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Der Medizinmann

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„Wasser,“ murmelte der Indianer, sich der englischen Sprache bedienend, „Schnellfuß verdurstet.“

„Armer Kerl, wenn ich nur welches entdecken könnte“, sagte der Jäger mitleidig, „oder wenn ich nur wenigstens Deine schnellen Füße hätte. Nicht einmal ein grüner Grashalm wächst hier, mit dem ich Deinen Gaumen erfrischen kann.“

Lauschend blieb er stehen und schritt dann, einen Fluch auf gut deutsch in den Bart murmelnd, schnell weiter.

Ein dumpfes Geräusch von sprudelndem Wasser war in sein scharfes Ohr gedrungen, aber das hatte er schon oft vernommen, und wenn er hinkam, fand er keins. Das Wasser mußte unterirdisch fließen, und doch trieb ihn die Hoffnung immer wieder an.

Da, als er aus einer schmalen Spalte in eine breitere kam, stieß er einen lauten Jubelruf aus. Zu seinen Füßen zogen sich zwei Eisenbahnschienen hin.

„Hurrah, die Eisenbahn! Jetzt, Schnellfuß, nimm Dich zusammen, daß Du noch nicht in die ewigen Jagdgefilde hinüberwanderst. Und wenn ich die ganze Pacificbahn abrennen muß, ich bringe Dich doch auf eine Station. Aber die Pacificbahn ist das nicht, die ist zweispurig. Habe früher immer geglaubt, die Eisenbahn sei nur dazu da, den Menschen das Leben zu verbittern, und jetzt – – – ja, wohin aber nun, links oder rechts?“

Da war guter Rat teuer. Links sah es trostlos aus und rechts ebenso. Befahren wurde die Strecke, die Schienen waren blank, sogar auffallend blank.

Der Trapper hob ein Steinchen auf und warf es über den Kopf hinter sich. Es fiel nach links.

„Nach links also? Nein, nun gehe ich gerade rechts, nur kein Aberglaube,“ und damit eilte er mit Riesenschritten nach rechts.

Er war erst zehn Minuten so gegangen, als ihm ein Zug entgegenkam, wenigstens sah er einen Wagen auf sich zukommen, die Lokomotive mußte schieben.

Sicherlich hatte der Trapper lange keine Eisenbahn mehr gesehen, sonst wäre ihm die Kleinheit des Waggons aufgefallen. Er war nicht größer als ein Schubkarren, aber auf hohen Rädern ruhend.

Schnell ließ der Jäger den Indianer zu Boden gleiten, sprang zwischen die Schienen, riß den verwetterten Filz vom Kopfe und schwenkte ihn durch die Luft.

„Hallo, he, halt, stopp!“ schrie er, mußte aber noch schneller beiseite springen und sich an die Felswand drücken, sonst hätte der Zug ihn überfahren.

„Caracho di lognietti! Himmelkreuzschockschwerebrett! Ja – wa – was ist denn das?“ stotterte er. „Da fährt wohl der Teufel spazieren?“

Es war nur ein einziger Wagen, der vorbeisauste, auch noch bergan, und keine Lokomotive schob ihn, keine Maschinerie war zu sehen, kein Rauch, dagegen sprühten da, wo die Räder die Schienen berührten, lange, weiße Funken knisternd hervor.

„Unsinn, nur kein Aberglaube,“ brummte der Trapper, nahm den Indianer wieder auf die Arme und setzte seinen Weg mit verdoppelter Schnelligkeit fort.

Sein Zweifeln an jedem Aberglauben sollte auch bald belohnt werden. Zwar versperrte eine himmelhohe Felswand die Schlucht, aber da, wo die Schienen verschwanden, befand sich ein mächtiges eisernes Thor und in diesem wieder eine kleinere Thür.

„Mag ein Bergwerk sein, da werde ich auch erfahren, mit was die eigentlich ihre Karren bergauf fahren lassen,“ dachte der Trapper, legte den bewußtlosen Indianer abermals sanft nieder und stieß mit dem Gewehrkolben gegen das Thor.

Sofort ward die kleine Pforte geöffnet und der Trapper sah einen Mann vor sich stehen, von einem blendendweißen Licht umflossen, daß er die Augen schließen mußte.

„Wenn ihr Christen seid, erbarmt euch dieses sterbenden Indianers – o, verflucht, bei euch ist’s aber hell – er ist bald verschmachtet – brennt ihr denn immer soviel Licht?“

Der Pförtner sagte gar nichts, er legte hilfsbereit Hand an, sie trugen den Indianer hinein, die Thür schlug zu. Der Trapper hatte jetzt keine Zeit, sich umzusehen, obgleich ihm seine ganze Umgebung schon recht merkwürdig vorkam.

„So, hier hinein in Nummer acht, geht nur heraus, wenn die Thür aufspringt. Der Meister weiß schon alles, ehe ihr hinaufkommt.“

Damit war schon der Trapper durch eine Thür in ein Kästchen geschoben, auf dessen gepolsterter Bank der Indianer bereits lag.

„Zum Teufel, doch erst Wasser für .....“

Schwupp, flog ihm die Thüre vor der Nase zu, und der Trapper glaubte nicht anders, als er sei in eine Falle gelockt und gefangen worden. Ehe er sich aber besinnen konnte, fühlte er, wie sich der Boden unter seinen Füßen emporhob, und ehe er noch weiter das Kämmerchen, in dem eine Lampe intensives Licht verbreitete, mustern konnte, hielt der Fahrstuhl, dessen Namen er noch nicht einmal kannte, eine Thür sprang auf, da standen drei Männer und ein etwa vierzehnjähriger Knabe und auch schon ein Bett.

Ein riesenhafter Neger legte den Indianer darauf und zog den Trapper, dessen Verblüffung wuchs, ohne weitere Umstände heraus.

„Sie haben den Indianer gefunden?“ fragte ihn ein Herr mit langem, weißen Bart. „Er ist verschmachtet?“

„Ja, so ist es – das heißt, ganz tot wird er wohl noch nicht sein – zum Teufel, bin ich denn nur verhext? – Unsinn, nur kein Aberglaube – wo bin ich denn eigentlich hier?“

„Er lebt,“ ließ sich ein anderer Herr vernehmen, der sich mit dem Bewußtlosen beschäftigte, „in der Schulter steckt noch eine Kugel, zerschmettert wird nichts sein – ich muß sie herausschneiden – er scheint fast verschmachtet zu sein. Jupiter, faß an, in die Krankenstube.“

Der Schwarze fuhr das Rollbett hinaus, der Arzt ging mit.

„Der Indianer ist hier gut aufgehoben und unser Arzt versteht sich auf so etwas,“ sagte der alte Mann zu dem Trapper, „nun erzählen Sie, wie Sie ihn gefunden haben. Kennen Sie ihn denn?“

Der Trapper konnte nur immer mit maßlosem Erstaunen um sich blicken. Nichts war hier vorhanden, was sonst bekannt war, es seien denn die Zeichnungen und Bücher auf den Tischen, aber diese selbst waren keine richtigen Tische, mit sonderbaren Apparaten bedeckt, ebenso wie die Wände. Schnüre liefen durch das Zimmer oder hingen von der Decke herab, Schienen gingen am Boden entlang, überall strahlten Lampen das weißeste Licht aus.

Während der Trapper erzählte, mußte er sich denn auch immer durch Fragen unterbrechen.

„Ich bin ein freier Waldläufer, habe keine Heimat, wo ich mich hinlege, da ist mein Bett und jede Nacht schlafe ich wo anders. So bin ich durch ganz Amerika gewandert, von Nord nach Süd, von Ost noch West, von meiner Büchse lebend.“

„Heute morgen kam ich nun in diese Gegend. Vielleicht 20 englische Meilen von hier fand ich den Indianer liegen, neben ihm zwei andere tot. Es mußte ein Kampf stattgefunden haben. Der Indianer, Schnellfuß heißt er, blutete noch aus einer Schulterwunde, ich verband sie ihm. Die Toten gehörten zum Stamme der Crows, das sah ich aus ihrer Malerei, aber nicht, was Schnellfuß für ein Indianer war, denn seine Malerei ist verwischt.“

„Offenbar hat er schon am Marterpfahl gestanden, denn seine Leggins sind versengt, an den Füßen hat er auch Brandwunden. Man hat ihm den Schmuck aus der Skalplocke und aus den Ohren gerissen – – ja, zum Teufel, wo habt ihr denn hier Fenster zum Hinaussehen?“

„Wir brauchen keine Fenster,“ lächelte der Alte.

„Er ist geflohen, wurde verfolgt, hat seine Verfolger niedergemacht und blieb selbst verwundet liegen, kalkuliere ich. Die Spur zurückgehen konnte ich nicht, sonst wäre ich seinen Feinden in die Hände gelaufen, nahm ihn also auf und marschierte weiter – was ist denn das für ein Gebrause?“

„Der Wasserfall, der der Maschinerien treibt.“

„Dacht’ ich’s mir doch gleich. Wo ich einmal gewesen bin, finde ich mich immer wieder zurück, aber hier war ich noch nie gewesen. Ich kam in ein wildes Felsengebiet, kurz und gut, ich wußte nicht mehr, wo aus und ein. Der Indianer wimmerte nach Wasser und meine Flasche war bald leer und Wasser fand ich nicht.“

„Hat der Indianer nichts erzählt?“

„Nichts weiter, als daß Schnellfuß verdurste, also heißt er Schnellfuß. Sonst war er nicht zu sprechen, fiel immer aus einer Ohnmacht in die andere. Mit was brennt ihr denn hier die Lampen? Mit Öl oder mit Petroleum? Sind verdammt hell.“

„Das sind elektrische Lampen.“

„Aha, dacht’ ich’s mir doch gleich,“ meinte der Trapper bedächtig und rieb sich mit dem Zeigefinger die Nase, „hm, ich hatte als Kind auch eine Elektrisiermaschine – sie ging aber immer nicht – und – eine elektrische Klingel hatten wir auch – die ging aber noch viel weniger. Da war das wohl auch eine elektrische Karre, die mir auf den Schienen begegnete?“