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Wunder der Natur

Töne von Leben

dringen durch die Wand

laute Geräusche

schwirren über das Land

Die Luft ist erfüllt

von Atmosphärenklang

Radiowellen schwingen

zu unserem Lebensdrang

Und wir überhören

des Windes Melodien

achten nicht auf

Meeressymphonien

Berechnung des Glücks mittels
kaufmännischem Kettensatz

Wie viel Glück entspricht ein Leben?

Ein Leben – entspricht – mindestens drei Jahre Leid

ein Leiden – entspricht – meistens nur Mitleid

Mitleid – entspricht – oftmals drei Tage Gram

Gram – entspricht – lange Zeit der Unzufriedenheit

Unzufriedenheit – entspricht – mehrere Wochen Hoffnungslosigkeit

Hoffnungslosigkeit – entspricht – monatelanger Depression

Depression – entspricht – viele Stunden Ärger

Ärger – entspricht – schlaflose Nächte voller Wut

Wut – entspricht – zu viel Zeit der Sinnlosigkeit

Sinnlosigkeit – entspricht – jahrelanger Trauer

Trauer – entspricht – kein bisschen Glück

Also wie viel Glück entspricht ein Leben?

Pi

Politik ist wie Pi

Man braucht Pi bei

jeder Kreisberechnung

Politik dreht sich im Kreis,

wer auch immer sie macht

Und Pi ist immer dabei

Pi ist immer gleich;

bei jedem Kreis,

egal ob groß oder klein

Pi aufgerundet ist 3,14

Mathematisch gesehen ist 3,14

Natürlich “absolut” ungenau,

aber wie in der Politik

lässt man gern die vielen

Nachkommastellen einfach weg

Über Kleinigkeiten wie Pi

spricht man eben nicht

Pi ist Pi

sonst nichts

Blutiges Feuerwerk

Feuerwerk

Die Nacht erhellend,

die Dunkelheit durchbrechend

Feuerwerk

Nicht aus Freude am Leben im neuen Jahr,

sondern aus Hass, der das Leben auslöscht und vernichtet.

Blutiges Feuerwerk

Jeder den Atem anhält, der an dich denkt.

Feuerwerk

Auch wenn am Ende für “Einen” steht der Sieg,

ist es doch nichts weiter als ein schmutziger, grausamer Krieg.

Krieg

Du machst Städte dem Erdboden gleich.

Du vergießt Tränen und Blut ganzer Nationen.

Du zerstörst Leben und versetzt so manchen Berg,

du - blutiges Feuerwerk.

Wege

Deswegen – gewichtig

Wegfahren – der Sonne entgegen

auf Abwegen – wandeln

den Weg abkürzen – die Zeit eilt

vom Weg abkommen – bedrohte Sicherheiten

dunkle Wege – in das Nichts

jemanden bewegen – etwas zu sagen

Wegbereiter – mit besten Beziehungen

beweg dich – dann ist Leben

Wegweiser – Hinweis auf ein Ziel

Ausweg – Rettung

am Wegesrand – ein Blümlein stand

Wegkreuzung – geheiligte Straßen

beleuchtete Wege – im Labyrinth

Wegbeschreibung – Zielanvisierung

unbekannte Wege – Faszination des Fremden

wegbleiben – dableiben

den Weg ebnen – Planierraupen dröhnen

Rückweg – nach Hause

den Weg beschreiten – herrschaftlich

Waldweg – ein Käuzchen ruft

den Weg bestreiten – Kampf der Giganten

von wegen – das Leben ist lang

geh deiner Wege – auf Wiedersehen

den Weg abschneiden – Schnipp, schnapp

den Weg gehen – so oder so

verbotene Wege – Vorsicht, bissiger Hund

Zuwege – zum Nirgendwo

breiter Weg – viele Menschen

schmaler Weg – Bedrängnis

gar kein Weg – und jetzt?

weggehen – wohin

Krankenhaus

Müde steife Gebeine schleppen sich Gänge hin und her.

Weißgekleidete hetzen umher.

Dann der Schlachttag, rot und schwer.

Für die, die dran sind um so mehr.

Visiten danach, ist alles gut?

Trauer wenn nicht, Verlierer verlieren den Mut.

Glück, wenn Freunde und Verwandte,

beste Wünsche bringen und Langeweile vertreiben.

In der Nacht aufgeschreckt, aber bekannte

Notfälle, Aufregung, Stücke fallen aus den Lebensscheiben.

Dann immer wieder warten und hoffen,

auf Genesung, manche auch fast besoffen.

Immer wieder Tag aus Tag ein,

Fieberthermometer, Essen und Trinken geben sich ein Stelldichein.

Auch wenn absolut mal nichts passiert,

die fortlaufende Arbeit die Schwestern doch desodoriert.

Nichtsdestotrotz, ein Lächeln im Leben immer hilft,

Patienten, Ärzte und Schwestern auch nur Menschen sind.

Und weiter geht’s` mit der Wissenschaft am menschlichen Körperbau,

ja, ja, du Krankenhaus,

du bist krank und schlau.

Seelentiefen

Im Verborgenen schlummert das Unbekannte

In dunklen Gängen und Höhlen,

macht uns das Angst, was wir nicht enträtseln können.

Im Versteckten liegt das Unterdrückte

Umgeben von wallenden Nebelschwaden und Rauchwolken

Nicht Materie und doch vorhanden, quält es unser Unterbewusstsein

Im Verdeckten warten die Träume

In grellem Sonnenlicht oder fahlem Sternenschein

durchqueren sie Dimensionen und Sphären

Im Verhüllten liegt die Hoffnung, sind Wünsche

Eingeschlagen in den wehenden Tüchern

der Lüge und der Enttäuschung

Seele,

gegeben mit der Geburt,

hin- und hergeworfen, zerrissen und wieder zusammengefügt im Leben,

genommen und entflogen im Tode

Die Tiefen der Seelen sind unergründbar

Einer lässt niemanden an sie heran - verschlossene Seele

Andere Lassen mit ihr spielen - bedrückte Seele

Einer schüttet seine im Überfluss aus - zu kleine Seele

Andere fressen alles in ihre hinein - brodelnde Seele

Einer behauptet er hätte keine - unterdrückte Seele

Andere hofften sie Hätten eine - verborgene Seele

Einer spürt ihr Gewicht - beschwerte Seele

Andere tragen ihre im Gesicht - entblößte Seele

Einer würde seiner am liebsten einen Tempel bauen - vergoldete Seele

Andere ziehen ihre in den Schmutz - befleckte Seele

Einer behütet, pflegt und umhegt seine - reine Seele

Andere bekämpfen ihre - gestrauchelte Seele

Einer trauert seiner nach - tote Seele

Andere finden ihre in sich wieder - entdeckte Seele

Wir werden sie nie in Händen halten und betrachten können.

Sie nie durchqueren und bewerten können

Nie ihre Tiefen erforschen können

Halte sie, spüre und fühle sie in Dir

Lebe mit ihr, stirb mit ihr

Seelenwirtschaft

Der Teufel holt sich welche

Die Kirche will sie alle für sich

Der Arzt weiß nicht wo sie im Körper zu finden ist

Der Mörder hat keine

Oder doch?

Der Soldat steht mit seiner auf Kriegsfuß

Die Verliebten glauben ihre im siebenten Himmel

Der Reiche schließt seine in einen Tresor ein

Auf Nimmer-Wiedersehen!

Der Arme begräbt seine unter einer Brücke

Wie gut, dass sie nicht sichtbar ist

Wie gut, dass sie nicht zu verschenken ist

Wie gut, dass sie nicht mit Gold aufzuwiegen ist

Sonst gäbe es genauso ein wildes Gerangel um sie

wie um Herzen und Nieren für Transplantationen

Zeitvergehen 1

Einst war’s mir gleich

Umweltverschmutzung, Atomversuche und Ozon

Wichtig war etwas ganz anderes

Schreit eine Schnecke, wenn man sie mit einem Stein zermatscht?

Was macht eine Maus, wenn man sie bespuckt?

Kann eine Spinne mit nur einem Bein noch gehen?

Sehr wichtige Fragen

für einen Jungen

der nahe dem Wald lebt

Zeitvergehen 2

Vor Jahren war’s mir echt egal

das Asylanten in Deutschland leben

das der Paragraph 175 nichts zum Essen ist

das Bosnien in Jugoslawien war

und das Mercedesaktien gewaltig fallen können

Viel wichtiger

war mir meine Freundin Doris

waren mir die Spiele mit ihr im Garten

war mir mein Bauch der nicht hungern sollte

viel Wichtiger

als Lesen und Schreiben

als aufpassen und gerade sitzen

als Tests und Schulaufgaben

viel wichtiger für einen Jungen

der was im Schädel hat

sich aber fragt - was?

Zeitvergehen 3

Solange her, ist es, als es noch unwichtig war

ob jemand in Vietnam stirbt oder nicht

ob irgendein Herr Schleyer entführt wird und warum

ob Mogadischu eine neue Pralinensorte ist oder nicht

ob Papa Überstunden kloppen muss und Oma Heimarbeit

Aber interessiert war ich

an 40 cm weiten Hosenbeinen

an orangefarbenen, großgemusterten Tapeten

 

an „unsere“ Königin Silvia

an ABBA-Musik und Disco-La-la-la

an Alkohol, Zigaretten, und Hasch

und natürlich an Flower-Power-pop-up-Cola

denn alles war in Afri-Cola

Das alles war von großem Interesse

für einen Jugendlichen

der in Kinderdiscos rumhing

Zeitvergehen 4

Schon eine Ewigkeit her, ist die Zeit,

in der vieles für mich undurchschaubar war

als unsere buntbekleckste Mauer noch stand

als ein Herr Schmidt noch freundlich Pfeife im Fernsehen rauchte

als man noch Angst vor Russland hatte

als man noch kaum etwas von chinesischer Menschenwürde gehört hatte

als man noch zu Friedensdemos und Antifa-Treffen ging

Da habe ich voll auf Lustig gemacht

da lag ich voll auf der „Neuen Deutschen Welle“

ein „Da-Da-Da“ riss alle mit

Nena war keine Schokolade, aber trotzdem unheimlich süß

Das alles war absolut in

für einen jungen Mann

der noch rätselte

ob er schwul oder Hetero sei

Zeitvergehen 5

Erst gestern geschehen und schon vergessen

der Golfkrieg

der Krieg in Bosnien

die Ölplattformversenkungs-Verhinderung

die französischen Atomversuche

die Filme: Schindlers Liste und Der Priester

das Kondom und AIDS

Da mach ich wieder auf ganz Lustig

sehe mir Batman 3 und Casper im Kino an

rave auf Mayday-Partys zu Techno-Tracks

dröhn mich zu mit Extacy und Speed

und will immer gut drauf sein...

Das ist jetzt angesagt

für einen Mann Anfang 30

der schon in Midlifecrisis-Gefühlen

der Jugend nachweint

Zeitvergehen 6

Erst morgen setz ich mich hin und denk`

warum Kohl immer noch Kanzler ist

warum mir das Ozon Krebs beschert hat

warum es keine Wale mehr gibt

warum keine Ausländer mehr in Deutschland leben

warum die Nordsee – Öl-See heißt

warum die Chinesen Russland überrennen konnten

warum Australien unterging

warum bald wieder Dinos statt Menschen auf der Erde leben werden

Aber das ist ja erst morgen

Im nächsten Jahrtausend

Europa

Noch immer gibt es

die Spaghettifresser

die Polskies

die Spanucken

die Spinfins

die alten Schweden

die Käseroller

die Franzmänner

die Kanaken

die Muselmänner

irgendwann nur noch den Europäer

und hoffentlich bald nur noch Menschen

schlafen wir noch mal ‘drüber

Verkehrs-Chaos

Ich konnte noch im Wald und Schrebergarten

spielend tollen und verweilen.

Aß wilde Beeren und Kirschen beim Warten

auf Männer mit Äxten und Beilen.

Die schlugen drauf, auf alles was sie fanden.

Mischten, formten und bauten, wie im Wahn.

Bäume, Wiesen und Erde die wir kannten -

begraben Asphalt und Beton, ganz nach Plan.

Der Gefahr nicht bewusst sein, in der Natur,

beim Klettern auf glitschig bemoosten Bäumen.

Spielen in Wäldern, an Quellen, hautnah und pur.

Davon können Kinder heut’ nur noch träumen.

Autos, Beton und Straßen in Teer

sind die neuen Spielplätze der Kleinen.

Menschenmassen, Gewühl im Großstadtverkehr,

lassen keine Zeit die Natur zu beweinen.

Spielende Kinder an dicht befahrenen Straßen.

Eine Mutprobe ist, an die andere Seite zu gelangen.

Ohne zu gucken auf die Fahrbahn, aus kleinen Gassen,

hinter parkenden Autos hervor, mit glühenden Wangen.

Das Risiko wächst von Tag zu Tag,

immer schwerer noch Freiräume zu erreichen.

Der Wahnsinn geht weiter, auch wenn es keiner mag.

Erst wenn ein Kind überfahren, können wir erbleichen.

Vereintes Europa

Oh, Schreck

die Identität ist weg

gerade hatte ich sie wieder

sang die guten deutschen Lieder

jetzt ist alles weg

oh, Schreck

Ein Europa, soll erwachsen

Regierungen darüber wachen

alle Länder werden eins

ist das - das Hexeneinmaleins?

Schon ein Fußballspiel nährt Fanatismus

die Masse ist’s, mit der man mit muss

Und die läuft ziel- und planlos rum

zu dumm, zu dumm

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