(Wahre Geschichte) Reggae Love, wenn die Liebe weint! Schwarz weiße Liebesodyssee

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Er hatte so immer Erfolg bei schwarzen Frauen, hatte Affären mit Frauen gehabt, die in Beziehungen waren. Kam er auch bei den weißen Frauen an? Er sagte sich, er wäre nicht Johnny Win-Win, wenn er diese Herausforderung nicht annehmen würde.

„Und was machst du mit deiner Familie? Du hast doch eine? Frau, Kinder usw. Sie bleiben allein?“, fragte Günther ein bisschen vorwurfsvoll.

Johnny nahm diese Frage als eine gezielte Provokation von Günther, der so versuchte sein Image bei den beiden Frauen zu beschmutzen. Er blieb äußerlich sehr kontrolliert und nett, lachend konterte er mit einer Gegenfrage: „ Gerade du Gunder...“, sofort ging Anna dazwischen: „Nicht Gunder, Günther.“

„Egal, ich nenne ihn einfach Doktor, das ist viel einfacher als Gunder“, entgegnete Johnny und fuhr fort, „gerade du Dr. solltest wissen, dass so etwas möglich ist und die Familie nicht eine Bremse sein sollte auf dem Weg zur Realisierung seiner Pläne. Du bist hier – so würde man in Afrika sagen – unser großer Bruder. Du hast sicher vor uns allen hier eine Familie gegründet. Ich fahre nur nach Kribi. Das ist 150 km entfernt von Douala. Und du? Du bist seit sechs Monaten hier, 6000 Kilometer entfernt von deiner Familie, deiner schönen Frau, deinen Kindern, Eltern usw. Du siehst aber, dass es geht, oder?“

Alle waren auf einmal still. Stefan und Anna wussten, dass Günther getroffen war. Seine Vorgeschichte war ein bisschen schwierig und schmerzhaft. Aber Stefan sah nicht besonders traurig aus. Um seinen Mundwinkel erschien ein kleines Lächeln, als ob er sich freute über das, was Johnny gesagt hatte. Er dachte nur, Günther ist selbst schuld, der Moralprediger, als ob er total rein wäre. Wenn man selber Leichen im Keller hat, sollte man nicht über Leichen im Keller reden.

„Hein, Günther? Du verstehst, was ich meine, oder?“, fügte Johnny hinzu.

Günther grinste verlegen und hob seine Schultern.

Es war schon sehr dunkel, aber die Lichter, die immer mehr wurden, zeigten an, dass man in Kribi war, nach zwei Stunden Fahrt durch den Regenwald.

Man konnte den weißen Sandstrand und das Meer sehen und hören.

Man roch überall in der Luft den Geruch des Meeres. Es war warm und leicht schwül.

„Weißt du schon wo du unter kommst Johnny? Ich meine in welches Hotel du gehst?“, fragte Stefan.

„Nein. Alles war ein bisschen plötzlich. Ich werde mir, wenn wir an der Busstation angekommen sind, ein Taxi nehmen und ein Hotel suchen – und ihr?“

„Wir haben schon seit einem Monat über einen Mitarbeiter, der hier Urlaub gemacht hat, Zimmer in einem Hotel direkt am Strand reserviert. Ist einfacher so und ohne Stress, weißt du? Wir haben dort ein all-inclusive Hotel genommen, bis auf Carla und Mauritz, die sich noch viel umsehen wollen. Wir wollen nur am Strand liegen, schlafen, essen, lesen, ganz entspannen“, antwortete Stefan.

Johnny kannte das Hotel gut. In den guten Zeiten war er öfter dort gewesen. Die Zimmer waren ziemlich teuer, aber die Qualität war top, wie viele andere Hotels dieses Niveaus in Kribi. Viele dieser Hotels könnten problemlos konkurrieren mit ähnlichen Hotels in Europa oder sonst wo. Ja man konnte alles haben. Es war nur eine Frage des Geldes und genau wegen des Geldes und des schönen Lebens ist er hierher nach Kribi gekommen.

Johnny lachte aber und dachte: die Europäer sind komisch. Wie kann man denn entspannen, indem man jeden Tag vom Hotel zehn Meter zum Strand geht, schwimmt, am Strand liegt, schläft, liest, isst und morgen wieder das gleiche tat, 14 Tage lang? Er konnte das nicht verstehen. Das war doch schlimmer, als zu arbeiten. „Ja schön für euch, aber das wäre nichts für mich, so auf diese Art mich zu entspannen. Ich brauche dazu Musik, Stimmung, Tanzen, Lachen, Sport, Bewegung, umschauen und selbstverständlich auch Intimität. Ihr versteht, was ich meine.“

„Ja Johnny, wir haben gemerkt, dass die Menschen in Kamerun solche Art von Urlaub nicht kennen bzw. nicht mögen und nicht bevorzugen. Ich habe festgestellt, dass meine kamerunischen Kollegen, wenn sie Urlaub machen lieber mit der ganzen Familie zu Opa, Oma, Eltern, Geschwistern, Bekannten, Freunden gehen. Sie entspannen, indem sie in Gruppen sind, und wir entspannen, indem wir allein sind. Komisch, gell?“, sagte Anna.

Günther nickte, er hatte Angst noch was auf den Kopf zu kriegen. Deswegen vermied er es, viel zu reden. Carla fügte zu Annas Aussage sehr idealistisch hinzu: „Ja, davon können wir Europäer eine Menge lernen und wieder sozialer sein. Wir werden in Europa immer einsamer und immer egoistischer. Jeder nur für sich, bzw. höchstens nur für seine sehr nahe Familie, Frau und Kinder, Papa und Mama. Punkt. Das finde ich nicht so gut.“

Der Bus hielt an einer Tankstelle, die links an der Kreuzung der Hauptstraße lag. Geradeaus würde man zum Fischmarkt und zu den Behörden kommen links fuhr man direkt in die Innenstadt.

Es war dunkel und man konnte kaum viel von der Stadt erkennen. Rechts aber sah man das Meer mit seinen Wellen, die bis nah an die Straße kamen. Sie waren am Atlantik.

An dieser Tankstelle stiegen die Leute aus, die in der Nähe wohnten oder Touristen, die ein Hotel am Meer gebucht hatten. Manche konnten zu Fuß zum Hotel gehen, manche mussten mit einem Taxi dahin und andere, meist die Leute aus Kribi, würden ein Mototaxi nehmen, um nach Hause zu kommen.

Einige Leute stiegen aus, auch die Deutschen, aber Johnny blieb im Bus. Er konnte kein Hotel hier am Strand in diesem Touristenviertel bezahlen. Er hatte so wenig Geld in der Tasche. Das reichte höchstens für zwei Tage in einem billigen Hotel in der Stadt. Er musste aber eine Erklärung finden für seine Freunde, warum er hier nicht ausstieg und es vielleicht in ihrem Hotel probierte.

Als ob Stefan ahnte, was in seinem Kopf vorging, schlug er vor: „Johnny, warum kommst du nicht einfach mit? Wir hatten 6 Zimmer reserviert, aber erst heute Morgen haben wir erfahren, dass die zwei anderen, die aus Yaoundé kommen sollten, vielleicht gar nicht da sein werden. Heute, morgen und übermorgen auf jeden Fall nicht. Aber die Zimmer müssen wir trotzdem zahlen. Das ist immerhin pro Zimmer 35 €.“

„Danke Stefan, gib mir deine Nummer, ich rufe dich später an und sag dir, wann und ob ich komme. Muss zuerst einen Freund treffen, der mich zum Abendessen erwartet. Danach sehen wir mal.“

Stefan gab ihm seine Nummer und sagte: „Auch wenn du nicht kommst bzw. nicht in unserem Hotel wohnen würdest, vergiss nicht unser Dinner. Darauf freue ich mich. Bin zwar so dünn, wie du siehst, aber das hat nichts mit Essensmangel zu tun. Ich liebe es kamerunisch zu essen. Das sind vielleicht die besten Gerichte der Welt. Gib mir auch deine Nummer. So bleiben wir in Kontakt.“

Johnny lachte ein bisschen geniert und sagte: „Meine Nummer hat Carla. Habe sie einfach in ihre Hosentasche gesteckt, ich melde mich. Gute Nacht.“ Der Bus rollte schon weiter.

Ja, tatsächlich, kurz bevor sie an der Tankstelle hielten, hatte er eine Karte aus seinem Portemonnaie rausgeholt und ohne Carla zu fragen in ihre enge Jeanstasche gesteckt. Dabei hatte er einen Finger ein bisschen „unabsichtlich“ viel weiter hineingesteckt, als nötig gewesen wäre und hatte sie mit dem Nagel beim rausnehmen des Fingers leicht, aber sehr deutlich gekratzt. Carla war so überrascht gewesen, dass sie nicht reagiert hatte. So etwas, so einen mutigen Mann hatte sie noch nie gesehen, sei es in Deutschland oder in Kamerun.

Johnny wusste, dass er eine Öffnung, eine Bresche in Carla geschlagen hatte. Die nächsten Tage bzw. die nächsten Stunden würden sehr bedeutsam sein für ihr Zusammenkommen.

Ja, Johnny musste ein einfaches, billiges Hotel suchen und morgen war ein anderer Tag. Er wollte schon am nächsten Tag eifrig auf die Suche gehen. Er musste unbedingt einen Job in einem Strandhotel, in dem viele Touristen verkehrten, finden.

Das Hotel, in dem die Deutschen waren, war top. Sauber, Klimaanlage, gute Bedienung usw. Nach dem Duschen und Abendessen ging jeder in sein Zimmer.

Carla lag im Bett, konnte aber nicht schlafen. Sie war durcheinander. Sie dachte an Johnny. Erst war er nett zu ihr, dann ignorierte er sie total, als ob sie was Falsches getan hatte oder sie ihm gar nicht gefallen würde und nun diese Karte. Sie war sich sicher gewesen, wenn eine die Karte bekäme, wäre es Anna. Sie hatte sich so toll mit ihm unterhalten.

Carla wusste spätestens als dieser Finger sie angeblich „unauffällig und unabsichtlich“ gepiekt hatte, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit einem schwarzen Mann schlafen würde. Es würde dazu kommen, ihre Hormone sagten ihr das und sie wusste auch, wie schade das war, weil sie auch zum ersten Mal in ihrem Leben, seitdem sie mit 16 ihren ersten Freund hatte, jemandem weh tun würde, vielleicht sogar musste. Sie würde fremdgehen. Diese Erkenntnisse machte sie so traurig, weckte Angst und Verzweiflung, aber machte sie auch sehr an. Ihr Freund sollte es nicht rausbekommen. Alles musste geheim und versteckt sein. Diese Gefühlsmischung löste in ihr eine heftige Erregung aus, die sie nie in dieser Form gehabt hatte. Sie zog ihre Beine fest zusammen, was zu einer Spannung der Muskel des Beckens und des Bauches führte. Sie seufzte und stieß einen unkontrollierten Schrei aus. Sie war total feucht. Sie hatte gerade einen Orgasmus bekommen ohne Fremdeinwirkung. Sie verstand ihren Körper nicht mehr. Hatte es mit Johnny als Person zu tun, oder damit, dass er schwarz war? Sie hatte sich vorher nie Gedanken darüber gemacht, ob jemand schwarz oder weiß war. Alles war immer so normal. Nun stellte sie sich seit zwei Stunden alle möglichen Fragen über schwarze Männer. Sie war wie verzaubert. Ihr Körper hatte schon längst entschieden. Sie wollte diesen schokobraunen Body streicheln, kratzen. Sie wollte diesen Körper auf sich, ihn spüren, egal was passierte. Die Konsequenzen würde sie später sehen. Sie konnte einfach nicht anders.

 

Sie ging wieder ins Bad und kam frisch geduscht und sauber heraus. Sie legte sich hin und schaute nach Mauritz, der so müde schon lange eingeschlafen war.

Endlich landete Johnny im Bett. Es war ein langer, sehr langer und erlebnisreicher Tag gewesen. Diese fluchtartige Reise ohne ausreichendes Geld. Wie würde er leben, wenn er nicht so schnell einen Job fand? Und selbst wenn er einen Job fand, wie würde er den ersten Monat überstehen? Das Hotel kostete nur 7,50 € die Nacht, aber das war für ihn auch schon sehr viel und er würde ab morgen lieber ein kleineres Zimmer ohne jeglichen Komfort mieten, für höchstens 15 € pro Monat. Und er musste noch seine neuen Freunde zum Essen einladen. Das würde nicht billig werden. Mindestens 30 € für alle und was er hatte reichte nicht einmal für drei Hoteltage. Er lächelte und sagte: „Ha, heute ist heute, morgen ist morgen. Der Morgen kommt mit Lösungen. Nichts ist schlimm. Nur unsere Vorstellung machen etwas schlimmer und es gibt etwas, was der moderne Mensch immer zu vergessen scheint, weil er glaubt, er kann die volle Kontrolle über sein Leben haben. Ja es gibt noch etwas: das Geschenk, dass die Natur bzw. Gott uns gegeben hat: den Zufall. Darin befinden sich viele Chancen. Man muss lernen, das Unerwartete zu erwarten. Ja, ‚es wird gut sein‘ ist nicht nur ein leere Aussage.“ Er machte sich über das Geld weiter keine Gedanken mehr.

Er dachte wieder an den Abschied von Amina, von Rita und den Kindern und von Nicole. Er hatte sich gar nicht von ihr verabschiedet. Das hätte er nie gedacht. Er war zwar verliebt, aber liebte sie nicht so richtig, wie er Amina liebte. Er war einfach von ihr besessen, aber lediglich lustmäßig, sexmäßig. Diese Sehnsucht nach diesem Körper war wie eine Droge, von der er jetzt lernen musste, sich zu verabschieden.

Sie hatte sich auch nicht gemeldet; kein Anruf. Er schaute nach dem Handy und merkte, dass es die ganze Zeit aus gewesen war. Sie hatte ihn gar nicht erreichen können. Er versuchte sein Handy anzumachen und stellte fest, dass die Batterie leer war. Er stand wieder auf, um das Ladegerät aus der Tasche zu holen. Er durchsuchte die Tasche, ohne es zu finden. Er erinnerte sich aber, es mitgenommen zu haben, zumindest, es in der Hand gehabt zu haben. Er machte die Nebentasche auf und tatsächlich fand er es darin und den Umschlag, den Wadjo ihm gegeben hat. Er hatte das kleine Paket total vergessen. Er nahm den Umschlag und legte sich wieder hin. Das Handy lud auf.

Er macht den Umschlag auf und was er darin fand, überwältigte ihn. Er machte seine Augen auf, stand auf, kniete sich vor sein Bett und sprach ein kurzes Gebet: „Ich danke dir Gott. Ich danke dir für alles, das du für mich tust. Ich danke dir, dass du immer da bist und über mich wachst. Ich danke dir dafür, dass du mich immer mit den richtigen Menschen umgibst. Es fühlt sich so schön an zu wissen, dass du da bist. Es ist gibt mir Kraft zu wissen, dass mir nichts Böses passieren kann, weil du da bist. Ich bin nun noch viel sicherer, dass der Weg, den ich heute eingeschlagen habe, der richtige, gesegnete Weg ist. Ich danke dir Gott, dass es Amina gibt. Ich bitte dich Gott, sie und ihre Familie zu schützen, ihre Geschäfte sollen noch mehr blühen, damit sie noch viel erfolgreicher wird. Was sie mir hier gegeben hat, soll sie 1000 Mal mehr von dir zurückbekommen. Ich sage ihr über dich Danke Amina. Nicht umsonst ist dein Sohn für uns gestorben. Ich liebe dich, weil ich weiß, dass du mich liebst und du zeigst mir diese Liebe jeden Tag. Mit dir an meiner Seite kann ich nur siegen. Es reicht für heute Gott. Ich soll dich nicht zu viel loben und schmeicheln. Gute Nacht und lenke meinen Tag morgen. Ich wollte sagen, schlaf gut. Ah, darfst du überhaupt schlafen? Gott, ich wollte nur, dass du ein bisschen mit mir lachst. Ich danke dir.“

Er stand wieder auf.

Johnny ging nie zur Kirche. Er war auch nicht besonders religiös, wie seine Eltern. Aber er hatte in der Bibel das gefunden, was er brauchte, um sein Leben so zu leben, wie er es vorhatte. Gott ist für alle da, sagte er immer.

Er nahm den Umschlag wieder in seine Hand und machte sein Handy an. Als er den ganzen Inhalt des Umschlages erforschen wollte, machte sein Handy mehrmals Piep-piep. Er schaute nach. Es waren alles automatische, vom Dienstanbieter gesendete SMS. Nicole hatte die ganze Zeit versucht ihn anzurufen. Er löschte eine SMS nach der anderen und plötzlich kamen doch drei persönliche Nachrichten. Eine davon war von Nicole: “He mein Löwe, ich mache mir große Sorgen um dich. Du bist nicht zu unserer Verabredung gekommen, du hast mich nicht angerufen und dein Handy ist die ganze Zeit aus. Bitte melde dich. Ich bin so traurig und lebe in Angst. Ich bete zu Gott, dass dir nichts passiert ist. Bis dann. Je t’aime, je t’aime, je t’aime. Bisou, je t’embrasse.“

Diese Nachricht machte ihn nun doch ein bisschen traurig. Er bekam ein schlechtes Gewissen, aber er wusste schon, was er ihr sagen würde, wenn sie ihn erreichte.

In dem Umschlag war neben dem Geld auch ein Bild von Amina und ein kleiner Brief und eine Visitenkarte. Die Karte war vom Geschäftsführer eines Hotels. Amina hatte sicher dort angerufen und einen Job für Johnny erbeten. Sein Herz schlug mehrmals heftig als er den Namen des Hotels las. Es war das Hotel, in dem seine Freunde untergekommen waren. Was für ein Ding? sagte er sich. Warum ausgerechnet in diesem Hotel? Er konnte doch nicht da arbeiten, wo Leuten ihn kannten und für einen reichen Geschäftsmann hielten. „Danke Amina, aber dort werde ich sicher nicht arbeiten. Zumindest die nächsten zwei Wochen nicht.“ Er steckte die Karte in sein Portemonnaie und las den Brief von Amina. Es waren nur vier Zeilen, aber sehr berührende Zeilen. Den Brief steckte er auch in sein Portemonnaie und zählte das Geld. Es waren mehr als 1600 €. Er konnte seinen Augen nicht trauen.

Er konnte doch morgen seine Freunde zum Essen einladen und ein Champagner würde geöffnet werden. „Was dir Gott umsonst gibt, solltest du nicht nur für dich allein behalten. Du musst einen Teil davon auch anderen Menschen umsonst geben, damit das natürliche Gesetz seinen Weg geht“, sagte sein Großvater immer, erinnerte er sich. Er würde an Bettler und Bedürftige ca. 100 € geben, mit seinen Freunden ca. 100 € ausgeben, 250€ würde er an Rita schicken, damit die Strom- und Wasserrechnung rechtzeitig beglichen werden konnten, für 50 € würde er getrocknete Fische kaufen und an Wadjo schicken, und ihn bitten, ein Paket an Amina zu übergeben. Seine Schulden von 20 € bei Wadjo würde er auch begleichen. Und der Rest ist war für ihn.

Es war schon 23 Uhr 55 als er alle Lichter ausmachte. Es war so heiß und das Zimmer hatte keine Klimaanlage. Morgen würde er sich etwas Besseres. Er könnte nun bis zu 50 € pro Monat für ein Zimmer bezahlen und drei Monate im Voraus zahlen. Für 50 € wäre das Einzelzimmer ziemlich luxuriös. Und wenn die Sache schnell ginge, konnte er auch weiter in einem Hotel bleiben, da man dort den vollen Service bekam, überlegte er.

Er deckte sich mit dem sehr leichten Betttuch zu, aber nach nur 15 Minuten rollte er es zur Seite. Nichts zu machen, es war einfach sehr heiß. Da er nicht einschlief, fing er an, an die Deutschen zu denken. „Sie sind eigentlich sehr nett“, sagte er sich. Aber Günther und Mauritz kamen ihm ein bisschen mysteriös vor. Stefan war ganz ok, Anna und Carla auch.

Anna schien viel offener zu sein, aber sein Gefühl sagte ihm, dass sie keine Frau für eine schnelle Affäre war. Carla auch nicht, aber sie war eine Frau mit schlafender Fantasie. Er hatte Lust auf sie, aber er wusste nicht, ob Mauritz ihr Freund war oder nicht. Das wäre ihm sowieso egal. In Kamerun ist das nicht so wichtig. Was zählt ist dein Mut, deine Wörter und wie stark der andere Mann seine Frau oder Freundin im Griff hat.

Carla wäre auch seine erste weiße Frau. Das machte ihn auch sehr an. Wie sind weiße Frauen nackt? Wie bumsen sie? Wie ist ihre Vagina? Usw. Er hatte sich bis zu dem Tag gestern nie Gedanke darüber gemacht, welche Hautfarbe seine Freundin hatte. Das war komisch, obwohl es viele weiße Frauen in Douala gab. Gezieltes Interesse hatte er nie gehabt. Dass es doch so schnell passieren könnte, hätte er nie gedacht, aber nun sagte ihm seine innere Stimme, dass mit Carla etwas zustande kommen würde. Mit dieser Fantasie, Carla in seinem Bett zu haben, schlief er endlich ein.

Als er wach wurde, war es fast 11 Uhr. Er hatte erstaunlich gut geschlafen.

Johnny wollte keine Zeit verlieren und schon vor dem Nachmittag in allen Hotels am Strand nach Arbeit fragen. Am schnellsten ging das mit dem Mototaxi.

Sehr schnell war die Runde gemacht, bis auf July Beach, wo die Deutschen waren. Überall hatte er ein Nein bekommen oder das Geld war extrem wenig. Bei einigen Hotels und Restaurants war seine Bekleidung sehr suspekt für die Direktoren. „Wie kann eine Person in Designerkleidung einen Job als Küchenhelfer suchen? Das ist sicher ein Spion des Finanzamtes oder ähnliches. Er hat sicher was vor“, sagten sie sich.

Ja, klar hatte Johnny etwas vor, aber nicht in dieser Richtung. Was sollte er jetzt tun? Es blieb ihm nur die Adresse von July Beach. Er war so müde und hatte Hunger. Er wollte aber zuerst seine Sachen holen und das Hotel wechseln, nicht direkt an den Strand, aber von besserer Qualität und mit Klimaanlage. Er hatte keine Lust mehr heute noch ein Mietzimmer zu suchen, wie er es zunächst vorgehabt hatte. Als er die Tür seines Zimmers aufmachen wollte, klingelte das Telefon. Die Nummer kannte er nicht. „Wer könnte es sein?“, fragte er sich. Er zögerte ein bisschen und dann hob er ab. „Hallo“, sagte er vorsichtig. Es konnte Nicole sein, die mit einer anderen Nummer probierte ihn zu erreichen. Auf einmal erhellte sich sein Gesicht mit einem breiten Lächeln. „Ha Stefan, wie geht es dir? … Ja, …. Nein… abends?... zu spät? … wann denn?... Okay, das lässt sich machen. … Ho, nein, Johnny hält seine Versprechen. Ihr kriegt das beste Dinner, das ihr je gehabt habt in Kamerun, sogar in Deutschland, … ha haha, ja von mir aus noch heute Abend, frag die anderen. Bin dann gegen 18 Uhr bei euch.“ Das war Stefan gewesen, der sein versprochenes Dinner haben wollte.

Das gefiel Johnny: „Der macht es wie ein Afrikaner, der Stefan, direkt offen und sagt, was er denkt. Das gefällt mir“, sagte er über Stefan, als er in sein Zimmer hineinmarschierte.

Er packte sein Sachen zusammen, ging zum Empfang, übergab die Schlüssel und verließ das Hotel.

Es war schon 16 Uhr, aber es war immer noch sehr warm und es gab kaum Wind. Er schwitzte in seinem engen, sexy Hemd, das seinen schönen Körper abzeichnete.

Nachdem er ein schöneres Hotel, nicht sehr weit vom Strand, gefunden hatte, entschied er sich, einige Minuten am Strand zu spazieren.

Beim Spaziergang am Strand dachte er an Nicole, die wieder mehrmals versucht hatte ihn zu erreichen. Er würde sie anrufen und ihr erzählen, dass er unerwartet nach Paris fliegen musste. Er würde dann irgendwelche Dummheiten erzählen.

Er wusste, dass sie zufrieden sein würde. Die Hauptsache für sie war doch, dass er nicht verschwunden war, und dass er immer noch da war. Es reichte, ihr Hoffnung zu geben. Den Rest würde sie einfach ignorieren. Sie wollte die Wahrheit überhaupt nicht wissen. Sie lebte in einem Traum und wollte diesen Traum behalten, solange er es wollte.

Nun war es langsam Zeit, sich fertig zu machen für die Deutschen. Um Punkt 18 Uhr, pünktlich wie ein Deutscher, stand Johnny im Foyer des July Beach Hotels. Er war leicht angezogen, nicht im Anzug, sondern in einer engen Esprit Jeans, mit einem schwarzen Shirt und Sandalen. Vielleicht würde er hier mal arbeiten müssen und er wollte nicht schon wieder auffallen wie ein reicher Mann.

Gerade als er zur Empfangsdame gehen wollte, sah er Mauritz in einer Ecke sitzen und am Laptop spielen.

Er merkte nicht, wie nah Johnny schon bei ihm war, so sehr war er auf sein PC-Spiel konzentriert. Johnny stand eine Weile da und sah ihm beim Spielen zu.

Mauritz spielte weiter und bemerkte Johnny erst, als dieser beide Beine und Hände mit einem Freudenschrei schüttelte.

„Ho bon … bon... bon...jour Johnny.“

„Bonsoir, Maurice.“ Johnny sprach den Namen aus, wie er sich auf Französisch anhörte.

„Comment ça va? Wo sind die anderen?“

„Warte mal, ich informiere sie.“

„Okay, ich bin auf der Terrasse draußen.“

Mauritz machte schnell seinen Laptop aus, und ging ins Zimmer.

Nach und nach kamen alle raus in den Garten des Hotels, wo Johnny schon einen Drink aus Whisky und Tonic trank.

 

Er stand auf, sehr galant und grüßte einen nach dem anderen.

„Bonsoir la belle“, sagte er zur Anna, „tu es éblouissante ce soir- du bist eine blendende Schönheit heute Abend.“

„Bonsoir Stefan, bonsoir Günther, Mauritz wir haben uns schon begrüßt.“

„Setzt euch, wir trinken etwas bei diesem wunderbaren Ausblick und dann gehen wir essen. Ich bin mit einem Taxi da, es wartet draußen am Eingang. Ich hole die Bardame, die Servante.“

Er stand auf und ging Richtung Bar, in diesem Moment kam auch Carla und sie trafen sich im Foyer. Es war wie Elektrizität. Johnny ging zu ihr, gab ihr die Hand und zog sie sofort an sich, flüsterte etwas in ihr Ohr und mit seinen Lippen, ohne den Mund zu öffnen, streichelte er ihr den Hals seitlich, ganz sanft und langsam von oben nach unten und unten nach oben. Danach schob er sie ruhig weg von sich, verabschiedete sich mit einer kleinen Berührung ihrer rechten Wange mit seiner rechten Rückhand. „Ich habe noch nie eine Frau so hübsch wie du gesehen, du bist ein Sonnenschein. Die anderen sind schon draußen. Ich komme gleich.“

Sie hatte nicht die Zeit gehabt etwas zu sagen oder bewusst zu reagieren. Ihr Körper tat das.

Carla zitterte am ganzen Körper. Sie spürte in ihrem BH wie ihre Brustwarzen dicker, steif, hart geworden waren, sie spürte ein Kribbeln, das von ihrem Hals über ihren Bauchnabel direkt in ihrer Vagina landete. Sie spürte, wie eine Flüssigkeit ihre Oberschenkel anfeuchtete. „Was ist nur los mit mir?“ So etwas heftiges, gleichzeitig Beängstigendes und Anziehendes und vor allem Erregendes hatte sie noch nie erlebt.

Als Johnny mit der Servante kam, waren die Deutschen dabei, über die schöne Landschaft zu reden. Über das Meer, dass seine Wellen lauschen ließ. Man konnte von dort aus auch mehrere Lichter von Schiffen sehen.

Es ging beim Gespräch über den Sinn des Massentourismus. Stefan meinte, dass es schön sei, dass es in Kamerun keinen Massentourismus gab, wie in Kenia oder dem Senegal. Anna meinte, wie Günther, man könnte doch eine Mischung finden, damit der Tourismus den Menschen z.B. in Kribi Arbeit und Infrastruktur brachte, was die Lebensbedingungen verbessern würde und gleichzeitig darauf achten, dass dieser Tourismus die Sitten und die kulturelle Identität nicht zerstörte, eine Art Ökotourismus.

„Was denkst du Johnny? Massentourismus oder Ökotourismus unter Berücksichtigung der kulturellen Gegebenheiten? Was meinst du?“, fragte Stefan.

„Ich sage euch, was ich meine, später nach dem Essen. Jetzt geht es zuerst um Spaß und Genuss. Was wollt ihr trinken? Die Servante wartet.“

Carla saß ein bisschen zurückgezogen in einer Ecke und folgte interessiert dem Gespräch. Mauritz saß neben ihr und schaute einfach abwesend um sich.

Nachdem sie etwas getrunken hatten, fuhren sie alle fünf in dem Taxi in die Innenstadt.

Es war eng im Auto, aber normal in Kamerun. In Kamerun ist es normal, dass ein Taxi fünf oder sechs Gäste mitnimmt, vier hinten und zwei vorne. So kann der Fahrer mehr verdienen, da jeder einzelne Mitfahrer zahlt. Dazu ist es auch eine Art ökologische Fahrweise: wenig Sprit verbrauchen mit mehr transportierten Passagieren.

Sie fuhren zum Fischmarkt direkt am Wasser, wo man ganz frische Fische bekam. Das war die Spezialität der Frauen: Fisch am offenen Holzgrill grillen. Es gab auch Fleischspieße, Schweinekoteletts, das waren aber Spezialitäten der Männer. Man konnte dort alles haben. Dazu kamen sehr leckere, süß gebratene Kochbananen oder Bibolo. Die Sauce dazu war weltweit einmalig.

„So gutes und frisches Essen findet man nur in Kamerun, dem Land, das Gott liebt“, erklärte Johnny.

Still aßen die Deutschen genüsslich und tranken dazu Kadji-Bier und 33 Glacé, bis auf Carla, die den Jus de Pamplemousse (Pampelmusensaft) von UCB Kadji Brauerei vorzog.

„Humm, ich liebe Kamerun“, sagte Anna, „wo sonst kriegt man so tolles, frisches Essen, das so wunderbar schmeckt?“

„Ich liebe dieses Land, die Stimmung, die Mentalität, das Feeling. Das ist das Leben. Ich war schon in vielen verschiedenen Ländern, in Asien, Süd-Amerika, aber hier ist alles anders. Einfach natürlich und entspannt, obwohl man genauso viel und sogar mehr leisten muss als in Deutschland.“

„Ja, das reicht jetzt“, mahnte Stefan. „Es fehlt dir nur noch ein kamerunischer Mann und dann ist alles komplett.“ Sie grinste und sagte: „Who knows? Quivivra, vera?“

Nach dem Essen blieben und tranken sie noch ein bisschen und Johnny schlug vor, in die Disco zu gehen. Aber nicht in eine normalen Disco, sondern in eine Bar, eine Art Kneipe, in der sehr laute Musik gespielt wurde und wo man tanzen konnte bzw. durfte. Man zahlte kein Geld für den Eintritt und das Bier wurde zu normalen Preisen angeboten.

Sie nahmen wieder ein Taxi zur „Rue de la Joie“ (Straße der Freude, Street of joy). In fast allen Städten gibt es mindestens eine, meistens mehrere Straßen der Freude und des Spaßes. Nachts in Kamerun wird auf solchen Straßen ab 20 Uhr die Nacht zum Tag. Millionen werden jeden Abend dort umgesetzt in Essen, Trinken, Sex, Spielen und Wetten. Es wimmelt dort immer nur so von Menschen aller sozialen Klassen, Frauen und Männern, und dort werden auch die bedeutendsten Geschäftsanbahnungen gemacht.

„Vivre heureux et mourir jeune, glücklich leben und jung sterben, man lebt nur ein Mal, you only live once“, stand auf dem großen Plakat vor dieser Bar. Ja, hier lebten Leute wirklich voll. Die Musik war laut, die Stimmung unglaublich, alle Leute lachten mit jedem und tanzten mit jedem.

Für Johnny und die Deutschen wurde ein Tisch freigemacht und sie bestellten wieder etwas zu trinken. Johnny Win-Win vergnügte sich mit seinem Whisky, die deutschen Männer mit Bier. Anna, wie Carla, diesmal nur mit Saft.

Johnny staunte im Laufe des Abends, wie viel Deutsche doch trinken konnten. Er dachte die Kameruner wären die Top Trinker, aber diese drei hier?

Die Stimmung wurde immer besser bei den dreien und auch Johnny, Carla und Anna fühlten sich wohl und redeten immer lauter, um die Musik, die noch lauter war, besiegen zu können.

Die ganze Zeit, wie schon auf dem Fischmarkt, flirtete Johnny sehr intensiv mit Carla, aber geheim, so dass die anderen es nicht merken konnten. In solchen Menschenmassen und bei der Stimmung war es umso leichter. Die Flirtzeichen wurden immer deutlicher, sie kamen sich, ohne miteinander zu reden, immer näher.

Plötzlich stand eine Frau auf und tanzte in Richtung Günther. Das war eine Aufforderung, aufzustehen und mit ihr zu tanzen. Günther schaute nach links und rechts, ein bisschen unsicher, wie er sich verhalten sollte. Stefan und Anna fingen an zu klatschen, um ihn zu motivieren aufzustehen. Auf einmal ermutigt, klatschten immer mehr Menschen und es blieb Günther keine andere Wahl, als mit dieser Frau zu tanzen.

Die Menge klatschte noch lauter und die Stimmung ging auf einmal von 100 auf 1000. Viele standen auf und umkreisten das Tanzpaar. Die Knoten waren auf einmal explodiert. Eine andere zog fast mit Gewalt Stefan von seinem Sitz auf, und noch eine holte Anna. Und Johnny profitierte in diesem Chaos und bat Carla zum Tanzen.

Die Tanzfläche war sofort voll, da der DJ das Lied vom Magic System aus der Elfenbeinküste - Premier Gaou - abspielte. Es gab Drängelei und Durcheinander, so dass Carla und Johnny sehr bald weg in eine andere Ecke geschubst wurden.

Johnny guckte nach seinen Freunden und sagte sich, das Bier tat gute Arbeit. Die deutschen Männer waren nicht mehr zu erkennen. Mauritz ritt fast auf einer Frau, als er versuchte so zu tanzen, wie ein Kameruner neben ihm. Günther machte Karate und Kickboxen und Ballett gleichzeitig. „Ich wusste nicht, dass Günther Kampfsportler ist“, amüsierte sich Johnny, während er Carla sehr sanft an sich zog.