Einsatzrecht kompakt - Definitionswissen für die Grundausbildung

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2. Platzverweis

Gesetzestext

§ 38 BPolG (Platzverweisung)

Die Bundespolizei kann zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten.

Lernvideo zum Platzverweis


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Denkbare Fallbeispiele

■ Eine lautstarke Gruppe junger Männer (ohne erkennbare Reiseabsichten) hält sich im Bereich des Haupteingangs zum Bahnhof auf. Hierbei werden Reisende angepöbelt und der Weg versperrt.

■ Am Flughafen kommt es durch einen NZG6 zu Räumungs- und Absperrmaßnahmen. Dabei will ein Reisender die Absperrung durchbrechen. Die Person wird aufgehalten und verwiesen.

Voraussetzung – Konkrete Gefahr i. S. d. § 14 II S. 1 BPolG (sog. 3-schichtige Polizeigefahr)

Konkrete Gefahr (Gefahr im Einzelfall)

Eine Gefahr ist ein ungewöhnlicher, regelwidriger Zustand, der den Eintritt eines Schadens für ein Rechtsgut in naher Zukunft wahrscheinlich macht.7

Öffentliche Sicherheit

Unter der öffentlichen Sicherheit versteht man den Schutz der Allgemeinheit oder des Einzelnen vor Schäden, die drohen:

■ dem Bestand und der Funktionsfähigkeit des Staates,

■ den Individual- und Universalrechtsgütern,

■ sowie dem Schutz der gesamten Rechtsordnung.

oder

Öffentliche Ordnung

Die öffentliche Ordnung umfasst alle ungeschriebenen Normen für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, die ein geordnetes Gemeinschaftsleben gewährleisten. Diese Wertvorstellungen sind wandelbar.

Im Aufgabenbereich der BPOL

Dies umfasst die präventive Aufgabenwahrnehmung nach den §§ 1–7 BPolG.8

Denkbarer Adressat des Platzverweises:

■ Verhaltensverantwortlicher gem. § 17 BPolG

■ Zustandsverantwortlicher gem. § 18 BPolG

■ Nichtverantwortliche gem. § 20 I BPolG (insbesondere bei Evakuierungen).

Raum für eigene Notizen:

3. Datenerhebungsgeneralklausel

Gesetzestext (Auszug)

§ 21 BPolG (Erhebung personenbezogener Daten)

(1) Die Bundespolizei kann, sofern in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, personenbezogene Daten erheben, soweit dies zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe erforderlich ist. […]

Denkbare Fallbeispiele

■ Den Streifenbeamten fällt im Bahnhof eine Person wegen ihres merkwürdigen Verhaltens auf. Es könnte sich um einen Taschendieb handeln. Die Beamten folgen der Person unauffällig, um zu beobachten, wohin die Person geht und was sie macht.

■ Auf einem Parkplatz im 30-km-Grenzgebiet wird durch die eingesetzte Streife ein Kfz beobachtet, welches in auffälliger Weise hin- und zurückfährt.

1. Voraussetzung – Erheben personenbezogener Daten9

Erheben umfasst das aktive Beschaffen von personenbezogenen Informationen über den Betroffenen, abhängig von Dauer und Intensität.

Personenbezogene Daten i. S. d. § 46 BDSG sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person.10

2. Voraussetzung – Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung

Die Erforderlichkeit der Erhebung der bestimmten personenbezogenen Daten ist dann gegeben, wenn die BPOL ihre Aufgabe (§§ 1–7 BPolG) ohne die entsprechende Datenerhebung nicht, nicht vollständig oder nicht in rechtmäßiger Weise erfüllen kann.

3. Voraussetzung – Subsidiarität

Es ist keine Maßnahme im BPolG vorhanden, welche das Erheben von personenbezogenen Daten genauer regelt.11

Denkbarer Adressat der Datenerhebungsgeneralklausel:

■ Adressat kann „jedermann“ sein, bei dem die für die Aufgabenerfüllung personenbezogenen Daten erhoben werden → sog. Normadressat gem. § 20 II BPolG.

Raum für eigene Notizen:

4. Befragung

Gesetzestext (Auszug)

§ 22 BPolG (Befragung und Auskunftspflicht)

(1) Die Bundespolizei kann eine Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person sachdienliche Angaben für die Erfüllung einer bestimmten der Bundespolizei obliegenden Aufgabe machen kann. Zum Zwecke der Befragung kann die Person angehalten werden. Auf Verlangen hat die Person mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung auszuhändigen. […]

Denkbare Fallbeispiele

■ Der im 30-km-Grenzgebiet tätige Landwirt wird befragt, da er möglicherweise durch seine Tätigkeit verdächtige Personengruppen und/oder Fahrzeuge gesehen haben könnte, die im Zusammenhang mit Schleusungen bzw. unerlaubten Einreisen stehen.

■ Befragung von Fluggästen, wer den herrenlosen Koffer abgestellt hat.

Ein dazu passendes Lernvideo finden Sie auf der elopage.com/s/SogehtEinsatzrecht welche ebenfalls von PHK Lerm betrieben wird


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1. Voraussetzung – Tatsachen

Tatsachen sind gesicherte Erkenntnisse und begründen objektiv die Annahme, dass ein bestimmter Sachverhalt tatsächlich existiert oder mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.12

2. Voraussetzung – Sachdienliche Angaben

Sachdienliche Angaben sind jede die Aufgaben der BPOL unterstützenden oder fördernden Informationen, die einen zielgerichteten Einsatz ermöglichen oder erleichtern.

3. Voraussetzung – Aufgabenerfüllung

Dies umfasst die präventive Aufgabenwahrnehmung nach den §§ 1–7 BPolG.

Denkbarer Adressat der Befragung nach § 22 I BPolG:

■ Adressat kann „jedermann“ sein, bei dem aufgrund von Tatsachen anzunehmen ist, dass er sachdienliche Angaben für eine bestimmte der Bundespolizei obliegende Aufgabe machen kann → sog. Normadressat gem. § 20 II BPolG.

Raum für eigene Notizen:

5. Identitätsfeststellung

Gesetzestext (Auszug)

§ 23 BPolG (Befragung und Auskunftspflicht)

(1) Die Bundespolizei kann die Identität einer Person feststellen

1. zur Abwehr einer Gefahr,

2. zur polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs,

3. im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet oder zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 bis 4,

4. wenn die Person sich in einer Einrichtung der Bundespolizei (§ 1 Abs. 3), einer Anlage oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§ 3), einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens (§ 4), dem Amtssitz eines Verfassungsorgans oder eines Bundesministeriums (§ 5) oder an einer Grenzübergangsstelle (§ 61) oder in unmittelbarer Nähe hiervon aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gefährdet sind, und die Feststellung der Identität auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist, oder

5. zum Schutz privater Rechte.

[…]


Schematische Darstellung § 23 I BPolG

Grundlegendes zum Aufbau der Norm

Eine Rechtsnorm besteht grundsätzlich aus den Voraussetzungen (wenn…) und den Rechtsfolgen (dann…). Die Besonderheit bei der präventiven IDF ist, dass die Voraussetzungen im Absatz 1 und die Rechtsfolgen im Absatz 3 enthalten sind. Deshalb muss auf eine vollständige Zitierung geachtet werden, z. B. § 23 I Nr. 1 i. V. m. III BPolG.

 

5.1 IDF nach § 23 I Nr. 1 BPolG – zur Abwehr einer konkreten Gefahr

Denkbares Fallbeispiel

■ Eine sich merkwürdig verhaltende Person wird von der Streife beobachtet. Die Person mustert die anderen Bahnreisenden. Die eingesetzten Beamten gehen davon aus, dass es sich möglicherweise um einen Taschendieb handeln könnte und entschließen sich deshalb, die Anonymität der Person aufzuheben und eine IDF durchzuführen.

Lernvideo zu § 23 I Nr. 1 BPolG


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Voraussetzung – Konkrete Gefahr i. S. d. § 14 II S. 1 BPolG (sog. 3-schichtige Polizeigefahr)

Konkrete Gefahr (Gefahr im Einzelfall)

Eine Gefahr ist ein ungewöhnlicher, regelwidriger Zustand, der den Eintritt eines Schadens für ein Rechtsgut in naher Zukunft wahrscheinlich macht.13

Öffentliche Sicherheit

Unter der öffentlichen Sicherheit versteht man den Schutz der Allgemeinheit oder des Einzelnen vor Schäden, die drohen:

■ dem Bestand und der Funktionsfähigkeit des Staates,

■ den Individual- und Universalrechtsgütern,

■ sowie dem Schutz der gesamten Rechtsordnung.

oder

Öffentliche Ordnung

Die öffentliche Ordnung umfasst alle ungeschriebenen Normen für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, die ein geordnetes Gemeinschaftsleben gewährleisten. Diese Wertvorstellungen sind wandelbar.

Im Aufgabenbereich der BPOL

Dies umfasst die präventive Aufgabenwahrnehmung nach den §§ 1–7 BPolG.14

Denkbarer Adressat des § 23 I Nr. 1 BPolG:

■ Verhaltensverantwortlicher gem. § 17 BPolG

■ Zustandsverantwortlicher gem. § 18 BPolG.

5.2 IDF nach § 23 I Nr. 2 BPolG i. V. m. Art. 8 SGK – bei der Grenzübertrittskontrolle

Denkbare Fallbeispiele

■ Grenzpolizeiliche Einreisekontrolle des Fluges aus Peking am Flughafen Hamburg.

■ Aus Anlass der Fußball-Europameisterschaft im benachbarten EU-Ausland kommt es zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen.

Voraussetzung: Grenzüberschreitender Verkehr i. V. m. Art. 8 SGK

Die Grenzübertrittskontrolle wird als verdachtsunabhängige und systematische Personenkontrolle an den Grenzübergangsstellen durchgeführt. Sie richtet sich vorrangig nach den Bestimmungen des Schengener Grenzkodex (SGK) und ergänzend nach dem nationalen Recht, z. B. BPolG.

Die Grenzübertrittskontrolle erfolgt nach einem einheitlichen Kontrollstandard, Art. 8 SGK (Mindestkontrolle gem. Art. 8 II SGK; Eingehende Kontrolle gem. Art. 8 III SGK).

Merke: Die genaue Zitierung der Befugnis ist Art. 8 SGK i. V. m. § 23 I Nr. 2 BPolG.

Denkbarer Adressat des § 23 I Nr. 2 BPolG:

■ Adressat ist die Person, die die Grenze überschreiten will → sog. Normadressat gem. § 20 II BPolG.

5.3 IDF nach § 23 I Nr. 3 BPolG – im Grenzgebiet (30-km-Bereich)

Denkbares Fallbeispiel

■ Im Rahmen einer Kontrollstelle im 30-km-Grenzbereich wird ein verdächtiger Kleintransporter angehalten und die Insassen kontrolliert. Das Kennzeichen und die Marke des Kleintransporters wurden in letzter Zeit häufiger für Schleusungen genutzt.

1. Voraussetzung: Aufenthalt im 30-km-Bereich

Die zu kontrollierende Person befindet sich im 30-km-Bereich.

2. Voraussetzung: Verhinderung/Unterbindung unerlaubter Einreisen oder Verhütung von Straftaten i. S. d. § 12 I Nr. 1–4 BPolG

Unerlaubte Einreise

Ein Ausländer reist unerlaubt ein, wenn er einen erforderlichen Pass oder den erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt, mit einem erschlichenen Visum oder entgegen einer Wiedereinreisesperre ohne Betretenserlaubnis nach Deutschland einreist (s. auch § 14 AufenthG).

Verhindern

bedeutet eine unerlaubte Einreise von vornherein unmöglich zu machen.

Unterbinden

ist das Abbrechen eines bereits in Gang gesetzten Vorgangs.

oder

Verhütung von Straftaten i. S. d. § 12 I Nr. 1–4 BPolG

Die Verhütung von Straftaten wird dem präventiv-polizeilichen Aufgabenkreis zugerechnet (§ 1 V BPolG). Hierbei geht es um Sachverhalte, die sich zum einen noch nicht zu einer konkreten Gefahr verdichtet haben, zum anderen aber aufgrund einer Prognose den Eintritt eines schädigenden Ereignisses möglich erscheinen lassen.

Bei Straftaten i. S. d. § 12 I Nr. 1–4 BPolG handelt es sich um grenzbezogene Delikte. Das polizeiliche Ziel ist, lageabhängig die Identität von Personen festzustellen,

■ zur Bekämpfung unerlaubter Einreisen (§ 12 I Nr. 1–3 BPolG),

■ zur Verhütung von Verstößen gegen Verbringungsverbote (§ 12 I Nr. 4 BPolG),

■ zur Verhütung der Einfuhr von Waffen (§ 33 III WaffG), Sprengstoffen (§ 15 IV SprengG) oder Betäubungsmitteln (§ 21 II BtMG).

3. Voraussetzung: Erforderlichkeit der IDF zur Zweckerreichung

Dies umfasst eine nachvollziehbare Begründung hinsichtlich der durchzuführenden IDF. Folgende Gründe können im Einzelfall die IDF rechtfertigen:

■ ungewöhnliche Situation/Umstände des Antreffens

■ ungewöhnlicher Ort oder ungewöhnliche Zeit des Antreffens

■ Verhalten der Person bzw. Personen.

4. Beachtung des Art. 23 SGKKorrekte Zitierung der Norm: Art. 23 SGK i. V. m. § 23 I Nr. 3 i. V. m. III BPolG

Gesetzestext (Auszug)

Art. 23 SGK – Kontrollen innerhalb des Hoheitsgebiets

Das Ausbleiben der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen berührt nicht:

a) die Ausübung der polizeilichen Befugnisse durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des nationalen Rechts, sofern die Ausübung solcher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat; dies gilt auch in Grenzgebieten. Im Sinne von Satz 1 darf die Ausübung der polizeilichen Befugnisse insbesondere nicht der Durchführung von Grenzübertrittskontrollen gleichgestellt werden, wenn die polizeilichen Maßnahmen

i) keine Grenzkontrollen zum Ziel haben;

ii) auf allgemeinen polizeilichen Informationen und Erfahrungen in Bezug auf mögliche Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beruhen und insbesondere auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität abzielen;

iii) in einer Weise konzipiert sind und durchgeführt werden, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen unterscheidet;

iv) auf der Grundlage von Stichproben durchgeführt werden.

[…]

Denkbarer Adressat des § 23 I Nr. 3 BPolG:

■ Adressat ist die Person, die sich im 30-km-Bereich der Grenze aufhält → sog. Normadressat gem. § 20 II BPolG.

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