Gestern Kollege – heute Vorgesetzter

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Fallstrick 4: Du oder Sie?

Beispiel: Falsche Kumpanei

Julia Müller übernimmt eine neue Abteilung. Auch ihr ehemaliger Kollege Martin Degen wechselt mit ihr in den neuen Bereich – jetzt als ihr Mitarbeiter. Die beiden kennen sich schon lange und duzen sich selbstverständlich. Julia Müller stört sich in letzter Zeit immer mehr an Martins etwas zu legerem Ton ihr gegenüber. Er versteht das Du als besonderes Privileg und glaubt dadurch ein anderes Verhältnis zur Chefin zu haben als die Kollegen. Julia Müller geht diese missverstandene Vertraulichkeit gewaltig auf die Nerven und sie erwägt, das Du wieder in ein Sie zu verwandeln, zumal in der Abteilung durch Neueinstellungen die Sie-Anrede dominiert.

Lösungsansatz

Lösung: Nur begründet und generell zum Sie zurückkehren

Empfehlung: Frau Müller sollte es tun. So blöd es klingt, manche Menschen brauchen das Sie, um Distanz wahren zu können. Allerdings wird das Spießrutenlaufen für den armen Mitarbeiter zunächst schlimm sein und die Gefahr seiner Demotivation ist groß. Frau Müller könnte ihr Vorgehen damit begründen, dass sie generell wünsche, dass sich in der Abteilung gesiezt wird. Somit würde Martin Degen nicht degradiert.

Gesetzt den Fall, Julia Müller würde sich gerne mit einigen anderen aus der Abteilung duzen, dann halte ich es für frevelhaft, vom Du zum Sie zurückzukehren, weil der ehedem Geduzte dieses als persönliche Zurückweisung empfindet und somit seine Motivation (und sein Gesicht) verliert.

In einem meiner Seminare erzählte ein frisch gekürter Gruppenleiter, der seine Mitarbeiter und früheren Kollegen schon seit dem Kindergarten kannte und duzte, er habe Probleme, seine Exkollegen in einem Kritikgespräch unter vier Augen zu duzen. Er griff dann zu folgendem Trick: In dem Kritikgespräch siezte er die Mitarbeiter, und unter den gewohnten Arbeitsbedingen duzte er sie wieder. Die Mitarbeiter nahmen die Unterscheidung sehr positiv auf, weil sie begriffen, dass der Chef damit dokumentieren wollte, dass er mit der Kritik keinesfalls den Karl persönlich meinte, sondern lediglich die Situation.

Wichtig: Von Fall zu Fall entscheiden

Auf die Frage, ob das Du oder das Sie besser ist, gibt es keine richtige oder falsche Antwort. Sie hängt zum Beispiel auch davon ab, ob der Betrieb, in dem Sie arbeiten, eine amerikanische „Mutter“ hat, dann schreibt die Firmenkultur quasi ein Du vor. Die Amerikaner kennen den feinen Unterschied zwischen Du und Sie nicht, der bei uns Nähe und Distanz ausdrückt. Sie haben auch beim Duzen das feine Gespür fürs Abstandhalten.

Der Befehl von oben, sich vor externen Geschäftspartnern grundsätzlich zu siezen, hat schon manchem Bauchschmerzen bereitet. Wahrscheinlich aber eher deshalb, weil die eigene Entscheidungsbefugnis außer Kraft gesetzt wurde, weniger wegen des Siezens selbst.

Vor Geschäftspartnern macht abteilungsinternes Siezen sicherlich einen guten Eindruck. Denn die Gefahr eines zu kumpelhaften Umgangs ist damit gebannt.

Fallstrick 5: Intrigenspiele

Beispiel: Beschwerden über Kollegen

Der frisch gebackene Verkaufsleiter Klaus Gerdes sitzt in seinem neuen Büro – die Tür ist offen, das bedeutet: Er ist ansprechbar. Frau Burg, eine Sachbearbeiterin aus der Bestellannahme, wünscht den neuen Chef unter vier Augen zu sprechen. Grund: Sie möchte sich über eine Kollegin beschweren, die oft später kommt, für längere Zeit dem Arbeitsplatz fern bleibt, viel privat telefoniert usw. In dieser Zeit stellt sie ihr Telefon auf die Leitung von Frau Burg um. Das heißt für Frau Burg, dass sie sich kaum noch um die Bearbeitung der eingegangenen Telefonate kümmern kann, da sie fast nur noch am Telefon hängt. Außerdem sieht sie nicht länger ein, dass die Kollegin sich auf ihre Kosten einen „feinen Lenz“ macht.

Wie soll Klaus Gerdes reagieren?

Die Kollegin und Frau Burg zu einem Dreiergespräch bitten, um die Angelegenheit auch mit der Beschuldigten zu klären? Nun, diese Reaktion liegt nahe.

Gefahren eines Dreiergesprächs bei Beschwerden

Weshalb er genau dies nicht tun darf:

1 Die Beschuldigte streitet im Dreiergespräch alles ab. Dann steht Aussage gegen Aussage. Der Vorgesetzte kann nichts Konstruktives zur Lösung beitragen, außer zu versuchen, die Kampfhennen wieder zu versöhnen.

2 Womöglich schwächt Frau Burg plötzlich ihre Vorwürfe der Kollegin gegenüber ab. Nun hängt an Klaus Gerdes der Nimbus, er würde aus jeder „Mücke einen Elefanten“ machen, oder die ganze Geschichte wirkt plötzlich übertrieben. Fazit: Die Wahrheit kommt nicht ans Licht und Misstrauen dem neuen Chef gegenüber ist gesät.

3 Letzte Variante: Die beiden einigen sich. Alles stellt sich als großes Missverständnis heraus. Motto: Nein, so war es doch gar nicht gemeint. Quintessenz: Der Chef steht blöd da, Misstrauen ist entstanden, die Wahrheit kommt wieder nicht an den Tag und in Zukunft bleiben weitere Informationen auf der Strecke.

Lösungsansatz

Lösung: Den Beschwerdeführer nach Vorschlägen fragen

Klaus Gerdes sollte sich ruhig und gelassen die Geschichte von Frau Burg anhören, ohne zunächst Stellung zu beziehen. Anschließend kann er dann gezielt nachfragen: Wie oft ist es passiert? Was genau hat dazu geführt? Was hat Frau Burg schon versucht, um das Problem selbst aus der Welt zu schaffen? Sollte Frau Burg noch nichts unternommen haben, dann könnte Klaus Gerdes im Sinne seiner Mitarbeiter reagieren und Frau Burg anregen, sich selbst Gedanken darüber zu machen, wie sie das Problem lösen könnte. Er kann ihr dabei motivierende Hilfestellung geben, die richtigen Worte für ein Gespräch mit der Kollegin zu finden.

Lösung: Sich selbst ein Bild machen

Falls sich das Problem für ihn so darstellt, dass es den Erfolg des Unternehmens bedroht, dann muss Klaus Gerdes der Sache selbst auf den Grund gehen. Dazu begibt er sich beispielsweise mehrmals überraschend und zu verschiedenen Zeiten an die Arbeitsplätze der beiden Damen, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Sollte er danach auch der Ansicht sein, dass hier ein eklatanter Missstand herrscht, dann wird er die Verursacherin des Missstandes zu einem Gespräch bitten. Jetzt kann er aus eigener Beobachtung schildern, was geschehen ist, und muss sich nicht auf die subjektive Schilderung einer Betroffenen verlassen.

Damit wirkt er gerecht und klar und hat allen Intrigenspielchen souverän entgegengewirkt.

Fallstrick 6: Freundschaft

Das folgende Rollenspiel von Michael Birkenbihl (M. Birkenbihl: Rollenspiele schnell trainiert, 1996) beschreibt die Realität sehr genau:

Beispiel: Zwei Lebensweisen prallen aufeinander

Markus Bock arbeitet seit knapp vier Jahren als Bezirksvertreter. Er hat immer gute Leistungen erbracht – wenn er auch niemals unter den ersten Dreien war. Daran liegt ihm nichts, er führt eine sehr gute Ehe, hat zwei reizende Kinder und hält sehr viel von Lebensqualität. In dieser Einstellung war er sich immer mit seinem Kollegen Wolf Hilt einig, der vor etwa sechs Monaten zum Gebietsverkaufsleiter befördert wurde. Mit diesem Mann verband Markus eine dicke Freundschaft, die beiden Familien verbrachten jedes zweite Wochenende miteinander; Wolf ist außerdem Taufpate des zweijährigen Söhnchens von Markus.

Seit der Beförderung hat sich Wolf verändert, angeblich hat er keine Zeit mehr für die Treffen am Wochenende – im letzten halben Jahr fanden nur noch zwei Familienkontakte statt. Beim letzten Treffen, als alle schon etwas getrunken hatten, kam es zu einer erregten Auseinandersetzung. Markus (und seine Frau) warfen Wolf vor:

Er brenne vor Ehrgeiz und habe um seiner Karriere willen all jene Grundsätze hinsichtlich „Lebensqualität“ über Bord geworfen, die vorher eine der Grundlagen ihrer Freundschaft waren;

er kehre Markus gegenüber jetzt den Vorgesetzten heraus und mische sich in seine Tourenplanung ein; Markus steht aber auf dem Standpunkt, dass er sich seine Arbeit einteilen kann, wie er will – solange er sein Soll erbringt;

er hätte ganz allgemein zu seinen früheren Kollegen, bei denen er immer beliebt war, eine Distanz geschaffen, die ihn zwangsläufig immer mehr isolieren müsse; auf diese Weise werde er die Gruppe schwerlich motivieren können, in Zukunft höhere Leistungen zu erbringen.

Seit dieser Auseinandersetzung im privaten Kreise ist diese alte Freundschaft praktisch tot. Markus’ Frau ist auch dieser Meinung. Jetzt wurde Markus vom „Herrn Gebietsverkaufsleiter“ zu einer Aussprache gebeten. Markus ist aber nicht bereit, seine gesamte Lebensphilosophie infrage stellen zu lassen – nur damit der neue Gebietsverkaufsleiter Erfolge nachweisen kann! Soll er doch zusehen, wie er mit diesen „Führungsmethoden“ zurechtkommt!

Die Mehrzahl der Gruppe ist übrigens Markus’ Meinung und signalisiert ihre negative Einstellung zum „veränderten“ Wolf durch ein distanziertes und unterkühltes Verhalten ihm gegenüber. Möglicherweise wird Wolf Markus vorwerfen, er habe die Gruppe gegen ihn aufgehetzt.

Wolf Hilt ist vor sechs Monaten zum Gebietsverkaufsleiter befördert worden und seitdem für sieben Mitarbeiter verantwortlich. Die Umstellungsschwierigkeiten waren doch größer, als er sich vorgestellt hatte. Er hat sich nur durch Einsatz von viel Zeit und Energie in seiner neuen Position etablieren können. Ohne die tatkräftige Unterstützung durch seinen Vertriebsleiter wäre das ganze Unterfangen möglicherweise misslungen. Es ist eben zweierlei: einen Bezirk zu bearbeiten oder Menschen zu führen! Eigenartigerweise erwuchsen ihm Schwierigkeiten aus einer Richtung, aus der er sie am wenigsten erwartet hatte: Der Kollege Markus, mit dem er seit Jahren befreundet ist, stellt sich quer. Früher verbrachte er jedes zweite Wochenende mit ihm und seiner Familie. Wegen der Mehrarbeit, die mit der Beförderung auf ihn zukam, vor allem durch den Papierkrieg, hat er sich an den Wochenenden zu Hause hingesetzt und gearbeitet. Dadurch ist der private Kontakt zu Markus fast ganz zum Erliegen gekommen. Als Wolf, nach längerer Pause, mal wieder ein Wochenende bei Markus verbrachte, machten dieser und seine Frau ihm Vorwürfe; seit der Beförderung sei er ein ganz anderer Mensch geworden! Er würde jetzt ganz anders denken! Offensichtlich hätte man in der Zentrale eine „Gehirnwäsche“ mit ihm durchgeführt! Wolfs Frau griff auch in die Diskussion ein, um ihn zu verteidigen – und schließlich ging man auseinander, ziemlich angetrunken und mit einem schalen Geschmack auf der Zunge ...

 

Nun hat Wolf als Gebietsverkaufsleiter Dinge festgestellt, von denen er früher nichts wusste. So zum Beispiel, dass sein ehemaliger Freund seine Touren nicht exakt plant und mehr nach Lust und Laune (und nach Wetterverhältnissen) durch die Weltgeschichte reist. Außerdem nimmt Markus manchmal seine Frau mit; vor allem dann, wenn er durch eine landschaftlich reizvolle Gegend fährt. Dabei macht er ausgedehnte Kaffeepausen in schön gelegenen Ausflugslokalen. Schließlich ist Markus der Meinung, dass 50 Prozent des von der Zentrale verlangten Papierkriegs unnötig seien; um zu beweisen, dass dieser Papierkrieg volumenmäßig nicht zu schaffen sei, macht er „Dienst nach Vorschrift“ und liefert seine Berichte immer zu spät ab, was Wolf wieder Schwierigkeiten vonseiten seines Vertriebsleiters einbringt.

Am schlimmsten empfindet er jedoch, dass die Haltung seines früheren Freundes zum Teil auf die Gruppe abfärbt. Bei der letzen Regionaltagung wurde er von einigen Mitarbeitern des Öfteren ostentativ mit „Herr Gebietsverkaufsleiter“ angeredet – eine nicht zu überhörende Warnung der Gruppe!

Wolf will in einem Gespräch letztmalig versuchen, sich mit Markus in fairer Weise zu arrangieren.

Beim Durchspielen dieses Rollenspiels in den Seminaren erlebte ich folgende spontane Reaktion der Teilnehmer:

Markus wird ganz sachlich und in ruhigem Ton darauf aufmerksam gemacht, dass es so nicht weitergehen kann:

1 Seine Berichte müssen in Zukunft pünktlich auf dem Tisch von Wolf liegen.

2 Er soll in Zukunft den Kollegen gegenüber seine Zunge hüten! (Auch dies in sachlichem Ton mitgeteilt!)

3 Er könne sich ruhig ein bisschen mehr bemühen. Karriere sei keine schlechte Alternative.

4 Es würde ihm nichts schaden, wenn er mehr Verständnis für Wolfs Situation aufbrächte. Schließlich sei man ja lange Jahre miteinander befreundet gewesen.

5 Ihm wird eine Umsatzstatistik gezeigt, die beweist, dass seine Umsätze im letzten halben Jahr nicht „der Hit“ waren.

6 Markus wird (ganz sachlich) gefragt, was dieser unsinnige Widerstand eigentlich soll.

Ganz selten gelang der Durchbruch zum „Neubeginn“ der Freundschaft. In 95 Prozent der Fälle blieb das Verhältnis kühl und auf rein geschäftliche Basis reduziert. Das entstandene Misstrauen auf beiden Seiten vergiftete die Zusammenarbeit noch zusätzlich. In einigen Fällen kam es nach dem Gespräch zur Trennung.

Freundschaft lässt sich nicht sachlich behandeln

In der nachfolgenden Analyse der einzelnen Rollenspiele kristallisierte sich folgende Erkenntnis heraus:

Der Fall „Freundschaft“ lässt sich keinesfalls sachlich lösen! Hier geht es ausschließlich um Gefühle wie zum Beispiel Enttäuschung und Wut.

Markus ist enttäuscht, dass Wolf den gemeinsamen „Lebensweg“ verlassen hat.

Wolf kann nicht begreifen, dass Markus kein Verständnis für seinen Karriereschritt aufbringt.

Hier schlägt die Alexithymie wieder voll zu! Keiner der beiden Kontrahenten kann erkennen, in welchem Gefühlszustand er steckt. Also muss der Konflikt „versachlicht“ werden. So kommt es dann zu den fruchtlosen Diskussionen über fehlende Berichte, Aufhetzen der Kollegen usw. – klassische Nebenschauplätze.

Lösungsansatz

Lösung: Gegenseitige Verletzungen aufarbeiten

Das klärende Gespräch zwischen Wolf und Markus muss sich ausschließlich auf die Aufarbeitung der jeweiligen Verletzungen konzentrieren. Das könnte folgendermaßen ablaufen:

Fortführung des Beispiels

Wolf: „Markus, es tut mir Leid, dass unser letztes Treffen so in die Hose gegangen ist. Hinterher konnte ich mir nicht mehr erklären, was eigentlich passiert ist. Ich bin sehr unglücklich darüber, dass wir uns nicht mehr verstehen, und vermisse unsere Treffen und den Gedankenaustausch sehr.“

(Wolf hat seine Gefühle offen ausgesprochen und somit eine Vorgabe gemacht, wie das Gespräch verlaufen könnte.)

Markus: „An mir liegt das doch nicht, du hast dich doch plötzlich von unserer gemeinsamen Linie entfernt. Und das, ohne mir auch nur ein Wort zu sagen. Du bist doch gar nicht daran interessiert, was ich darüber denke – vielleicht bist du auch nur ganz einfach feige. Wirst dir schon gedacht haben, dass mir dein plötzlicher Karrieresprung nicht gefällt. Jetzt musst du schon sehen, wie du mit deinem ‚Aufstieg‘ fertig wirst. Mit mir kannst du nicht rechnen. Du kennst meine Einstellung zum Leben!“

(Markus muss erst einmal seinen ganzen Frust loswerden und Wolf muss Manns genug sein, sich diesmal nicht persönlich angegriffen zu fühlen.)

Wolf: „ Ja, so muss es nach außen gewirkt haben. So genau habe ich das noch gar nicht betrachtet – ein Fehler, wie ich jetzt begreife. Nur was machen wir jetzt? Ich hatte plötzlich ‚Lust‘ auf den Posten des Gebietsverkaufsleiters, und als mir diese Position angeboten wurde, konnte ich nicht widerstehen. Klar, ich hätte das mit dir besprechen müssen, wir haben früher ja auch alles miteinander bequatscht. Du hast Recht, irgendwie hatte ich Bedenken, dass du damit nicht einverstanden sein würdest, und so habe ich besser nichts gesagt. Der zweite Fehler. Ehrlich gesagt habe ich mir den Aufstieg nicht so arbeitsintensiv vorgestellt und hatte im Stillen gehofft, dass der Übergang nicht so krass ausfällt und ich dir die neue Position stückchenweise verkaufen kann. Offensichtlich der dritte Fehler ...“

(Wolf zeigt Verständnis für die Erklärungen von Markus und sieht dies als Chance, auch seine Beweggründe erklären zu können.)

Die Rahmenbedingungen der Freundschaft neu abstecken

Erst dann, wenn der Kopf und das Herz wieder frei sind, wenn Markus seinen Frust „ausgekotzt“ hat und Heilung durch das jeweilige Verständnis füreinander beginnen kann, ist eine Basis möglich, um die freundschaftlichen Gefühle wieder aufleben zu lassen. Da dies unter „neuen Vorzeichen“ geschieht, müssen diese auch offen benannt werden, zum Beispiel:

dass die beiden in Zukunft wieder öfter etwas unternehmen, auch wenn die Zeit von Wolf eingeschränkter ist als früher;

dass Wolf über geschäftliche Dinge nicht mehr sprechen wird, da er jetzt mit zur Geschäftsführung gehört;

dass Wolf Markus noch einmal versichert, dass seine Beförderung ausschließlich mit ihm (Wolf) zu tun habe und nicht als Ablehnung gegenüber Markus als Freund gerichtet ist;

dass Wolf sich wünscht, dass Markus ihn in seiner neuen Rolle als Gebietsverkaufsleiter akzeptiert.

Wolf muss sich die Loyalität von Markus neu erarbeiten, sonst wird es immer wieder zu Ausbrüchen auf Nebenkriegsschauplätzen kommen. Markus hingegen muss akzeptieren, dass Wolf das Recht hat, seine Meinung bezüglich „Karriere“ jederzeit zu ändern.

So entsteht wieder Vertrauen – die einzige Basis für gutes Miteinander. Sollte dies – trotz aller gefühlsmäßigen Offenheit – nicht möglich sein, dann muss Wolf letzten Endes doch entscheiden, sich von Markus als Mitarbeiter zu trennen. Damit wird dann endgültige Funkstille zwischen den beiden herrschen. Manchmal ist dies leider nicht zu ändern. Doch der Versuch, über Gefühlsoffenheit wieder zueinander zu finden, ist es allemal wert.

Fallstrick 7: „Affen“ im Büro

Beispiel: Die Probleme anderer zu seinen machen

Die Grafikerin Frauke Stein kommt in ihrem Projekt nicht weiter, sie hat sich in etwas festgebissen und findet den Ausweg nicht. Sie bittet ihre Vorgesetzte Hanna Ahrens um einen Tipp, wie sie „den Karren wieder flott bekommt“. Hanna Ahrens hört sich die Erläuterungen an und erklärt ihrer Mitarbeiterin nach kurzem Nachdenken, sie würde sich bis morgen etwas überlegen und ihr wieder Bescheid geben.

Kurze Zeit später ein ähnlicher Fall, auch hier „hakt“ etwas, auch hier ist Hanna Ahrens ganz Ohr, auch hier bittet sie um Geduld und bietet bis zum nächsten Tag eine Lösung an.

Dies können wir weiterspinnen, bis Frau Ahrens’ Büro voll ist mit „fremden Affen“ (Lasten). Sie kauft mehrere Steigen Bananen, um am nächsten Tag mit der Fütterung zu beginnen ... Ihre Mitarbeiter hingegen haben fröhlich pfeifend ihr Büro verlassen, da sie nun von ihrem Affen befreit sind. Nur: Ist ein Vorgesetzter dazu da, fremde Affen zu sammeln und zu füttern?

Lösungsansatz

Lösung: Den Ball zurückspielen

Wenn Mitarbeiter, mit welcher Problemstellung auch immer, beim Vorgesetzten Rat suchen, gilt das gleiche Prinzip wie bei Frau Burg: Hanna Ahrens sollte sich alles in Ruhe anhören und dann zunächst Frauke Stein fragen, was sie zu tun gedenkt, um zu einer Lösung zu gelangen. Oft bringen Menschen bereits sehr gute Ideen mit. Falls Frau Stein zunächst noch zu blockiert ist, um eigene Möglichkeiten zu erkennen, bietet sich ein kurzes Brainstorming an, um sie aus der Gedankenblockade zu befreien.

Bemühen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Mitarbeiter um einen Lösungsansatz, mit dem er wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, damit nicht Sie den „Affen“ in Ihrem Büro sitzen haben. Sie kommen sonst zu nichts mehr!

Überprüfen Sie Ihre Führungssituation!

Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht, wie sie in diesem Kapitel beschrieben wurden? Setzen Sie sich bitte mit dem folgenden Praxisfall auseinander!

Situation:

Sie haben Ihren Exkollegen Versprechungen gemacht, die Sie (bislang) nicht einhalten konnten. Misstrauen bis hin zu offener Ablehnung sowie Enttäuschung bei Ihren Mitarbeitern untergraben nun das Wir-Gefühl und die Motivation.

Befinden Sie sich in dieser Lage?

Nein.

Ja, und zwar im Hinblick auf den/die Exkollegen:

Vorschläge zur Lösung des Problems:

Gefühls-/Beziehungsebene verbessern: verletzte Gefühle ernst nehmen, gemeinsam nach Lösungen suchen.

Abteilungsmeeting durchführen: per Metaplan-Technik Problemfelder ermitteln und Lösungen finden (siehe Seite 66 „Problemlösungskonferenz).

Erneut Vertrauen schaffen und Wir-Gefühl stärken: Informationsfluss verbessern, Mitarbeiter einbeziehen in notwendige Veränderungsprozesse.

Motivation schaffen durch neue Herausforderungen, Ziele, Aufgaben.


Beginn der Maßnahmen: binnen 2 Wochen
Erfolgskontrolle: nach 8 Wochen

Ergebnis:__________________________________

 

Mögliche Maßnahmen bei anfänglichem Misserfolg:

Zweites Gespräch führen, Maßnahmen fortsetzen, erneute Erfolgskontrolle.

Zweites Abteilungsmeeting mit externem Moderator/Berater zum Thema Konfliktbewältigung durchführen.

Problem mit dem nächsthöheren Vorgesetzten besprechen.

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