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Reise über Indien und China nach Japan.

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Nach dem vortrefflichen Diner und einer kurzen Whistpartie ging ich bald zur Ruhe, da wir am anderen Tage schon um 6 Uhr frühstücken und um 6¼ Uhr Früh wegfahren mussten, um rechtzeitig bei dem Meet zu erscheinen.

Am 31. Mai langten wir ungeachtet des wieder eingetretenen schlechten Monsumwetters um 7 Uhr Früh zum Meet bei den Moonplains am Fusse der Patnasberge an. Die Moonplains sind in Ceylon dadurch berühmt geworden, weil unter den tiefen Wassertümpeln, die sich in dem kleinen Thale befinden, die sogenannten Mondsteine ausgegraben werden.

Einige Zeit später erschienen der Master der Jagd, sowie auch die Hundsmänner mit zwölf Koppeln (24 Stück) Hunde. Diese Hunde waren von verschiedenen Racen, und zwar vom Foxterrier bis zum Hirschhund. Die letztgenannten Hunde werden an der Kette geführt und erst dann losgelassen, wenn der Elk von den anderen Hunden gestellt worden ist. Dann stürzt sich der Hirschhund auf den Elk und haltet ihn fest, bis der Jäger denselben mit dem Waidmesser killt. Es sollen aber bei diesem Stellen und Killen des Elks schwere Verletzungen von Hunden nicht selten und selbst Todesfälle von Jägern vorgekommen sein. Der Elk ist, wie gesagt, ein Hirsch mittlerer Gattung, kommt im Geweih nicht über den Sechsender hinaus, ist aber sehr kräftig und zähe.

Die Hunde wurden nun losgekoppelt, erkletterten rasch die Lehne und eilten in die von dort aus sich weit auf- und abziehenden Dschungeln in der Suche nach einem Elk. Ich ging über Einladung des Jagdmasters mit demselben und auch Herr Thomas schloss sich uns an, während die übrigen Jagdtheilnehmer in verschiedenen anderen Richtungen den Hunden in die Dschungeln nacheilten. Auch wir erkletterten den Hang und drangen in die Dschungeln ein. Bald darauf hörten wir aus dem Laut der Hunde, dass dieselben einen Elk aufgestöbert hatten. Nun liefen wir, so schnell es in den Dschungeln bergauf und bergab gehen konnte, in einer Richtung vorwärts, in welcher wir den Elk anzutreffen hofften. Dann blieben wir zeitweilig an kleinen, dschungelfreien Stellen momentan stehen, um aus dem Laut der Hunde die Direction zu erkennen, in welcher der Elk weiter vorläuft; hierauf ging es wieder kopfüber in die Dschungeln hinein. Ich wurde von einer Art Jagdfieber ergriffen und kämpfte mich laufend durch die dichtesten Dschungeln durch, glitt auf dem nassglatten Boden aus, stolperte über liegende Aeste, zerkratzte mir Gesicht und Hände und fiel verschiedene Male gewaltig hin; doch beachtete ich dies kaum und lief nur dem vorauseilenden Master nach. Bald ging es vorwärts, bald nach rechts, bald nach links oder auch nach rückwärts, sowie es den Anschein hatte, dem Elk nahe zu kommen. Nachdem wir uns mühsam über eine Stunde in den Dschungeln durchgearbeitet hatten, wurden die Hunde nach und nach still, und dies bewies, dass sie den Elk momentan verloren hatten. Wir gingen nun wieder auf eine dschungelfreie Stelle, wo man aufrecht stehen konnte, um dort den weiteren Fortgang der Jagd zu erwarten. Da kam auch Herr Thomas zu uns heran, nachdem er sich im Verlauf der Jagd von uns getrennt und eine selbstgewählte Richtung eingeschlagen hatte, und erzählte, dass dort, wo er vorausgeeilt war, ein Elk auf ihn zugekommen sei, den er mit einem Seitensprung an sich vorbeitrollen liess, und dass er denselben hätte killen können, wenn er ein Jagdmesser bei sich gehabt hätte.

Nun ging ich mit Herrn Thomas, mich von dem Master trennend, in eine andere Richtung vor, wo nach Thomas' Meinung Aussicht war, dass ein Elk vorbeikommen werde. Nachdem wir etwa eine halbe Stunde bald dahin, bald dorthin geeilt waren, hörten wir plötzlich auf einer offenen Anhöhe, etwa 500 Schritte von uns entfernt, die Hunde im tollen Laufe Laut geben. Dort wurde also der Elk von den Hunden aus den Dschungeln herausgetrieben, und nun ging es mit Aufbietung aller Kräfte im Laufschritt hinauf auf die Höhe. Als wir dort anlangten, waren der Elk und hintendrein die Hunde schon über die Höhe und von dort auf die jenseitige bewaldete Anhöhe gelaufen. Also jetzt vorwärts längs der Lehne, dann hinunter in das Thal, dort durch morastigen Grund bis an die an der jenseitigen Lehne sich hinziehende Strasse. Das war eine harte Arbeit. Herz und Lunge pochten und keuchten zum Zerspringen, und der Schweiss rann in Verbindung mit dem Wasser des strömenden Regens gemeinsam herab. Auf der Strasse fanden wir den Master und noch andere Jagdtheilnehmer, mit welchen besprochen wurde, die Jagd auf dem vorliegenden Berge fortzusetzen. Es ging also wieder hinauf und oben kreuz und quer, und dort begegneten wir einem Jagdgenossen, welcher einen der Hirschhunde an der Kette mit sich führte. Es schien aber, dass die Jagd zu Ende gehen werde, weil in keiner Richtung mehr ein Lautgeben der Hunde zu vernehmen war. Und so stiegen wir jenseits des Berges wieder thalab, bis zu der dort befindlichen Strasse, wo wir dann einen grossen Theil der Jagdtheilnehmer antrafen. Die Hunde hatten die Spur des Elks verloren und so musste die Jagd nach mehr als dreistündiger Dauer resultatlos geschlossen werden.

Herr Dumaresq-Thomas liess nun die auf der Strasse der Jagd beiläufig nachgefolgten Rikschas herbeiholen, und wir fuhren, nachdem ich noch dem Master meinen Dank für seine Einladung ausgesprochen hatte, heimwärts. Lange aber hielten wir das Fahren nicht aus, denn bei unserer totalen Durchnässung wurde uns zu kalt, und so stiegen wir aus und gingen noch 4 oder 5 km bis zum Astley-House zu Fuss. Dort thaten mir ein tüchtiger Schluck heissen Wassers mit Whisky, ein heisses Bad, tüchtiges Frottiren und frische Kleidung ausserordentlich gut, so dass ich mich dann voll Wohlbehagen fühlte.

Nach dem Tiffin machte ich mit den Damen noch eine nette Whistpartie und nach dem Diner rüstete ich mich zur Abreise. Der liebenswürdige Herr Dumaresq-Thomas begleitete mich bis nach Colombo.

Drei Tage habe ich in dem Hause des Herrn Thomas geweilt und hier das erste Mal das innere Leben einer englischen Familie kennen gelernt, und davon bin ich geradezu entzückt. Ein wahrlich guter Ton, ein ruhiges, heiteres Wesen und angenehme Umgangsformen breiten über das Haus ein einnehmendes und anmuthiges Wesen aus. Die Frau des Hauses besorgt ohne Unterlass den ganzen Tag in friedfertiger Ruhe die Haushaltung, sie lehrt und überwacht ihr Gesinde, controlirt die Einkäufe, leitet die Mahlzeiten u. s. w. Nachmittags sitzen die Damen in traulicher Weise bei einander und sind an der Anfertigung ihrer Toiletten u. s. w. beschäftigt, und Abends nach dem Diner vereinigt eine gemüthliche Whistpartie die Familienmitglieder. Dabei ist die Frau des Hauses stets von Anmuth und liebenswürdiger Heiterkeit erfüllt. Der Herr des Hauses ist immer zuvorkommend und sehr artig, und erfüllt im Uebrigen seine Functionen in Bezug auf seine Besitzungen und als Repräsentant seines Hauses. Die Tage, welche ich im Astley-House auf der paradiesischen Insel Ceylon zugebracht habe, gehören zu den schönsten Momenten während meiner fünfmonatlichen Reise.

D. Eisenbahnfahrt von N. Eliya nach und Aufenthalt in Colombo

Auf dem Bahnhofe in Nuna oya zahlte ich auf meine Retourkarten eine Kleinigkeit auf, um im Waggon ein Bett hergerichtet zu erhalten, und so schlief ich recht gut, bis ich am 1. Juni um 6 Uhr Früh in Colombo anlangte. Auf dem dortigen Bahnhofe verabredete ich mit Herrn Dumaresq-Thomas das Zusammentreffen auf dem Rennplatze bei Colombo und lud ihn, da er am 1. Juni nicht zu mir in's Hôtel zum Diner kommen konnte, für den 2. Juni zum Tiffin ein. Hierauf übergab ich dem in Folge des Telegrammes auf dem Bahnhofe erschienenen Diener des Grand Oriental-Hôtels meinen Gepäcksschein, fuhr in einem Miethwagen in's Hôtel und der Diener führte mir mein Gepäck in einem mit zwei Ochsen bespannten Wagen nach. Solche Ochsenwagen und auch Personenmiethwagen, welche mit Ochsen bespannt sind, gibt es in allen Städten von Indien und von Ceylon. Diese Ochsen sind, wie schon erwähnt, klein, haben einen sehr hohen Widerrist und gehen auf längere Strecken in ununterbrochenem Trab vorwärts.

Im Hôtel wurde mir ein Brief übergeben, welcher die Antwort der Lloyddirection in Triest auf mein Schreiben aus Bombay enthielt. Ich hatte nämlich gebeten, mir eine combinirte Fahrkarte zukommen zu lassen, und zwar für die Fahrt von Kobe bis Colombo und von Port Said nach Triest auf den Dampfern des Lloyd, und von Colombo nach Port Said auf dem Dampfer einer anderen Gesellschaft, und erhielt nun die Antwort, dass die Lloyd-Dampfschiffahrtsgesellschaft mit keiner andern Dampfschiffahrtsgesellschaft im Verbanddienste stehe, dass aber die auswärtigen Lloydagenten mir bei dem Lösen der Karten der andern Gesellschaft nöthigenfalls behilflich sein werden. Auf diesen letztbezeichneten freundlichen Antrag bin ich aber nicht eingegangen, weil die Erfahrungen bei den Lloydagenturen in Kobe, in Hongkong, in Singapore und in Colombo mir nicht die Ueberzeugung verschafft haben, dass die Passagiere des Lloyd dort so eingehende Rathschläge und so zuvorkommende Unterstützung finden werden, wie solche sicher bei der Lloyd-Generalagentur in Bombay jedem Passagier zu Theil werden.

Bei unserem Consul Schulze, welchem ich einen Besuch machte, erfuhr ich, dass das Rennen Nachmittags um 4 Uhr beginnen werde. Von dort fuhr ich in Begleitung des Consulatssecretärs zur Agentschaft der P and O-Dampfschiffahrtsgesellschaft, um dort wegen des in Verlust gerathenen Gepäckstückes nachzufragen. Als mir der Agent mittheilte, dass ungeachtet der sorgsamsten Nachforschung dieses Collo nicht vorgefunden werden konnte, eröffnete ich ihm, dass zwei Zeugen vorhanden seien, welche in Kenntniss davon sind, dass das Gepäckstück mit den alten Waffen auf den Dampfer Coromandel gekommen ist, und zwar: der Hôtelier Hassner vom Hôtel Adelphi in Singapore und der Gepäcksofficier vom Dampfer Coromandel, und dass ich für den Fall, als das Collo mir nicht bald nachgesendet werde, die weiteren Schritte zu unternehmen willens sei. Nun bat der Agent, ihm eine geschriebene Klage einzuhändigen, da er dieselbe an die Direction der P and O-Gesellschaft nach London senden wolle, damit von dort aus die weitere Nachforschung und die Verfügung zur Austragung dieser Angelegenheit getroffen werde. Diese Zuschrift habe ich später gemacht und dieselbe durch die Gefälligkeit des Consulatssecretärs in die englische Sprache übertragen und expediren lassen. Nun will ich hier gleich mittheilen, dass ich zwei Monate später das Gepäckstück von London aus erhalten habe, dass aber der Inhalt theilweise beschädigt war, und mir daraus namhafte Transportsauslagen erwachsen sind.

 

Dann fuhr ich auf Anempfehlung des Consulatssecretärs in das Lagerhaus des Kaufmannes Telleri, welcher ein Landsmann aus Oesterreich-Ungarn sein soll, um dort irgend etwas von seinen Schmuckwaaren oder Curiositäten zu kaufen. Da aber die Preise der Waaren bei Tellerie beiläufig die doppelte Höhe der ähnlichen Gegenstände in Hongkong oder in Japan betrugen, so kaufte ich nur wenige Kleinigkeiten. Dort wurde mir mitgetheilt, dass sich eben vor kurzer Zeit noch ein Oesterreicher zum Zwecke des Verkaufes von Schmuckwaaren etablirt hatte. Ich fuhr nun auch dorthin und fand die Aufschrift »Moonshine«, zu deutsch »Mondschein«, und beurtheilte den Verkäufer für einen Galizianer. Er besass noch wenige Artikel und so kaufte ich bei ihm nur wenige der in Ceylon heimischen »Mondsteine« zu mässigen Preisen. Endlich fuhr ich dann noch in die Arcade nächst dem Grand Oriental-Hôtel, um bei den dort etablirten Juwelieren die Schmuckgegenstände mit den berühmten Ceylon-Edelsteinen zu besichtigen. Dort war ich bei wenigstens acht solchen Juwelenhändlern, welche sämmtlich aus ihren Gewölben herausgelaufen waren, um mich zur Ansicht ihrer Waaren zu bewegen, und nahm bei Allen wahr, dass sie von ihren gestellten Preisen um die Hälfte und noch mehr herabgingen.

Nach dem Tiffin wollte ich gelegentlich der Fahrt zum Rennplatz in die Villa des Consuls Schulze fahren, um dort seiner Frau noch einen Besuch zu machen, doch konnte der Kutscher, welcher vorher gesagt hatte, er wisse genau, wo die Villa stehe, nicht hinfinden, und so fuhr ich dann weiter auf den Rennplatz. Die Kutscher und die Rikschas sind in Colombo sehr unverlässlich. Dieselben sagen stets beim Einsteigen, sie kennen die ihnen angegebene Adresse, dann fahren sie eine Zeit lang herum und schliesslich gestehen sie, dass sie nicht wissen, wohin sie fahren sollen. Sie thun dies, um sich einen Fuhrlohn zu erwerben.

Der Rennplatz ist gut angelegt und wird in sehr gutem Stand erhalten. Die Pferde gehören einer besseren Classe an als jene, die ich bei den Rennen in Bombay, und einer weit besseren Classe als jene, die ich auf dem Rennplatze in Yokohama sah, denn in Colombo waren gute und schöne, auch aus England importirte oder nach englischen Pferden gezüchtete Rennpferde auf dem Platze erschienen.

Das Rennen gehörte zu den kleinen Racen, während das Hauptrennen im Herbste stattfindet. Es wurden am 1. Juni sieben Items auf flacher Bahn mit den Distanzen von etwas über und etwas unter einem Kilometer geritten. Im Allgemeinen wurde sowohl von den Herren, als auch von den Jockeys gut geritten, wenn auch keinesfalls in jenem Stil und mit jener Eleganz, wie wir sie bei unseren Officiersrennen zu sehen gewohnt sind.

Auf dem Rennplatze traf ich den Consul Schulze, Herrn Dumaresq-Thomas und die beiden deutschen Herren, welche sich mir in Kandy vorgestellt hatten. Ich lud den erstgenannten Herrn für den folgenden Tag zum Tiffin ein, wozu ich schon Herrn Thomas geladen hatte, und ich unterhielt mich während dieses Sportfestes recht gut.

Das Diner nahm ich dann im Hôtel in der Gesellschaft des Herrn v. Blücher und seines Freundes ein und ging frühzeitig zur Ruhe.

Am 2. Juni erhielt ich von der Agentie der Messagerie maritime die Nachricht, dass der Dampfer Australien schon um 4 Uhr Nachmittags abfahren werde, und so musste ich gleich die nöthigen Vorkehrungen für die Abreise treffen. Um 1 Uhr Mittags kamen meine Gäste Thomas und Schulze zum Tiffin, und verlief dasselbe in sehr animirter Stimmung. Der erstgenannte Herr lud mich noch beim Abschiede sehr freundlich ein, im nächsten Winter, in der Zeit von December bis April, auf mehrere Wochen zu ihm zu kommen, auch meinen Sohn mitzubringen, und wenn ich nicht kommen sollte, so möge doch mein Sohn ihn besuchen.

Mein siebentägiger Aufenthalt auf der Insel Ceylon hat mich ausserordentlich befriedigt, und wenn ich somit dem allenthalben landläufigen Dictum mich anschliesse, dass Ceylon das Paradies der Welt sei, so hat hierzu mein Aufenthalt im Astley-House sehr viel beigetragen.

Nach 3½ Uhr fuhr ich mittelst Wagen und dann mittelst Kahn zum Dampfer Australien. Bei dieser Gelegenheit will ich eine dort eigene Art von Kähnen besprechen. Der Kahn ist so schmal gebaut, dass darin nur eine Person der Breite nach sitzen kann, ausserdem ist der Kahn sehr lang und hat senkrecht aufstehende Seitenwände, welche weit über das Wasser hinaufreichen. Um diesem Kahn Stabilität zu geben, verbinden ihn an einer Seite zwei lange, gebogene Hölzer, mit einem gleichlaufend mit demselben auf der Wasseroberfläche schwimmenden Stamme. Dieser Kahn nimmt nebst den zwei Ruderern noch zwei Personen auf und fährt pfeilschnell über das Wasser hin.

Auf dem Dampfer Australien angelangt, übergab ich persönlich dem Gepäcksofficier meine im Gepäcksraume unterzubringenden Effecten, und stand nur aus dem Grunde von der Ausstellung eines Scheines ab, weil der Officier mir für die richtige Abgabe garantirte.

Auf dem Dampfer zeigte es sich, dass derselbe noch bis Abend mit Aufnahme von Kohle zu thun habe, und dass somit die Abfahrt erst spät Abends stattfinden wird. Die von der Messagerie-Agentie ausgegebene Nachricht von dem früheren Abgang des Australien war demnach unrichtig und es hat dieser Mangel an Voraussicht des Agenten mir leider die Möglichkeit benommen, Nachmittags einem grossen Criquetmatch beizuwohnen, zu welchem ich eingeladen war.

Auf dem Schiffsdeck wurde ich wieder von Schmuckhändlern, welche mit ihren Waaren auf den Dampfer gekommen waren, überlaufen, und sie überflutheten mich mit den Lobpreisungen ihrer Schmuckgegenstände und Edelsteine. Scherzweise drückte ich die gestellten Preise sehr stark herab und so musste ich dann, weil die Händler auf die niedrigen Preise eingegangen waren, noch einige Schmucksachen kaufen.

Eben zu dieser Zeit, als ich auf dem Australien-Deck stand, um die Abfahrt dieses Schiffes aus dem Hafen von Colombo zu sehen, wurde ich gewahr, dass der Lloyddampfer Marquis Bacquehem, welchen ich am 18. Mai in Singapore verlassen hatte, in den Hafen von Colombo einlief.

Fahrt von Colombo nach Port Said

Am 2. Juni Abends fuhr ich auf dem Dampfer Australien der französischen Dampfschiffahrt Messagerie maritime von Colombo in westlicher Richtung ab, an dem Südcap von Vorderindien vorbei und quer durch den Indischen Ocean gegen den Golf von Aden. Von dort hatte der Dampfer durch das Rothe Meer und hierauf durch den Suez-Canal zu fahren, und sollte nach zehn Tagen, also am 12. Juni, in Port Said eintreffen.

Mir wurde eine Cabine mit zwei Betten zugewiesen. Diese war aber kleiner und schmäler als die Cabinen auf den Lloyd- und auf den P and O-Dampfern sind. Für die Fahrkarte erster Classe hatte ich, wie schon gesagt, von Colombo bis Port Said 500 fl. ö. W., d. i. für jeden Tag 50 fl. zu zahlen, während die Fahrkarte erster Classe von Colombo bis Marseille 570 fl. ö. W., d. i. für jeden der 14½ Tage Fahrtzeit 40 fl., kostet. Wenn auch die Dampfer der Messagerie maritime schneller fahren als die Dampfer der übrigen Gesellschaften, und weiter berücksichtigt wird, dass auf diesem Dampfer das Getränk zu den Mahlzeiten kostenlos beigestellt wird, so sind die Preise doch verhältnissmässig sehr hoch. Auf dem Dampfschiffe der P and O-Gesellschaft hatte ich, wie seinerzeit angeführt, für sechs Tage Fahrt 168 fl. ö. W., d. i. für den Tag 28 fl. ö. W., zu zahlen.

Um sich ein Bild über die Fahrtverhältnisse bei den verschiedenen Dampfschiffahrtsgesellschaften zu machen, folgt nachstehend eine Zusammenstellung der approximativen Fahrtgeschwindigkeit und der Fahrpreise erster Classe auf den Dampfern der vier hervorragendsten Dampfschiffahrtsgesellschaften. Bei der Fahrtgeschwindigkeit sind die Aufenthaltszeiten eingerechnet. Für die Preise erster Classe werden die Fahrt, die Unterkunft in der Cabine, fünf Mahlzeiten, Beleuchtung, Bad u. s. w. geboten; auf den Dampfern der Messagerie auch die Getränke zu den Mahlzeiten.


Ein sehr verdienstvolles Werk wäre es, wenn Jemand ein Coursbuch für den Personenverkehr der bedeutenden Dampfschiffahrtsgesellschaften herausgeben würde, aus welchen die Fahrtzeiten und die Preise entnommen werden können, wie solche Bücher für die Eisenbahnzüge bestehen. Cook gibt wohl ein ähnliches Buch heraus, es sind aber in demselben nur die Fahrtzeiten und nicht die Preise angegeben.

Ueber die Fahrt von Colombo nach Port Said werde ich gleich die gesammten, während der Fahrt erhaltenen Eindrücke anführen, und werde dann für die einzelnen Tage nur die besonderen Ereignisse anfügen.

Die Reinlichkeit auf dem französischen Dampfschiffe Australien war sowohl im Allgemeinen als auch in den Cabinen viel geringer als jene auf den Schiffen des Oesterreichischen Lloyd und der P and O-Gesellschaft. Bei der letztgenannten Gesellschaft besteht die sehr gute Gepflogenheit, dass der Schiffscapitän mit den dienstfreien Schiffsofficieren um 11 Uhr Vormittags das ganze Schiff und auch alle Cabinen besichtigt, und dass er dabei die Wünsche und Beschwerden der Passagiere entgegennimmt.

Auch die Kost war auf dem Australien nicht so gut und nicht so reichlich bemessen, wie auf den Dampfern des Oesterreichischen Lloyd und der P and O-Gesellschaft.

Die Bewegung des Schiffes, speciell das Rollen, war auf den Schiffen der Messagerie sehr arg, so dass sehr viele Passagiere sich auf demselben unwohl fühlten, und dass manche seekrank wurden. In dieser Hinsicht fährt es sich auf den Dampfern des Oesterreichischen Lloyd am besten.

Die Seekrankheit entsteht häufig aus der Schwierigkeit des Stehens und Gehens auf schwankendem Boden. Beim Stehen soll der Oberleib sich immer nach den verschiedenen Seiten derart neigen, damit er die verticale Haltung einnimmt, und dies kann so schwierig werden, dass man es nur mit dem Anhalten an festen Gegenständen erlangen kann. Beim Gehen kommt noch dazu, dass der Fuss keine gleichmässige Basis findet, dass er bald tiefer und bald höher auftreten muss, und dass dadurch das Schwanken noch ärger wird. Dieses fortwährende Schwanken und die damit in Verbindung stehende Anstrengung erzeugen bei manchen Menschen das Gefühl des Schwindels, und hierzu mag dann noch bei Manchen das Gefühl der Angst hinzutreten. Die Mittel zur Bekämpfung dieses Uebels liegen zum grossen Theil in der Ruhe des Nervensystems, in der Aufnahme der begründeten Ueberzeugung, dass das Umkippen eines so grossen Dampfers ganz unmöglich ist, und in der Angewöhnung des Körpers an die schaukelnde Bewegung, wie dies auf Schaukeln oder auf Schaukelstühlen herbeigeführt werden kann. Alle übrigen angerathenen Mittel betreffs Essens, Trinkens etc. erscheinen nicht massgebend. Jedenfalls wird ein kräftigeres Nervensystem einem solchen Unwohlsein viel besser widerstehen können, als ein geschwächtes oder ein krankes Nervensystem.

Was die Ventilation anbelangt, so war für selbe auf Australien sehr gut gesorgt, und dies ist eine Massregel, welche bei der grossen Hitze in den Tropen sehr wohlthuend wirkt.

Die Gesellschaft der ersten Classe auf dem Dampfer bestand aus 70 Personen, darunter etwa 20 Engländer und Engländerinnen, etwa 20 französische Officiere, welche nach 1½ jähriger Dienstverrichtung in Tonking wieder nach Frankreich versetzt wurden, etwa 10 andere Franzosen, dann 10 Spanier, welche von den Philippinen flohen und nun nach Spanien zurückkehrten, und 10 Personen verschiedener Nationalitäten, worunter auch ich mich befand. Dabei gab es leider viele Kinder jeden Alters, und unter diesen Kindern viele, die schlecht erzogen, und unter den betreffenden Müttern manche, welche ihren Kindern zu Liebe gegen die Mitreisenden recht rücksichtslos waren. Das gesellschaftliche Verhalten der Reisenden in der ersten Classe war weit weniger angenehm, als auf dem Dampfer des Lloyd und auf jenem der P and O-Gesellschaft. Lärmen, Pfeifen etc. und mangelhafte Toiletten waren hier nicht selten. Die Engländer, welche sich auf ihren Schiffen so correct benehmen, zeigten sich hier weit weniger ruhig und zurückhaltend. Ich verhielt mich ganz zurückgezogen, machte mich nur mit dem Schiffscapitän bekannt und ersuchte ihn, mich den anwesenden zwei höchsten französischen Officieren zu nennen, weil ich dies, als auf dem französischen Boden befindlich, für angezeigt erachtete. Diese beiden Herren, ein Oberst der Infanterie und ein Linienschiffscapitän, waren sehr artig und höflich, doch blieb ich auch gegen diese beiden Herren nur auf dem Begrüssungsfusse. Meine Tischnachbarn waren der Holländer N. v. H. und der russische Schiffsingenieur L. mit seiner Frau, und mit diesen führte ich während der Mahlzeiten Conversation, mit Ersterem spielte ich auch Abends auf dem Damenbrett oder Domino und dergleichen. Bezüglich des russischen Ingenieurs will ich noch mittheilen, dass ihm als russischen höheren Beamten der Titel »General« zukam, und dass er von Wladiwostok, dem Orte, an welchem die der Vollendung entgegen gehende sibirische Bahn ihren Abschluss finden wird, nach Petersburg versetzt wurde.

 

Im Uebrigen beschäftigte ich mich Vor- und Nachmittags mit dem Schreiben meines Tagebuches und mit Lectüre, und befand mich dabei sehr wohl. Mein Hüftschmerz war wohl nicht ganz behoben, bestand aber doch nur, dank meiner täglichen Früh- und Abendbehandlung, im geringen Masse.

In der Zeit vom 2. -7. Juni fuhren wir quer durch den Indischen Ocean und hatten dabei grosse Hitze, hie und da auch Regengüsse und meistentheils heftigen Wind, somit starkes Rollen des Schiffes zu ertragen. Der gefürchtete Monsum meldete sich auf diese Weise an, war aber noch nicht voll eingetreten.

Am 7. Juni hatte sich ein heftiger Orkan erhoben, und dieser brachte den Australien in ein derartiges Rollen und überschüttete das Deck in so starker Weise mit Wogenschaum, wie ich solches bisher nicht erlebt hatte. Mein Wohlbefinden wurde aber dadurch nicht berührt. Um 2 Uhr Mittags, als das Schiff längs der Nordküste der Insel Sokotra vorbeifuhr, trat rasch windstilles Wetter und ganz ruhige See ein, worüber die armen Seekranken hoch erfreut waren. Diese Insel liegt nahe der Nordostspitze von Afrika am Eingange in den Golf von Aden.

Am 8. Juni durchfuhren wir diesen Golf bei spiegelglatter See. In der Luft befand sich Nebel, daher waren der Himmel hellblau, der Sonnenschein getrübt und die Temperatur schwül. Am südlichen Horizont sah man das Somaliland. Die Hitze nahm zu, und damit stellte sich ein unstillbarer Durst ein, welcher gelöscht werden musste. In den Tropen ist es nicht gerathen, viel geistige Getränke zu sich zu nehmen; da aber das Trinken nur destillirten Wassers zu fade ist und hier auf dem französischen Schiffe Whisky mit Soda nicht gebräuchlich war, so trank ich mit Wasser verdünnten Wein, wozu die Diener reichlich Eisstücke zugaben oder sehr viele Tassen Thee, welche ich mit kaltem Wasser verdünnte. Auf den Schiffen kann das Eis unbesorgt in das Getränk gegeben werden, weil dasselbe aus destillirtem Wasser erzeugt ist.

Die Nacht vom 8. zum 9. Juni war entsetzlich. Ich musste nämlich das Fenster meiner Cabine schliessen, weil sonst eine so arge Zugluft entstanden wäre, die eine weitere Verkühlung trotz angezogener Wollnachtkleider herbeigeführt hätte, dann jedoch befand ich mich in einem derartigen Schwitzbade, dass meine Wollkleider ganz durchnässt waren. Aber auch diese Nacht hatte ein Ende, und das in der Früh genommene 22° R. betragende Meerwasserbad brachte doch einigermassen Abkühlung.

Am 9. Juni fuhren wir durch die Wasserstrasse von Babel Mandeb (Thor der Thränen) in das wegen seiner formidablen Hitze gefürchtete Rothe Meer. Eine kühle Nordbriese behütete mich vor allzu grossen Leiden, und auch die Nacht war besser, als die vorhergegangene.

Auch am 10. Juni brachte uns eine Nordbriese in wohlthätiger Weise etwas Kühlung zu. Im Laufe des Vormittags begleiteten das Schiff eine Strecke weit eine Schaar von Delphinen, welche sich durch Springen über die Oberfläche des Meeres bemerkbar machten.

Am 11. Juni (Sonntag) las ein mit dem Schiffe reisender katholischer Missionär, mit langem grauen Bart, die Messe und derselben wohnten alle auf dem Schiffe anwesenden Katholiken bei.

Wir waren bei Passirung des Rothen Meeres sehr begünstigt, denn bei heiterem Himmel blies ein frischer Nordwind immer heftiger, welcher die glühend heisse Luft abkühlte und dabei doch nicht so heftig war, dass das Schiff in starke Schwankungen versetzt wurde.

Am 12. Juni war in Folge des fortgesetzten Nordwindes die Temperatur schon so mässig geworden, dass statt der Leinenkleidung solche aus Wolle genommen werden musste. Nach dem Fahrplan der Messagerie maritime hätte der Dampfer heute nach Port Said gelangen sollen, es wurde aber durch den entgegen blasenden Wind etwas an Zeit verloren, und so kommt das Schiff heute um 3 Uhr Nachmittags nach Suez und wird erst am 13. Juni etwa 9 Uhr Früh in Port Said eintreffen.

In Suez wurde das Deck des Schiffes von Kaufleuten überschwemmt, welche ihre Waare, auf dem Boden ausbreitend, zum Verkaufe feilboten. Darunter befand sich viel werthloser Kram, aber auch sehr schöne und gute Waaren, welche jedoch sämmtlich im Preise zu hoch gestellt waren. Ich erstand nach längerem Feilschen ein Spitzentuch, welches sehr gut zu sein scheint, weil vorher mehrere Damen dasselbe bewundert hatten.

Wegen des kurzen Aufenthaltes in Suez überschiffte ich mich nicht auf's Land, gab aber ein Telegramm an das Consulat in Port Said auf, in welchem ich bat, dortselbst einen Hôtel-Boy auf das Schiff senden und bei der Lloydagentur einen Platz für mich reserviren zu lassen.

Die Einfahrt in den Suez-Canal, sowie die weitere Fahrt in demselben war, wie immer, höchst interessant. Ich habe darüber schon geschrieben, und ich will nur noch erwähnen, dass für die Erhaltung des Canales wenig geschieht, dafür aber die dort Angestellten überaus gut leben, und dass auch sehr grosse Dividenden ausgezahlt werden. Der Ausblick auf die beiderseits des Canales sich unabsehbar ausdehnende Wüste mit allen den Sandwellen und Sandhügeln im gelben Abendsonnenschein fascinirte mich in ebenso hohem Masse, wie bei der Hinfahrt.