Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea

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4 › VIII. Satzungsregelungen beim monistischen System

VIII. Satzungsregelungen beim monistischen System

4 › VIII. Satzungsregelungen beim monistischen System › 1. Überblick

1. Überblick

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Entscheidet sich der Satzungsgeber für das monistische System, sind neben der Wahl der Organisationsverfassung zusätzlich weitere Regelungen in der Satzung zwingend erforderlich, deren Fehlen ein Eintragungshindernis darstellen. Dies betrifft zum einen die Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans (Art. 43 Abs. 2 SE-VO), die Amtszeit der Mitglieder des Verwaltungsorgans (Art. 46 Abs. 1 SE-VO) und die Gegenstände, die einen Beschluss des Verwaltungsorgans erfordern (Art. 48 Abs. 1 SE-VO). Darüber hinaus hat der Satzungsgeber die Möglichkeit, folgende Bereiche freiwillig in der Satzung aufzunehmen: Regelungen zur Beschlussfähigkeit des Verwaltungsorgans (Art. 40 Abs. 2 S. 2 SE-VO), Einschränkungen zur wiederholten Bestellung von Organmitgliedern (Art. 46 Abs. 2 SE-VO), Mindestanforderungen für Organmitglieder (Art. 47 Abs. 3 SE-VO), Regelungen zur Beschlussfähigkeit der Organe der SE, Regelungen zur Vergütung des Aufsichtsorgans, Regelungen zur Geschäftsordnung und Regelungen zur Ermächtigung an das Aufsichtsorgan, bloße Fassungsänderungen der Satzung vornehmen zu dürfen.

4 › VIII. Satzungsregelungen beim monistischen System › 2. Zwingende Satzungsbestimmungen für die monistische SE

2. Zwingende Satzungsbestimmungen für die monistische SE

2.1 Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsorgan

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Art. 43 Abs. 2 SE-VO ordnet – wie Art. 39 Abs. 4 SE-VO für das Leitungsorgan in der dualistischen SE – an, dass die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans oder die Regeln für ihre Festlegung durch die Satzung bestimmt werden. Auch insoweit handelt es sich um einen zwingenden Satzungsbestandteil, dessen Fehlen ein Eintragungshindernis darstellt.[1] Dem steht § 23 Abs. 1 S. 1 SEAG nicht entgegen, nach dem das Verwaltungsorgan aus drei Mitgliedern besteht, denn der nationale Gesetzgeber darf nur Mindest- und Höchstzahlen, aber nicht die Anzahl selbst festlegen.

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Der Regelungsauftrag sieht jedoch zunächst nur vor, dass eine Regelung in der Satzung vorhanden sein muss.[2] Diese Regelung kann entweder ausdrücklich eine bestimmte Zahl festlegen, oder lediglich die Regeln zur Festlegung der Mitgliederzahl vorsehen. Allerdings ist der Satzungsgeber nicht frei in seiner Gestaltung, da der deutsche Gesetzgeber von der Ermächtigung in Art. 43 Abs. 2 S. 2 SE-VO Gebrauch gemacht hat und in § 23 Abs. 1 SEAG eine Höchst- und Mindestanzahl festgelegt hat. Dementsprechend ist der Regelungsspielraum des Satzungsgebers beschränkt.

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Fraglich ist indessen, inwieweit eine Satzungsbestimmung zulässig ist, die in den Grenzen des § 23 Abs. 1 SEAG die Festlegung der Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans der Hauptversammlung überträgt.[3] Auch wenn nach der SE-VO eine solche Satzungsbestimmung – wie auch bei der dualistischen SE[4] – problematisch ist, empfiehlt sich eine solche Regelung bei der monistischen SE schon aus rein praktischen Erwägungen nicht. Denn die Hauptversammlung ist üblicherweise nicht das Forum, um die Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans sachlich festlegen zu lassen.

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Hinsichtlich des Regelungsspielraums ist wie folgt zu differenzieren: Handelt es sich um eine SE mit einem Grundkapital von bis zu 1 500 000 EUR, kann der Satzungsgeber ein Verwaltungsorgan bestimmen, der aus bis zu neun Personen besteht. Eine Pflicht, das Verwaltungsorgan mit einer durch drei teilbaren Anzahl an Personen zu besetzen, besteht nicht.[5] Für die nicht mitbestimmte SE ist also insbesondere auch möglich, lediglich ein Einpersonen- oder ein Zweipersonenverwaltungsorgan zu implementieren.[6] Entscheidet sich der Satzungsgeber für das Einpersonen- oder Zweipersonenverwaltungsorgan, ist zu beachten, dass das Mitglied bzw. die beiden Mitglieder des Verwaltungsorgans nicht zugleich geschäftsführende Direktoren sein können (§ 40 Abs. 1 S. 2 SEAG).

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Hat die SE ein Grundkapital von mehr als 1 500 000 EUR bis zu 3 000 000 EUR, darf das Verwaltungsorgan aus maximal fünfzehn Mitgliedern bestehen (§ 23 Abs. 1 S. 3 SEAG), kann aber auch weniger als drei Mitglieder haben.

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Handelt es sich um eine SE mit einem Grundkapital von mehr als 3 000 000 EUR, muss der Satzungsgeber zwingend ein aus mindestens drei Mitgliedern bestehendes Verwaltungsorgan vorsehen (§ 23 Abs. 1 S. 2 HS 2 SEAG). Hinsichtlich der Höchstgrenzen hat sich der Gesetzgeber an den Maximalgrößen für den Aufsichtsrat orientiert. Dementsprechend kann der Satzungsgeber die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans bei einem Grundkapital von bis zu 10 000 000 EUR auf maximal fünfzehn und bei einem Grundkapital von mehr als 10 000 000 EUR auf maximal einundzwanzig estlegen. Auch insoweit ist es nicht erforderlich, eine durch drei teilbare Mitgliederanzahl festzulegen.

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Handelt es sich um eine mitbestimmte SE, ist danach zu differenzieren, ob eine Beteiligungsvereinbarung nach § 21 SEBG abgeschlossen wurde oder die Auffangregelung eingreift (vgl. § 23 Abs. 2 SEAG):[7] Wurde eine Beteiligungsvereinbarung abgeschlossen, ist umstritten, ob diese auch die Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans verbindlich regeln kann.[8]

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Greift die so genannte Auffangregelung bei der mitbestimmten SE, ist der Satzungsgeber berechtigt, die Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsorgans festzulegen.[9] Für die Gründungsform der Verschmelzung, der Holding- und der Tochter-SE ergibt sich dies aus § 35 Abs. 2 S. 2 SEBG unmittelbar.[10] Entsprechendes gilt nach h.M. aber auch für die SE-Gründung durch Umwandlung, auch wenn § 35 Abs. 1 SEBG dem Wortlaut nach anders verstanden werden könnte. Denn nach § 35 Abs. 1 SEBG bleibt die Regelung zur Mitbestimmung erhalten, die in der Gesellschaft vor der Umwandlung bestanden hat.[11]

2.2 Amtsdauer der Mitglieder des Verwaltungsorgans

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Nach Art. 46 Abs. 1 SE-VO werden die Mitglieder der Organe der SE für einen in der Satzung festgelegten Zeitraum, der sechs Jahre nicht überschreiten darf, bestellt. Obwohl der Wortlaut eindeutig zu sein scheint, ist es ausreichend, in der Satzung die bloße Höchstdauer der Amtszeit festzulegen[12] und die Bestellungsdauer im Einzelnen dem Bestellungsorgan zu überlassen.[13] Aufgrund des Wortlauts von Art. 46 Abs. 1 SE-VO, sollte dies aber aus praktischen Gesichtspunkten vorab mit dem Registergericht abgestimmt werden, denn nach der Eintragung bliebe der Verstoß gegen Art. 46 Abs. 1 SE-VO ohne Rechtsfolgen.

2.3 Beschlusserfordernis des Gesamtorgans

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Art. 48 Abs. 1 SE-VO regelt, dass in der Satzung der SE die Arten von Geschäften aufgeführt werden, für die im monistischen System ein ausdrücklicher Beschluss des Verwaltungsorgans erforderlich ist, also Beschlüsse für die das Verwaltungsorgan als Gesamtgremium zuständig ist. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob ein Katalog beschlussbedürftiger Rechtsgeschäfte Pflichtbestandteil der Satzung einer monistischen SE ist.[14]

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Auch wenn die deutsche Fassung des Art. 48 Abs. 1 SE-VO insoweit nicht eindeutig ist („In der Satzung der SE werden die Arten von Geschäften aufgeführt, […]“), spricht insbesondere die englische Fassung der SE-VO dafür, dass beschlussbedürftige Rechtsgeschäfte Pflichtbestandteil der Satzung einer monistischen SE sind („shall list“). Im Hinblick darauf, dass das Fehlen zwingender Satzungsbestandteile ein Eintragungshindernis darstellt, empfiehlt es sich bereits aus Vorsichtsgesichtspunkten, einen Basiskatalog beschlussbedürftiger Rechtsgeschäfte in der Satzung zu regeln. Die detailliertere Festlegung beschlussbedürftiger Rechtsgeschäfte kann (und sollte zweckmäßigerweise) durch das Verwaltungsorgan selbst erfolgen, um das Selbstorganisationsrechts nicht in unzulässiger Weise zu begrenzen.[15] Über die beschlussbedürftigen Rechtsgeschäfte muss das gesamte Organ beschließen. Die Zuständigkeit für solche Beschlüsse kann daher auch nicht auf einzelne Mitglieder des Verwaltungsorgans oder auf die geschäftsführenden Direktoren übertragen werden.[16] Mit diesen Fragen ist stets das Verwaltungsorgan zu befassen.

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Rechtlich sind die Grenzen dessen, was in der Satzung unter den Vorbehalt des Gesamtorgans gestellt werden kann, noch weiter als für das Aufsichtsorgan einer dualistischen SE. Die Zulässigkeitsgrenze ist erst dort überschritten, wo das Selbstorganisationsrecht des Verwaltungsorgans in unzulässiger Weise eingeschränkt wird.[17]

 

2.4 Sitzungsperiode des Verwaltungsorgans

139

Gem. Art. 44 Abs. 1SE-VO muss das Verwaltungsorgan wenigstens alle drei Monate zusammen kommen und über den Gang der Geschäfte und die voraussichtliche Entwicklung beraten. Die Satzung kann einen kürzeren Abstand zwischen den Sitzungen vorsehen. Umstritten ist, ob Art. 44 SE-VO einen zwingenden Regelungsauftrag an den Satzungsgeber enthält.[18] Ein Vergleich zu der englischen und französischen Fassung zeigt wiederum, dass diese Sprachfassungen von einer Regelungsverpflichtung ausgehen,[19] so dass das Fehlen von Regelungen über den Sitzungsturnus ein Eintragungshindernis darstellt. Zudem empfiehlt sich, nicht nur den Sitzungsturnus festzulegen, sondern auch die Pflicht, außerordentliche Sitzungen einzuberufen, sofern es das Wohl der Gesellschaft erfordert.[20]

4 › VIII. Satzungsregelungen beim monistischen System › 3. Fakultative Satzungsbestimmungen für die monistische SE

3. Fakultative Satzungsbestimmungen für die monistische SE

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Neben den zwingenden Regelungsaufträgen an den Satzungsgeber gewähren SE-VO und SEAG dem Satzungsgeber verschiedene Gestaltungsspielräume, die eine gewisse Flexibilisierung der Organisationsverfassung ermöglichen.

3.1 Beschlussfähigkeit des Verwaltungsorgans

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Art. 50 Abs. 1 SE-VO regelt die Beschlussfähigkeit und einzelne Aspekte der Beschlussfassung der Organe der SE für den Fall, dass weder die SE-VO noch die Satzung andere Regelungen vorsehen. Für den Satzungsgeber ergeben sich damit folgende Gestaltungsmöglichkeiten:

3.1.1 Gesetzliche Ausgangslage

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Soweit in der Satzung der SE keine andere Regelung vorgenommen wird, ist das Verwaltungsorgan dann beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend oder vertreten ist (Art. 50 Abs. 1 a SE-VO). Im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers der SE ist bei der Beschlussfähigkeit wie folgt zu differenzieren:

3.1.2 Anwesenheitsquoren

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Ist das Verwaltungsorgan der SE nicht paritätisch mitbestimmt, ist es möglich, für die Beschlussfähigkeit auch ein niedrigeres oder höheres Anwesenheitsquorum festzulegen.[21] Die insoweit von Teichmann vertretene Gegenauffassung,[22] ein niedrigeres Beschlussquorum könne in der Satzung nicht vorgesehen werden, überzeugt nicht. Nach dieser Ansicht würde ein Beschlussquorum, das unterhalb der Hälfte der Mitglieder festgesetzt würde, dem Charakter des Verwaltungsorgans als Kollegialorgan widersprechen. Diese Ansicht ist indessen nicht mit dem klaren Wortlaut des Art. 50 Abs. 1 a SE-VO in Einklang zu bringen. Hiernach wird dem Satzungsgeber ausdrücklich das Recht zur abweichenden Festlegung in der Satzung eingeräumt und dies nicht etwa auf die Festlegung eines höheren Beschlussquorums beschränkt.

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Fraglich ist indessen, ob der Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers bzgl. des Anwesenheitsquorums bei einem paritätisch besetzten Verwaltungsorgan beschränkt ist. Insoweit wird die Ansicht vertreten, dass ein Anwesenheitsquorum von mehr als 50 % mit dem Rechtsgedanken des Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO nicht in Einklang zu bringen sei. Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO untersagt für paritätisch mitbestimmte Verwaltungsorgane ausdrücklich, das Stichentscheidsrecht des Vorsitzenden zu beschränken. Hieraus wird zum Teil verallgemeinernd der Grundsatz abgeleitet, dass die Arbeitnehmerseite eine Beschlussfassung nicht allein verhindern können soll.[23] Würde man nun ein höheres Anwesenheitsquorum in der Satzung festlegen, könnte die Arbeitnehmerseite durch kollektives Fernbleiben Beschlussfassungen allein verhindern.

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Wenn der Satzungsgeber gleichwohl höhere Anwesenheitsquoren festsetzen möchte, ist ihm dies indessen nach richtiger Ansicht gestattet.[24] Denn Art. 50 Abs. 1 SE-VO räumt dem Satzungsgeber insoweit ausdrücklich einen Gestaltungsspielraum ein. Für eine einschränkende Auslegung des Art. 50 Abs. 1 SE-VO ist kein Raum. Denn wenn der Verordnungsgeber in Art. 50 Abs. 2 S. 2 SE-VO die Konstellation der paritätisch mitbestimmten SE ausdrücklich adressiert und in Art. 50 Abs. 1 SE-VO weitgehende Gestaltungsspielräume einräumt, ohne nach dem Mitbestimmungsregime zu differenzieren, kommt damit klar zum Ausdruck, dass der Verordnungsgeber bei der Anwesenheitsquote gerade nicht zwischen mitbestimmten und nicht mitbestimmten Verwaltungsorganen unterscheiden wollte. Dementsprechend kann der Satzungsgeber – unabhängig von der Frage, ob eine mitbestimmte SE vorliegt oder nicht – höhere oder niedrigere Anwesenheitsquoren für das Verwaltungsorgan festlegen.

3.1.3 Regelungen zur Anwesenheit von Organmitgliedern

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Zu den möglichen Regelungsgegenständen in der Satzung der SE zählt ebenfalls die Frage, wann Organmitglieder als anwesend bzw. vertreten gelten oder wie eine Teilnahme der Organmitglieder stattfinden kann. Im Hinblick darauf, dass ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung eine erhebliche Rechtsunsicherheit herrschen würde,[25] sind Satzungsregelungen anzuraten. Insoweit empfiehlt es sich vorzusehen, dass Organmitglieder auch dann als anwesend gelten, wenn diese per Telefon- oder Videokonferenz an der Sitzung teilnehmen.[26] Zudem könnte erwogen werden, auch die schriftliche Beschlussfassung im Wege des Umlaufverfahrens für zulässig zu erklären, soweit nicht wenigstens ein Drittel der jeweiligen Organmitglieder einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren widerspricht.

3.1.4 Regelungen zur Beschlussfassung

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Möglich und empfehlenswert ist es, die Beschlussfassung abweichend von Art. 50 Abs. 1 b SE-VO zu regeln. Diese Vorschrift sieht vor, dass ein Beschluss nur dann gefasst wird, wenn die Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Mitglieder für den Beschlussvorschlag stimmen. Damit ist gleichsam klargestellt, dass Enthaltungen als Nein-Stimmen zählen,[27] was vielfach nicht sachgerecht sein wird. Es empfiehlt sich dementsprechend, eine Satzungsregelung aufzunehmen, nach der ein Beschluss dann angenommen ist, wenn die Ja-Stimmen die Nein-Stimmen überwiegen.

148

Da Art. 50 Abs. 1 SE-VO hinsichtlich der Beschlussfähigkeit und der Beschlussfassung den Satzungsgeber ermächtigt, Regelungen vorzusehen, können derartige Bestimmungen nicht in einer etwaigen Geschäftsordnung vorgesehen werden.[28]

3.1.5 Stärkung der Rechtsstellung des Vorsitzenden des Verwaltungsorgans

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Fraglich ist, inwieweit die Stellung des Vorsitzenden des Verwaltungsorgans durch die Satzung gestärkt werden kann. Denkbar wäre beispielsweise, dem Vorsitzenden ein Veto-Recht oder das Recht zuzubilligen, andere Mitglieder des Verwaltungsorgans zu einem bestimmten Verhalten anzuweisen.

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Beim Verwaltungsorgan steht dem Vorsitzenden – mangels abweichender Regelung in der Satzung – nach Art. 50 Abs. 2 S. 1 SE-VO das Stichentscheidsrecht zu, so dass dem Vorsitzenden schon nach dem Leitbild der SE-VO eine herausgehobene Stellung zukommt. Welchen Spielraum der Satzungsgeber darüber hinaus in Bezug auf den Vorsitzenden hat, ergibt sich nicht unmittelbar aus der SE-VO. Überwiegend wird es für zulässig gehalten, dem Vorsitzenden des Verwaltungsorgans ein Veto-Recht einzuräumen.[29] Damit könnte dieser auch gegen den Willen sämtlicher anderer Mitglieder des Verwaltungsorgans die Ablehnung eines Beschlussantrags bewirken. Für die Zulässigkeit eines Vetorechts lässt sich tatsächlich anführen, dass es ebenfalls nach Art. 50 Abs. 1 SE-VO möglich wäre, Einstimmigkeit für Beschlüsse vorzusehen. Ein solches Einstimmigkeitserfordernis würde in der Sache jedem Mitglied des Verwaltungsorgans ein Veto-Recht einräumen, so dass es erst recht zulässig sein muss, nur dem Vorsitzenden ein solches Recht zuzubilligen, denn der SE-VO lässt sich nicht der Grundsatz entnehmen, dass sämtliche Mitglieder des Verwaltungsorgans gleich zu behandeln sind. Dementsprechend kann für den Vorsitzenden ein Veto-Recht satzungsmäßig festgelegt werden.

151

Dies gilt allerdings nicht für die mitbestimmte SE. Denn bei der mitbestimmten SE ordnet § 38 SEBG klar an, dass die Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsorgan die gleichen Rechte und Pflichten haben, wie die Vertreter der Anteilseigner. Ein Veto-Recht kann dementsprechend durch die Satzung im Verwaltungsorgan nur bei der nicht bestimmten SE angeordnet werden.

152

Fraglich ist aber, ob dem Vorsitzenden des Verwaltungsorgans auch ein Alleinentscheidungsrecht oder das Recht, andere Organmitglieder anzuweisen, durch die Satzung eingeräumt werden kann. Da es – anders als bei der dualistischen SE[30] – nur in bestimmten Konstellationen möglich ist (§ 23 SEAG), ein Einpersonenverwaltungsorgan zu implementieren, greift für das Verwaltungsorgan das Argument, es wäre auch möglich, ein Einpersonenverwaltungsorgan zu implementieren, nicht durch. Hinzu kommt, dass die SE-VO das Prinzip des Kollegialorgans verankert,[31] mit dem sich eine derart herausgehobene Stellung des Vorsitzenden nicht in Einklang bringen lässt. Dementsprechend hält es die h.M. zu Recht für unzulässig, ein solches Letztentscheidungsrecht des Vorsitzenden satzungsmäßig (oder anderweitig) zu verankern.[32]

3.1.6 Ausschüsse des Verwaltungsorgans

153

Zur inneren Ordnung des Verwaltungsorgans finden sich in der SE-VO keine weiteren Regelungen, so dass über Art. 43 Abs. 4 SE-VO § 34 Abs. 4 S. 1 SEAG Anwendung findet. § 34 Abs. 4 SEAG wiederum regelt die Möglichkeit, Ausschüsse des Verwaltungsorgans zu bilden, namentlich, um Verhandlungen und Beschlüsse des Gesamtgremiums vorzubereiten oder die Ausführung von Beschlüssen zu überwachen.

154

Auch wenn die wohl überwiegende Ansicht es für zulässig erachtet, dass das Verwaltungsorgan beschließende Ausschüsse einsetzt,[33] sind verschiedentlich Zweifel an der Vereinbarkeit beschließender Ausschüsse mit Art. 50 SE-VO geäußert worden.[34] Vorsorglich empfiehlt es sich dementsprechend, von der Ermächtigung an den Satzungsgeber nach Art. 50 Abs. 1 S. 1 SE-VO Gebrauch zu machen und die Ermächtigung zur Einsetzung beschließender Ausschüsse unmittelbar in der Satzung vorzusehen.

3.2 Wiederbestellung von Mitgliedern des Verwaltungsorgans

155

Nach Art. 46 Abs. 2 SE-VO können die Organe der SE – vorbehaltlich satzungsmäßiger Einschränkungen – einmal oder mehrmals wieder bestellt werden. Der Wortlaut macht deutlich, dass eine automatische Verlängerung der Amtszeit nicht zulässig, sondern ein erneuter Bestellungsbeschluss erforderlich ist.[35] Die Satzung kann diesbzgl. Einschränkungen für die Möglichkeit der Wiederbestellung regeln. So kann beispielsweise der Bestellzeitraum für die Erst- und Wiederbestellung unterschiedlich lang definiert, die Anzahl der Wiederbestellungen begrenzt oder eine Altersgrenze eingeführt werden.[36] Ausweislich des Wortlauts des Art. 46 Abs. 2 SE-VO ist es nicht möglich, eine Höchstdauer der Mitgliedschaft festzulegen, denn Art. 46 Abs. 2 SE-VO stellt ausdrücklich auf die Anzahl der Bestellungen ab („einmal oder mehrmals […] wiederbestellt werden“).