Die NATO

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2.2 Verträge und Erweiterungen
2.2.1 Gründungsmitglieder: Brüsseler Vertrag 1948 und Nordatlantikpakt 1949
Von Jalta und Berlin nach Brüssel

Brüsseler VertragNach demJalta Ende des Zweiten WeltkriegZweiter Weltkriegs wurde den westlichen Siegermächten und den Verantwortlichen der von ihnen befreiten Staaten schnell klar, dass die gemeinsamen Absprachen über die europäische Nachkriegsordnung und Kooperation in den neuen Vereinten Nationen, die in JaltaJalta zwischen der UdSSR, den USA und dem Vereinigten Königreich ausgehandelt wurden, keinen Bestand haben würden. Die Sowjetunion verfolgte angesichts eines schwachen Westeuropas eine Expansions- und Annexionsstrategie und mischte sich in die internen Prozesse anderer Staaten, z. B. Bulgariens, Polens, Rumäniens oder der Tschechoslowakei, offensiv oder subversiv ein (Harbutt 2010; Schöllgen 2013a, 250ff.; von Gersdorff 2009, 74f.). Durch das Verlassen des Alliierten KontrollratAlliierter Kontrollrats Anfang 1948 bildete sich ein westlich-liberalLiberalismuses und ein östlich-kommunistischKommunismuses Lager (ibid., 92ff.). Dass die politische IdeologiIdeologiee als fundamentaler Unterschied zwischen den beiden Lagern angesehen wurde, wurde am besten durch das Long TelegramLong Telegram illustriert, die Fundamentalkritik des politischen und gesellschaftlichen Systems der Sowjetunion durch den amerikanischen Diplomaten George F. KennanKennan, George F. (1946). In seinem langen, analytischen Telegramm an den damaligen amerikanischen Außenminister identifizierte KennanKennan, George F. den sowjetischen Expansionismus als Hauptgefahr für die freie, westlich geprägte Welt.1 So nahm die Politik des ContainmentContainment, der militärischen, ökonomischen und politisch-ideologiIdeologieschen Eingrenzung der Sowjetunion, ihren Lauf. Die Blöcke des Kalten Krieges begannen, sich zu konstituieren (Combs 2012, 210ff.; Czempiel und Witzel 1998; Welch Larson 1985). Die Teilung Europas wurde durch die Gründung der westgebundenen Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949 und der Deutschen Demokratischen Republik als Satellitenstaat der Sowjetunion am 7. Oktober 1949 besiegelt.

In Anbetracht der wahrgenommenen Gefahr von Osten, verdeutlicht durch den Staatsstreich der Kommunistischen Partei in der Tschechoslowakei im Februar 1948, wurde am 17. März 1948 von Belgien, Frankreich, Irland, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich der Brüsseler VertragBrüsseler Vertrag unterzeichnet, der die Westunion begründete (Kaplan 1984, 63f.). Das Abkommen sah sowohl Aspekte der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellKulturen Kooperation als auch der kollektiven Selbstverteidigung vor, wobei letztere in Anbetracht der politischen Ereignisse zunehmend im Zentrum der Verhandlungen standen (Grosser 1986, 95ff.; Georgantzis 1998, 27ff.; von Gersdorff 2009, 94ff.). Dazu bestimmt Art. 4 unter Verweis auf Art. 5Bündnisfall1 der UN-Charta (Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung, United Nations 2013), dass ein angegriffener Unterzeichnerstaat „alle militärische und andere Hilfe und Unterstützung“ (NATO o. J.-a) der anderen Staaten erhalten soll.2 Somit ist die Formulierung bereits nah an die späteren Ausführungen des NordatlantikvertragNordatlantikvertrags angelehnt, implizierte jedoch im Gegensatz zu letzterem einen Automatismus (Georgantzis 1998, 29; Raflik 2011, 212). Der Wille zur Schaffung eines langfristigen Bündnisses spiegelte sich in der 50-jährigen Vertragslaufzeit wider (Art. 9, s. auch Grosser 1986). Im September 1948 richteten die Brüsseler VertragBrüsseler Vertragsstaaten ein eigenes Hauptquartier in Fontainebleau bei Paris, einen Ministerrat und einen Rat der militärischen Stabschefs ein, die als Vorbild für die NATO-Strukturen dienten (Georgantzis 1998, 29; Ismay 1955, Kap. 1; Kaplan 1984, 102).

Im Verlauf der kommenden Monate hatte sich die politische Lage in Europa so verschlechtert, dass immer deutlicher wurde, dass eine gemeinsame kollektive Verteidigungkollektive Verteidigungslösung mit den USA erarbeitet werden musste, um sich gegen sowjetische Einmischung, Expansion und MachtMachtgebaren (s. Exkurs Berlin-KriseBerlin-Krisen Kap. 3) zu wehren (Grosser 1986, 96; Schöllgen 2013b, 24ff.). Diese Aktionen machten klar, dass der UdSSR nicht an einer gemeinsamen Neuorganisation von Europa gelegen war. Vielen Verantwortlichen, allen voran US-Präsident TrumanTruman, Harry S., war daher bewusst, dass der vom Krieg zerstörte Kontinent weiterhin starke Partner nötig hatte, um sich gegenüber der Sowjetunion zu behaupten (Combs 2012, 210ff.; Kaplan 1984, 65ff.).3 Durch das Europäische WiederaufbauWiederaufbauprogramm – den Marshall-PlanMarshall-Plan – unterstützten die USA seit April 1948 zwar schon massiv die westeuropäischen Wirtschaften, aber es setzte sich die Einsicht durch, dass dies nicht reichen würde, um den FriedenFrieden zu sichern. Letztlich ging es den US-Amerikaner*innen auch darum, dass die europäischen Staaten in Anbetracht der Nähe zu Russland und seiner militärischen Präsenz in Westeuropa nicht ein kommunistischKommunismuses rapprochement eingehen würden. So wurde die TrumanTruman, Harry S.-Doktrin geborenTruman-Doktrin, die allen demokratischen Staaten Unterstützung gegen innere und äußere Feinde zusicherte (Combs 2012, 210ff.; Kaplan 1984, 49ff.; von Gersdorff 2009; Schöllgen 2013b, 24). Der republikanische US-Senator Arthur H. VandenbergVandenberg, Arthur H. und der kanadische Außen- und spätere Premierminister Louis Saint LaurentSaint Laurent, Louis brachten schließlich erfolgreich ResolutionUN-Sicherheitsratsresolution (UNSCR)en in ihren Parlamenten ein, die den Startschuss zu Verhandlungen für eine Sicherheits- und Verteidigungsallianz markierten. Die USA traten aus militärischen Gründen außerdem dafür ein, dass die Allianz nicht nur die Brüsseler VertragBrüsseler Vertragsstaaten und sich selbst umfassen sollte, sondern auch Kanada sowie die weiteren NATO-Gründungsmitglieder, um territoriale und somit auch im Angriffsfall logistische Kontinuität herzustellen. Frankreich wollte durch die Einbeziehung Italiens die Südflanke der Allianz bedacht wissen. Es dauerte daher eine Weile, bis man sich auf den genauen Zuschnitt des Bündnisses geeinigt hatte (Kaplan 1984, 42, 70ff.; Ismay 1955, Kap. 1; von Gersdorff 2009).

Der Nordatlantikvertrag von 1949: Die Gründung der NATO

UnterNordatlantikrat (NAC) dem Eindruck einer immer noch andauernden Berlin-BlockadeBerlin-Krise (bis 12. Mai 1949) und sowjetischer Gegendiplomatie (Kaplan 1984, 96) wurden die Verhandlungen für einen transatlantischen Pakt fortgesetzt. Die NATO wurde schließlich am 4. April 1949 in Washington D.C. mit der Unterzeichnung des NordatlantikvertragNordatlantikvertrags – auch Washingtoner Vertrag genannt – durch Belgien, Dänemark, Frankreich, IslandIsland, Italien, LuxemburgLuxemburg, Kanada, die Niederlande, Norwegen, Portugal, das Vereinigte Königreich und die USA gegründet. In der Präambel verpflichten sich die Unterzeichner sowohl auf die Prinzipien der UN, darunter das Ziel der friedlichFriedenen Konfliktbeilegung, als auch auf die „Grundsätze[n] der Demokratie, der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts“ (NATO 1949a).1 Damit wird gleich zu Beginn deutlich, dass das Wertefundament der Atlantischen Allianz und der Unterzeichnerstaaten demokratisch-liberalLiberalismus geprägt ist. Ohne jemals die UdSSR direkt zu erwähnen positioniert sich der NordatlantikvertragNordatlantikvertrag klar gegen das gesellschaftliche und politische System des kommunistischKommunismusen Feindes im Osten, ganz im Sinne von KennanKennan, George F.s Long TelegramLong Telegram. Die Staaten bekennen sich des Weiteren zu einer friedlichFriedenen Konfliktbeilegung (Art. 1) sowie zur Intensivierung ihrer wirtschaftlichen Zusammenarbeit (Art. 2, s. von Gersdorff 2009, 396ff., 407ff.). Der Vertrag spricht ebenfalls gegenseitige Kooperation und Unterstützung beim Aufbau von Verteidigungskapazitäten (Art. 3) als notwendige Bedingung einer gemeinsamen Verteidigung an.

Als Kern des Vertrags gilt Art. 5Bündnisfall. Dieser führt unmissverständlich aus, dass

„Die Parteien vereinbaren, daß ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird; sie vereinbaren daher, daß im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten. […]“ (NATO 1949a, Artikel 5)

Dieser Artikel beinhaltet zwei deutliche Formulierungen: zum einen die Formel, dass ein Angriff auf ein Mitglied als ein Angriff auf alle Mitglieder zu zählen ist und zum anderen die Verpflichtung zum militärischen Beistand. Gleichwie ist dies nicht als Beistandsautomatismus misszuverstehen (Grosser 1986, 96f.; von Gersdorff 2009, 436ff.). Der Antrag auf Ausrufung des BündnisfallBündnisfalls bedarf des einstimmigen Votums der Mitglieder. Seine Akzeptanz präjudiziert nicht die automatische Entsendung von Truppen (Georgantzis 1998, 31; Raflik 2011, 210). Er impliziert jedoch indirekt genau das (Kaplan 1984, 26). Staaten entscheiden in Übereinstimmung mit ihren verfassungsgemäßen Bestimmungen über die konkrete Art der Reaktion und Form der Hilfe (ibid., 84ff., 113ff.). Lord IsmayLord Ismay (1955, Kap. 2) weist zudem darauf hin, dass schon in den Verhandlungen klar war, dass Alliierte unterschiedliche (militärische, wirtschaftliche, logistische) Beiträge zur „gegenseitigen Unterstützung“ (Art. 3) leisten würden, je nach ihren eigenen ökonomischen FähigkeitenKapazitäten (militärische) und geografischen Gegebenheiten. Art. 9 führt weiter aus, dass Entscheidungen eines Rats bedürfen, der später den Namen NordatlantikratNordatlantikrat (NAC) (NACNordatlantikrat (NAC)) erhielt und seit 1952 wöchentlich tagt – i.d.R. auf Botschafter/ Permanente Repräsentanten-Niveau sowie zweimal jährlich mit Außenministern, dreimal mit Verteidigungsministern und bei Bedarf (i.d.R. einmal jährlich als Gipfeltreffen) mit den Staats- und Regierungschefs (NATO 2017g).2 Obgleich kürzer als beim Brüsseler VertragBrüsseler Vertrag (s. Kaplan 1984, 118f.), legt Art. 13 eine mindestens zwanzigjährige Vertragsdauer fest.

 

Mit der Unterzeichnung des NordatlantikvertragNordatlantikvertrags konstituierte sich somit vier Jahre nach dem Ende des Zweiten WeltkriegZweiter Weltkriegs eine neue europäische Sicherheitsordnung. Im westlichen Block waren die demokratisch-liberalLiberalismusen Staaten vereinigt, während die Länder des Ostblocks vor allem kommunistischKommunismus geprägt waren, der Sowjetunion angehörten oder ihre abhängigen Satellitenstaaten waren. Diese Blockbildung sollte bis zur Zeitenwende 1989-1991 eine der bestimmenden Größen der Weltpolitik sein und auch Konflikte in anderen Teilen der Welt durch den ideologiIdeologieschen Gegensatz der beiden Blöcke und ihren Kampf um eine jeweilige Vormachtstellung beeinflussen.

Bald nach der Unterzeichnung wurde den Vertragsstaaten jedoch bewusst, dass zur Erreichung des Vertragszwecks ein vertraglich vorgesehener gemeinsamer Rat und Verteidigungsausschuss nicht ausreichen würden und weitere Integrationsschritte gegangen werden mussten. Das Jahr 1950 stand somit am Beginn des Aufbaus gemeinsamer Planungs-, Trainings- und KommandostrukturMilitärstrukturen der Allianz, die vorsahen, dass die Staaten ihre Truppen unter das Kommando international bestimmter Militärs stellten. Lord IsmayLord Ismay erklärt, dass „diese Allianzprinzipien niemals in der Geschichte zu FriedenFriedenszeiten auf so eine Stufe gebracht wurden“ (Ismay 1955, 14). Mindestens genauso zentral war aber die Organisation der Militärhilfe und die Erstellung von Plänen zum Aufbau der nationalen Armeen (Kaplan 1984, Kap. 7; von Gersdorff 2009, 229ff.).

Bereits seit Ende 1949 liefen amerikanische Waffenlieferungen für europäische Vertragsstaaten, um die Verteidigungsfähigkeit der Alliierten zu erhöhen. Auf seinem ersten Zusammentreffen am 17. September 1949 beschloss der NACNordatlantikrat (NAC) zudem die Einrichtung eines Verteidigungskomitees, eines Militärkomitees, regionaler Verteidigungsplanungsgruppen und einer Standing Group der Vertreter der Stabschefs von Frankreich, Großbritannien und der USA, die permanent in Washington angesiedelt war. Die Gründung weiterer technischer Komitees folgte, die in London angesiedelt wurden. Diese Schritte führten zum ersten Strategischen Konzept von 1949 (s. Kap. 3.2) und Aktivitäten zur Bestandsaufnahme von VerteidigungsausgabenVerteidigungsbudget (national) sowie Ressourcenmanagement. Da dieser dezentrale Prozess sehr schleppend lief, beschlossen die Alliierten bald, ein permanentes ziviles Hauptquartier einzurichten, in dem die Aktivitäten durch politische Vertreter besser koordiniert werden sollten (Kaplan 1984, 139ff.). Dies geschah mit einem Gefühl der Dringlichkeit, da die russischen Kräfte östlich der Elbe weit stärker und einheitlicher organisiert waren, als die der Alliierten, bei denen nicht einmal eine Verteidigungslinie an der deutsch-deutschen Grenze bestand (ibid., 142f.; ähnlich Ismay 1955, Kap. 3).

Der Ausbruch des KoreakriegKoreakriegs am 25. Juni 1950 hatte zwei Effekte auf die NATO: Zum einen zeigte er durch die Intervention der USA und anderer Alliierter zugunsten Südkoreas, dass liberalLiberalismuse Staaten füreinander einstehen konnten. Die Vertrauenssache Artikel 5 erhielt somit indirekt Substanz. Zum anderen bestätigte der Angriff Nordkoreas die Gefahr, die von einem nicht-eingegrenzten KommunismusKommunismus ausging. Ein Dominoeffekt wurde gefürchtet, der Pläne zum Aufbau der gemeinsamen Verteidigung beschleunigte (Kaplan 1984, 145ff., 150ff.; Schöllgen 2013b, 35f.). Der NACNordatlantikrat (NAC) beschloss daher, dass eine integrierte KommandostrukturMilitärstruktur unter einem gemeinsamen Truppenkommandeur geschaffen werden sollte, um einer möglichen sowjetischen Aggression besser begegnen zu können.

Abbildung 1:

NATO-Strukturen 1950 (Quelle: Pedlow (1997), eigene Darstellung)

Als erster gemeinsamer Kommandeur – den Supreme Allied Commander Europe, oder SACEURSACEUR – wurde der hoch-dekorierte US-Armeegeneral und Oberbefehlshaber der Befreiung Europas, Dwight D. EisenhowerEisenhower, Dwight D. bestimmt, der den Respekt aller Alliierten genoss3 und am 2. April 1951 sein Amt antrat. EisenhowerEisenhower, Dwight D. erhielt daraufhin den Oberbefehl über alliierte Einheiten in Europa, z. B. auch der drei französischen Divisionen in Deutschland (Ismay 1955, Kap. 4), und baute in der Folge das neue militärische NATO-Hauptquartier zuerst in Paris und dann in Versailles auf, das Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE).

Mit der Etablierung von SHAPE nahm die InstitutionalisInstitutionalismus (Neoliberaler)ierung der NATO als Militärallianz ihren Lauf. Sie wurde über die Jahre mit einer Intensität durchgeführt, die in der modernen Militärgeschichte ihres Gleichen sucht. Kapitel 2.3 wird sich hiermit genauer befassen, während wir uns jetzt zunächst der weiteren Mitgliederentwicklung der NATO widmen.

2.2.2 Beitritte in den 1950ern: Griechenland, Türkei, Deutschland und die Pariser Verträge 1954/55: Kampf dem Kommunismus

DiePariser Verträge bereits währendKommunismus der Gründung der NATO geführten Diskussionen zum Umfang der Mitgliedschaft (s. von Gersdorff 2009, 326ff.) wurden auch nach der Aufnahme der täglichen Arbeit durch das Bündnis weitergeführt. Verhandlungen ab 1951 führten zum Beitritt Griechenlands und der Türkei am 18. Februar 1952, um so die antikommunistischKommunismuse Zone in Europa auszuweiten. Die USA hatten den beiden Ländern bereits in den 1940er Jahren wirtschaftliche und militärische Unterstützung zukommen lassen, um sie an den Westen zu binden, sodass der NATO-Beitritt eine logische Konsequenz war, um die Südflanke der Allianz militärisch und politisch abzusichern (CSIA European Security Working Group 1978; McGhee 1990). Verschiedene bilaterale Abkommen der USA mit Alliierten sorgten zudem für eine erhöhte und konsolidierte Truppenpräsenz der US-Amerikaner*innen. 1952 waren so bereits 400.000 US-amerikanische Soldat*innen in Europa stationiert und auch Kanada entsandte Truppen (Ismay 1955, Kap. 5).

Um die Koordination in den NATO-Strukturen weiter zu verbessern, wurden die verschiedenen Komitees unter der Ägide des NordatlantikratNordatlantikrat (NAC)s neu organisiert, sodass seit Mai 1951 der Rat auch die Verteidigungs- und Finanzminister sowie bei Bedarf weitere Vertreter einschloss. Die Permanenten Stellvertreter/ Botschafter wurden das Rückgrat der zivilen Organisationsstruktur (Ismay 1955, 41). Ein wichtiger Beschluss war, die zivilen Komitees der NATO alle in Paris zusammenzubringen und unter die Führung eines GeneralsekretGeneralsekretär/ -sekretariatärs zu stellen, der die Geschicke der Allianz leiten sollte. So stellt der spätere erste GeneralsekretGeneralsekretär/ -sekretariatär Ismay dann auch fest, dass der bis dahin größte Erfolg der NATO zu der Zeit nicht militärischer Natur war, sondern darin lag, die „NATO-Methode“ zu entwickeln, „eine Technik, nach der die Repräsentanten der zwölf (später vierzehn) souveränen Regierungen einstimmige Einigkeit erreichten, ohne formal abzustimmen“ (Ismay 1955, 48).1 Bereits auf dem ersten Pariser NordatlantikratNordatlantikrat (NAC) am 28. April 1952 wurde ein neuer Oberbefehlshaber bestimmt, da EisenhowerEisenhower, Dwight D. sich für eine US-Präsidentschaftskandidatur interessierte, und die Regel eingeführt, dass dies stets ein US-amerikanischer General sein sollte. Man entschied sich auch für eine Doppelstruktur aus formellen und informellen Zusammenkünften des nun permanenten Rats, um verschiedene Arten vertraulicher Kommunikation und der Entscheidungsvorbereitung zu etablieren bzw. um sich über Fragen allgemeiner Natur auszutauschen. Später sollte Informalität eine wichtige Rolle bei der Lösung komplexer Probleme der Allianz spielen, z. B. im International StaffInternational Staff (IS, NATO) (Mayer und Theiler 2014).

Problematisch war in den 1950er Jahren vor allem die Einbeziehung Deutschlands in die Verteidigungsplanungen. Die Gründung einer Europäischen VerteidigungsgemeinschaftEuropäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) (EVGEuropäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG)) mit neuen, vollintegrierten deutschen Kräften scheiterte am Widerstand Frankreichs. Als Alternativlösung wurde Deutschland am 6. Mai 1955 in die NATO aufgenommen, nachdem Großbritannien und die USA weitere Sicherheitsgarantien für Europa abgegeben hatten. So konnte Deutschland an der Verteidigung Westeuropas, die auf seinem Territorium erfolgen musste, beteiligt werden, aber verblieb gleichzeitig unter Kontrolle (s. ausführlich Kap. 3.3). In den folgenden Jahren baute die NATO sowohl die Anzahl verfügbarer Streitkräfte als auch die militärische Infrastruktur (Kommunikation, Luftwaffenbasen, Pipelines), die für die gemeinsame Verteidigung benötigt wurde, stark aus (Kaplan 1984, 170ff.).

Durch den Beitritt der BRD zur NATO und WEUWesteuropäische Union (WEU) wurde das Grundproblem der Verteidigung Westeuropas mit/ohne Deutschland gelöst und die BRD fest im Westen verankert, was der politischen Mehrheitsmeinung entsprach. Gleichzeitig wurde so die Teilung Deutschlands und Europas zementiert (Kaplan 1984, 173). Die Unterzeichnung der Pariser VerträgePariser Verträge und der Beitritt der BRD zur NATO waren auch der Anlass, dass im Osten am 14. Mai 1955 der Warschauer PaktWarschauer Pakt zwischen der Sowjetunion und Albanien, Bulgarien, der Tschechoslowakei, Ungarn, Polen und Rumänien gegründet wurde (Schöllgen 2013b, 56f.). Der Verteidigungspakt schuf ein vereintes Oberkommando aller Streitkräfte unter sowjetischer Führung. Die BreschnewBreschnew-Doktrin-Doktrin, benannt nach dem damaligen GeneralsekretGeneralsekretär/ -sekretariatär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, sah für die Ostblockstaaten nur noch eine beschränkte Souveränität vor (Dembinski 2013).

Abbildung 2:

NATO-Strukturen nach April 1952 (Quelle: Pedlow (1997), eigene Darstellung)