Mit Erfolg promovieren in den Life Sciences

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2.4Abgabe und Begutachtung der Arbeit

Die Promotionsordnung legt fest, wie viele Exemplare der Dissertation zur Begutachtung abzugeben sind. Darüber hinaus kann es formale Vorgaben geben, die der Promotionsausschuss hinsichtlich der Form einer Arbeit beschlossen hat. Diese Vorgaben können relativ engmaschig sein und strenge Vorgaben zur Sprache (z. B. Englisch oder Deutsch), für die Gestaltung des Deckblattes, des Zeilenabstands, der Seitenränder, des zu verwendenden Schrifttyps und der Zitationsform vorgeben. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird in der Regel nach Abgabe zunächst formal durch die Mitarbeiter im Promotionsbüro überprüft. Eine Missachtung dieser Regeln kann dazu führen, dass der Promotionsausschuss die Annahme der Arbeit verweigert oder im Rahmen des Begutachtungsprozesses die Einhaltung der formalen Kriterien und eine entsprechende Nachbearbeitung der Schrift verlangt. Daher ist es vor Anfertigung der Schrift wichtig, sich nach den formalen Vorgaben für die Dissertation zu erkundigen, auf jeden Fall aber vor Drucklegung der fertigen Arbeit. Darüber hinaus verlangen viele Promotionsausschüsse Erklärungen hinsichtlich der Eigenständigkeit der durchgeführten Arbeit und dass die Regelungen zur Guten Wissenschaftlichen Praxis eingehalten wurden (siehe Seite 145). Dies kann auch in Form einer eidesstattlichen Erklärung erfolgen. Darüber hinaus kann es möglich sein, dass der Promotionsausschuss Erklärungen hinsichtlich der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben verlangt, wie beispielsweise des Gentechnikgesetzes, des Tierschutzgesetzes, des Embryonenschutzgesetzes, des humane Stammzellgesetzes etc. (siehe hierzu Seite 133).

Nach der Abgabe der Arbeit und der formalen Überprüfung eröffnet der Promotionsausschuss das Begutachtungsverfahren zur Dissertation. Die Promotionsordnung regelt, wer als Gutachter und wie viele Gutachter für die Begutachtung der Arbeit in Frage kommen. Meistens schreiben die Promotionsordnungen vor, dass es sich um ein Mitglied der Professorenschaft oder ein habilitiertes Mitglied der Fakultät handeln muss. Manche Promotionsordnungen erlauben auch, dass habilitierte Mitglieder und Professoren anderer Universitäten diese Aufgaben wahrnehmen dürfen. In anderen Fällen dürfen auch externe Forscher mit gleicher Qualifikation als Gutachter fungieren, die beispielsweise in der Industrie arbeiten. Während in der Vergangenheit die interfakultäre Begutachtung die Regel war, beobachten wir in den letzten Jahren eine Ausweitung der Begutachtung auf die gesamte Universität oder auf die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft, so dass auch internationale Gutachter zur Bewertung der Arbeit herangezogen werden. Diese Maßnahme soll einerseits eine möglichst unabhängige Bewertung der Arbeit ermöglichen und andererseits den internationalen Standard der Schrift sichern. In den meisten Fällen erfolgt die Auswahl und Bestellung der Gutachter auf initialen Vorschlag des Promovenden und/oder Erstbetreuers.

Meist wird den Gutachtern vom Promotionsausschuss eine beschränkte Zeitspanne zur Anfertigung des Gutachtens vorgegeben. So kann den Gutachtern beispielsweise eine Frist von 6 Wochen nach Eingang der Anfrage eingeräumt werden. Nach Eingang der Gutachten werden diese vom Promotionsausschuss gesichtet und wiederum auf formale Aspekte hin überprüft. Macht einer der Gutachter die Beseitigung von Mängeln (inhaltlicher, orthografischer oder stilistischer Natur) zur Auflage, kann der Promovend aufgefordert werden, diese Mängel zu beheben. Für die Beseitigung von Mängeln wird wiederum in der Promotionsordnung ein zeitlicher Rahmen definiert. In Abhängigkeit von der Schwere der Mängel muss die Arbeit ggfs. erneut begutachtet werden, bevor die mündliche Prüfung anberaumt werden kann. Allerdings gilt es an dieser Stelle festzuhalten, dass die Aufforderung zur Beseitigung der Mängel eher die Ausnahme ist und der überwiegende Teil der eingereichten Arbeiten ohne Beanstandung akzeptiert werden.

Bis zur Durchführung der mündlichen Prüfung liegen in den meisten Fakultäten die Gutachten zur Einsicht im Promotionsbüro aus. Die Länge der Auslagefrist ist in den Promotionsordnungen festgelegt. Berechtigt zur Einsicht sind meistens die Hochschullehrer der beteiligten Fakultäten. Gibt es im Rahmen dieser Auslagenfrist keine Einsprüche, kann die mündliche Prüfung angesetzt werden, die im Prinzip aus zwei Teilen besteht: einem Vortrag über die Arbeit mit anschließender Disputation oder Rigorosum. Gegebenenfalls muss die Durchführung der mündlichen Prüfung vorher mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf öffentlich angekündigt werden. Die Durchführung der mündlichen Prüfung wiederum variiert zwischen den Fakultäten und kann von einer geschlossenen Prüfung ohne Publikum bis hin zu einer öffentlichen Prüfung variieren. Frageberechtigt können im engsten Sinne nur vorher bestellte Hochschullehrer sein, im weitesten Sinne das gesamte anwesende Auditorium. Auch hier empfiehlt sich ein Blick in die Promotionsordnung, in der nicht nur der zeitliche Rahmen für den Vortrag und die Prüfung definiert ist, sondern auch die Fragen, wer prüfungsberechtigt ist und wie viele Prüfer vorab benannt werden und bei der Prüfung anwesend sein müssen.

Nach der erfolgreichen mündlichen Prüfung ist das Promotionsverfahren jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Dissertation muss veröffentlicht werden. Dies regelt ein Bundesgesetz (Bundesgesetz über die Deutsche Nationalbibliothek), in dem festgelegt ist, dass alle Promotionen, die in Deutschland angefertigt worden sind, in der Deutschen Nationalbibliothek zu hinterlegen sind. Zu diesem Zweck muss der Promovend eine definierte Anzahl von gedruckten Pflichtexemplaren und/oder eine elektronische Version an der Bibliothek des Universitätsstandortes hinterlegen. Die Bibliothek bestätigt die Abgabe dieser so genannten Pflichtexemplare beim Promotionsausschuss, der dann mit der Ausstellung des Promotionszeugnisses und -urkunde fortfährt. Das genaue Verfahren zur Abgabe der Pflichtexemplare ist ebenfalls in der Promotionsordnung oder in den dazu angefertigten Verfahrensregeln definiert. Erst mit der Überreichung der Promotionsurkunde ist der Promovend berechtigt, den akademischen Doktorgrad zu führen. Abbildung 3 fasst den zeitlichen Ablauf mit seinen wesentlichen Aspekten zusammen.


Abb. 3 Die einzelnen Phasen einer Promotion im zeitlichen Überblick.

2.5Besondere Regelungen

In der Promotionsordnung ist auch geregelt, wie bei Nichtbestehen der mündlichen Prüfung vorzugehen ist, oder wenn z. B. einer der Gutachter die Annahme der schriftlichen Arbeit als Promotion ablehnt. In der Regel gibt es hierzu Wiederholungsregelungen für mündliche Prüfungen oder die Möglichkeit, einen weiteren Gutachter für die schriftliche Arbeit zu bestellen. Bei wiederholtem Nichtbestehen der mündlichen Prüfung oder bei wiederholter Ablehnung der Arbeit durch einen Gutachter kann das Promotionsverfahren durch den Promotionsausschuss ohne vollzogene Promotion für beendet erklärt werden. Auch im positiven Sinne kann es Ausnahmen vom normalen Verfahren geben, nämlich dann, wenn eine Arbeit als besonders gelungen und wissenschaftlich herausragend bewertet wird. Die Promotion mit Auszeichnung, weithin als Promotion mit dem Prädikat „summa cum laude“ bekannt, beinhaltet häufig die Einholung eines weiteren, meist zwingend von einem externen Gutachter angefertigten Votums.

Checkliste Promotionsverfahren

 Welche Kriterien müssen zur Zulassung zur Promotion erfüllt sein?

 Gibt es Ausnahmeregelungen für Kandidaten mit Bachelorabschluss?

 Gibt es Ausnahmeregelungen für Kandidaten, die das Eingangsnotenkriterium nicht erfüllen?

 Gibt es Regelungen für die Promotionseignungsprüfung?

 Im Falle von Promotionsstudiengängen: Wie ist das Aufnahmeverfahren geregelt?

 Gibt es Zwischenprüfungen vor Abgabe der Dissertation?

 Gibt es formale Kriterien, die bei der Abfassung der schriftlichen Arbeit beachtet werden müssen?

 Wer kommt für meine Arbeit als Gutachter in Frage?

 Kann ich Gutachter vorschlagen?

 Welche Erklärungen müssen bei der Abgabe der Dissertation beigefügt werden?

 Gibt es sonstige Kriterien, die vor der Abgabe der Arbeit erfüllt werden müssen? (Notwendigkeit wissenschaftlicher Veröffentlichungen?)

 Wie sieht der zeitliche Rahmen für das Begutachtungsverfahren aus?

 Welche Möglichkeiten habe ich, das Begutachtungsverfahren zeitlich zu beschleunigen?

 Welche Rechte habe ich in diesem Zusammenhang?

 Wie sieht die mündliche Prüfung zur Verteidigung aus (Kolloquium, Disputation), gibt es eine Fächerprüfung (Rigorosum)?

 Wie lang darf mein Vortrag sein?

 Wer ist prüfungsberechtigt und wie viele Prüfer muss ich für die mündliche Prüfung vorschlagen?

 Was muss ich nach der mündlichen Prüfung noch erledigen?

 Bei wem muss ich meine Pflichtexemplare abgeben?

 In welcher Form kann die Abgabe der Pflichtexemplare erfolgen?

Weiterführende Literatur

Kultusministerkonferenz (2004): Vereinbarung über die Festsetzung der Gesamtnote bei ausländischen Hochschulzugangszeugnissen. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.03.1991 i. d. F. vom 18.11.2004.

Kultusministerkonferenz: Unsere Aufgaben http://www.kmk.org/zab.html; Stand: 06.02.2014

Schmidt, M.: Bitte nicht noch mehr Doktoranden! http://www.zeit.de/2014/10/fachhochschulen-promotionsrecht-doktoranden; Stand: 10.03.2014

 

Wissenschaftsrat (2009): Empfehlungen zur Vergabe des Promotionsrechts an nichtstattliche Hochschulen (Drs. 9279-09).

3Die Entwicklung der ­modernen Promotion

„Wandlung ist notwendig wie die Erneuerung der Blätter im Frühling.“ – Vincent van Gogh

Inhalt

Heute sind Promotionen klaren rechtlichen Regelungen unterworfen, die in den Landeshochschulgesetzen niedergeschrieben sind und von den zur Promotion berechtigten Hochschulen in Promotionsordnungen umgesetzt werden. Dies gilt gleichermaßen für die sogenannte Einzelpromotion, dem das klassische Verhältnis Doktorand/in – Doktorvater/mutter zu Grunde liegt, als auch für die Promotion in strukturierten Promotionsprogrammen wie Graduiertenkollegs oder Graduiertenschulen. Was unterscheidet aber die Einzelpromotion von den Promotionsprogrammen, was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile? Diese Punkte sollen nachfolgend erörtert werden. Promovenden sollen in diesem Kapitel einen Überblick über mögliche Promotionsformen bekommen. Betreuer und Verantwortliche an den Universitäten finden hier Hinweise, durch welche Kriterien sich eine gute Betreuung oder ein innovatives Promotionsprogramm auszeichnen.

3.1Einzelpromotion versus Promotionsprogramme

Unter einer Einzelpromotion versteht man die klassische Promotion, bei der ein Doktorand in einer Arbeitsgruppe unter Anleitung eines einzelnen Betreuers (Professor, Juniorprofessor, Privatdozent) an einem vorgegebenen Thema forscht und arbeitet. Vielfach ist es so, dass aufgrund der Arbeitsgruppenstruktur zwischen dem Betreuer und dem Doktoranden ein unmittelbarer Betreuer zwischengeschaltet ist (z. B. Postdoc oder fortgeschrittener Doktorand), der die tägliche Anleitung und Betreuung an der Laborbank übernimmt, wohingegen der mittelbare Betreuer (z. B. der Professor) die Forschungsrichtung, die Hypothesen oder Impulse zur Durchführung der Arbeit vorgibt, die spätere Bewertung durchführt und die mündliche Prüfung abnimmt.

Promovenden in der Einzelpromotion haben in der Regel nur einen einzigen Betreuer, den klassischen Doktorvater oder die Doktormutter, die während der Promotionszeit als Ansprechpartner/in und akademische/r Mentor/in zur Verfügung steht und gleichzeitig Arbeitgeber/in ist. Zudem erstellt er/sie das Erstgutachten zur Bewertung der Promotionsschrift. Promovenden in dieser klassischen Einzelpromotion sind somit intellektuell wie auch finanziell extrem von diesem mehr oder weniger engen Verhältnis abhängig. Leider gibt es keine Statistiken, wie häufig Promotionen aufgrund eines Missverhältnisses zwischen dem Doktorvater/der Doktormutter und dem Promovenden abgebrochen werden. Möchte man die Erfolgsquote von Promotionen erheben, stellt sich das grundlegende Problem, dass in Deutschland keine umfassenden Daten bezüglich der Aufnahme von Promotionsvorhaben erhoben bzw. vorgehalten werden. Der Bundesbericht für den wissenschaftlichen Nachwuchs 2008 geht davon aus, dass über alle Fächer hinweg 2/3 aller Promotionsvorhaben scheitern, wobei die Ursachen jedoch nicht im einzelnen erfasst sind. Hintergründe können die Unzufriedenheit des Doktoranden mit dem Betreuer und dem Betreuungsverhältnis sein, aber auch die Unzufriedenheit des Betreuers mit der Motivation und dem Einsatz der Doktoranden, der Weggang des Betreuers an eine andere Universität oder zu einem anderen Arbeitgeber, die falsche Themenwahl, eine Überforderung des Kandidaten, finanzielle und/oder auch familiäre (Doppel-)Belastungen. In den Lebenswissenschaften ist diese Fehlquote vermutlich niedriger. Die Erfahrung der Autoren dieses Buches zeigt, dass in der überwiegenden Anzahl der Fälle eine begonnene Promotion auch zum Abschluss gebracht wird. Im Gegensatz zu den strukturierten Programmen, bei denen sich der Doktorand vor Beginn der praktischen Tätigkeit zur Promotion anmelden muss, bestimmt bei der Einzelpromotion der Doktorvater in erheblichem Ausmaß die zeitliche Länge der Promotion. Er entscheidet, wann die Daten zur Abgabe der Dissertation ausreichen. Nicht selten kommt es gerade gegen Ende der Promotion zu Auflagen, dieses oder jenes Experiment noch durchzuführen, um die nötigen Daten für eine Publikation zu erhalten. Hintergrund ist, dass in diesen Fällen der Beginn der Promotion nicht durch eine Anmeldung exakt definiert ist (siehe weiter unten) und damit die in den Promotionsordnungen festgelegte maximale Promotionsdauer durch ein Herausschieben der Anmeldung „inoffiziell“ verlängert werden kann. Bei Einzelpromotionen erfolgt die Anmeldung zur Promotion meist erst kurz vor Abgabe der Dissertation. Wenn auch die Argumente des Betreuers, Daten für eine wichtige Publikation fertig zu stellen, durchaus verständlich und im Sinne der weiteren Karriereentwicklung für den Doktoranden nachvollziehbar sind, führt diese Vorgehensweise aus Sicht des Promovenden häufig zu einer unnötigen Verlängerung der Promotion. Doktoranden haben dann nicht selten Angst, sich argumentativ gegen ihren Betreuer durchzusetzen, da sie um eine gute Benotung fürchten. So kommt es bei Einzelbetreuungen auch heute noch zu Promotionen, die teilweise durch eine sehr lange Promotionsdauer von deutlich mehr als 5 Jahren charakterisiert sind.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang ist die Finanzierung der Promotionsstelle. Naturwissenschaftliche Doktoranden in den Lebenswissenschaften wurden bis vor einigen Jahren mit 50 %-Stellen nach TVL E13 oder Stipendien in vergleichbarer Höhe ausgestattet, für Akademiker in der „rush hour“ des Lebens eine sicherlich nicht sehr attraktive Vergütung. Diese 50 %-Stellen haben einen historischen Hintergrund. Sie wurden im Prinzip für promotionsfremde Tätigkeiten an dem jeweiligen Institut vergeben, beispielsweise für Lehrtätigkeiten verbunden mit einer Haushaltsstelle des Instituts. Der andere „nicht-finanzierte Teil der Stelle“ konnte dann für die Promotionsarbeit verwendet werden. Man kann es auch anders ausdrücken: Die Promotion erfolgt bei diesem Modell in der Freizeit, die benötigte Infrastruktur und finanziellen Mittel für das Forschungsprojekt wurden von dem betreuenden Institut zur Verfügung gestellt. Auch bei Stellen, die aus Drittmitteln finanzierten werden, hat man dieses Modell angewandt. Erst in den letzten Jahren wurde die Dotierung für naturwissenschaftliche Promovenden in den Lebenswissenschaften in vielen Fällen auf immerhin 65 %-Stellen erhöht. Jedoch besteht in Einzelpromotionen, die wie eben beschrieben nicht den stringenten Zeitvorgaben von strukturierten Programmen folgen, in Ausnahmefällen durchaus die Möglichkeit der Ausnutzung des Promovenden durch den Doktorvater. Sie könnten als „billige Arbeitskräfte“ angesehen werden, die am Ende ihrer Promotion bereits Postdoc-Tätigkeiten übernehmen, ohne adäquat über eine ganze Stelle finanziert zu werden.

Der Doktorvater entscheidet bei der Einzelpromotion auch darüber, welche Weiterbildungsmaßnahmen ein Kandidat im Rahmen seiner Promotion bzw. Anstellung besuchen kann. Der eine oder andere Betreuer sieht es nicht gerne, wenn ihre Promovenden sich nicht mit der Forschung an der Laborbank beschäftigen, sondern sich ihrer eigenen Weiterbildung und damit auch den Chancen auf dem Arbeitsmarkt widmen. Allerdings gibt es durchaus Doktoranden, die die Notwendigkeit und Sinn dieser Fortbildungsveranstaltungen nicht einsehen. Ein weiteres Problemfeld: In der Einzelpromotion ist der Doktorvater – nach den in den jeweiligen Promotionsordnungen vorgegebenen spezifischen Noten- und Fachvorgaben – die einzige Person, die in die Auswahl eines Doktoranden involviert ist. Die Auswahlkriterien bleiben oft im Unklaren und universitätsweit vergleichbare Qualitätsstandards für die Auswahl der Kandidaten sind nicht gegeben.

Promotionsprogramme wurden eingerichtet, um den offensichtlichen Mängeln der klassischen Einzelpromotionen entgegenzuwirken. Die Qualität der Ausbildung im Rahmen der Promotion sollte verbessert, die Promotionszeiten verkürzt und die Promovenden besser auf den Arbeitsmarkt sowohl in wissenschaftlichen Einrichtungen als auch in der Industrie vorbereitet werden. In den heutigen innovativ strukturierten Promotionsprogrammen haben die Promovenden spezifische Betreuungskomitees, die aus 2–3 Professoren bestehen. Für diese Betreuungsteams wird, angelehnt an den angloamerikanischen Sprachraum, auch die Bezeichnung Thesis Advisory Committee, kurz TAC, in Verwendung. Nach wie vor stammt der Erstbetreuer (der Doktorvater) aus dem Institut, an der die Dissertation angefertigt wird. Die Zweit- und Drittbetreuer können aus derselben Universität oder einer anderen Universität, z. T. auch aus einer ausländischen Forschungseinrichtung stammen. Einige Einrichtungen wie die International Graduate School in Molecular Medicine Ulm haben als sinnvolle Erweiterung einen zusätzlichen Betreuer aus der sogenannten Junior Faculty eingeführt. Bei der Junior Faculty handelt es sich um junge Postdocs, die zwar schon externe Drittmittel einschließlich Doktorandenstellen eingeworben haben oder sich durch eigenständige Publikationen als korrespondierende Autoren hervorgetan haben, aus rechtlichen Gründen (z. B. fehlende Habilitation) jedoch keine Doktoranden prüfen dürfen. Um diesen Widerspruch zu begegnen, wurde der „Zusatzbetreuer“ eingeführt und damit Postdocs die Möglichkeit eingeräumt, sich offiziell aktiv an der Ausbildung, Betreuung und Prüfung ihres Doktoranden zu beteiligen.

Betreuungskomitees haben gegenüber dem Einzelbetreuer zahlreiche Vorteile. Die intellektuelle Abhängigkeit ist deutlich reduziert. Bei Konfliktfällen kann sich der Doktorand vertrauensvoll an seine anderen Betreuer wenden. Zwar bleibt die finanzielle Abhängigkeit in Form der Promotionsstelle vom Erstbetreuer bestehen (so lange die Stelle nicht aus einem Programm doktorandenbezogen und nicht projektbezogen finanziert ist), allerdings werden unnötige zeitliche Verlängerungen der Promotion häufig vermieden, wofür entsprechende Vorgaben des Programms sorgen. Die größten Vorteile von Betreuungskomitees aus unserer Sicht sind allerdings die Qualitätskontrolle und die gerechtere Notenvergabe, unter der Voraussetzung, dass jeder Betreuer ein unabhängiges Gutachten erstellt. Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn und Output wird häufig potenziell größer sein, da durch die regelmäßigen Diskussionen des Betreuungskomitees mit dem Doktoranden neue, zusätzliche Ideen in das Projekt einfließen und dem Projekt damit einen Schub verleihen können. Kritische Situationen im Projekt können schneller erkannt und alternative Lösungsvorschläge schneller und effizienter umgesetzt werden. Außerdem steht dem Promovenden ein größeres Methoden- und Gerätepotenzial zur Verfügung. Nicht zu vernachlässigen ist für Doktoranden hierbei auch die Möglichkeit, Kooperationen und ein eigenes „Forschungsnetzwerk“ aufzubauen, welches der weiteren wissenschaftlichen Karriere sehr zu gute kommt.

Während bei einer Einzelpromotion die kritische Betrachtung der Versuchsplanung und die kritische Analyse und Diskussion von Versuchsergebnissen meist nur in einem Zwiegespräch zwischen Doktorvater/Doktormutter und dem Promovenden oder in den institutsei­genen Seminaren erfolgt, erlauben die institutsübergreifenden Veranstaltungen in strukturierten Programmen und die Interaktionen mit dem Betreuungsteam eine weitaus kritischere Betrachtungsweise des Fortschritts und der Ergebnisse der Doktorarbeit. Der Input von unterschiedlichen Seiten muss zwangsläufig zu einer Qualitätssteigerung der Promotionsarbeiten führen. Gleichzeitig wird der Promovend dadurch ein Stück weit von dem Druck der Abhängigkeit vom Erstbetreuer befreit. Kritik, die von mehreren Seiten kommt, überzeugt einen Doktorvater wahrscheinlich eher, als Kritik, die von einem Doktoranden herangetragen wird, der zudem noch um seine Note bei der Promotion bangt.

Ein zentrales Element der Promotion ist die weitergehende Ausbildung des Promovenden. Diese Ausbildung kann man in vier Ebenen unterteilen: (1) Die praktische Ausbildung an der Laborbank, die dem Erwerb eines guten Methodenrepertoires und der technischen Expertise dient. (2) Die Planung und Organisation von Experimenten sowie die kritische Analyse von Ergebnissen. (3) Die theoretische Ausbildung, in dessen Zentrum sowohl die Erlangung von tiefem Fachwissen, aber auch von Wissen, das über das eigentliche Fachgebiet hinausgeht, steht. (4) Die Erlangung von Kompetenzen, die dem Kandidaten den Einstieg und die Bewältigung des Berufslebens erleichtert. Viele dieser Kompetenzen können einfacher und kostengünstiger von strukturierten Programmen als bei Einzelpromotionen organisiert und vermittelt werden.

Das Methodenrepertoire steht bei dieser Auflistung bewusst an erster Stelle. Nicht selten legen zukünftige Arbeitgeber, sei es in der Industrie oder an der Hochschule, sehr viel Wert auf die Kenntnis eines breiten, vielfältigen und zugleich aktuellen Methodenspektrums. Vielfach möchten sie sich durch die Anstellung eines neuen Mitarbeiters auch die Beherrschung einer bestimmten Methode einkaufen. Es ist offensichtlich, dass das Erlernen eines großen Methodenrepertoires in einem strukturierten Programm, in dem zahlreiche Arbeitsgruppen zusammengefasst sind, einfacher ist als bei einer Einzelpromotion. Zwar wird der Doktorvater im Regelfall auch bei einer Einzelbetreuung sehr gute Kontakte zu Nachbarlaboratorien und internationalen Kooperationspartnern haben, doch ist ein Aufenthalt für den Doktoranden dort auch unter finanziellen Gesichtspunkten häufig schwierig. Ein persönlicher Kontakt zwischen den Doktoranden, wie es durch die verschiedenen Programmbausteine in strukturierten Programmen gewährleistet ist, erleichtert dies dagegen nicht nur, sondern ermutigt den Promovenden auch, kreative Ideen zur Anwendung neuer Methoden zu entwickeln, die ihm von seinen Kommilitonen in gemeinsamen Seminaren vorgestellt worden sind. Dies fördert die wissenschaftliche Selbstständigkeit und die intellektuelle Leistungsfähigkeit immens. Viele strukturierte Promotionsprogramme forcieren dies noch, indem sie einerseits Praktika als Teil des Pflichtcurriculums aufnehmen und andererseits Reisegelder aus Mobilitätsprogrammen (siehe unten) zur Verfügung stellen, damit Doktoranden in externen Laboren im In- und Ausland die Anwendung aktueller Methoden erlernen können. Abgesehen davon, dass die Doktoranden unmittelbar Vorteile aus diesen Maßnahmen ziehen, hat auch das Labor des Betreuers einen signifikanten Mehrwert in Form eines erhöhten Methodenrepertoires, verstärkter Kooperationsmöglichkeiten und zusätzlicher Reisemittel für seine Doktoranden.

 

In ihrem Papier „Zur Organisation des Promotionsstudiums“ bemängelte die Hochschulrektorenkonferenz schon im Jahr 2003 die zu enggleisige Ausbildung bei Einzelpromotionen. In diesem Papier heißt es: „Da die Betreuung eines Doktoranden durch mehrere Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fächern eher selten ist, kommen der Vermittlung einer breiten Methodenkenntnis sowie einer ver­tieften fächerübergreifenden Orientierung (die im Hinblick auf den Arbeitsmarkt und eine spätere wissenschaftliche Tätigkeit von be­sonderer Bedeutung ist) zu geringe Bedeutung zu.“ Diesem Mangel wirken die strukturierten Programme durch mehrere gezielte Maßnahmen entgegen. Hierzu zählen sowohl die interdisziplinären Betreuungskomitees als auch die themenübergreifenden Lehrveranstaltungen, die als Teil des Curriculums angeboten werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Vorlesungsreihe „Improve your textbook knowledge“, die eine Pflichtveranstaltung der International Graduate School in Molecular Medicine Ulm für alle Promovenden im ersten Promotionsjahr ist. Sie dient nicht nur dazu, die Promovenden, die aus unterschiedlichen Fachrichtungen stammen und zudem unterschiedliches Hintergrundwissen haben, auf einen gemeinsamen „Nenner“ oder gemeinsame „Sprache“ zu bringen, sondern auch dazu, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus den unterschiedlichsten Themenfeldern zu vermitteln. Ähnliche Veranstaltungen bieten auch andere Graduiertenschulen aus dem Gebiet der Life Sciences an.

Unterstützt wird diese interdisziplinäre Ausbildung sowohl in Einzelpromotionen als auch in strukturierten Programmen durch Gastwissenschaftlervorträge, die vom Doktorvater, den Forschungsverbünden vor Ort oder auch von der Graduiertenschule organisiert werden. Hier gilt es allerdings anzumerken, dass diese Veranstaltungen nicht immer primär auf die Bedürfnisse der Doktoranden ausgerichtet sind und keine logische Abfolge von Themen beinhalten. Sie sind jedoch sehr gut dazu geeignet, die Nachwuchswissenschaftler über den aktuellen Stand in einer Vielzahl von Themenfeldern zu informieren. Ein Vorteil der strukturierten Programme ist das häufig größere Budget für solche Veranstaltungen, das auch zulässt, dass solche Veranstaltungsreihen von den Promovenden selbst organisiert werden können. Themen und Referenten können nach dem eigenen Interesse ausgewählt werden. Ein wichtiges „Add-on“ neben dem Aufbau eines wissenschaftlichen Netzwerkes für die Doktoranden, die diese Gastredner einladen, ist, dass man schon in diesem Stadium seiner Ausbildung lernt, solche Veranstaltungen unter einem limitierten Budget zu organisieren, Kontakte zu potenziellen Gastrednern aufzunehmen und diese während des Aufenthaltes zu betreuen.

Die Bandbreite an Schlüsselkompetenz-Kursen, die heute in den strukturierten Promotionsprogrammen angeboten werden, ist immens groß. Sie reichen von Seminaren „Zur guten wissenschaftlichen Praxis“, über „Patent- und Eigentumsrechte“ bis hin zu „Projektmanagement“ und „wissenschaftliches Schreiben und Schreiben eines Förderantrags“. Diese Veranstaltungen dienen dazu, dem Promovenden den Einstieg in das Berufsleben sowohl in einer wissenschaftlichen Einrichtung als auch der Industrie zu vereinfachen und ihm somit bessere Karriereoptionen zu bieten. Während in den strukturierten Programmen eine Vielzahl dieser Kurse, die spezifisch auf die Bedürfnisse der Promovenden zugeschnitten sind, bereits Standard sind, ist eine Teilnahme für Kandidaten aus der Einzelpromotion aus zwei Gründen schwierig: Zum einen liegt es an einem mangelnden Angebot und zum anderen an den fehlenden finanziellen Ressourcen. Solche Kurse machen nur Sinn, wenn sie gezielt auf die Promovenden und deren Wissensstand ausgerichtet sind. Dabei sind die Größe des Kurses, seine Sprache und die zeitlichen Erfordernisse in Betracht zu ziehen. Es ist nahezu unmöglich, so etwas für einen einzelnen Lehrstuhlinhaber oder Doktorvater in der benötigten Vielfalt für die wenigen Doktoranden seiner Abteilung zu organisieren. Zudem handelt es sich meist um in-House-Seminare, die durch externe Referenten abgehalten werden. Hierdurch entstehen erhebliche Kosten, die nur selten von einem ­Doktorvater aufgebracht werden können, jedoch von Pro­motionsprogrammen im Rahmen der Eigenförderung übernommen werden. Ein weiterer Punkt spielt hier eine wichtige Rolle: Während bei einer Einzelpromotion die Teilnahme an solchen Key Competence Seminaren oder Soft Skill Kursen Eigeninitiative des Doktoranden erfordert, können diese in den strukturierten Programmen Bestandteil des Wahlpflichtcurriculums sein. Nicht selten können dabei die Kollegiaten aus einem Pool von Veranstaltungen diejenigen aussuchen, die sie am meisten interessieren bzw. die sie für ihre Karriere am förderlichsten erachten. Zudem besteht in den strukturierten Programmen die Möglichkeit, dass die Kollegiaten Themen vorschlagen, zu denen sie gerne Key Competence Seminare hätten. Mit anderen Worten: In dieser Hinsicht bieten strukturierte Programme eine größere Flexibilität, als es aus finanzieller und organisatorischer Hinsicht bei Einzelpromotionen möglich ist.

Zwei weitere Punkte müssen bei dem Vergleich von Einzelpromotionen versus strukturierten Programmen noch angesprochen werden: Die Leistungen, die zur Erlangung der Promotion erbracht werden müssen, und die Notengebung. Zweifelsohne sind die promotionsbegleitenden Anforderungen an die Promovenden wie die zu absolvierenden Kurse, Seminare und Praktika in den strukturierten Programmen größer als in der Einzelpromotion. Und zweifelsohne geht der hierfür benötigte Zeitrahmen von der für die Laborarbeit zur Verfügung stehende Zeit ab. Viele Betreuer sehen dies nicht gerne, da „die Doktoranden doch im Labor stehen und hier ihre Arbeit machen sollen“. Hintergrund dieser Forderung ist der Druck, der auf dem Betreuer liegt, Publikationen zu produzieren. Gelingt dies nicht, ist eine Weiterförderung der Projekte durch die externen Drittmittelgeber zumindest gefährdet. Erschwerend kommt hinzu, dass die Promotionszeit vielerorts auf drei bis vier Jahre begrenzt ist und damit die Sorge der Betreuer verständlicher wird, die Ergebnisse der Promovenden nicht in entsprechend hochrangigen internationalen Journalen veröffentlichen zu können. Dies ist aber nur eine Seite der Medaille. Aus Sicht der Doktoranden überwiegen die Vorteile, die sie durch den Besuch solcher Kurse gewinnen, bei weitem den oben genannten Zeitnachteil. Denn sie erhöhen damit signifikant ihre Einstiegschancen in die Berufswelt, werden besser auf ihr zukünftiges Berufsfeld vorbereitet und verbessern zumindest im nicht-akademischen Beschäftigungssektor ihre Karriereoptionen.

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