SOS - Deutsche Seeleute in Not

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Das erklärt auch die in Schifffahrtskreisen kursierende Feststellung, dass nicht mit der Seefahrt, sondern an der Seefahrt Geld verdient wird. Wie wahr!

Welche Auswirkungen solcherart Entwicklungen haben, bezogen auf die deutsche Seeschifffahrt und die Arbeitsstellen deutscher Seeleute an Bord von Schiffen in der internationalen Fahrt verdeutlicht das nachfolgende Beispiel der Ausflaggungen.

Ausflaggung und ihre Folgen am Beispiel der Schiffsbesetzung

Ausflaggung und deutsche Förderung, z. B Tonnagesteuer, in der deutschen Schifffahrt, was bedeutet das?

Wenn Schiffe im Deutschen Internationalen Register eingetragen sind und unter ausländischer Flagge betrieben werden, greifen die tarif- und flaggenrechtlichen Regelungen Deutschlands nicht mehr. Sie werden damit umgangen, z.B. die deutsche Schiffsbesetzungsverordnung. Während VDR und deutsche Politik gebetsmühlenhaft darauf drängen Schiffe unter EU-Flagge zu bringen und somit deutsche Seearbeitsplätze sichern zu wollen, was natürlich ein etwas sehr weit hergeholtes Argument ist, denn die Wirklichkeit spricht eine andere Sprache, sind deutsche Schiffseigner in den letzten Jahren zunehmend dazu übergegangen deutsche Schiffe im ISR von der deutschen Flagge unter die europäische Flagge zu bringen. Der Effekt ist verheerend für die deutschen Seeleute. Sie werden gefeuert und anstelle von ihnen, werden Seeleute aus der 3. Welt und EU-Ost-/ Südosteuropa und Osteuropa eingestellt, weil deutsche Besetzungsnormen und der deutsche Heuertarif ausgehebelt werden. So viel zur Europäischen Union! Beliebte und gern genommene EU-Mitgliedstaaten sind Malta, Zypern, inzwischen Portugal/ Madeira. Es gelten dann die flaggenrechtlichen Regelungen des jeweiligen Flaggenstaates. Das lässt sich an einem Beispiel gut erklären:

Führt ein Schiff die deutsche Flagge, dann ist der Eigner gesetzlich verpflichtet die Besetzung des Schiffes entsprechend der deutschen Schiffsbesetzungsverordnung vom 01.07.2013 durchzuführen, d.h. nach der noch 2015 gültigen Regelung:

 bei Schiffen über 500 BRZ muss jeweils ein nautischer bzw. technischer Offizier EU-Bürger sein,

 bei Schiffen >8000 BRZ müssen jeweils zwei nautische bzw. technische Offiziere EU Bürger sein und deutsche Sprachkenntnisse nachweisen. Wobei der Autor aus eigener Berufserfahrung weiß, dass dieser Nachsatz eher eine Alibifunktion hat, denn die wenigsten EU Offiziere, meistens polnische Seeleute, konnten oder wollten kein Deutsch verstehen. Die Interpretation überlässt der Autor dem Leser.

 Zusätzlich ist bei Schiffen >1600 BRZ und einer Antriebsleistung ab 750 kW ein Schiffsmechaniker vorgeschrieben

Interessanterweise wird dort die Pflicht nach einem deutschen Seemann nicht nachdrücklich erwähnt, trotz deutscher Flagge. Sondern nur EU-Bürger. Im Idealfall wäre es also möglich fünf deutsche Seeleute an Bord zu haben, was es durchaus auch gab. Allerdings selten. Das zeigt uns, dass es schon lange nicht mehr nur um deutsche Interessen geht, sondern um EU-Gleichmacherei, unter Ausnutzung des wirtschaftlichen und sozialen Gefälles in der EU und dem Sonderstatus in der Beschäftigung von osteuropäischen EU-Seeleuten. Da ist die deutsche Flagge nur hinderlich, mit ihrem deutschen HTV See.

Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass es der politische Wille der Bundesregierung und des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt so möchte, um weiterer Reduzierung deutschen Personals an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge legalen Vorschub zu leisten und die durch den Verband Deutscher Reeder losgetretene jahrelange Diskussion über die Minimierung europäischen Personals an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge Früchte zeigt und Gestalt annimmt, dass die bisherige deutsche Schiffsbesetzungsordnung gekippt wird und es ab dem Jahr 2016 nur noch erforderlich wird einen EU-Seemann an Bord als Offizier und den Kapitän als EU-Seemann auf Schiffen auf Schiffen > 8000 BRZ im ISR unter deutscher Flagge fahren zu lassen. Auf Schiffen < 8000 BRZ ist dann sogar nur noch ein EU-Offizier (die Betonung liegt immer auf EU-Seemann, nicht explizit deutsch) notwendig und der Schiffsmechaniker wird von deutschen Schiffen verbannt. Für derzeit bestehende Schiffsmechanikerheuerverhältnisse soll zwar ein Bestandsschutz zugestanden werden, doch wenn die Schiffe aus der deutschen Flagge gehen, hilft dieser Bestandsschutz auch nicht weiter.

Damit würde ein weiterer vorgezogener Weihnachtswunsch der deutschen Schiffseigner in Erfüllung gehen und es würde einen weiteren Stellenabbau für deutsche Seeleute bedeuten. Alle anderen leutseligen Versprechungen aus dem Bundesverkehrsministerium und des VDR über bessere Chancen für deutsche Seeleute darf man beruhigt in die Welt der Fabeln verweisen. Bisher hat jede Änderung der deutschen Schiffsbesetzungsordnung einen Stellenabbau deutscher Seeleute beinhaltet. Warum soll es da jetzt anders werden? Der Autor kann sich nicht daran erinnern, dass die deutsche Politik und der VDR das Samariterherz für den deutschen Seemann entdeckt haben. Das ganz sicher nicht. Die Vergangenheit spricht da eine mehr als deutliche Sprache.

Von deutschen Seeleuten spricht somit gar keiner mehr. Das öffnet dann alle Schleusen um osteuropäische und asiatische Nicht - EU – Seeleute an Bord zu holen und deutsche Seeleute von den Schiffen unter deutscher Flagge zu verbannen. Das hat nichts mit Schwarzmalerei zu tun, sondern darauf kann der Autor sogar wetten, wird deutscher Alltag auf Schiffen unter deutscher Flagge werden. Und es wird auch nicht verhindern, dass weiter fleißig ausgeflaggt wird. Allerdings dann unter europäische Flagge, wie Malta, Zypern, Portugal, Luxembourg, um die 40 % Anteil an der EU-Flagge zu halten. Ohne diesen Anteil wäre die nationale Schifffahrtsförderung nach Verständnis der EU-Kommission nicht mehr erlaubt.

Führt ein Schiff die portugiesische Flagge, dieses Beispiel lädt geradezu dazu ein, da in zunehmenden Maße Schiffe von der deutschen unter die portugiesische Flagge gebracht werden (Internationales Schiffsregister Madeira-MAR- im Rahmen des neu gegründeten attraktiven Internationalen Business Centre), dann ist die deutsche Besetzungsordnung nicht mehr relevant, sondern die portugiesische Besetzungsordnung und da sind keine deutschen Seeleute erforderlich. Auch schon aus rein EU-internen Regelungen betreffs der steuerrechtlichen und sozialrechtlichen Fragen stellt sich also diese Frage für deutsche Seeleute mit Wohnsitz in Deutschland nicht.

Und nicht nur das! Im Portugiesischen Schiffsregister EUROMAR (EUROPEAN MAR), der Hauptsitz ist in Madeira, es gibt übrigens auch ein Local Office in Hamburg, was sich als Assistent für Schiffsmanager versteht, wenn es um die effektive Ausnutzung der spezifischen Besonderheiten von MAR (Internationales Shipping Register Madeira) geht. Dort steht eindeutig geschrieben, dass gar kein Europäer auf Schiffen unter portugiesischer Flagge an Bord erforderlich ist, wenn durch die Eigner die entsprechenden Anträge gestellt werden.

Zitat aus: http://www.eu-registry.com/crewcertificationfaq

Crew Certification FAQ

 Is there a minimum number of EU seafarers on vessels under the Portuguese flag required?There is a nationality requirement. Shipowners can apply for an exemption from this regulation.”

Übrigens betrachtet das der Autor als einen erheblichen Wettbewerbsnachteil und wenn er es noch eingehender beleuchtet, als eine durch deutsche Gesetze legitimierte Benachteiligung und Diskriminierung für deutsche Seeleute auf dem internationalen Crewing Markt, die von der EU-Kommission offensichtlich mit Nachdruck geduldet wird. Aber die Kommission ist ja für ihren neoliberalen Wirtschaftskurs bekannt. Und interessiert sich für die Belange der europäischen Seeleute absolut nicht. Das obige Zitat ist mehr als eindeutig!

Das drückt sich auch in den jeweiligen Flaggenstaatsregelungen im „Safe Manning Certificate“ aus. Das „Safe Manning Certificate“ ist ein Dokument, was durch die Flaggenstaatbehörde festschreibt, wie viele Personen Minimalbesatzung an Bord eingesetzt werden müssen, um einen sicheren Schiffsbetrieb zu gewährleisten, aufgeschlüsselt nach den Dienstgradgruppen.

Safe manning principles“ werden durch die IMO Resolution A. 1047 (27), vom 30.11.2011 geregelt.

Wenn auf einem Schiff unter deutscher Flagge >8000 BRZ 18 Mann Mindestbesatzung gefordert sind, dann heißt das für ein Schiff unter portugiesischer Flagge, dass z.B. 11 Mann Besatzung ausreichend sind, nachweislich im portugiesischen „Safe Manning Certificate“, obwohl auf beiden Schiffen unter normalen Betriebsbedingungen 21 Besatzungsmitglieder eingesetzt werden. Die Kriterien für Safe Manning, in Abhängigkeit von Schiffsgröße und Schiffstyp, Einsatzgebiet, Ladungsart, um nur einige zu nennen, werden übrigens vom Eigner festgelegt und danach wird das „Safe Manning Certificate“ bei der Flaggenstaatbehörde beantragt. Die prüft dann nur noch und stellt das Zertifikat aus. Ob die Prüfung tatsächlich die international verbindlichen Forderungen von ISM, SOLAS, STCW erfüllt bleibt dahingestellt, da die Regelungen in der IMO Resolution A. 1047(27) teilweise dehnbar wie Naturkautschuk sind. So einfach ist das. Bei Unterschreitung der Schiffsbesetzung entsprechend „Safe Manning Certificate“, erfordert dies eine zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung des Flaggenstaates, die schriftlich vorliegen muss. Der Autor hat seine berechtigten Zweifel, ob 11 Mann Besatzung bei einem weltweit eingesetzten Schiff und von 50.000 mt (metric tons) Gross Tonnage tatsächlich sicher betreiben können. Die Praxis hat dem Autor gezeigt, dass es nicht belastbar ist, gerade, wenn neben dem als Beispiel expatriierten 3. Offizier, ein weiterer nautischer Offizier ausfallen sollte und nicht mehr einsatzfähig ist. Dann ist genau jene Situation eingetreten, die unverantwortlich gegenüber der Besatzung und dem Kapitän ist. Bei längerer Verweildauer an Bord auf See unter diesen Bedingungen, ist die Gefahr Havariesituationen heraufzubeschwören (z.B. Fatigue) ein ernstzunehmendes Problem und eine nicht akzeptable Situation gemäß den Bemannungsrichtlinien des Flaggenstaates. Vom Safety Management ganz zu schweigen.

 

Unter portugiesischer Flagge ist im Safe Manning Certificate zum Beispiel erlaubt, dass 3. Offiziere und 3. Ingenieure nicht zwingend vorgeschrieben sind. Das sieht auf deutschen Schiffen anders aus. Die Frage ist nur, wie lange noch?

Wo kann man sich als deutscher Seemann bewerben? - Ein Lagebild deutschen Crew Outsourcings

Gehen sie ins Internet und werfen sie einen Blick auf die Webseiten der Hartmann AG, der Unternehmensgruppe des Verbandspräsidenten des VDR e.V. Alfred Hartmann in Leer, hier besonders zum Crew Bereich und sie werden feststellen, dass Nagels getätigte Aussage in "Die Welt" vom 07.10.2014, Artikel "Deutsche Kapitäne haben es schwer auf See":

"Gelingt es nicht, die Beschäftigung deutscher Seeleute attraktiver zu machen, hat dies weitreichende Folgen für den maritimen Standort Deutschland."

nicht das Papier Wert ist auf der sie niedergeschrieben wurde. Hartmanns Crewing Consult verweist auf Gdynia. „Crewing Germany“ wird automatisch auf diese Seite umgeleitet. Außerdem ist sie mit der Intership Navigation Co. Ltd. Cyprus verlinked, eine seit 1988 aktive 100 % Tochter von Hartmann Group. Seine Crew Büros befinden sich nicht in Deutschland! Der Autor hat den Aufwand nicht gescheut und eine Probe aufs Exempel statuiert. Er hat sich beim Hartmannschen Crew Department als Kapitän beworben, um zu sehen was geschieht. Die Antwort ist einfach – NICHTS! Nicht einmal eine elektronische Antwortformel war es wert an den Bewerber zu schicken. Ein 2. Versuch gipfelte darin, dass nach Ausfüllen der gewünschten elektronischen Bewerbungsform und dem Absenden nur 2 Minuten vergangen waren bis zum Erhalt der folgenden Rückantwort:


Das heißt also, dass innerhalb von Sekunden das Crewing Department in der Lage war die Unterlagen zu sichten und eine Einschätzung zur bewerbenden Person treffen konnte. Sehr sportlich. Ein mehr als unglaubwürdiger Akt der Bewerbersichtung. Es wäre wohl dann ehrlicher, in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass in der gegenwärtigen Situation an Bord keine Stellen verfügbar sind und nicht zu suggerieren: „Wir suchen permanent gutes Bordpersonal und laden Sie ein sich bei uns zu bewerben“. Oder liegt es an der Nationalität, als deutscher Seemann? Der Verdacht drängt sich auf.

Ein Einzelfall? Nein – es ist die deutsche maritime Normalität. Zahlreiche deutsche Crewagenturen - mit Dependancen in Südeuropa, Osteuropa, Indien und Asien und deutsche Schiffsmanagementgesellschaften zeigen ein ähnliches ignorantes Verhalten. Der Autor kann auf Nachfrage ausgiebig Beispiele aus der Praxis schwarz auf weiß belegen. Mit Namen, Mailadressen, Telefonnummern und persönlichen Anschreiben an diese Gesellschaften. Verliert sich also nicht in Vermutungen oder Behauptungen. Nein, er hat glasklare Belege.

Die von Nagel eingeforderte Attraktivität für die Beschäftigung deutscher Seeleute bezieht sich einzig und allein auf die damit verbundenen Förderprogramme und Steuersubventionen, wie diese abgeschöpft werden können unter Umgehung der Beschäftigung deutscher Seeleute. Eine Wahrheit, die nicht besonders gern gehört werden möchte in Schiffseignerkreisen.

Ein zusätzliches Beispiel hierzu:

Noch unverblümter bringt das die Webseite der DS Crewing GmbH mit Sitz in Hamburg, einem Unternehmen der DS Schifffahrt GmbH & Co. KG, die wiederum eine Tochter des Emissionshauses Dr. Peters Group mit Sitz in Dortmund ist, zum Ausdruck:

Zitat:

„Unsere Besatzung

Anzahl der derzeit beschäftigen Personen:

295 Offiziere

326 Seeleute

Aus folgenden Nationalitäten werden Seefahrer eingesetzt:

Lettland

Spanien

Holland

Kroatien

Russland

Ukraine

Philippinen

Mauretanien

Korea

China

Montenegro

Serbien

Estland

Georgien

Rumänien“ (Quelle: http://www.ds-crewing.de/besatzung.htm)

Wie erkennbar ist, 621 Seeleute aus EU- und Nicht-EU Staaten. Und keine deutschen Besatzungsmitglieder. Obwohl das Stammhaus Schiffsfonds mit deutschen Anteilseignern seit 1990 aufgelegt hat und somit Schiffe in Fahrt gebracht hat, die von den deutschen Förderrichtlinien, wie z. B. der deutschen Tonnagesteuer profitieren, besonders seit 1999. Das ist nur ein Beispiel von vielen und kein deutscher Einzelfall. Das ist die harte, nicht beiseite zu schiebende Wirklichkeit. Und so kann ein weiter Bogen geschlagen werden, über eine ganze Reihe deutscher Crew Managementgesellschaften mit Sitz in Deutschland, deren Crew Recruitment Offices ausgelagert wurden nach Osteuropa, Südosteuropa, Indien und Asien. Der Sinn solcher Konstrukte liegt in den gesetzlichen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland, die zur Berücksichtigung der deutschen Tonnagesteuer berechtigen. Nachzulesen im vorangegangenen Kapitel zu den Kriterien der deutschen Tonnagesteuer.

Es kann nur wiederholt werden. Die deutschen Finanzhilfen und Steuersubventionen werden nicht von der EU bezahlt, sondern vom deutschen Steuerzahler, mit dem klaren Ziel deutsche Seearbeitsplätze zu sichern. Die immer wieder ins Spiel gebrachte europäische Karte ist genau das Vorhaben des VDR, um seine Ziele zu verfolgen und die deutsche Bundesregierung stößt fleißig in das gleiche Horn. Ich schlage Herrn Seeboldt, von Ver.di vor, sich mit der deutschen Steuer -und Sozialgesetzgebung zu beschäftigen, dann wird er auch die Antwort finden, warum deutsche Seeleute unter der Flagge europäischer Flaggenstaaten benachteiligt sind und künftig es unglaublich schwerer haben werden einen Job in ihrem Beruf zu finden. Denn wenn es um die Interessen der Schifffahrtslobby geht, sind Änderungen in der Steuergesetzgebung, in Beihilfe- und Subventionsrichtlinien schnell in die Wege geleitet. Wenn es jedoch darum geht dem deutschen Seemann sowohl steuerliche als auch sozialgesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ihm erlauben international konkurrenzfähig zu sein, wird durch die Bundesregierung darauf verwiesen, dass das nicht möglich sei und mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten zu begründen versucht, die so fadenscheinig sind, dass sie dem unbedarften Landbewohner fast glaubwürdig erscheinen. Nein, es wird durch die deutschen Finanzbehörden sogar noch einer oben drauf gesetzt, in dem alle möglichen gesetzlichen Spitzfindigkeiten ins Feld geführt werden, um dem deutschen Seemann durch die von Reedereien gewährten Sachleistungen als geldwerte Vorteile zu deklarieren und somit dazu zwingt diese zu versteuern bzw. die Geltendmachung von Einkommenssteuerrückerstattung zu unterbinden. Da müssen dann schon die kuriosesten Winkelzüge herhalten. Eines der besonders bemühten Finanzämter, um beim deutschen Seemann so viel wie möglich Steuern einzutreiben, ist das Finanzamt Stade in Niedersachsen. Hier gibt es Beamte, die dem deutschen Seefahrer als Steuerzitrone besonders „liebevoll“ behilflich sind beim Auspressen.

Wie wäre es, wenn Verdi endlich anfangen würde sich der Realität zu stellen und nicht in Wunsch- oder Traumszenarien zu verhaften, die es so schon lange nicht mehr gibt.


© 2015 Autor Fred Rockstroh privat

VDR und Reederei Argumentationen – und wie sie die Medien dafür einbinden

Wie schon im voran gegangenen Kapitel über die Schifffahrtsförderung des Bundes muss notwendigerweise auf einige Argumentationen der Presse und des VDR bezüglich Schifffahrtsförderung eingegangen werden.

„Gemeinnützige Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland“

Immer wieder ist zu lesen, dass der Verband Deutscher Reeder der Motor der Initialisierung der “Gemeinnützigen Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland“ sei und dass es sich um einen Fond des VDR handle. Das ist falsch und verklärt die Umstände der Stiftungsgründung, um den VDR als Heilsbringer deutscher Seeleute darzustellen, der er definitiv nicht ist. Dazu bedarf es einen Blick zurück zu werfen in das Jahr 2011/2012. Nur dann erschließen sich die wahren Hintergründe.

Auch hier muss die Argumentation des VDR e.V. vom Kopf auf die Füße gestellt werden, die er so gern der Öffentlichkeit als herausragende Leistung der deutschen Reederschaft anpreist. Was hat sich also in Wirklichkeit zugetragen:


Die „Gemeinnützige Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland“ wurde im Dezember 2012 ins Leben gerufen. Sie war keineswegs eine freiwillige, sondern eine zwangsläufige Gründung, als Resultat, der Entscheidung der Bundesregierung im Jahre 2011, den Lohnsteuereinbehalt und Finanzhilfen zur Senkung der Lohnnebenkosten für die deutsche Seeschifffahrt wegen Nichterfüllung der Selbstverpflichtung des Verbandes Deutsche Reeder e.V., Schiffe unter ausländischer Flagge wieder zurück unter die deutsche Flagge zu bringen, zu kürzen bzw. auslaufen zu lassen. Die Bundesregierung sah es im Jahre 2011 als erwiesen an, und hat dies auch auf der 7. Nationalen Maritimen Konferenz klar zum Ausdruck gebracht, dass damit die Vergabekriterien nicht mehr erfüllt wurden und forderte mehr Eigeninitiative in der Förderung des deutschen seemännischen Nachwuchses durch den VDR e.V. Was eine mehr als berechtigte Forderung ist. Allerdings muss hier klar gestellt werden, dass die Bundesregierung die Ausbildungsförderung in der deutschen Schifffahrt im Jahre 2011 nicht in Frage stellte. Die Wortmeldungen von Reedern und Schiffseignern und des VDR zu dieser Entscheidung der Bundesregierung waren entsprechend drastisch und blendeten natürlich das eigene Versagen bei der Einhaltung eingegangener Selbstverpflichtungen vollkommen aus. Das ging so weit, dass der Verband Deutscher Reeder e.V., als Mitglied das Maritimen Bündnisses, im Jahr 2003 von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf der 3. Nationalen Maritimen Konferenz in Lübeck ins Leben gerufen, 2011 einseitig das Maritime Bündnis aufkündigte. Die Politik wurde zum Buhmann gestempelt und als ein Partner im Maritimen Bündnis dargestellt, der sich nicht an die Vereinbarungen gehalten hätte. Die Stiftung ist ein Ergebnis der Forderung der Politik! Um das ganz klar herauszustellen. Gründungsmitglieder sind der VDR e.V. und die Gewerkschaft Ver.di. Der Verband der Kapitäne und Schiffsoffiziere e.V., als Interessenvertreter deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere, hat sich auf Anfrage und Bitte des VDR e.V. ebenfalls mit Stiftungskapital in die Stiftung eingebracht. Leider wird nicht ersichtlich, ob sich der Verband deutscher Schiffsingenieure (VDSI e.V.) sich ebenfalls in die Stiftung mit Stiftungskapital eingebracht hat. Es ist jedoch sehr gut vorstellbar, schließlich werden damit auch seine Interessen des künftigen Ingenieursnachwuchses erfasst. Die Darstellung auf der Homepage der Stiftung, dass der VDR e.V. der alleinige Errichter der Stiftung sei, ist nicht richtig und irreführend, es werden die weiteren Stifter nicht aufgeführt. Das sollte jedoch erfolgen und es wäre wünschenswert das zu ändern.

Die Stiftung hat die Aufgabe der Ausbildungsförderung für den seemännischen Nachwuchs und die Erlangung ausgefahrener Patente für Nachwuchsoffiziere/ Nachwuchsingenieure zu gewährleisten und wird mitfinanziert aus Beiträgen deutscher Reeder, die Ihre Schiffe ausflaggen. Sie wird finanziell durch den Bund gefördert mittels des am 20.12.2012 geänderten Flaggenrechtsgesetzes. Im §7 des Gesetzes sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen festgelegt:

 

Auszug aus dem „Gesetz über das Flaggenrecht der Seeschiffe und die Flaggenführung der Binnenschiffe (Flaggenrechtsgesetz)“

§ 7

(1) Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie kann in den Fällen

1. des § 1 Absatz 1 und 2

oder

2. des § 2 Absatz 1 und 2

dem Reeder oder Ausrüster eines im Schiffsregister eingetragenen Seeschiffes auf seinen Antrag für einen Zeitraum von längstens zwei Jahren widerruflich unter den Voraussetzungen der Sätze 2 und 3 genehmigen, dass das Schiff anstelle der Bundesflagge eine andere Nationalflagge führt, deren Führung nach dem maßgeblichen ausländischen Recht erlaubt ist (Ausflaggungsgenehmigung). Die Ausflaggungsgenehmigung darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller nachweist, dass er die durch den Flaggenwechsel hervorgerufenen Nachteile für den Schifffahrtsstandort nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 ausgeglichen hat. Ist der Antragsteller nicht der Eigentümer des Seeschiffes, bedarf er für den Antrag nach Satz 1 der in Textform abzugebenden Zustimmung des Eigentümers.

(2) Ein Ausgleich im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ist erbracht, wenn der Antragsteller sich für jedes auszuflaggende Seeschiff verpflichtet, während eines in der Anlage in Abhängigkeit von der Größe der Seeschiffe festgelegten Zeitraumes mindestens einen Platz zur seefahrtbezogenen Ausbildung nach Maßgabe

1. der Schiffsmechaniker-Ausbildungsverordnung oder

2. der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Ausführung der Schiffsoffizierausbildungsverordnung

herausgegebenen Richtlinien für die Anerkennung der praktischen Ausbildung und Seefahrtzeit als

a) nautischer/nautische Offiziersassistent/-in (VkBl. 2009 S. 48)

oder

b) technischer/technische Offiziersassistent/-in (VkBl. 2009 S. 53)

an Bord des ausgeflaggten Seeschiffes ständig besetzt zu halten. Der in Satz 1 maßgebliche Zeitraum beginnt mit Wirksamwerden der jeweiligen Ausflaggungsgenehmigung. Das Beenden eines Ausbildungsverhältnisses wegen Ablaufes des Zeitraumes nach Satz 1 ist nicht zulässig. Der Inhaber der Genehmigung hat für die Dauer der Genehmigung durch geeignete Aufzeichnungen und Unterlagen jährlich zum Ende eines Kalenderjahres nachzuweisen, dass er seine Verpflichtung nach Satz 1 erfüllt oder erfüllt hat. Die Aufzeichnungen und Unterlagen sind für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet ab dem ersten Tag des Jahres, das auf das Jahr der Erteilung der Genehmigung folgt, aufzubewahren.

(3) Macht der Antragsteller geltend, der Verpflichtung nach Absatz 2 nicht oder nicht vollständig nachkommen zu können, ist auf Antrag zuzulassen, dass der Antragsteller, statt eine Verpflichtung nach Absatz 2 einzugehen, einen Ablösebetrag an eine vom Verband Deutscher Reeder errichtete und vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie im Bundesanzeiger bekannt gemachte Einrichtung zu entrichten hat. Der Antrag nach Satz 1 kann zusammen mit dem Antrag auf die Ausflaggungsgenehmigung gestellt werden. Die Ausflaggungsgenehmigung darf erst erteilt werden, wenn die Zahlung des Ablösebetrages nachgewiesen ist. Zweck der Einrichtung muss es sein, die nautische und technische Ausbildung, Qualifizierung und Fortbildung von Besatzungsmitgliedern zu fördern, die auf in inländischen Schiffsregistern eingetragenen Seeschiffen beschäftigt sind.

(4) Ergibt eine Überprüfung, dass die nach Absatz 2 eingegangene Verpflichtung nicht oder nicht mehr erfüllt wird, ist für die Zeit ab dem Beginn der Wirksamkeit der Ausflaggungsgenehmigung der Ablösebetrag nachzuzahlen und im Übrigen die Ausflaggungsgenehmigung zu widerrufen. Vom Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Inhaber der Genehmigung binnen einer vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie festgesetzten angemessenen Frist für die verbleibende Dauer der Wirksamkeit der Ausflaggungsgenehmigung einen Ablösebetrag im Sinne des Absatzes 3 entrichtet hat. Im Übrigen bleiben die §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes unberührt. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie kann die Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt e. V., Bremen, beauftragen, an der Überprüfung im Sinne des Satzes 1 mitzuwirken.

(5) Der Ablösebetrag nach Absatz 3 ist von der Einrichtung für jede Größenklasse der Seeschiffe in einer Höhe festzusetzen. Die Festsetzung hat sich an den gemittelten Kosten einer Ausbildung im Sinne des Absatzes 2 je Kalenderjahr zu orientieren; dabei sind die Besatzungsstärke und die Größe der auszuflaggenden Schiffe zu berücksichtigen. Dabei sind ein Mindestbetrag von 2 000 Euro je Jahr und ein Höchstbetrag von 30 000 Euro je Jahr einzuhalten. Näheres regelt die Einrichtung. Die Regelungen zur Festsetzung der Höhe des Ablösebetrages bedürfen der Genehmigung des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie. Sie sind von der Einrichtung zusammen mit der Genehmigung des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Wird der Ablösebetrag geändert, gilt die Änderung nur für Ausflaggungen, die in dem Kalenderjahr beantragt werden, das dem Jahr der Änderung folgt.

(6) Die Einrichtung muss dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie bis zum 30. Juni eines Jahres geeignete Nachweise für die ordnungsgemäße Einnahme und Verwendung der Ablösebeträge im Vorjahr vorlegen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie prüft, ob die Finanzmittel ordnungsgemäß eingenommen und entsprechend dem Förderzweck nach Absatz 3 verwendet worden sind.

Daraus ergeben sich 30 Millionen €/ Jahr - 10 Millionen €/ Jahr durch Flaggenrecht § 7 und 20 Millionen € eingebracht durch den VDR.

Weitere Details der Aktivitäten der Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland können auf deren Webseite in den Jahresberichten eingesehen werden (http://www.stiftung-schifffahrtsstandort.de)

Fehlgeleitete Argumentationen in Wikipedia – Wer hat das Maritime Bündnis 2011 aufgekündigt?

Die Krone, der dem VDR genehm zurecht gebogenen Aussagen setzt zweifellos ein Beitrag in Wikipedia über den VDR, eingestellt am 6. August 2016, wie durch den Autor recherchiert werden konnte.

Um es deutlicher zu schreiben, der Autor dieses Wikipediabeitrages muss schon ein erhebliches Insiderwissen besitzen. Allerdings aus der Sicht der Lobby der Schiffseigner. Er verdreht die tatsächlichen Fakten bis zur Unkenntlichkeit.

Die Masche ist nicht nur perfide, nein sie stellt eine bewusste Desinformation der deutschen Öffentlichkeit dar, mit dem Ziel den VDR als Robin Hood der Schifffahrt zu verkaufen, der er definitiv nicht ist. Es kommt damit ebenfalls zum Ausdruck, dass ganz gezielt die deutsche Bundesregierung brüskiert werden soll, um Druck auf sie auszuüben und ihre Entscheidungen, veröffentlicht auf der 7. Nationalen Maritime Konferenz 2011 bezüglich der Förderung der deutschen Schifffahrt rückgängig zu machen.

Was der Autor des Artikels jedoch nicht zur Kenntnis genommen hat, ist, dass es auch in Deutschland Menschen gibt, die des Lesens, des Schreibens, des Denkens und logischer Schlussfolgerungen mächtig sind. Also das Spiel der Täuschung durchschauen, vor allem dann, wenn sie selbst aus der Schifffahrt kommen und unmittelbar mit den Auswirkungen auf deutsche Seearbeitsplätze trotz der weitreichenden Förderrichtlinien der Bundesregierung konfrontiert sind.

Die deutschen Seeleute sind nicht eine aus dem Zeitrahmen gefallene Spezies, sie stehen mit beiden Beinen im Jetzt und Heute und hoffentlich auch in der Zukunft.

Folgendes Zitat aus Wikipedia:

„Nachdem die Bundesregierung 2011 versucht hatte, auf der 7.Nationalen Maritimen Konferenz (Wilhelmshaven) die Unterstützung für die Schifffahrt einzustellen, konnte der VDR erreichen, dass das Maritime Bündnis zur 8. Konferenz im April 2013 neu aufgestellt wurde.“

(Quelle: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Verband_Deutscher_Reeder, 06. August 2016).

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