Weiterbildung an Hochschulen

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Weiterbildung auf Tertiärstufe

Die oben erörterte Entwicklung der Weiterbildungslandschaft Schweiz beeinflusst auch die Entwicklung der Weiterbildung an Hochschulen in der Schweiz. Insbesondere werden sich die Hochschulen in den nächsten Jahren mit Fragen der Qualität, der Finanzierung, der Zugänge und der Anerkennung von Abschlüssen befassen müssen.

Hochschulförderungs- und Weiterbildungsgesetz

In der Schweiz sind in den letzten Jahren zwei für die Weiterbildung an Hochschulen wichtige Gesetze entstanden: Das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG) und wie erwähnt das Weiterbildungsgesetz (WeBiG). Das HFKG ist seit 2015, das WeBiG seit Anfang 2017 in Kraft. Bei beiden Gesetzen ist die fachliche und die bildungspolitische Umsetzung ein längerer Prozess, dessen konkrete Auswirkungen auf die non-formale Bildung zurzeit noch unklar sind. Swissuniversities, die Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen, hat diese Aufgabe noch vor sich. Nach Art. 2.2 WeBiG ist es an den »gemeinsamen hochschulpolitischen Organen«, die Umsetzung der Grundsätze des WeBiG vorzunehmen. Zudem beauftragt das HFKG den Hochschulrat, »die Weiterbildung in Form von einheitlichen Rahmenvorschriften« zu regeln (vgl. Art. 12.3. a.4 HFKG).

Für die Weiterbildungslandschaft Schweiz wäre es von großem Vorteil, wenn im Jahr der Inkraftsetzung des WeBiG auch klar wäre, wie die Hochschulkonferenz die Grundsätze des WeBiG umsetzen will und wie die einheitlichen Rahmenvorschriften für die Hochschulweiterbildung aussehen sollen. Dies wäre einerseits für die Hochschulen selbst hilfreich. Sie könnten ihre Weiterbildungsplanung dann auf einer konsolidierten Basis angehen. Schwierigkeiten bei der Verständigung bereiten die unterschiedlichen Vorstellungen und Ansprechpartner der Pädagogischen Hochschulen, Fachhochschulen, Eidgenössischen Technischen Hochschulen, des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung und der Universitäten. Wie in anderen Bereichen gibt es auch auf dieser Ebene keine Tradition eines gemeinsamen Dialogs und Lobbyings im Weiterbildungsbereich.

Seit Beginn der Diskussionen um das WeBiG fordern die Hochschulen, dass ihre Weiterbildungsangebote CAS (Certificate of Advanced Studies), DAS (Diploma of Advanced Studies) und MAS (Master of Advanced Studies) der formalen Bildung zugerechnet werden. Dieses Ziel haben die Hochschulen nicht erreicht: Das WeBiG definiert diese Angebote als non-formal. Nun war es aber so, dass die Weiterbildungsmaster der Fachhochschulen (MAS, EMBA) – ehemals Nachdiplomstudien – vor der Einführung des WeBiG als formal galten. Durch die neue Zuordnung zum non-formalen Bereich befürchteten die Fachhochschulen einen Bedeutungsverlust ihrer Weiterbildungsangebote. Diese Befürchtung teilen die Hochschulen mit den Weiterbildungsakteuren, die sich – ebenfalls erfolglos – dagegen wehrten, dass die ganze Weiterbildung mit dem tendenziell abwertenden Etikett »non-formal« versehen wurde.

Ein weiteres, noch ungelöstes Problem ist die Abgrenzung beziehungsweise das Ineinandergreifen von formaler und non-formaler Bildung. Diese Diskussion betrifft die tertiäre Bildung – Hochschulen und höhere Berufsbildung – genauso wie gewisse Bereiche der Berufsbildung, beispielsweise im Zusammenhang mit Branchenzertifikaten. Wie die Weiterbildungsangebote der Hochschulen sind auch viele Branchenzertifikate stark standardisiert und eng mit dem formalen System verzahnt, weil sie oft als Voraussetzung für formale Lehrgänge gelten oder offiziell als Teilabschlüsse anerkannt sind.

So gibt es eine ganze Reihe an Branchen- und Verbandszertifikaten, die als non-formal definiert sind, aber innerhalb ihrer Branche anerkannt sind und teilweise auch für formale Abschlüsse angerechnet werden. Dazu gehört beispielsweise das SVEB-Zertifikat für Trainer/Ausbildende, das bislang von rund 40 000 Personen erworben wurde; das Zertifikat ist Teil des formalen eidgenössischen Fachausweises Ausbildner/-in. Die Problematik der Verzahnung eines non-formalen Abschlusses mit dem formalen System stellt sich hier also in ähnlicher Weise wie bei den Hochschulen mit ihren CAS-/DAS-/MAS-Abschlüssen.

Entsprechend forderten die Hochschulen, dass die Studiengänge CAS, DAS und MAS als formale Bildung gelten müssten (vgl. Fischer 2014, S. 18). Dazu sollten diese Lehrgänge gemäß der Forderung der Hochschulen über das HFKG statt über das WeBiG geregelt werden. Dies hätte allerdings zu einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber den anderen Weiterbildungsanbietern geführt, was wiederum dem WeBiG widersprochen hätte. Wegen der mangelnden Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren ist es im Verlauf der Entwicklung des WeBiG nicht gelungen, eine Lösung für dieses Anliegen zu finden.

Vor dem Hintergrund des Ineinandergreifens von standardisierten Weiterbildungsangeboten und formalem System wäre es sinnvoll, die Definition formal/non-formal nochmals zu reflektieren und zu prüfen, ob CAS, DAS und MAS sowie innerhalb ihrer Branche anerkannte Verbandszertifikate als formale Weiterbildung definiert werden sollten.

Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen des HFKG und des WeBiG verändern teilweise die Spielregeln zur Steuerung und Förderung von Weiterbildung in der Schweiz. In beiden Fällen handelt es sich nicht um innovative Gesetze, die die Bildungslandschaft umkrempeln würden. Trotzdem ist zu erwarten, dass sich die Weiterbildungsanbieter in den nächsten Jahren vermehrt mit den im WeBiG enthaltenen Themen Abschlüsse, Transparenz und Qualität auseinandersetzen werden.

Abschlüsse und Finanzierung der höheren Berufsbildung

In der höheren Berufsbildung, die ebenfalls zum Tertiärbereich gehört, gibt es zwei Arten von formalen, eidgenössisch anerkannten Abschlüssen: die Abschlüsse der Höheren Fachschulen (HF) und die eidgenössischen Prüfungen (Berufsprüfung BP zum Abschluss eidg. Fachausweis; Höhere Fachprüfung HFP zum Abschluss eidg. Diplom). In den letzten Jahren wurde politisch viel über die Konkurrenz zwischen Tertiär A (Hochschulen) und Tertiär B (höhere Berufsbildung) diskutiert und debattiert. Die Konkurrenzsituation und Diskussionen beziehen sich vor allem auf die internationalen (englischen) Titelbezeichnungen, die ungleiche finanzielle Förderung und die Abgrenzung der Weiterbildungskurse in den verschiedenen Systemen.

Bei der Titelfrage wurden von verschiedenen Kreisen die Bezeichnungen Professional Bachelor (für eidg. Fachausweise) und Professional Master (für eidg. Diplome) vorgeschlagen. Beim Parlament konnte sich dieser Vorschlag allerdings nicht durchsetzen. Das Hauptargument der Gegner lautete, die Verwendung der aus dem Hochschulbereich stammenden Begriffe Bachelor und Master würde zu Verwirrung zwischen Tertiär A und Tertiär B führen. Stattdessen wurde entschieden, dass die Abschlüsse der höheren Berufsbildung die Bezeichnung Higher Education2 verwenden dürfen, wobei allerdings auch dieser Begriff im Bereich Tertiär A verankert ist. Für Absolventinnen und Absolventen der höheren Berufsbildung ist die neue englische Bezeichnung bei der Stellensuche im Ausland oder bei internationalen Firmen im Inland von Vorteil, weil sie in Konkurrenz zu Bewerbern mit akademischen Abschlüssen stehen. Bei renommierten Firmen hat sich überdies der Trend durchgesetzt, fast ausschließlich Kandidaten und Kandidatinnen mit einem Tertiär-A-Abschluss zu rekrutieren. Die Verwendung des Begriffs Higher Education verdeutlicht, dass es sich bei der höheren Berufsbildung ebenfalls um tertiäre Abschlüsse handelt. Solche werden im Übrigen auch im Anschluss an akademische Abschlüsse absolviert, wenn ein starker Praxisbezug gewünscht ist.

Mit der Maßnahme der neuen Titelbezeichnungen3 verfolgt der Bund das Ziel, das schweizerische System der höheren Berufsbildung international bekannter zu machen und ihm damit eine Zukunft zu ermöglichen (vgl. Strahm 2014). Dazu gehört auch die Bereitschaft des Bundes, die Vorbereitungskurse zu den höheren Fachprüfungen (HFP) stärker zu unterstützen. Umgesetzt wird dies über die nachfrageorientierte Finanzierung, was bedeutet, dass die Beiträge nicht mehr an die Anbieter, sondern an die Teilnehmenden ausbezahlt werden.

CAS/DAS/MAS und Zugangsvoraussetzungen

Im Folgenden stellen wir die von Hochschulen angebotene Weiterbildung in den Kontext aktueller Entwicklungen im In- und Ausland.

In ihrem Weiterbildungsangebot nehmen die Hochschulen den Auftrag wahr, Personen mit Hochschulabschluss und beruflicher Erfahrung weiterzubilden. Weiterbildung steht dabei im Kontext des lebenslangen Lernens und ist eine Form des Wissenstransfers zwischen Hochschule und Praxis. Die Hochschulen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Angebote kostendeckend anzubieten.

Die von den Hochschulen angebotenen Weiterbildungen CAS, DAS und MAS gehören wie bereits erwähnt gemäß Definition im WeBiG zur non-formalen Weiterbildung. Sie orientieren sich zwar am Bologna-System und umfassen einen definierten, in ECTS-Punkten gemessenen Arbeitsaufwand, sind aber nicht Teil des Bologna-Systems und führen auch nicht zu anerkannten akademischen Titeln. CAS und DAS sind häufig Teilabschlüsse eines MAS. In Ergänzung zu diesen Angeboten bieten die Hochschulen zahlreiche kürzere, nicht zertifizierte Kurse an. Das Themenspektrum ist sehr breit und das Angebot unübersichtlich. Zudem gibt es auf dem Markt vereinzelt auch CAS-Kurse von privaten Anbietern, die nicht zum Hochschulbereich gehören.

Wie viele Weiterbildungslehrgänge die Hochschulen insgesamt anbieten, ist nicht bekannt. Gemäß einer Schätzung der Handelszeitung aus dem Jahr 2013 sind es rund 1300 CAS-Lehrgänge, 262 DAS-Lehrgänge und 415 MAS-Angebote (vgl. Waltersperger & Müller 2013). Die Pädagogischen Hochschulen und die Fachhochschulen übertreffen die Universitäten bei Weitem bezüglich der Anzahl der Angebote. Inhalt, Programm und Struktur der Angebote werden von der jeweiligen Hochschule festgelegt und können sich erheblich unterscheiden, auch bezüglich der Zugangsvoraussetzungen. Wie Fischer (2014, S. 32) festhält, sind die Weiterbildungsangebote eine Form des Wissenstransfers aus den Hochschulen in die Gesellschaft, so beispielsweise wenn es um Forschungsresultate geht. Diese Angebote sind Teil eines umfassenden Lehrangebots und tragen so auch zur gesellschaftlichen Verankerung der Hochschulen und der akademischen Berufsprofile bei. Die PH Luzern versteht die Lehrerbildung beispielsweise als lebenslangen Prozess, zu dem auch die wissenschaftlich fundierte Weiterbildung gehört (vgl. Fischer 2014, S. 32 ff).

 

Der Bologna-Prozess hat die Hochschullandschaft nachhaltig umgestaltet. Auf die Weiterbildung hatte Bologna aber bisher geringen Einfluss. Dasselbe gilt auch für andere internationale Standardisierungsprozesse: Weder der Bologna-Prozess (Hochschulen) noch der Kopenhagen-Prozess (Berufsbildung, lebenslanges Lernen) oder der Nationale Qualifikationsrahmen haben bis jetzt eine steuernde Wirkung auf die Weiterbildung erzielt (vgl. Fischer 2014, S. 16). Der Kopenhagen-Prozess wurde von den europäischen Weiterbildungsorganisationen mitgeprägt, aber auch dieser Prozess lässt die Ausgestaltung der Weiterbildung offen. Die Hochschulweiterbildung fällt zwischen Stuhl und Bank, da weder der Bologna- noch der Kopenhagen-Prozess oder der Nationale Qualifikationsrahmen Nennenswertes zur Klärung und Steuerung der Weiterbildung an Hochschulen beitragen. Entsprechend heterogen sind die Bedingungen.

Die Zugangsvoraussetzungen für die Weiterbildung an Hochschulen sind nicht einheitlich geregelt, obwohl in der Regel ein Hochschulabschluss verlangt wird. Die Fachhochschulen nehmen in der Weiterbildung aber auch Teilnehmende ohne akademischen Abschluss auf. Tatsächlich sind Weiterbildungen an den Fachhochschulen für viele Personen mit Lehrabschluss und entsprechender Praxis sehr attraktiv. Für diese Teilnehmenden, die normalerweise keinen Zugang zu formalen Studiengängen der Hochschulen haben, sind die Angebote der Fachhochschulen oft die einzige Möglichkeit, am Hochschulsystem mit seinem hohen gesellschaftlichen Prestige teilzuhaben. Dies führt gelegentlich zu Spannungen zwischen Weiterbildungsstudiengängen und grundständigen Studienangeboten. Eine weitere Folge ist der verschärfte Wettbewerb mit den Anbietern der höheren Berufsbildung, so beispielweise gegenüber den höheren Fachschulen oder privaten Weiterbildungsanbietern wie den Klubschulen.

Um Fachkräften mit einem Lehrabschluss den Zugang zu Weiterbildungen an Hochschulen zu ermöglichen, wird in der Schweiz das Verfahren der Anerkennung und Validierung von früheren Lernleistungen weiterentwickelt (vgl. dazu Beitrag von Schmid und Kraus in diesem Band). Dieses Anliegen fand auch Eingang ins WeBiG, das gemäß Art. 7 die Förderung der Validierungssysteme ermöglicht. Bei den Hochschulen ist zudem oft die Aufnahme »sur dossier« möglich. Im Unterschied zur Validierung werden dazu nur der Lebenslauf und die Nachweise der bisherigen Aus- und Weiterbildungen benötigt. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft bei diesem Verfahren in der Regel ein Expertengremium der jeweiligen Hochschule.

Anstehende Entwicklungen

In den nächsten Jahren stehen der Weiterbildung weitere entscheidende Entwicklungen bevor. Einige davon werden hier kurz skizziert:

Bei Diskussionen um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen – beispielsweise die demografische Alterung, Migration, Armut oder Fachkräftemangel – dürften die Akteure der Weiterbildung künftig stärker einbezogen werden. Die Einführung des WeBiG trägt dazu bei, dass diese meist unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführten Diskussionen künftig vermehrt auch als bildungspolitische Themen wahrgenommen werden. Dabei geht es beispielsweise um die Frage, was Erwachsenenbildung beitragen kann, um den Mangel an Fachkräften zu beheben. Der Weiterbildungsbereich wird sich künftig vermehrt mit Fragen des beruflichen Wiedereinstiegs, der Integration, der Umschulung oder der Nachholbildung für alle Altersklassen beschäftigen.

Die WeBiG-Grundsätze werden sich als selbstverständliche Orientierungspunkte in der Planung der Weiterbildung etablieren – unabhängig davon, ob ein Anbieter öffentliche Gelder bezieht oder nicht. Leitend dürften dabei die Themen Qualität, Markttransparenz, Chancengleichheit und Anrechnung von informell erworbenen Kompetenzen sein.

In verschiedenen Berufen wird das Thema Weiterbildungspflicht zur Diskussion stehen. Diese Entwicklung beobachten wir speziell in akademischen Berufen, so beim medizinischen Personal, insbesondere bei den Ärzten, aber auch bei Psychologen, Lehrerinnen und Lehrern oder bei Führungspersonen in der Verwaltung. Ihnen werden zunehmend obligatorische Weiterbildungen verordnet.

Das nach wie vor ungelöste Problem der Intransparenz im dynamischen Weiterbildungssystem dürfte in den nächsten Jahren besonders virulent werden. Wenn das System in Fragen der Qualität, bei der Anrechnung von Bildungsleistungen oder bei der Anerkennung non-formaler Abschlüsse weiterkommen will, müssen Angebote und Abschlüsse transparenter gestaltet und besser aufeinander abgestimmt werden. In diesem Zusammenhang gewinnen die Themen Kompetenzorientierung und Modularisierung sowie der Aufbau modularer »Baukästen« an Bedeutung (siehe die Beiträge von Kraus & Schmid, Buff Keller & Zimmermann sowie das Praxisbeispiel von Förster und Grau in diesem Band).

Die öffentliche Finanzierung bleibt ein wichtiges Thema, obwohl das System auch weiterhin größtenteils privat finanziert sein wird. Während viele Erwachsene von ihren Arbeitgebern bei der Weiterbildung unterstützt werden, müssen andere tief in die eigene Tasche greifen, um die – speziell bei der Hochschulweiterbildung – enormen Kosten von oft mehreren Zehntausend Franken aufzubringen. Zur Unterstützung von Personen, die diese Kosten nicht selbst tragen können, sollten Möglichkeiten, wie beispielsweise Fonds oder Darlehenssysteme, geschaffen werden. Gemäß der aktuellen Regelung können Weiterbildungskosten von jährlich bis zu 12 000 Franken von den Steuern abgezogen werden. Eine solche Maßnahme reicht aber nicht aus, um die Finanzierung zu gewährleisten, insbesondere nicht bei Personen mit einem Teilzeitpensum. An der Reflexion dieser Problematik sollten sich auch die Hochschulen beteiligen.

Das Parlament hat bezüglich Finanzierung noch weitere Entscheide gefällt. So gelten die zwar freiwilligen, faktisch aber meist unverzichtbaren Vorbereitungskurse zu den formalen eidgenössischen Prüfungen als non-formale Weiterbildung. Diese Kurse sind ein wesentlicher Bestandteil der höheren Berufsbildung, werden aber nicht vom Bund geregelt und gehören bildungssystematisch gemäß WeBiG deshalb zur Weiterbildung. Ab 2018 werden diese Kurse mit bis zu 50 Prozent der Kosten staatlich finanziert. Dafür hat das Parlament innerhalb der aktuellen Botschaft für Bildung, Forschung und Innovation (Schweizerischer Bundesrat 2016) über 200 Millionen Franken bewilligt. Entsprechend dem WeBiG gilt für die Weiterbildung generell, also auch für die Vorbereitungskurse, der Grundsatz der nachfrageorientierten Finanzierung. Einen solchen Eingriff in das schweizerische Weiterbildungssystem hat es bisher nicht gegeben. Die Auswirkungen auf die Teilnehmenden sowie auf die Anbieter und die Organisationen der Weiterbildung sollten genau beobachtet und wissenschaftlich untersucht werden.

Ausblick und Desiderate
Was können Hochschulen und nicht-universitäre Weiterbildungslandschaft voneinander lernen?

Mit dem WeBiG liegen die gesetzlichen Rahmenbedingungen vor, um die Weiterbildungsforschung künftig stärker zu fördern. Das Weiterbildungssystem ist für eine Entwicklung und Professionalisierung auf Forschung und auf theoretische Reflexion angewiesen.

Die Erwachsenenbildung hat aber auch den Hochschulen etwas zu bieten. Diese Diskussion wurde in der Schweiz bisher nicht geführt. Reflexionen zum Verhältnis zwischen Universitäten und der Erwachsenenbildung in anderen Ländern zeigen, welche Impulse die Erwachsenenbildung den Hochschulen geben kann, wenn beide Akteure zu einem Dialog über das Verhältnis von Wissenschaft und Praxis bereit sind (vgl. Egger 2016). Wie Egger festhält, haben sich die Hochschulen bisher noch gar nicht mit der Frage befasst, inwiefern wissenschaftliche Weiterbildung spezifische, die hochschuldidaktische Qualifikation ergänzende Kompetenzen erfordert, um erwachsenengerechte und lebensbegleitende Weiterbildung anzubieten. Wie der Autor weiter anmerkt, gehen Hochschullehrerinnen und -lehrer in der Regel davon aus, dass sie die spezifischen Kompetenzen für die Erwachsenenbildung bereits besitzen, obwohl ihnen oft weiterbildungsrelevante Kompetenzen fehlen. Egger nennt hier insbesondere die »weiterbildungsaktiven Momente, die oft jenseits von Standardsituationen liegen, wie Wissen an lebens- und berufsspezifische Kontexte anschlussfähig gemacht wird, welche Widersprüchlichkeiten biografisch bedeutsames Lernen durchziehen oder welch große Rolle die Lernatmosphäre spielt – alles Elemente, die in der Erwachsenenbildung wesentlich sind« (Egger 2016, S. 05-4).

Aufgrund dieser Reflexion zieht Egger den Schluss, dass die Organisation berufsbegleitender Studiengänge an Hochschulen eine »prinzipiell andere methodische Planung und ein teilnehmerInnenorientiertes Lernverständnis [erfordert], das der grundständigen Lehre auch nicht abträglich wäre, in der Weiterbildung aber unbedingt gefordert ist. Eine schlichte Ausdehnung universitärer ›Beschulung‹ ohne eine gleichzeitige Veränderung der Rahmenbedingungen und der Qualität der Lehr- und Lernprozesse kann den Prinzipien lebensbegleitender Weiterbildungsprozesse nicht entsprechen« (Egger 2016).

Die Hochschulen könnten bei ihren Weiterbildungsangeboten (aber auch im grundständigen Studium, vgl. das Interview mit Arnold und Hanft in diesem Band sowie Zimmermann & Zellweger 2012) also durchaus von methodisch-didaktischen Ansätzen und Erfahrungen der Erwachsenenbildung profitieren, insbesondere von der im Weiterbildungsbereich wichtigen Teilnehmerorientierung.

Ein weiterer Ansatz für die stärkere Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und nicht-universitärem Weiterbildungsbereich wären Verbundprojekte. Mit gemeinsamen Programmen für unterschiedliche Zielgruppen könnte das lebensbegleitende Lernen dynamischer und erwachsenengerechter gestaltet werden, zum Beispiel auf Gebieten wie der Klimaforschung.

Der Nutzen einer verstärkten Zusammenarbeit ist selbstverständlich gegenseitig. Aufseiten der Weiterbildungsanbieter mangelt es oft an theoretischen Bezügen und an spezifischem Wissen, das mit bestehenden teilnehmerorientierten Programmen verbunden werden könnte. In Zürich findet dies beispielsweise durch die intensive Zusammenarbeit zwischen Universität und Volkshochschule statt. Diese Form der Kooperation ist im Weiterbildungsbereich jedoch selten.