilfszüge sind der Arzt- und der Gerätewagen. Der erste enthält einen kleinen Operationsraum, sowie eine Apotheke und Lagerstätten, in dem anderen sind Ketten, Winden, Beile, Schraubenschlüssel und viel anderes Werkzeug sowie eine kleine Feldschmiede untergebracht. Zur Herrichtung der Hilfszüge werden ausschließlich bedeckte Güterwagen verwendet.

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