Tagebuch eines Hilflosen

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06.04.2017

Seit sich Donald Trump ungeniert im Glanz seines Präsidenten-Ichs sonnt, verzeichnen die großen Zeitungen in den USA steigende Abonnentenzahlen. Besonders die linksliberalen Blätter wie die New York Times profitieren davon, dass sich die demokratisch geprägten urbanen Eliten den Frust von der Seele lesen wollen. Die lokalen Blätter gehen dagegen vor die Hunde. Der Ausverkauf ist ein Musterbeispiel für Wirklichkeitsabsorption. Erst verschwindet die Zeitung vor Ort, dann verschwindet der Ort selbst aus der Öffentlichkeit. In den USA mussten seit dem Jahr 2004 mehr als anderthalbtausend Zeitungen schließen. Statt Licht wird dicht gemacht.

Trump kann das egal sein. Das Lokale hat ihn noch nie interessiert. Er liest ohnehin nur die großen Zeitungen. Jeden Tag, immer die gleichen vier Blätter: New York Times, Washington Post, Wall Street Journal, New York Post. Alles in Print. Trump liest keine Zeitungen online. Er liest am liebsten überhaupt nichts im Netz. Seine nicht enden wollenden Twitter-Nachrichten mögen ihn wie einen Digital-Junkie aussehen lassen, tatsächlich aber ist Trump ein Mann der analogen Welt. Er reagiert mit Twitter, nicht auf Twitter. Seine Informationsbasis ist und bleibt die fassbare Welt und die findet er – abgesehen von Fox News – in gedruckten Zeitungen und Magazinen. Deshalb bringen ihm seine Mitarbeiter auch jeden Tag nicht nur vier große Blätter, sondern auch eine Mappe voll ausgedruckter Online-Artikel. Und dazu noch ein paar Texte, die sie aus anderen Drucksachen herausfrisiert haben. (Die Mappe, so heißt es, ist neben Fox News Trumps zentrale Informationsquelle, und jeder Minister, Berater und Behördenchef versucht, Artikel, die ihn in einem guten Licht dastehen lassen, darin zu platzieren. Aber das ist nicht so einfach getan wie gesagt: Wer mit seinen Werbetextchen zum Präsidenten durchdringen, d. h. in die Mappe rein will, muss vorher an der Auslesemaschine namens Stabschef vorbei. Und je nach Wertigkeit des eigenen Rangs auch noch an einer Handvoll anderer Leute, die ihre Wachposten im Staff’s Secretary Office des Weißen Hauses bezogen haben und sich als Kettenhunde des Präsidenten verstehen.) Wer es aber schafft, zu Trump durchzudringen, hat gute Chancen, dass er erhört wird. Angesichts der New York Times und der Washington Post dringen allerdings auch jene zu ihm durch, deren Ansichten er ganz und gar nicht zu teilen vermag, weshalb es bereits erste Berichte von Journalisten gibt, die von Trump ihre eigenen Artikel zu- oder besser wohl: zurückgeschickt bekamen, inklusive einiger markiger Worte, mit denen Trump die entsprechenden Stellen signiert hatte. Signaturen gibt’s allerdings auch für jene Artikel, die bei Trump auf besondere Gegenliebe stoßen, was dazu führt, dass der ein oder andere Minister, Berater oder Behördenchef auch mal Post von Trump kriegt, und zwar ganz physisch in Form ausgeschnittener Artikel oder kompletter Zeitungen, in denen der jeweilige Minister, Berater oder Behördenchef – stellvertretend für die Trump-Administration und damit letztendlich: stellvertretend für Trump – gelobt worden ist. Sogar ausgedruckte Tweets sollen von Trump schon mithilfe der Poststelle des Weißen Hauses verschickt worden sein, zumindest wenn man den Berichten einiger Journalisten glauben darf, die sie in den Büros der jeweiligen Adressaten entdeckt haben, was allerdings auch nicht allzu schwer war, denn die Tweets hingen eingerahmt an der Wand! Was freilich auch daran lag, dass Trump sie nicht nur ausgedruckt, sondern auch signiert hatte. Eingerahmt haben den Tweet natürlich jeweils die Empfänger, denn für sie gibt der Rahmen dem Tweet erst die Würde. Unbewusst oder sagen wir besser: rückwärts gewandt (und zwar in jeglicher Hinsicht) bestätigt sich damit aber noch etwas anderes, nämlich Trumps analoges Verständnis von Welt, dessen Grundpfeiler Übersicht, Klarheit, Festigkeit und Abgrenzung sind. Es ist die Welt, wie sie früher mal war, und sei es auch nur im Kopf eines alten Mannes, der heute als Präsident im Weißen Haus sitzt. In einem ausgedruckten, signierten und eingerahmtem Tweet kommt Trumps Welt zu sich – und Trump selbst zu den Menschen.

07.04.2017

Eine der geläufigsten Charakterisierungen Trumps lautet: Der Mann ist böse. Ich würde das zwar so nicht unterschreiben, aber falls diese Charakterisierung trotzdem stimmt (und sie stimmt im Grunde ja immer nur für den Charakterisierenden und die, die ihm zustimmen, und nicht für den Charakterisierten selbst), also, wenn Trump tatsächlich »böse« ist, dann bekommt der Spruch von der »Banalität des Bösen« noch mal eine ganz neue Bedeutung, dann banalisiert sich das Banale aufs schlichtweg Blöde hinab, und das scheint mir keine sinnvolle Verwendung der Kategorie des Banalen zu sein. Wobei mich die Rede von der »Banalität des Bösen« in Wahrheit viel mehr interessiert als die Deutung Trumps als »böse«, »teuflisch« oder »monströs«, oder was immer sonst noch so durch den Raum des Pseudopsychologischen geistert. Denn die Tatsache, dass die – im Übrigen von Karl Jaspers bereits 1946 in einem Brief an Hannah Arendt vorgeprägte und von Arendt 1963 durch den Untertitel ihres Buches Eichmann in Jerusalem populär gemachte – Rede von der »Banalität des Bösen« wirkmächtig werden konnte und auch nach Jahrzehnten noch wirkmächtig ist, zeigt doch nur, dass wir es noch immer nicht geschafft haben, uns vom Monströsen zu lösen oder – anders gesagt – dass das Monster, das wir in einem Menschen wie Donald Trump sehen, noch immer in uns schlummert und aus der Dunkelheit des Schädelinneren heraus unsere äußere Wahrnehmung bestimmt.

08.04.2017

Heute mal nur ein kleiner Nachtrag zu gestern, denn die Sache mit der »Banalität des Bösen« ist mir nicht aus dem Kopf gegangen. Deshalb hier noch mal ein wenig genauer – und im Glauben, dass der Rückblick einen Ausblick eröffnet. Also: Jaspers schreibt in seinem Brief an Arendt im Oktober 1946, dass ihm »das Reden vom Dämonischen in Hitler und dergleichen« nicht ganz geheuer sei, denn: »Mir scheint, man muß, weil es wirklich so war, die Dinge in ihrer ganzen Banalität nehmen, in ihrer ganzen nüchternen Nichtigkeit – Bakterien können völkervernichtende Seuchen machen und bleiben doch nur Bakterien. Ich sehe jeden Ansatz von Mythos und Legende mit Schrecken.«*

Auch wenn ich Trump weder mit Hitler noch mit irgendwelchen Bakterien gleichsetzen oder auch nur damit vergleichen will, so scheint mir, dass Jaspers Aussage genau jene dünne Linie skizziert, auf der jedes noch so dicke Buch über Trumps Präsidentschaft entlang wandern muss.

09.04.2017

»Nordkorea, wir kommen. Unsere Kriegsschiffe öffnen das Land wie unsere Matrosen in den Häfen die Schenkel der Frauen. Wir sind geübt in diesen Dingen, denn wir haben das schon einmal getan. Damals, 1853, in Japan, als unsere Kanonenboote ihre Mörser nach Osten hin drehten und das Land vom Isolationismus befreiten. Jetzt kommen wir wieder. Wir sind der Stoßtrupp der Freiheit, wir sind der Türöffner zu unserer Welt.«

(Kleine Kollektivfantasie der Mitglieder des Historical Advisory Committee im amerikanischen Außenministerium, spontan verfasst unter dem Eindruck nordkoreanischer Raketen, die schreiend übers Meer in Richtung Amerika ziehen und aufgrund fehlender Reichweite in den Fluten des Pazifik versinken.)

10.04.2017

»Man muss den Worten auch Daten folgen lassen.« Das könnte ein zeitgemäßes Motto für Journalisten sein. Und das hätte auch seinen guten Sinn, denn wenn Trumps Protz- und Prahl-Präsidentschaft etwas Gutes hat, dann ist es die Tatsache, dass immer mehr Berichterstatter die Kraft ihrer Worte mit der Eingängigkeit interaktiver Karten und der Tiefenschärfe riesiger Zahlenmeere verbinden. Der Datenjournalismus der linksliberalen Medien feiert Hochzeit in der Scheidung mit Trump. Der unzeitgemäße Selbstdarsteller im Amt hat die zeitgemäße Form der Informationsdarstellung befeuert.

11.04.2017

Hiobsbotschaft für Konservative. Der republikanische Gouverneur von Alabama ist wegen einer Sex-Affäre zurückgetreten. Ist er ein Sünder? Ach was, er ist ein Sieger! Bei dem seit 1776 laufenden Wettkampf um die meisten Sex-Affären amerikanischer Bundespolitiker liegen die Republikaner dadurch jetzt mit 39:25 in Führung. Ich habe das – der »List of federal political sex scandals in the United States« bei Wikipedia sei Dank – eigenhändig ausgezählt. Und es passt auch sonst. In Hiob 39,25 steht schließlich geschrieben: »Sooft die Trompete klingt, ruft es: Hui!«

12.04.2017

Donald Trumps Sohn Eric behauptet, die Bombardierung eines syrischen Militärflughafens durch die Amerikaner zeige, dass es keine Verbindungen zwischen seinem Vater und Russland gebe.

Als wenn das dröhnende Gegeneinander beim öffentlichen Material- und Menschenschlachten nicht seit jeher die Basis für das stille Miteinander der großen Geschäftemacher wäre.

13.04.2017

Auf die Politisierung der Öffentlichkeit reagiert Trump mit der Privatisierung der Politik.

14.04.2017

Oh, all ihr Hobos und Eisenbahn-Tramps, eure Freiheit liegt in den letzten Zügen. Das ländliche Amerika wird entkoppelt und der Bahnen beraubt, auf denen ihr zieht. Meile um Meile verrostet zur Sesshaftigkeit. Wer hätte das gedacht? Die Kunst der Bewegung und des Sich-Treibenlassens endet im zusammengestrichenen Budgetplan des amerikanischen Verkehrsministeriums, in einer Handvoll Büros, in denen die einzigen Reisebeschreibungen die Dienstanweisungen von Sesselfurzern sind.

 

15.04.2017

Würde ich in den USA leben, ich könnte dieses Tagebuch nicht schreiben. Je größer die Distanz zu den Dingen, Ereignissen und Menschen, über die ich berichte, umso besser. Die Unmöglichkeit des Erlebens ist die Bedingung der Möglichkeit meines Schreibens. Mein Zugang ist einer des Fernbleibens.

16.04.2017

Was Donnie nicht gelungen ist, hat Bini geschafft: Sie hat das zerrissene Amerika geeint. Alles, was Bini Adamczak dafür tun musste, war, ein Buch zu veröffentlichen. 100 Seiten haben gereicht, um die entzweiten zu vereinigten Staaten zu machen, denn nichts eint mehr als ein gemeinsamer Feind. Ein Blick in die Zeitschriften, Blog-Beiträge und Online-Foren zwischen Seattle und Miami macht’s deutlich: Seit Tagen stehen Millionen Amerikaner Seite an Seite, bereit, vom Text- ins Schlachtfeld zu ziehen, um den Kampf aufzunehmen mit dem, was sie bedroht: Eine deutsche Autorin und ihr Buch mit dem Titel Communism for Kids.

17.04.2017

Wenn ich gestern schon mal beim Kommunismus war, kann ich heute gleich weitermachen damit. Die Sache ist nämlich die: Marx wollte die permanente Revolution, Trump dagegen will die permanente re-election. Sein Kampagnen-Team hat schon 13 Millionen Dollar gesammelt, damit er 2021 wiedergewählt wird. Eine halbe Million Dollar Spendengelder ging allerdings mehr oder weniger direkt an Trump, da die Kampagneros in seinen Immobilien Büros angemietet haben und dafür kräftig zahlen. Aber auch der Secret Service und seine Agenten sollen, wenn schon nicht bluten, so doch zumindest blechen. Zum Beispiel für die Golfcarts, die sie auf Trumps Platz in Mar-a-Lago mieten müssen, um den Präsidenten beim Ballspielen zu beschützen. Allein mit dem Verleihen der Golfcarts hat Trump bisher über 35.000 Dollar verdient. Und sie rollen weiter. Wochenende für Wochenende. In Permanenz. Und das müssen sie auch, denn statt Revolution und Reduktion zählen für Trump nur re-election und Rendite. Oder, um es mit Trumps eigenen Worten zu sagen, die er im Jahr 2000 in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Forbes zum Besten gab: »Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ich der erste Präsidentschaftskandidat sein könnte, der sich um das Amt bewirbt und damit auch noch Geld verdient.«

18.04.2017

In den USA hat Innenminister Ryan Zinke verkündet, dass die Mitarbeiter seines Ministeriums demnächst testweise ihre Hunde mit ins Büro bringen dürfen, um die interne Zusammenarbeit zu verbessern und die Arbeitsmoral zu erhöhen. Ein Mehr an Mitarbeit und Moral wird auch dringend nötig sein, denn Präsident Trump plant, das Budget des Innenministeriums um 12 % zu senken. Mit anderen Worten: Der Innenminister ist auf den Hund gekommen, weil sein Ministerium auf den Hund gekommen ist.

19.04.2017

In der Psychogeografie Trumps führen alle Wege direkt auf ihn zu. Er ist seine eigene To-Donald-Liste.

20.04.2017

An der mexikanisch-amerikanischen Grenze wurden im März knapp 17.000 Menschen festgenommen. Im Dezember waren es noch 60.000 gewesen. Bei Eltern mit Kindern sank die Zahl von 16.000 auf 1.100 ab. Ein 17-Jahres-Tief. In seinen Ausläufern, südlich der großen Schicksalslinie, warten unterdessen noch immer zahllose Menschen auf ihre Chance, unbemerkt ins gelobte Land reinzukommen, derweil andere umkehren und zurück ins Hinterland irgendeines Hinterlandes gehen, das nicht nur keine Erfüllung, sondern auch keinen Glauben mehr kennt.

21.04.2017

Melania hüllt sich in Hervé Pierre und Christian Louboutin.

Ich hülle mich darüber nicht länger in Schweigen,

denn in meines Tagebuches Akten

zählen nur die nackten

Fakten.

22.04.2017

World Earth Day. Überall wird heute gegen die wachsende Umweltzerstörung protestiert. Auch in den USA, dem Land, das den Weißkopfseeadler in seinem Wappen trägt. Das Tier war in den 1960er-Jahren fast ausgestorben und wurde 1973 mithilfe des Gesetzes zum Schutz bedrohter Arten gerettet. Jetzt aber ist das Gesetz selbst bedroht. Ein paar republikanische Weißköpfe im Kongress wollen ihm die Flügel stutzen und eine Reihe von Tierarten von der Liste streichen. Zu viele Tiere, zu viel Schutz, zu viel Regulierung, sagen sie. Der Weißkopfseeadler ist allerdings nicht unter den Streichkandidaten, denn den hat die Bush-Administration bereits 2007 von der Liste genommen, da sich die Bestände erholt hatten und ein spezielles Gesetz aus dem Jahre 1940 das Tier weiterhin schützt. Von den meisten anderen Arten, die jetzt ihren Schutzstatus verlieren sollen, kann man das dagegen nicht behaupten. Aber die sind auch keine Nationalsymbole. Wobei das mit der Symbolik so eine Sache ist. Benjamin Franklin jedenfalls erklärte 1784 in einem Brief an seine Tochter Sarah: »Was mich betrifft, so wünschte ich, man hätte den Weißkopfseeadler nicht zum Repräsentanten unseres Landes gemacht; er ist ein Vogel von schlechtem moralischen Charakter. Er verdient seinen Lebensunterhalt nicht auf ehrliche Weise.«* Mit Blick auf Trump passt das immerhin wieder.

23.04.2017

Liebes Klima, du hast dich verändert. Melania wird immer kälter zu mir. Ich friere Tag und Nacht. Von wegen steigende Temperaturen. Es herrscht Eiszeit! Selbst mein Twitter-Vögelchen ist schon ganz blau. (Aus Donald Trump, Tagebuch, unveröffentlicht.)

24.04.2017

Es ist schwer zu sagen, ob ein Land, das pro Jahr 611 Milliarden Dollar fürs Militär ausgibt, ein besonders reiches oder ein besonders armes Land ist. Vielleicht ist es einfach beides. Und noch ein Drittes dazu: ein schizoides, schisszoides, schießzoides Land.

25.04.2017

Die Wahl Donald Trumps hat gezeigt, wie groß die Differenz zwischen politischer und kultureller Macht in einer westlichen Demokratie ist. Aber diese Erkenntnis hat auch etwas Gutes, um nicht zu sagen etwas Befreiendes. Sie macht nämlich (hoffentlich!) Schluss mit dem elenden Glauben, dass Schriftsteller, Musiker, Theaterschaffende, Künstler oder sonstige »Kulturintellektuelle« politisch etwas zu sagen hätten. Das haben sie nämlich nicht. Aber das soll mir nur recht sein. Zumal die ganze Angelegenheit auch ihren Witz hat. Denn, dass die Selbstüberschätzung der kulturellen Eliten von einem Mann beendet wurde, der sich mehr als jeder andere selbst überschätzt und mit Kunst und Kultur nichts, aber auch gar nichts am Hut hat, zeigt, dass die Ironie der Geschichte unter dem gegenwärtigen Getrumpel am besten gedeiht.

26.04.2017

Es gibt keine Entwicklung in diesem Tagebuch. Es ist eine Coming-of-Page-Geschichte, die jeden Tag aufs Neue beginnt.

27.04.2017

USA vs. Nordkorea, Trump gegen Kim Jong-un, Frisur 1 gegen Frisur 2. Der Tag der Entscheidelung naht. Dem Seitenscheidel sind alle Mittel recht, und der Mittelscheidel erklärt, sich von seiner schlimmsten Seite zu zeigen. Wer verliert, wird frisiert. Der andere nimmt den Hairway to Heaven.

28.04.2017

Die deutschen Reformatoren heißen Luther und Melanchthon, die amerikanischen Mnuchin und Cohn. Ihre Kirche ist die Finanzindustrie, ihr Katechismus das Steuergesetz. Für die Präsentation ihrer Thesen aber brauchten sie heute nur ein einziges Blatt. Ihre einfältige Trinitätslehre definiert sich als: »Wachstum, Jobs und Profite«, und das Heil findet sich nicht oben im Himmel, sondern unten, in den niedrigen Abgaben. Firmen sollen in Zukunft jedenfalls statt 35 % nur noch 15 % Unternehmenssteuer bezahlen und können ihre Gewinne aus Auslandsgeschäften gleich mit verrechnen. Wenn alles so kommt wie geplant, würden Trump und andere Milliardäre massiv entlastet werden. Aber das hat seinen Sinn. Die Sachs’schen Goldmänner wissen, wem sie ihre Karriere verdanken. Ihr Wittenberg heißt Washington, ihr Glaube buchstabiert sich als Gier.

29.04.2017

Alle berichten über meine 100 ersten Tage und wie chaotisch, verrückt und aufregend sie waren. Aber niemand schreibt über meine 100 letzten Nächte, und dass ich sie in trauriger Einsamkeit verbracht habe. Überall nur noch Fake, nirgends mehr Fuck News. Ungerecht!

(Aus: Donald Trump, Tagebuch, unveröffentlicht)

30.04.2017

In den USA hat die Umweltschutzbehörde EPA ihre eigenen Analysen zum Klimawandel aus dem Netz genommen. Sie werden, so heißt es, überarbeitet. Draußen, vor dem klassizistischen Riesengebäude der EPA, fernab der gut gekühlten Räume, in denen die frisch geleerten Server stehen, überarbeitet der Klimawandel unterdessen die Realität. Für Washington D. C. werden morgen 28 Grad erwartet, und auch danach wird’s nicht kühler. Die monatliche Durchschnittstemperatur für den April liegt schon jetzt bei knapp 18 Grad. Das ist ein Grad über dem bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 1994. Und außerhalb der Hauptstadt sieht’s nicht anders aus. Die ganze Ostküste schwitzt. Überall purzeln die Rekorde in die Höhe.

01.05.2017

Die US-Demokraten setzen auf die Macht von Graswurzelbewegungen beim Widerstand gegen Trump und bei der Erneuerung der eigenen Partei. Unterdessen steigen die Verkaufszahlen für Rasenmäher im ganzen Land stark an, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Laut der Studie Power Lawn & Garden Equipment Market in the U.S. der Freedonia Group wird die Zahl der Rasenmäher bis 2021 »signifikant wachsen«.

02.05.2017

Trump will heute mit Putin am Telefon sprechen. Wie ist das möglich? Gelten Telefonate zwischen zwei Egomanen nicht eigentlich als Selbstgespräche?