Reime bis der Tod uns scheidet

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Wenn die Welt in Scherben fällt,



liegt es meist am großen Geld.



Wenn der Reiche nicht mehr weiß,



wie er’s noch erzwingen kann,



kommt der Staat, so schnell er kann,



unterstützt den guten Mann.



Was durch Handel er nicht schafft,



durch Erpressung wird gerafft.



Gnadenlos wird durchgecheckt,



wo Ressourcen er entdeckt.



Ob man trifft den rechten Ton?



Hat die richt’ge Religion?



Oder ob denn das System



ist politisch angenehm!



Hier fehlt es an Menschenrechten!



Auf! Auf! Schnell!



Dies gilt’s zu ächten!



Oh, da herrscht ja ein Diktator!



Fröhlich grinst der Okkupator.



Sucht nicht lang nach einem Grund,



schlägt dem „Drecksack“ auf den Mund.



Doch man weiß, der Staatsmann ist



bestens auch – Propagandist!



So, nun für die gute Sache,



niemand noch darüber lache,



wird ein kleiner Krieg gemacht.



Volk! Nur nimm dich gut in Acht!



Denn am End’ steht eine Rechnung,



die nur schwer ist zu bezahlen –



leidest unter Höllenqualen.



Unser Staatsmann ganz galant



reicht dem „Drecksack“ seine Hand.



Reichlich fließt nun Öl und Erz,



und der Reiche macht ’nen Scherz.



Du jedoch in deiner Not



stehst am Grab:



Dein Sohn ist tot!






Für Kaviarfresser





Macht weiter so! Zählt euer Geld,



erhöht euch die Diäten.



Schickt unsere Söhne in den Krieg,



kauft Fonds, bedenkt nicht Pietäten.



Baut kräftig nur die Wirtschaft auf,



vergrößert die Konzerne.



Schafft Steuern schnell nach Luxemburg,



baut Villen in der Ferne.



Genießt noch einmal eure Jacht,



lasst viel Champagner fließen.



Lasst nicht die Straße außer Acht,



ihr werdet es einst büßen.



Macht weiter so, betrügt uns nur,



und hört nicht auf zu drängen.



Bald sieht man euch mit Freude, pur,



an einem Galgen hängen.






der untergang





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der untergang im bunker



ist kein film über hitler



du sitzt mittendrin



im beton der geistlosigkeit



wie solltest du auch bemerken,



dass dies dein geplantes schicksal ist?






An der Kasse





An der Kasse steht ein Mann,



der nicht bar bezahlen kann.



Seine Karte – digital –



ist defekt, das ist fatal.



Statt sich aber zu bescheiden,



lässt er andere Leute leiden.



Stellt sich hin, beklagt die Welt,



brüllt heraus, was ihm missfällt.



Dass die Leut’ steh’n in der Schlange



und schon warten doch recht lange,



sei ihm schließlich ganz egal,



unbedenklich ihrer Zahl.



Denn er sei doch gar nicht schuld,



bittet noch um ihre Huld.



Schließlich sei er Kunde hier



und die Karte nicht sein Bier.



Meckert den Kassierer an,



diesen armen jungen Mann.



Schließlich kann der nichts dafür,



alle schauen schon zur Tür.



Habe ja schon längst moniert,



was ihm gerade hier passiert,



könne niemals das versteh’n,



und die Leute müssen steh’n.



Sucht bei andren weiter Schuld,



strapaziert dabei Geduld.



Kommt nicht mal auf den Gedanken,



sich zu weisen in die Schranken.



Ruft den Chef noch schnell herbei,



ihm sei alles einerlei,



mag man ihm die Rechnung schicken,



und die Karte könnt’ man knicken.



Alles staunt und ist entsetzt,



merkt der nicht, man ist verletzt?



Ist vielleicht doch sein Problem,



hier wird’s langsam unbequem.



Ja, die Rücksichtslosigkeit



ist ein Zeichen unsrer Zeit.



Plötzlich spricht es aus der Schlange:



„He, ich warte nicht mehr lange.“



Da, auf einmal greift der Mann



seine Hos’ von hinten an,



holt heraus das Portmonee,



und es tut nicht einmal weh.



Zahlt die Ware recht geschwind,



benahm zuvor sich wie ein Kind.



Jetzt sind alle wieder froh,



der Kassierer ebenso.






Gastgeschenk eines Verwandten





Vom Lande kommt mit Sturmgebraus



im Fuhrwerk unser Vetter Klaus.



Er trägt unter der blauen Mütze –



bedauerlich – so wenig Grütze!






Dichtung vor und nach der Pisa-Studie





Davor:



In der kalten Wintersonne



liegt Diog’nes in der Tonne



und zu Alexander spricht:



„Störe meine Kreise nicht!“



Danach:



In der alten Wintersone



sitzt Diogenes im Tone,



und er spricht zu seinem Sohne:



„Verdirb mir meine Preise nicht!“






Grenzen





Ein Mensch betrat ein Ufer seicht



– ertrank dabei –



und zwar ganz leicht.



Ein andrer wollte sehr schnell laufen,



ein Auto fuhr ihn übern Haufen.



Ein Dritter lief so gerne Ski,



sein Ziel erreichte er doch nie.



Ein Vierter hat recht oft gesungen,



nach Katze hat es schon geklungen.



Ein Fünfter wär’ Poet gewesen,



doch leider konnte er nicht lesen.



Ein Sechster hielt sich für galant,



die Frau hat man ihm ausgespannt.



Noch einer konnte nicht ertragen,



dass andre schöner als er waren.



Er ließ sich teuer operieren,



im Grab darf er sich auskurieren.



Der Mensch, er mag ja gerne rennen,



doch sollt’ er seine Grenzen kennen.






Dekadenz





Koma saufen,



in der Welt sich raufen,



Amok laufen,



Gesetze verkaufen.



Steuern verschieben,



kleine Messdiener lieben,



Anlagen versieben,



Amnestie den Dieben.



U-Bahnen bauen,



Stahlträger klauen,



Unis versauen,



Rentner verhauen.



Esel hofieren,



Beamte schmieren,



Gesundheit reformieren,



sich selbst nur sanieren.



Soziales versprechen,



Versprechen brechen,



die Menschen belügen,



den Wähler betrügen.



Wer Verbrechen nicht kennt,



ist nur dekadent.






Ausrufezeichen!





„Ich bin so einsam“, sagte die Arroganz.



„Das kann ich verstehen“, erwiderte die Vernunft.






Lieschen auf dem Balkon





Ich tret’ auf den Balkon hinaus,



betrachte die Radieschen,



und denk’ im Stillen noch daran,



wie schön war ’s doch mit Lieschen.



Ach, Lieschen, streichle meine Haut,



komm’ schnell zurück und liebe mich,



bevor das Jahr verändert sich,



und der Balkon wird umgebaut.






Frauen auch!





Ich sag’ es ohne Hinterlist,



die Dummheit nicht so männlich ist.



So manches Weib, ganz sonderbar,



doch bleibt es unbestritten wahr:



Es bietet die Gedanken feil –



wohl eher mit seinem Hinterteil.






Schadenfreude





Seh’ ich im hellen Sonnenschein



die Krampfadern an deinem Bein,



dann bin ich froh und amüsiert,



dass mir so was noch nicht passiert.






Harte Männer





Zugegeben, ich traf oft



Männer, die so gar nicht soft.



Hart im Job und bei Bilanzen,



unzufrieden meist im Ganzen.



Aber auch in dem Detail,



wer auch immer schuldig sei,



kannten keine Rücksicht sie,



selber waren sie es nie.



Bei den Frauen, interessant,



waren immer sie galant.



Ja ganz oft sogar beliebt,



dass es so was heut’ noch gibt?



Hätt’ doch können jeder sehen,



war nicht schwierig zu verstehen,



diese Machos sind komplex,



besser hat sie Frau als „Ex“.



Nun, ein Mann ist wohl ein Mann,



wenn er’s auch nicht besser kann.



Sieht nicht, dass er wäre reicher,



wär’ er nur ein wenig weicher.






Meiers Tod





Seit Wochen schon war Meiers Hans,



genau betrachtet, nicht mehr ganz.



Er ist, doch etwas mitgenommen,



ums Eck ins Krankenhaus gekommen.



Frau Ilse, die in langen Jahren



ihm oftmals übers Maul gefahren,



die hatte ihn dorthin gebracht



und ihn an seinem Bett bewacht.



Im Kopf war Hans noch ziemlich helle,



betätigte am Bett die Schelle.



Er klagte Weh und Ach und Leid



und sagte: „Geh’, es ist nun Zeit.“

 



Per Telefon rief er sodann,



die Lisbeth, seine Freundin, an.



Und oftmals, tief noch in der Nacht,



hat die ihn um den Schlaf gebracht.



Obwohl in Meiers langem Leben



viel Freud’ es hatte nicht gegeben,



ist er doch gestern früh am Morgen,



recht friedlich und geschwächt verstorben.






Trauergesang auf eine Gesellschaft





(zu Afghanistan)



Sie sagten uns, unsere Verantwortung sei größer geworden.



Sie meinten damit, ihre Bedeutung würde dann wachsen.



Wir waren dumm genug, ihnen zu glauben.



Wir fühlten uns sogar mit ihnen geschmeichelt.



Sie gaben uns ein Ziel vor.



Den Frieden sollten wir in die Welt tragen,



die Welt würde gerade auf uns warten.



Wir zogen los, ohne zu fragen und ohne zu murren.



Wir waren es ja nicht, die aufbrachen.



Und wenn wir es waren, dann gab es mehr Geld dafür und Karriere.



Wir wären aber keine Söldner, sagten sie.



Wir glaubten auch das und manche sogar an die Idee.



Es störte niemanden, dass wir nicht eingeladen waren.



Es war uns egal, dass wir nicht willkommen waren.



Wir hatten es nicht nötig zu fragen, ob unser Tun sinnvoll war.



Wir waren Missionare für den Frieden.



Vielleicht war der Friede erwünscht und herbeigesehnt.



Wir waren es nicht.



Der Krieg war immer schon schrecklich, der Tod der Kinder brutal.



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