Dichtung und Klarheit

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SCHEMA F


SARKOPHAG

Mein Sarkophag

schützt mich am Tag

und in der Nacht,

wenn mein Spieltrieb erwacht,

flüchte ich aus dem Kamin

und spuke als Harlekin.

In euren Gemäuern

werde ich eure Ängste steuern.

Kein Lebewohl!

Kein Freiheitsidol!

Kein Alkohol!

Kein Kreuzsymbol!

Ihr könnt euch nicht betäuben,

ihr könnt euch nicht sträuben.

Weder Halluzinogene

noch dreiste Fluchtpläne.

Es gibt kein Entkommen,

ich hab euch die Kraft genommen.

Ihr könnt betteln und flehen,

ich lasse euch niemals gehen!

Mein Sarkophag.

Ein sicherer Verschlag.

Niemand kann mich finden,

meinen Wall überwinden.

Da ist kein Trüffel für die Blinden.

Eure Träume sind nicht feucht, sondern schrecklich.

Ich bin der Urheber und prinzipiell ursächlich.

Euer Schritt ist nicht vor Geilheit nass.

Vor lauter Panik uriniert ihr ohne Unterlass.

Hört ihr mich lachen?

Meine Krallen schlagen ins Fleisch.

Die Todgeweihten werden ganz bleich.

Spitze Zähne, schwarze Augen, böser Blick.

Mein Kiefer bohrt sich ins Genick.

Stirb!


SARKOPHAG



BIS ANS ENDE DIESER WELT

Soweit uns unsere Füße tragen.

Hinter uns Pandemien, Plünderer und Plagen.

Auf der Suche nach unserer eigenen Utopie.

Wir suchen und suchen und finden sie nie.

Sauberes Wasser, sauberes Essen.

Die Erinnerung quält uns, erschwert das Vergessen.

Kanonenfeuer am Firmament!

Der Himmel brennt!

Giftgas im Elysium!

Wir sterben im Delirium!

Ich gehe mit dir bis ans Ende dieser Welt,

auch wenn uns beiden das Ende nicht gefällt.

Bevor wir verdursten und zittern wie Espenlaub

kommt ein greller Blitz und wir zerfallen zu Staub.

Gemeinsam über Stock und über Stein.

Wir flüchten Hals über Kopf – querfeldein.

Der Abgrund empfängt uns, eröffnet neue Perspektiven,

wartet geduldig bis wir uns zum Sprung entschließen.

Der Mangel an allem ist eklatant.

Der Gestank nach Schwefel penetrant.

Wir gehen durch die Hölle – miteinander.

Wir verlieren unsere Sinne – nacheinander.

Zuerst das Hören: deine Stimme wird mir fehlen.

Dann das Sehen, dass sich unsere Hände verfehlen.

Das Schmecken folgt, zusammen mit dem Gefühl.

Das Riechen versiegt und es wird kühl.


BIS ANS ENDE DIESER WELT




JEDEN TAG

Jeden Tag Stau, Druck, auf die Fresse

Jeden Tag Plattitüden in der Presse

Jeden Tag Hass, Krieg, Langeweile

Jeden Tag Hektik, Stress, Termine, Eile

Jeden Tag Hitze, Sturm, Enge

Jeden Tag Gedränge in der dichten Menschenmenge

Jeden Tag schnell, schneller, im Kreis von Hetzern

Jeden Tag am besten gestern

Jeden Tag Tote, Leid, Fopper

Jeden Tag verdammt viele, unschuldige Opfer

Jeden Tag fünf Minuten, die Uhr im Blick, ein Gebet

Jeden Tag ist es zu spät

Jeden Tag Verlust, Trauer, dieselbe Scheiße

Jeden Tag nähert sich der Verfall leise

Jeden Tag Lärm, Krach, eine Last

Jeden Tag den Absprung verpasst

Wer will das schon?

Wer braucht das noch?

Keine Gravitation!

Ein schwarzes Loch.

Jeden Tag krank, Seuche, Egoist

Jeden Tag ganz tief im Mist

Jeden Tag müde, kalt, Sorgen

Jeden Tag ein falsches Lächeln: »Guten Morgen!«

Jeden Tag Hunger, Klima, Armutsschere

Jeden Tag starren in die weite Leere

Jeden Tag Nichts, Drogen, hässlich, fett und dumm

Jeden Tag nur noch mit Narkotikum

Dreh die Musik lauter!

Ich will Spaß!

Tanzt ihr Nutten!

Der König schaut ins Glas.

Die Welt geht unter.

Der Mensch frisst sich auf.

Da stehen wir drüber.

Es ist Sommerschlussverkauf!

Der Winter kommt; die Eiszeit naht.

Wir erfrieren auf unserem Feuerrad.

Zieh die Reißleine!

Schmeiß den Anker!

Aktiviere die Notbremse!

Alles wird kranker und kranker …


JEDEN TAG



UND DIE FURCHT WIRD VERGEHEN

Ich bin dein Brandungsfels, auch wenn ich erodiere,

ich schütze dich vor der Flut.

Ich bin dein Eisenschild, auch wenn ich korrodiere,

ich schütze dich vor jedem Disput.

In meiner Obhut bist du sicher,

in meinen Armen bleibt die Zeit kurz stehen.

Meine Hände hüllen dich ein

und die Furcht wird vergehen.

Ich bin dein Fellmantel, auch wenn ich erfriere,

ich schütze dich vor Schneegestöber.

Ich bin dein Märchenheld, auch wenn ich fabuliere,

bin Drachentöter, Kettensprenger, Schlangenbeschwörer.

In meiner Obhut bist du sicher,

in meinen Armen bleibt die Zeit kurz stehen.

Meine Hände hüllen dich ein

und die Furcht wird vergehen.

Ich bin dein Kuscheltier, auch wenn ich fantasiere,

ich schütze dich vor Einsamkeit.

Ich bin dein Gewissen, auch wenn ich transzendiere,

ich schütze dich vor Fahrlässigkeit.

In meiner Obhut bist du sicher,

in meinen Armen bleibt die Zeit kurz stehen.

Meine Hände hüllen dich ein

und die Furcht wird vergehen.

Du hast Angst vor Veränderung, lass mich deine Konstante sein.

Du hast Zweifel an der Zukunft, lass mich dein gutes Orakel sein.

Ich bin der Anker, der dich bei Sturm im Hafen hält.

Alles wird gut, auch wenn der letzte Groschen fällt.

Die Welt dreht sich zu schnell für dich.

Du verlierst dein Gleichgewicht,

alles verzerrt, so trügerisch.

Ich fang dich auf, voller Zuversicht.

Bei mir darfst du zerbrechlich sein.

Bei mir darfst du mürrisch sein.

Mit mir bist du nie allein.

Ich stehe an deiner Seite tagaus, tagein.

Ich bin dein Thermostat,

spende Wonne und Wärme.

Ich laufe im Hamsterrad,

spende Licht, auch aus der Ferne.

Und bin ich unsichtbar, so bin ich doch ganz nah,

wie eine innige Aura, immer für dich da!

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