Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung

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2.2Klima und Witterung

Das Klima eines Ortes wird durch den langjährigen statistischen Durchschnitt der Wetterbeobachtungen beschrieben. Dazu werden im Wechsel von Dezennien die jeweils letzten drei Jahrzehnte herangezogen und Mittelwerte für einzelne Parameter gebildet.

Das sind die Daten der jeweils gültigen Referenzperiode. In Tabelle I-10 ist beispielhaft die Entwicklung klimatologischer Referenzwerte für den Standort Berlin-Dahlem in den drei Perioden von 1961/1990 bis 1981/2010 angegeben. In der dargestellten Zeitspanne hat die Sonnenscheindauer um rund 100 Stunden pro Jahr zugenommen. Damit einher geht eine höhere Jahresmitteltemperatur von 0,6 °C, eine größere Verdunstungsrate von 41,4 mm pro Jahr und eine um 24 mm zugenommene negative klimatische Wasserbilanz. Diese Daten deuten darauf hin, dass sich die klimatischen Bedingungen für den Ackerbau an diesem Standort verändern. Wenn diese als Klimawandel bezeichnete Entwicklung zukünftig weiter fortschreitet, gilt es rechtzeitig Strategien zu entwickeln, mit denen die Bodennutzung an die zu erwartenden veränderten Produktionsbedingungen angepasst werden kann.

Zwischen Klima und Vegetation besteht ein enger Zusammenhang, der besonders bei großräumiger Betrachtung augenfällig wird. Wichtige Hinweise darauf liefern phänologische Beobachtungen. In internationalen Netzwerken werden hierfür entsprechende Daten erhoben und übergreifend ausgewertet.


Tab. I-10. Entwicklung klimatologischer Referenzwerte am Standort Berlin-Dahlem, 1961–2010 (Chmielewski 2011)
ParameterMaßeinheitenReferenzperioden
1961–19901971–20001981–2010
Mittlere Jahressumme der GlobalstrahlungMJ m-23377,13404,73561,5
Mittlere Summe der SonnenscheindauerStunden1603,71654,31705,8
Jahresmittel der Lufttemperatur°C9,39,69,9
Mittlere Jahresniederschlagshöhemm544,6540,1561,9
Mittlere Verdunstungshöhe (nach Haude)mm655,9672,1697,3
Mittlere klimatische Wasserbilanzmm-111,3-132,0-135,4

Dazu zählen unter anderem die Blüte von Wild- und Kulturpflanzen (Hasel, Schneeglöckchen, Weide, Süßkirsche, Apfel, Flieder, Hollunder, Winterroggen, Linde, Herbstzeitlose), Laubentfaltung und Fruchtreife der Rosskastanie, Blüte von Roggen und Hafer, Laubverfärbung der Rotbuche und allgemeiner Laubfall. In Abbildung I-4 ist als Beispiel der Verlauf der Winterroggenblüte in Deutschland dargestellt.


Abb. I-4 Mittlere Termine der Winterroggenblüte in Deutschland, 1961–2000 (Chmielewski 2003, zit. in Chmielewski et al. 2003)

Das Klima an einem Standort bestimmt dessen Energiehaushalt. Dieser hängt im wesentlichen von der eingestrahlten Sonnenenergie ab. Die Gesamtstrahlung, welche an der Grenze der Erdatmosphäre ankommt (Solarkonstante 1368 +/– 5,3 W m–2), erreicht jedoch nur etwa zur Hälfte als Globalstrahlung die Erdoberfläche, der Rest wird in der Atmosphäre absorbiert oder in den Weltraum reflektiert. In Abhängigkeit von geografischer Breite, Jahreszeit, Tageszeit, Bewölkung, Höhenlage, Hangneigung und -richtung unterliegt die Globalstrahlung wiederum erheblichen Schwankungen. Für die Pflanzen ist nur der sichtbare Teil des elektromagnetischen Spektrums und hiervon wiederum lediglich der Wellenbereich 350–780 nm (blau, orangerot) von Bedeutung, da nur dieser für die Photosynthese und für Entwicklungsprozesse genutzt werden kann.

Die benötigten Lichtintensitäten für lichtabhängige Vorgänge in den Pflanzen sind verschieden (siehe auch Kap. II-2.2). Für die Photosynthese liegt der Sättigungswert bei den meisten Pflanzen (C3-Typen) im Bereich von 1000 bis 1500 μmol m–2 s–1 photosynthetisch aktiver Strahlung. Von C4-Pflanzen (Mais und Hirsen) kann die Strahlung hingegen bis in den Bereich von 1500 bis 1800 μmol m–2 s–1 genutzt werden. Dies liegt in der Nähe des Einstrahlungsmaximums an hellen Sommertagen, welches in Abhängigkeit von der geografischen Lage zwischen 1800 und 4500 μmol m–2 s–1 beträgt.

Das Lichtklima eines Standortes ist ein ertragsbegrenzender Faktor, weil die Prozesse der Stoffbildung, des Wachstums und der Entwicklung lichtabhängig sind. Dies sind die Keimung (Licht- und Dunkelkeimer), der Phototropismus (Hinwachsen des Sprosses zum Licht), die Photosysnthese (Assimilation), der Photoperiodismus (Einfluss der Tageslänge auf den Eintritt der generativen Entwicklungsphase) sowie sonstige morphogenetische Wirkungen (z. B. höhere Zellteilungsraten im Licht).

Eng mit dem Lichtklima ist das Temperaturklima eines Standortes verbunden. Es wird durch die Jahresmitteltemperatur charakterisiert, die jedoch nicht sehr aussagefähig ist, da gleiche Mittelwerte bei sehr unterschiedlichen Amplituden während eines Jahres zustande kommen können. Daher ist der Temperaturverlauf insbesondere während der Vegetationsperiode von größerer Bedeutung. Als Vegetationsperiode werden entweder jene Zeiten zusammengefasst, an denen die Tagesmitteltemperatur 5 °C überschreitet, oder bei empfindlichen Pflanzen die Dauer der zusammenhängend frostfreien Zeit. Steigende Temperaturen fördern Wachstum und Substanzbildung, da sich die Reaktionsgeschwindigkeit biochemischer Prozesse im Bereich zwischen 0 und 30 °C durch eine Temperaturerhöhung um 10 °C etwa verdoppelt. Nur bei ungenügender Wasserversorgung wirken hohe Temperaturen ertragsbegrenzend oder schädigend, denn in den gemäßigten Breiten erreichen Temperaturmaxima selten ein Niveau, welches das Temperaturoptimum höherer Pflanzen von 25 bis 30 °C wesentlich überschreitet.

Größere Bedeutung als die Temperaturmaxima haben aus pflanzenbaulicher Sicht die Minimumtemperaturen. Sie bestimmen über die Länge der Vegetationsperiode und damit über die anbaufähigen und -würdigen Kulturpflanzenarten auf einem bestimmten Standort. In strengen Wintern sind bei andauernden Frostperioden überjährige Kulturen wie Wintergetreide und Winterölfrüchte durch Auswinterung gefährdet, deren Frostresistenz etwa zwischen –15 °C (Gerste, Raps), –20 °C (Weizen) und –25 °C (Roggen) liegt (Tab. I-11).


Tab. I-11. Auswinterungsschäden an Wintergetreide und Winterraps in Ostdeutschland 2002/03 (ergänzt n. Lindloff 2003)
LandMinimumtemperaturenAuswinterung (%)
DezemberJanuarFebruarWintergetreideWinterraps
Brandenburg–13,3–20,4–12,7815
Mecklenburg-Vorpommern–13,8–19,8–14,467
Sachsen–13,9–20,5–14,6610
Sachsen-Anhalt–15,7–17,9–14,746
Thüringen–13,6–17,5–15,245

Neben Stoffbildung und Wachstum ist der Temperaturhaushalt des Standorts auch für die Entwicklung der Pflanzen von Bedeutung. Bestimmte Arten benötigen für den Eintritt in die generative Phase eine mehr oder minder lange Zeitspanne (20 bis 40 Tage) mit niedrigen Temperaturen (0 bis 6 °C). Dieser als Vernalisation bezeichnete Effekt stellt sicher, dass die betreffenden Pflanzen im nachfolgenden Frühjahr und Sommer zum Blühen und Fruchten kommen.

Anders als Strahlung und Temperatur, die als Standortfaktoren durch ihre Energie für die Pflanzen wirksam werden, wird Wasser als Stoffkomponente sowie als Transport- und Lösungsmittel benötigt. Etwa 1% wird im Zuge der Photosynthese mit CO2 in Kohlenhydrate eingebaut, der weitaus größte Teil dient der Transpiration. Die Menge an Wasser, welche Kulturpflanzen verbrauchen, um ein Kilogramm Trockenmasse zu erzeugen, wird als Transpirationskoeffizient bezeichnet (Liter Wasser je kg TM) (engl. water use efficiency – g TM je Liter Wasser). Die Effizienz der Wasserausnutzung variiert zwischen verschiedenen Nutzpflanzen stark um bis zum Dreifachen, kann aber auch innerhalb einer Art sehr unterschiedlich ausfallen (Tab. I-12).


Tab. I-12. Transpirationskoeffizienten ausgewählter Kulturpflanzen (n. Geisler 1988)
ArtenTranspirationskoeffizient(l H2O kg–1 TM)
Hirsen200–300
Mais, Beta-Rüben300–400
Gerste, Roggen, Hartweizen400–500
Kartoffel, Weichweizen, Sonnenblume500–600
Hafer, Raps, Erbse, Ackerbohne, Rotklee600–700
Luzerne, Lein, Soja, Kohlrübe> 700

Die an einem Standort auftretenden Niederschläge in Form von Regen, Schnee, Hagel, nässendem Nebel, Tau oder Reif können sehr unterschiedliche Dichte und Partikelgröße aufweisen und demzufolge auch sehr verschiedene Wirkungen hervorrufen. Ihre Höhe und Verteilung hängt von den Zirkulationsverhältnissen in der Atmosphäre ab. Sind die Niederschläge höher als die potenzielle Evapotranspiration, spricht man von humidem Klima mit abwärts gerichteter Wasserbewegung im Boden, Nährstoffverlagerung bis zur Auswaschung und Grundwasserneubildung. Überwiegt hingegen die potenzielle Evapotranspiration an einem Standort, dann herrscht semiarides Klima mit aufwärts gerichteter Wasserbewegung und gleichzeitiger Gefahr der Bodenversalzung durch Auskristallisation der im Bodenwasser gelösten Stoffe an der Bodenoberfläche vor.

 

Die atmosphärische Luft besteht zum überwiegenden Teil aus Stickstoff (rd. 78%) und Sauerstoff (rd. 21%). Stickstoff ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe, doch die überwiegende Mehrzahl der Pflanzen kann ihn nicht direkt nutzen. Dazu sind nur Schmetterlingsblütler (Fam. Leguminosae) aufgrund ihrer Symbiose mit stickstoffbindenden Bakterien (Rhizobium-Arten) in der Lage (s. II-4.2). Freilebende Bodenbakterien (siehe I-2.1.2), die ihren Energiebedarf aus dem Abbau leicht zersetzbarer organischer Substanz bestreiten, vermögen ebenfalls atmosphärischen Stickstoff zu binden. Die Mengen sind jedoch gering und für den Ackerbau ohne praktische Relevanz.

Der Sauerstoff der Luft wird zur Atmung der Pflanzen sowie aller heterotrophen Organismen benötigt. In der Sprossumwelt der Pflanzen ist O2 stets in ausreichendem Maße vorhanden. Die Konzentration in der Bodenluft kann hingegen infolge von Gefügestörungen durch Verdichtungen sowie Verschlämmung und Verkrustung an der Bodenoberfläche (s. I-2.1.2) vermindert sein. Pflanzen reagieren unterhalb von 8 bis 10% mit vermindertem Wurzelwachstum auf sinkende Sauerstoffgehalte.

Der für die grünen Pflanzen essentiell wichtige Inhaltsstoff der Luft ist das Kohlendioxid (CO2), da es der Ausgangsstoff für die Assimilation ist. Mit durchschnittlich 0,037 Vol.-% (= 370 ppm; im Jahr 2001) ist der Gehalt sehr gering. CO2 resultiert aus der Atmung und dem Abbau organischer Substanz. Dem steht eine entsprechende Größenordnung an Assimilation gegenüber, die über Jahrmillionen ein Gleichgewicht bildeten. Seitdem wir Menschen zunehmend intensiver Energie aus fossilen Brennstoffen gewinnen und die natürliche Vegetation in großem Umfang durch Brandrodung beseitigen, haben wir dieses Gleichgewicht gestört (Tab. I-13).


Tab. I-13. Globale CO2-Bilanz; Mittel der Jahre 1990-1998 (Volz und Nauser 2000)
BilanzgrößenMengen (109 t a–1)
Emissionen durch Verbrennung fossiler Rohstoffe+23,1
Emissionen aus Rodungen und Waldbränden+5,9
Aufnahme durch die Ozeane–8,5
Aufnahme in Wäldern und Böden–8,4
Nettoaufnahme durch die Biosphäre–2,5
Verbleib in der Atmosphäre+12,1

Auf der Messstation Mauna Loa auf Hawai (USA) wird die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit mehr als fünf Jahrzehnten kontinuierlich aufgezeichnet. Dort wurde für die Jahre 1959 bis 2010 ein stetiger Anstieg um bislang 23 % festgestellt (Abb. I-5).


Abb. I-5 Entwicklung der Co2-Konzentration in der Atmosphäre; Monatsmittelwerte der Messstation Mauna Loa, Hawaii/USA, 1959-2014 (n. Keeling and Whorf 2002; Keeling 2015)

Dies ist für den Pflanzenbau zunächst nicht von Nachteil. Es fördert im Gegenteil sogar das Wachstum und verbessert die Strahlungs- und Wassernutzungseffizienz (Tab. I-14).


Tab. 2-1Einfluss von CO2-Anreicherung (318 vs. 671 ppm) auf pflanzenphysiologische Parameter von Sommerweizen (Manderscheid et al. 1999)
ParameterNormal CO2CO2-AnreicherungCO2-Effekt (%)
Absorbierte Strahlung (MJ m–2)414413– 0,4
Evapotranspiration (mm)292225– 14,8
Trockenmasse (g m–2)19192083+ 8,5
RUE (g TM MJ–1)14,645,04+ 8,7
WUE (g TM kg–1)24,96,2+ 27,4
1 radiation use efficiency; 2 water use efficiency

Allerdings wird die Anreicherung der Atmosphäre mit Spurengasen (neben CO2 auch N2O, NOx und CH4) für Klimaänderungen verantwortlich gemacht, welche primär mit steigenden Jahresdurchschnittstemperaturen einhergehen. So wurde an der meteorologischen Station in Berlin-Dahlem auf der Grundlage von kontinuierlich durchgeführten Messungen für die Zeit von 1931 bis 2010 ermittelt, dass das Jahresmittel der Lufttemperatur im linearen Trend um 0,0113 °C je Jahr zugenommen hat. Über den gesamten Zeitraum ist somit ein Anstieg um 0,90 °C zu verzeichnen (vgl. Tab. I-10). Dieses lokale Ergebnis bestätigt den globalen Trend. Welche Auswirkungen dieser Wandel des Klimas auf den Ackerbau, die Landwirtschaft insgesamt und die menschliche Zivilisation haben wird, ist Gegenstand vielfältiger Forschung und lässt sich bislang nicht abschließend beurteilen. Außer Zweifel steht aber, dass die pflanzliche Erzeugung davon unmittelbar betroffen sein wird und dass es darum gehen muss, geeignete Maßnahmen zur Anpassung an die sich ändernden Verhältnisse zu ergreifen.

Fragen zu Kap. I-2

 Wie ist der Boden aus ackerbaulicher Sicht zu charakterisieren?

 Was sind wesentliche ackerbaulich relevante Bodeneigenschaften?

 Was versteht man unter Bodenfruchtbarkeit und wie wird sie quantifiziert?

 Wie beeinflussen Klima und Witterung die Standorteignung für den Ackerbau?

Weiterführende Literatur

Chmielewski, F.-M. (1998): Gebiete der Angewandten Meteorologie (Kap. 14). In: P. Hupfer, W. Kuttler (Hrsg.): Witterung und Klima. Begründet von E. Heyer. 10. Aufl., Teubner, Stuttgart und Leipzig, pp. 365–393.

Hanus, H. (1997): Klima und Witterung als Standortfaktoren. In: E.R. Keller, H. Hanus und K.-U. Heyland (Hrsg.), Handbuch des Pflanzenbaues, Bd. 1, Verlag E. Ulmer, Stuttgart, pp. 42–68.

Montgomery, D.R. (2010): Dreck. Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert. oekom verlag, München

3Bodennutzungssysteme

Vor Beginn der ackerbaulichen Bodennutzung waren die ursprünglichen Vegetationsdecken in Mitteleuropa vorwiegend Wald. Der Ackerbau ersetzt diese durch den Anbau von jährlich wechselnden, in der Regel ein- bis überjährigen Nutzpflanzen. Diese Umgestaltung ist das Ergebnis ständig wiederholter Eingriffe durch Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflege und Ernte. Derartige Eingriffe in den Standort und seine Vegetation stellen sich als verschiedene ackerbauliche Maßnahmen dar, welche sich gegenseitig bedingen und in ihrer Gesamtheit ein System ergeben, welches als Bodennutzungssystem bezeichnet wird. Damit werden ursprüngliche Ökosysteme zu Agrarökosystemen überformt.

Bodennutzungssysteme

Unter einem landwirtschaftlichen Bodennutzungssystem versteht man die langfristige, durch bestimmte Merkmale gekennzeichnete Struktur der Grasland- und Feldwirtschaft. Sie entsteht als Folge der Gesamtheit aller Eingriffe und Maßnahmen, die zum Zwecke der Pflanzenproduktion vorgenommen werden (Baeumer 1992).

Das jeweils realisierte Bodennutzungssystem bestimmt die zeitliche und räumliche Struktur des Ackerbaus. Das räumliche Nebeneinander verschiedener Nutzpflanzen ergibt das Anbauverhältnis, welches auch als Ackerflächenverhältnis bezeichnet wird. Es beschreibt die Konzentration einzelner Arten auf der Ackerfläche in einem Jahr oder im Mittel mehrerer Jahre. Die zeitliche Abfolge verschiedener Feldfrüchte auf dem Ackerland kennzeichnet die Fruchtfolge. Anbauverhältnis und Fruchtfolge hängen wechselseitig zusammen und ergeben den organisatorischen Rahmen für alle ackerbaulichen Maßnahmen im Laufe der Jahre.

Für die Wahl eines Bodennutzungssystems gibt es mannigfaltige Bestimmungsgründe. Primär sind das die natürlichen Standortbedingungen, wie sie durch das Klima, die Bodenarten und die Geländegestalt gegeben sind. Ausschlaggebend für die Bestimmung eines Bodennutzungssystems ist außerdem die betriebliche Struktur als Markfruchtbetrieb ohne tierische Veredlung oder als tierhaltender Betrieb, der das Grund- und Konzentratfutter teilweise oder gänzlich selbst erzeugt. Hinzu kommen im weiteren die ökonomischen Rahmenbedingungen des einzelnen Betriebes sowie der mit ihm verbundenen Wirtschaftsbereiche. Letztlich spielen auch soziale und ethische Aspekte eine Rolle. So bestimmt etwa die Wahl eines bestimmten Wirtschaftskonzeptes, wie z. B. des Ökologischen Landbaus, den Rahmen für das jeweils geeignete Bodennutzungssystem. Im Integrierten Landbau stellt sich dies entsprechend anders dar (siehe Kapitel I-5, S. 125 ff.).

3.1Historische Entwicklung

Die Geschichte des Ackerbaus von den Anfängen bis in die Gegenwart spiegelt auch die Geschichte der Menschheit wider. Dabei kamen wirtschaftliche, politische, ökologische und soziale Einflüsse zur Geltung, die auch die heutige Entwicklung beeinflussen.

Der Ursprung ackerbaulicher Tätigkeit war durch den Nahrungsbedarf sesshaft werdender Menschen begründet. Anfänglich konnten die Nahrungsansprüche bei geringer Siedlungsdichte und niedrigem Bedürfnisniveau durch primitiven Hackbau befriedigt werden, welcher in der Nähe der Wohnstätten betrieben wurde. Infolge der durch Bevölkerungszunahme entstandenen Bedarfszunahme wurden zuerst die Getreidearten Einkorn (Triticum monococcum), Emmer (Triticum dicoccum) und Gerste (Hordeum vulgare), später Hirse (Panicum milliaceum), Erbsen (Pisum sativum), Lein (Linum usitatissimum) und Mohn (Papaver somniferum) in den Feldbau mit Pflugkultur überführt. Der ausschließliche Getreidebau auf gerodetem Land verzeichnete jedoch allmählich nachlassende Erträge, da die Bodenfruchtbarkeit nicht ausreichend reproduziert wurde. Die Bodenbearbeitung führte zu Humusabbau und Getreide hinterließ nicht genügend organische Primärsubstanz (siehe I-2.1.2). Außerdem begünstigte die während der Teilbrachen fehlende Vegetationsdecke die Verschlechterung des Bodenzustandes. Dieser Entwicklung konnte entweder durch Wanderfeldbau oder durch Landwechsel begegnet werden. Im letztgenannten Fall blieb der erschöpfte Boden der natürlichen Sukzession überlassen. So entstand neue Hutung für das Vieh, dessen Exkremente auf dem Land verblieben und ebenso wie die ausdauernde Vegetationsdecke zur allmählichen Regeneration der Bodenfruchtbarkeit beitrugen. Dieser ursprüngliche Landwechsel, welcher keiner zeitlichen Ordnung unterlag, verlor durch die Abnahme des Landvorrats infolge zunehmender Besiedlungsdichte seine Voraussetzungen und mündete schließlich in den typischen Ackerbaugebieten in das Feldbausystem der Dreifelderwirtschaft (Abb. I-6).


Abb. I-6 Historische Entwicklungslinien von Bodennutzungssystemen (Ellmer 1991)

Älteste urkundliche Nachweise über die Dreifelderwirtschaft liegen aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. vor. Sie beschreiben die charakteristische Folge Brache – Winterung – Sommerung. Im dreijährigen Wechsel folgten auf die selbstbegrünten und beweideten Brachen Wintergetreide (Roggen, Dinkel oder Saatweizen), dann Sommergetreide (Gerste oder Hafer). Die Brache erscheint hierbei als Relikt des vormaligen Landwechsels. „Brache“ ist hier von Brechen abgeleitet, weil der Boden mehrmals umgebrochen wurde. Im Frühjahr bis zum Frühsommer diente sie als gemeinschaftliche Viehweide. Danach musste sie noch intensiver bearbeitet werden, um das Unkraut zu bekämpfen, Niederschläge zu speichern und gegebenenfalls Dung einzuarbeiten. Der Umbruch geschah ab Juni (nach St. Johannis, 24. Juni; daher auch die Bezeichnung „Brachmond“ für Juni). Das zweite Beackern fiel in den Frühherbst, um den Boden zur Aussaat des Wintergetreides vorzubereiten. Die Stoppel des Wintergetreides blieb meistens unbearbeitet und diente dem Vieh als Stoppelweide. Erst im darauffolgenden Frühjahr wurde zum Sommergetreide gepflügt. Deren Stoppeln blieben abermals unbearbeitet und bildeten als Stoppelweide den Übergang zur Brache.

Die Dreifelderwirtschaft war das „Jahrtausendgesetz“ des Ackerbaus vom 8. bis zum 18. Jahrhundert. Mit ihrer Beschränkung auf den Getreidebau und den Flurzwang der Bauern regelte sie einerseits die ackerbauliche Bodennutzung mit einem klaren Regime. Andererseits war sie aber ein Hemmnis für die Weiterentwicklung der Landwirtschaft. Sie konnte keine ausreichende Futtergrundlage für die Viehhaltung bieten, und die Erträge des Getreidebaus waren gering (Tab. I-15).

 

Tab. I-15. Getreideerträge einer Mecklenburger Bauernhufe im 14./15. Jahrhundert (n. Abel 1962)
GetreideartenFläche(ha)Ertrag(dt ha–1)Saat(dt ha–1)Nettoertrag(dt ha–1)Nettoertrag derAnbaufläche (dt)
Roggen5,335,101,693,4118,18
Hafer2,673,101,052,055,47
Gerste2,664,101,402,707,18
Brache5,33
Summe15,9930,83
Der Nettoertrag von rd. 31 dt ergibt bezogen auf die Anbaufläche einen mittleren Netto-Getreideertrag von rd. 2 dt ha-1

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das starre System der alten Dreifelderwirtschaft allmählich überwunden. Anteil daran hatten Persönlichkeiten, die erkannten, dass ein Landbau nach anderen Prinzipien die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft verbessern würde. Einer von ihnen war Johann Christian Schubart Edler von Kleefeld (1734 bis 1787). Er entwickelte seit 1750 auf seinem Gut in Würchwitz bei Zeitz (heute Sachsen-Anhalt) den Anbau von Rotklee als Futterpflanze auf dem Acker, führte die Sommerstallhaltung der Rinder ein und machte dadurch die Unkrautweide auf der Brache überflüssig. Die bessere Versorgung des Viehs führte zu höheren Leistungen und vermehrtem Dunganfall, der wiederum dem Getreidebau zugute kam. Damit hatte die „Besömmerung der Brache“ begonnen, die den Übergang zur Verbesserten Dreifelderwirtschaft markiert. Etwa zeitgleich mit dem Rotklee gelangte auch die schon 200 Jahre zuvor aus Südamerika nach Europa gebrachte und zunächst nur in botanischen Gärten kultivierte Kartoffel in den Feldbau. Der Preußenkönig Friedrich II. (1712–1786) hat mit dem Kartoffeledikt von Potsdam (24. März 1756) die Bauern dazu gezwungen, Kartoffeln anzubauen und somit maßgeblich dazu beigetragen, dass diese Hackfrucht Eingang in den Ackerbau fand. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts trat die Beta-Rübe als weitere Brachfrucht auf den Plan. Der Chemiker Andreas Sigismund Markgraf (1709–1782) hatte bereits im Jahre 1747 die chemische Identität des Rübenzuckers mit dem Rohrzucker aus Übersee nachgewiesen. Seinem Schüler Franz Carl Achard (1753–1821) blieb es vorbehalten, den Anbau und die Züchtung der Rübe sowie die fabrikmäßige Gewinnung des Rübenzuckers zu entwickeln.

Der Begründer des wissenschaftlichen Landbaus, Albrecht Daniel Thaer, setzte sich in seinem Hauptwerk „Grundsätze der rationellen Landwirtschaft“ ebenfalls für dieses neue System ein. In einem ausgedehnten Ackerfutterbau sah er eine Möglichkeit, durch die Rückstände der Futterpflanzen und mittelbar über den Stalldung mehr Humus als Quelle der „Bodenkraft“ in den Boden zu bringen. Die Besömmerung der Brache führte zu ganzflächiger Bodennutzung, bewirkte die systemimmanente Erhaltung und Mehrung der Bodenfruchtbarkeit und ermöglichte allgemein steigende Bodenleistungen. Diese Entwicklung ist ein herausragender Vorgang in der Geschichte des Ackerbaus und steht am Beginn seiner schrittweisen Intensivierung. Auf dem Weg dahin wurden die starren Systeme überwunden und variable Fruchtwechselwirtschaften eingerichtet, die sich an den betrieblichen Erfordernissen orientierten.

Der heutige Ackerbau wird von sehr spezifischen Bodennutzungssystemen geprägt. Sie müssen an die vielfältigen natürlichen und ökonomischen Bedingungen angepasst sein und Erfordernisse des Umwelt- und Ressourcenschutzes ebenso berücksichtigen wie soziale Aspekte, z. B. das Schaffen von Einkommensmöglichkeiten im ländlichen Raum. Zunehmend beeinflusst werden die Bodennutzungssysteme durch die Erzeugung von Bioenergie. So führt etwa die starke Zunahme des Anbaus von Silomais als Gärsubstrat für Biogasanlagen zum teilweisen Rückgang der Diversität im Ackerbau. Andererseits wird mit verschiedenen Systemen des Ökologischen Landbaus die Bodennutzung mit größerer Fruchtartenvielfalt betrieben. Alle Wirtschaftsweisen müssen aber dem übergeordneten Ziel folgen, die Böden bei ihrer ackerbaulichen Nutzung nachhaltig zu schützen und für nachfolgende Generationen als Lebensgrundlage zu erhalten.

Fragen zu Kap. I-3 und I-3.1

 Was sind Bodennutzungssysteme im Ackerbau und wie sind sie strukturiert?

 Wie hat sich die ackerbauliche Bodennutzung historisch entwickelt?