In jeder Minute bist du da

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29. Januar 1930

Ich fühle mich einfach Stunde um Stunde getragen. Ich steuere meinen Teil zu einem Plan bei, der mich selbst weit übersteigt. Dieses Gefühl der Kooperation mit Gott in kleinen Dingen erstaunt mich ganz gewaltig, denn so habe ich das noch nie empfunden. Wenn ich etwas brauche und mich umdrehe, merke ich, dass es hinter mir schon auf mich wartet. Sicher, ich muss selbst arbeiten, aber Gott arbeitet mit mir zusammen. Dies zu wissen, schenkt ein Gefühl der Sicherheit und des festen Vertrauens auf die Zukunft, und auch das ist etwas ganz Neues in meinem Leben. Mir kommt vor, ich muss mich jetzt nur um etwas Einziges kümmern, und alles andere »erledigt sich von selbst«, oder wie ich lieber sage und was richtiger ist: Alles andere erledigt Gott. Mein Beitrag besteht darin, diese Stunde im ständigen inneren Gespräch mit Gott und in vollkommener Fügsamkeit gegenüber seinem Willen zu leben, damit diese Stunde wunderbar reich wird. Das scheint alles zu sein, woran ich denken muss.

1. März 1930

Das Gefühl, von einer unsichtbaren Hand geführt zu werden, die mich an der Hand hält, während eine zweite Hand vorausgreift und den Weg bereitet, kommt mir tagtäglich mehr. Ich brauche mich überhaupt nicht um gute Gelegenheiten zu bemühen. Sie rollen mir entgegen, wie Wellen auf den Strand zurollen, und dennoch ist genügend Zeit dafür, jede Gelegenheit zu nutzen.

Vielleicht sollte jemand, der seit 1914 ordinierter Geistlicher ist, sich schämen, wenn er bekennt, dass er noch nie zuvor stündlich, ja Minute um Minute derart die Freude vollkommener – wie soll ich es jetzt nennen? – Auslieferung? aber es ist mehr – empfunden hat. Ähnliches empfand ich schon früher. Es ist mehr als ein Horchen auf Gott. Das habe ich schon früher versucht. Ich kann den Ausdruck nicht finden, der für dich oder mich das bezeichnet, was ich jetzt erfahre. Es ist ein Willensakt. Ich zwinge meinen Geist, sich geradewegs für Gott zu öffnen. Ich warte und horche mit entschiedenem Feingefühl. Ich fixiere meine Aufmerksamkeit darauf. Zuweilen bedarf es früh morgens einer langen Zeit, um diesen mentalen Zustand zu erreichen. Ich beschließe, nicht aus dem Bett zu gehen, ehe nicht diese Geisteshaltung, diese Konzentration auf Gott, sich eingestellt hat. Das erfordert zudem Entschiedenheit, sie beizubehalten, denn ich habe das Gefühl, als übten die Worte und Gedanken anderer in meiner Umgebung ständig einen Zug nach rückwärts oder zur Seite hin aus. Aber in jüngster Zeit habe ich weithin diese Zielgerichtetheit nicht lange aus den Augen verloren und bin immer wieder schnell zu ihr zurückgekehrt. Nach einiger Zeit wird sie vielleicht zur Gewohnheit und das Gefühl des sich darum Bemühens nimmt ab.

Aber warum reite ich ständig auf dieser inneren Erfahrung herum? Weil ich davon überzeugt bin, dass auf diesem Weg mich und dich, der du das liest, unentdeckte Kontinente spirituellen Lebens erwarten, im Vergleich mit denen wir noch nichtsahnende Kinder sind.

Und ich muss bezeugen, dass die Menschen von außen her mich jetzt anders behandeln. Hindernisse, die ich früher als unüberwindlich betrachtet hätte, lösen sich wie Luftspiegelungen auf. Menschen, die mir gegenüber misstrauisch waren oder mich nicht beachteten, werden freundlich zu mir. Ich fühle, ja fühle mich wie jemand, der seine Violine nicht richtig auf das Orchester abgestimmt hatte und jetzt endlich in Harmonie mit der Musik des Universums ist.

Was mich angeht, habe ich noch nie richtig gelebt, ich war halb tot, ich war ein verrottender Baum, bis ich schließlich den Ort erreichte, an dem ich voll und ganz, mit äußerster Ehrlichkeit, beschloss und dann immer wieder beschloss, Gottes Willen finden zu wollen und auch diesen Willen erfüllen zu wollen, obwohl jede Faser in mir Nein sagte, und dass ich diese Schlacht in meinen Gedanken gewinnen wollte. Das war, als wäre ein tiefer artesischer Brunnen in meiner Seele angegraben worden und es quelle daraus eine ungeheure Kraft empor. Ich behaupte noch nicht, dass das auch nur einen einzigen Tag lang wirklich gelungen wäre, aber manche Tage kommen dem Erfolg nahe und jeder Tag ist von der prickelnden Freude einer großartigen Entdeckung erfüllt. Das ist etwas Ewiges. Das ist etwas Unbesiegbares. Du und ich, wir werden schon bald von unseren Körpern fortgeweht werden. Geld, Lob, Armut, Widerstand – das alles macht nichts aus, denn alles das wird in tausend Jahren vergessen sein, aber dieser Geist, der jemanden überkommt, wenn er sich auf ständige Auslieferung einstellt, dieser Geist ist zeitloses Leben.

9. März 1930

Zum ersten Mal in meinem Leben weiß ich, was ich hier weitab im einsamen Lanao tun muss. Ich weiß, warum Gott diese schmerzliche Leere gelassen hat, um sie mit sich Selbst zu füllen. Fernab hier auf diesem Berg muss ich drei Dinge tun:

1. Ich muss diese Entdeckungsreise der Suche nach Gottes Willen fortsetzen. Ich muss das tun, weil die Welt es nötig hat, dass ich das tue.

2. Ich muss mich in gewaltige Experimente mit dem Fürbittgebet stürzen, um meine Hypothese zu testen, dass Gott meine Hilfe braucht, um seinen Willen für andere zu erfüllen, und dass mein Gebet seine Kraft freisetzt. Ich muss sein Kanal sein, denn die Welt braucht mich.

3. Ich muss diese Moros mit einer göttlichen Liebe konfrontieren, die ihnen Christus zuspricht, obwohl ich nie seinen Namen gebrauche. Sie müssen Gott in mir sehen und ich muss Gott in ihnen sehen. Ich brauche nicht den Namen ihrer Religion zu ändern, sondern muss sie nur an der Hand nehmen und sagen: »Kommt, lasst uns nach Gott Ausschau halten.«

Als wir vor einigen Tagen auf die Priester stießen, beteten sie in einem Boot zusammen mit fünfunddreißig Moros, von denen mir viele zuriefen, ich solle mich ihnen anschließen. So streckte ich meine Hände aus und betete mit ihnen und genauso ernst wie sie alle. Einer von ihnen sagte: »Er ist Islam« und ich entgegnete: »Ein Freund des Islam.«

Mein Lehrer, Dato Pambaya, sagte mir diese Woche, ein guter Muslim sollte das heilige Wort für Gott jedes Mal aussprechen, wenn er irgendetwas beginnt, sei es das Schlafen, Gehen oder Arbeiten oder sogar wenn er sich umdrehen will. Ein guter Muslim fülle sein Leben mit Gott aus. Ich fürchte, es gibt nur wenige gute Muslime.

Aber so würde auch ein echt christusförmiger Christ mit Gott sprechen, sooft er sich anschickt, irgendetwas zu tun – und ich fürchte, es gibt nur wenige gute Christen.

Welches Recht habe also ich oder jeder andere Mensch, hierher zu kommen und den Namen dieser Menschen von Muslimen in Christen zu ändern, solange ich sie nicht zu einem stärker von Gott erfüllten Leben führe, als sie es jetzt haben? Ganz und gar klar ist mir: Meine Aufgabe hier besteht nicht darin, auf den Dorfplatz zu gehen und Proselyten zu machen, sondern ich soll ganz in Gott gehüllt leben, beben von seinen Gedanken, brennen mit seiner Leidenschaft. Und, mein Lieber, das ist das beste Geschenk, das du deiner eigenen Stadt geben kannst.

Ich blicke auf diese Seite und sie ist nicht rotglühend, wie meine Seele es jetzt ist. Auf ihr ist schwarze Tinte. Sie sollte mit rotem Band beschrieben sein. Du wirst nicht die Tränen sehen, die auf diese Schreibmaschine fallen, Tränen grenzenloser Freude, die losgebrochen ist.

Die wunderbarste Entdeckung, die mir je zuteil geworden ist, ist die, dass ich nicht irgendeine künftige Zeit abwarten muss, bis diese glorreiche Stunde anbricht. Ich brauche nicht zu singen: »Oh, that will be glory for me«, »O, das wird Herrlichkeit für mich sein« – und erst noch aufs Grab warten. Schon diese jetzige Stunde kann der Himmel sein. Jede Stunde kann für jeden so reich wie Gott sein! Denn siehst du nicht, dass Gott mit den Menschenleben Experimente anzustellen versucht? Darum gibt es von ihnen so viele. Er hat in diesem Augenblick eine Milliarde siebenhundert Millionen Experimente in der Welt laufen. Und seine Frage ist: »Wie weit werden dieser Mann und diese Frau es mir gestatten, diese Stunde zu tragen?« An diesem Sonntagnachmittag um drei Uhr fragte er das uns alle. Ich weiß nicht, was ihr alle anderen gesagt habt, aber ich jedenfalls stellte die Frage: »Gott, wie wunderbar möchtest du diese Stunde allein mit dir haben?«

»Sie kann so wunderbar sein wie jede andere Stunde, die irgendein Menschenwesen jemals erlebt hat. Denn ich, der ich das Leben durch die Protozoen und das winzige Gras hindurch vorangetrieben habe, und durch die Fische und die Vögel und den Hund und den Gorilla und den Menschen, und der ich auf göttliche Söhne und Töchter aus bin, ich bin damit immer noch nicht zufrieden. Ich bin nicht nur willens, diese Stunde wunderbar werden zu lassen. Ich bin daran, dich mit dem Christus-Etwas zu entflammen, das keinen Namen hat. Wie weit kannst du dich voll und ganz ausliefern und keine Angst haben?«

Und ich gab zur Antwort: »Erfülle meinen Geist bis in die letzte Ritze mit deinem Geist. Fang mich in deinen Armen auf und lass diese Stunde so schrecklich glorreich werden, wie sie je ein Mensch erlebt hat, falls das dein Wille ist.

Und Gott, ich kann schwerlich sehen, wie jemand leben könnte, falls sein Herz mehr empfinge als das, was das meinige in diesen letzten zwei Stunden von dir empfangen hat.«

Werden sie andauern? Ach, das ist die Frage, die ich nicht zu stellen brauche. Ich werde ganz einfach nur diese Stunde ausleben, bis sie voll ist, und dann in die nächste Stunde treten. Weder das Morgen zählt, noch das Gestern. Jedes Jetzt ist eine Ewigkeit, wenn es von Gott voll ist.

Aber wie »praktisch« ist das für den durchschnittlichen Menschen? Mir scheint jetzt, dass jener Pflüger wie Calixto Sanidad sein könnte, der ein einsamer und misshandelter Pflügerjunge war, »mit meinen Augen in der Furche und meinen Händen am Pflug, aber meinen Gedanken auf Gott ausgerichtet«. Der Zimmermann könnte genauso Gottes voll sein, wie es Christus war, als er Nägel einschlug. Die Millionen Menschen an Webstühlen und Drehbänken könnten ihre Stunden glorreich werden lassen. Irgendeine Stunde irgendeines Nachtwächters könnte zur glorreichsten Stunde werden, die jemand je auf der Erde erlebt hat. Gott ist noch nicht durch. Er ist erst am Durchbrechen, und ich denke, in der Regel muss er bei den Armen weniger Gleichgültigkeit überwinden als bei den Reichen.

 

Andererseits verfügt der reiche Mensch über die wunderbare Möglichkeit, ein Opfer darzubringen, das ihm fast das Herz aus der Brust reißt. Wenn er den Ort sucht, an dem sein Reichtum am dringendsten gebraucht wird, und dann alles, was er hat, in diese Sache wirft, und dann sich selbst mitsamt seinem Geld in diese Sache wirft, wie Jesus den reichen jungen Mann anwies, wird sein Geld in diesem Augenblick in die goldenen Fäden des Himmels verwandelt werden. Vielleicht gibt es auch einen anderen Weg, aber in meinen Augen stehen reiche Menschen nur vor einer nackten Wand, durch die es einzig die Tür gibt, durch die ich gegangen bin, und der Schritt da hindurch ist ein Opfer, das schmerzt und schmerzt und – hinter Golgatha kommt Gott!

Der Himmel draußen strahlt hell vom goldenen Sonnenuntergang. Für mich ist das Gott, der am Himmel wirkt, so wie er diesen Nachmittag so wunderbar in mir gewirkt hat.

15. März 1930

Sollte man diesen Briefen einen Namen geben müssen, so denke ich, er müsste lauten: »Die Geschichte einer Neubekehrung«, denn etwas dieser Art ist immer noch im Gang. Diese Woche hat sich aus meiner Einsamkeit eine neue und für mich wunderbare Erfahrung ergeben. Ich war derart verzweifelt einsam, dass es unerträglich war, es sei denn, ich sprach mit Gott. Und so habe ich in jedem wachen Moment der Woche nach ihm Ausschau gehalten, mit Ausnahme vielleicht von ein oder zwei Stunden.

Letzten Donnerstagabend hörte ich in Lumbatan einem Grammophon zu und gestattete meinem Herzen das innere Kommunizieren, als etwas in mir zerbrach und ich nicht nur die Sehnsucht empfand, meinen eigenen Willen emporzurecken und ihn vollständig Gott zu schenken, sondern auch alle Willen in der Welt emporzuheben und sie alle in einer äußersten Auslieferung seinem Willen anzubieten. Diese große Sehnsucht zu verspüren, wie ich sie mit meinem ganzen Wesen empfand; sich dringend zu wünschen, seine Schulter unter allen Hunger und alle Not der Welt zu schieben und das alles zu Gott zu tragen – ist das nicht die höchste Sehnsucht, die man jemals verspüren kann? Vermutlich nicht, aber sie ist bislang der höchste Gipfel meiner spirituellen Erfahrung.

Gott, sei du der Gedanke in meinem Gehirn und sei du der Gedanke in jedem Gehirn auf der Welt, so dass kein Gedanke außer den Gedanken Gottes in jeglichem menschlichen Geist geboren wird. Das wird der Himmel sein!

Wie unendlich reicher ist doch dieses direkte, aus erster Hand an Gott selbst Rühren als die alte Methode, die ich jahrelang anwandte und empfahl, nämlich das Lesen endloser Andachtsbücher. Jetzt kommt es mir fast so vor, dass man selbst die Bibel nicht als Ersatz dafür lesen kann, dass man Gott von Seele zu Seele und Angesicht zu Angesicht begegnet. Und dennoch: Wie konnte ich diese neue Form der Nähe erreichen? Ach, jetzt weiß ich, dass ich dazu das Innerste meines Herzens anschneiden lassen und Leiden auf mich nehmen musste. Diese Woche sagte mir jemand, niemand könne mit einer Violine die letzten Tiefen der menschlichen Sehnsucht zum Ausdruck bringen, wenn nicht seine Seele zuvor von irgendeiner großen Not ganz zart gemacht worden sei. Ich sage nicht, das sei der einzige Weg zum Herzen Gottes, aber ich muss bezeugen, dass dies für mich ein inneres Heiligtum aufgetan hat, in das ich zuvor noch niemals eingetreten war.

23. März 1930

Du und du und du und ich erfahren tatsächlich zuweilen den zarten, frischen Kontakt mit Gott, und zuweilen führen wir auch seinen Willen aus. Eine Frage, die jetzt zur Prüfung ansteht, lautet: Können wir die ganze Zeit mit Gott in Kontakt sein? Unsere ganze wache Zeit hindurch, in seinen Armen einschlafen und in seiner Gegenwart aufwachen? Können wir so weit kommen? Können wir allezeit seinen Willen tun? Können wir allezeit seine Gedanken denken?

Oder gibt es Zeiten, in denen Geschäft und Vergnügen oder der Andrang von Gefährten notwendigerweise Gott aus unserem Denken wegschieben müssen? »Das ist doch ganz offensichtlich so. Wenn jemand allezeit nur an Gott denkt, bekommt er ja nichts anderes mehr auf die Reihe.« So dachte auch ich bis jetzt, aber ich ändere meine Ansicht. Wir können durchaus zwei Dinge gleichzeitig im Kopf behalten. Ja sogar nur ein einziges Ding können wir nicht länger als eine halbe Sekunde lang im Kopf behalten. Unser Geist ist etwas Fließendes. Er flimmert. Konzentration ist lediglich das ständige Zurückkehren zu ein und demselben Problem von einer Million verschiedener Gesichtswinkel her. Wir denken nicht nur an Eines. Wir denken immer die Beziehung von zumindest zwei Dingen, und öfter von drei oder mehr Dingen gleichzeitig. Folglich ist mein Problem dieses: Kann ich Gott alle paar Sekunden in meinen Geistesfluss zurückholen, so dass Gott immer in meinem Geist als Nachbild sein kann und immer eines der Elemente in jedem Begriff und jeder Wahrnehmung bleiben kann?

Ich entscheide mich, den Rest meines Lebens zum Experiment zu machen, um diese Frage beantworten zu können.

Jemand könnte sagen, diese Introspektion und dieses Bemühen zum Erlangen des Gottes-Bewusstseins sei abnormal und gefährlich. Aber ich will diese Risiken eingehen, denn jemand muss das in unserer Zeit tun, in der das psychologische Experimentieren für unsere spirituellen Fragestellungen einen frischen Ansatz geliefert hat. Sofern unsere religiösen Prämissen überhaupt stimmen, ist dieses Einssein mit Gott der allernormalste Zustand, in dem man sein kann. Er ist das, was Christus zu Christus gemacht hat. Und er ist auch das, was der heilige Augustinus mit seinem Spruch meinte: »Für dich hast du uns geschaffen, und unsere Seelen sind ruhelose, bis sie Ruhe finden in dir.«

Ich lade niemand anderen ein, mir auf diesem mühsamen Pfad zu folgen. Aber ich wünschte mir, viele täten es. Wir müssen so vieles wissen, was ein einzelner Mensch gar nicht beantworten kann. Zum Beispiel:

»Kann ein schwer arbeitender Mensch den Zustand dieser ständigen Auslieferung an Gott erlangen? Kann ein an einer Maschine arbeitender Mensch den ganzen Tag für alle Menschen beten, den ganzen Tag mit Gott sprechen, und zugleich seine Aufgabe effizient erfüllen?«

»Kann ein Händler seine Geschäfte tätigen, kann eine Buchhalterin ihre Bücher führen und dabei unablässig Gott hingegeben bleiben?«

»Kann eine Mutter Geschirr spülen, sich um ihre Kleinkinder kümmern und dabei unaufhörlich mit Gott im Gespräch sein?«

»Kann ein Politiker in einem Zustand ständigen Kontakts mit Gott bleiben, ohne dabei die Anhängerschaft seiner vielen Wähler zu verlieren?«

»Kann man kleinen Kindern beibringen, den ganzen Tag lang innerlich mit Gott zu sprechen und auf ihn zu hören, und wie wirkt sich das auf sie aus?«

Kurz: Ist das ein Ziel, von dem man sich vorstellen kann, dass das gesamte Menschengeschlecht es sich wünschen würde, es zu erreichen? Meinen wir wirklich, was wir sagen, wenn wir ständig wiederholen: »Das höchste Ziel des Menschen ist es, Gott zu finden und seinen Willen zu tun«, und das die ganze Zeit?

Wenn du wie ich bist, war das für dich an diesem Nachmittag eine ziemlich schwere Kost. Sie könnte sogar entmutigend wirken. Daher will ich hier noch etwas Einfacheres und leichter zur Erreichendes schreiben:

»Jede Stunde jedes Tages lässt sich vielleicht dadurch vollkommen leben, dass man einfach eine Wahl trifft. Es reicht vollkommen, wenn man diese ganze Stunde lang auf Gott blickt, diese ganze Stunde hindurch auf seine Führung wartet und sich alle Mühe gibt, auch die kleinste Verrichtung genau so zu tätigen, wie Gott sich wünscht, dass sie getätigt werde, und das so vollkommen wie möglich. Emotionen sind dazu nicht notwendig. Schon allein der Umstand, dass man Gottes Willen tut, macht die betreffende Stunde ganz und gar zu einer vollkommenen Stunde. Und ich glaube, die Ergebnisse dieser einen vollkommenen Stunde werden als Echo durch die ganze Ewigkeit hallen.«

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