Forever Collide

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Aus der Reihe: Collide-Lovestory #3
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Verdammt. Ich muss sie anrufen. Ich muss versuchen, sie zur Vernunft zu bringen, ich will, dass sie mir zuhört. Ich lehne mich an die Wand und versuche Ruhe in mich zu bringen. Ich darf nichts Falsches sagen, wenn sie tatsächlich abheben würde.

„Hier ist die Mailbox von -" Ihr Handy ist ausgeschaltet. Egal, wie oft ich es versuche, es ist jedes Mal die Mailbox.

Und ich weiß nicht einmal, wo sie ist. Wahrscheinlich ist sie bei Alec. Doch genauso wenig, wie ich sicher sein kann, wo sie wirklich ist, weiß ich auch nicht, wo er wohnt. Vielleicht wohnt er in einem Studentenwohnheim am Campus.

Ich fahre mit den Händen durchs Gesicht. Das alles kann nur ein schrecklicher Traum sein.

Ich habe keine Ahnung, was jetzt als nächstes passieren wird. Black wird mich anzeigen, da bin ich mir sicher. Außerdem habe ich den Vertrag gebrochen. Das Apartment muss ich ebenfalls aufgeben, weil Black es mir für das Jahr zur Verfügung gestellt hat. Ich muss versuchen meine Rechte an meinem Buch wieder zurück zu bekommen und mir eine neue Wohnung besorgen.

Scheiße, wie konnte das alles so ausarten? Ich hätte einfach in London bleiben sollen, ich hätte verdammt nochmal in London bleiben sollen. Jetzt habe ich Raven New York versaut und mir ebenfalls.

Als ich ein weiteres Mal versuche Raven verzweifelt am Handy zu erreichen, klopft jemand heftig an der Tür. „Mach sofort diese beschissene Tür auf!"

Für einen kurzen Moment dachte ich, Black hätte mir schon die Polizei auf den Hals gehetzt, doch es ist Steven.

Er klopft immer fester und ich bin mir sicher, dass er dagegen tritt. „Verdammt, beweg dich, du Arschloch!"

Ich lege mein Handy auf ein Regal und öffne die Tür.

Sofort stürmt Steven auf mich zu, packt mich am Kragen und drückt mich gegen die Wand. „Hast du sie noch alle?", schreit er mir ins Gesicht. „Was fällt dir ein, einfach Blacks Büro auseinander zu nehmen?"

Ich schuppse ihn von mir weg und zupfe meinen Pullover wieder in Form. „Was fällt dir ein, einfach in meine Wohnung zu stürmen?"

Stevens Kopf ist knallrot. Er ist wirklich sauer. Er sieht aus, als würde er mir jeden Moment eine verpassen wollen. „Was mir einfällt deine Wohnung zu stürmen? Hat dir jemand ins Gehirn geschissen? Ich hoffe, dir ist klar, dass Black dich anzeigen wird! Das wird eine ordentliche Geldstrafe hinter sich herziehen, weil du ganz zufällig auch noch die Oberbosse beleidigt hast! Verdammt, ich könnte dir die Fresse einschlagen! Die ganze Scheiße fällt auch auf mich zurück! Wenn ich wegen dir meinen Job verliere, bringe ich dich eigenhändig um!"

„Reg dich nicht so auf", sage ich locker. „Ich bezahle die Scheiße und werde mit Black reden, damit du in keinem schlechten Licht da stehst."

Steven sieht mich total fassungslos an. „Sag mal, hast du gekifft? Was zum Fick geht denn mit dir ab? Die Rede ist hier von einer Anzeige der größten Verlagsfirma der Welt, nicht einfach von irgendeinem Kleinunternehmen. Black kann dich richtig fertig machen und das nimmst du einfach so hin?"

Ich zucke mit den Schultern und gehe an ihm vorbei in die Küche. „Was habe ich zu verlieren? Ich will mit BPE nichts mehr zu tun haben."

„Was du zu verlieren hast?" Steven folgt mir lachend. „Jede Menge Kohle. Und da sind zehn Tausend Dollar nur der Anfang."

Ich nehme mir ein Bier aus dem Kühlschrank und reiche ihm eins. „Willst du auch?"

Argwöhnisch nimmt er es mir ab und betrachtet mich skeptisch, als ich den Deckel öffne. „Was zur Hölle ist passiert, dass du Blacks Büro stürmst?"

Viel zu erschöpft von den letzten Stunden, setze ich die Flasche an und trinke. „Die Arbeitszeiten waren abgefuckt."

„Die Arbeitszeiten waren abgefuckt?", lacht er und sieht mich unglaubwürdig an. „Du bist nicht wirklich breit oder?"

„Nein, bin ich nicht." Ich lehne mich an den Herd.

Kurz herrscht Stille und ich sehe, wie Steven das Apartment beäugt. „Wo ist Raven?"

Bei dem Klang ihres Namens stirbt etwas in mir. Wahrscheinlich der Rest Hoffnung, den ich noch hatte, bevor ich sie versucht habe, anzurufen. „Sie ist weg."

„Wie meinst du das Sie ist weg?"

Ich sehe ihn an. „Ich meine damit, dass sie mich verlassen hat. Heute Morgen ist sie gegangen."

Stevens Blick strahlt pures Entsetzen aus. „Sie hat dich verlassen? Wieso?"

Ich lache bitter auf und schüttele den Kopf, starre in die Flasche in meiner Hand. „Angie scheint es dir noch nicht gesagt zu haben. Ich habe Raven mit ihr betrogen."

„Was zum Fick laberst du da?"

„Raven glaubt, ich hätte sie mit Angie betrogen. Angie hat sich heute Morgen in meinem Büro ausgezogen und mir ihre abartigen Brüste ins Gesicht gedrückt."

Steven schnappt nach Luft. „Scheiße ... Und Raven hat es gesehen?"

Ich antworte nicht einmal, sondern nehme einen weiteren Schluck und sehe Steven nur mit erhobener Braue an.

Er scheint sofort zu verstehen und trinkt ebenfalls einen Schluck. „Das ist Scheiße, Alter. Wieso zur Hölle hat Angie das gemacht? Sie bekommt doch schon einen Schlaganfall, wenn man ihr zu nahe kommt?"

„Glaube mir, wenn ich dir sage, dass es mich genauso plötzlich getroffen hat, wie dich."

Steven beißt sich auf die Lippen. Es ist das erste Mal, dass ich sehe, dass er so etwas wie freundschaftliches Mitleid empfindet. Er weiß ganz genau, wie viel Raven mir bedeutet. „Deswegen hast du Black fertig gemacht?"

„Deswegen habe ich Black fertig gemacht. Er ist der Grund, wieso all das passiert ist. Es ist mir scheißegal, ob er mich anzeigt, er kann mir all mein Geld nehmen, mir war noch nie etwas mehr egal. Ich werde zurück nach England gehen. Mich hält nichts in Amerika."

„Nicht mal Raven? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie wieder nach England gehen kann."

Ich starre auf den schwarzen Boden unter unseren Füßen. „Was soll ich tun, man? Sie gehört jetzt nicht mehr zu mir. Und selbst, wenn ich in Amerika bleiben würde, würde ich nur verkümmern, weil ich ihr ständig viel zu nahe wäre. In England kann ich mein Studium beenden."

„Alter ... Hast du denn wenigstens versucht sie anzurufen? Du kannst sie doch nicht aufgeben, nur weil so ein Miststück wie Angie versucht, sich zwischen euch zu drängen."

„Sie hat ihr Handy ausgeschaltet. Und wenn, dann würde sie nicht mit mir reden wollen. Wer verübelt es ihr?" Ich lache unlustig. „Sie denkt verdammt nochmal, dass ich Angie gefickt habe. Sie hasst mich."

„Weißt du denn, wo sie ist?"

Ich zucke mit den Achseln. „Wahrscheinlich bei ihrem besten Freund Alec. Aber ich habe keine Ahnung wo er wohnt. Ist auch total nebensächlich. Es würde keinen Sinn machen, ihr zu folgen. Sie glaubt mir keine Sekunde."

„Also willst du dich einfach aus Amerika verpissen und alles, was hier war, vergessen?" Steven runzelt die Stirn.

Ich sehe ihn an. „Ich werde die Sache mit Black regeln und mich aus Amerika verpissen, ganz recht. Was soll ich noch hier? Alles würde mich verdammt nochmal an sie erinnern."

Noch bevor ich reagieren kann, kommt Steven schnell auf mich zu und haut mir seine flache Hand ins Gesicht. „Was bist du denn für ein weinerlicher Jammerlappen?", sagt er laut. „Alter, du bist ein Mann und keine Tussi, die irgendwelchen widerwertigen Männern hinterherheult!"

Ich sehe ihn unglaubwürdig an und stelle mein Getränk ab. „Hast du sie noch alle?"

Steven verdreht die Augen und klatscht mir noch eine, diesmal auf die andere Wange.

„Alter!" Ich schuppse ihn am Kragen von mir. „Soll ich dich rausschmeißen?" Ich fahre mir mit dem Finger über meinen Kieferknochen und muss feststellen, dass er mich aufgekratzt hat. „Du schlägst wie 'ne Frau, du Wichser."

Er lacht auf. „Wenigstens hörst du endlich auf, dich wie eine aufzuführen. Hör zu. Ich kann verstehen, wenn du nach England abhaust, aber zur Hölle, Aiden, du siehst jetzt schon aus, wie das Elend höchstpersönlich. Brock dir nicht noch mehr Probleme ein, als du sie sowieso schon hast. Willst du die ganze Scheiße einfach so passieren lassen? Du liebst doch Raven, nicht wahr?"

Ich starre ihn nur an. Natürlich tue ich das.

„Dann verdammte Scheiße, musst du ihr das auch zeigen. Sie wird dir glauben, irgendwann wird sie dir glauben, ich schwöre es dir. Sie liebt dich mindestens genauso viel, wie du sie – obwohl ich das nicht nachvollziehen kann – und irgendwann knicken die Weiber immer ein. Wenn du schon Amerika verlässt, dann nur mit ihr! Gib dir meinetwegen jeden verdammten Tag die Kante, aber hör auf so rumzuheulen!" Er trinkt den letzten Schluck seines Biers und stellt es auf die Küchentheke. „Ich hab keine Ahnung, was du jetzt machen sollst, aber scheiße nochmal, hör auf zu jammern. Ruf mich an, wenn du hier raus musst oder Hilfe brauchst, aber verkümmere nicht." Er geht aus der Küche, richtet sich seine Jacke nochmal und öffnet die Tür. „Und jetzt sieh zu, dass du rausbekommst, wo sie ist, du erbärmliches Stück Scheiße. Sei ein Mann!"

Raven

Ich starre an die Decke des Zimmers von Alecs Mitbewohner. Ich fühle mich absolut nicht wohl und das liegt nicht nur daran, dass ich in einem fremden Bett liege. Mein Handy habe ich schon heute Mittag ausgeschaltet, weil ich Angst hatte, dass Aiden mich nicht mal versuchen würde anzurufen. Und es würde mich nur noch mehr quälen, wenn er es einfach so hinnimmt, ohne einen weiteren Versuch zu starten.

Ich schaue nach links auf das kleine Schränkchen neben dem kleinen Bett und sehe auf mein Handy. Die ganze Zeit spiele ich schon mit dem Gedanken meinen Vater anzurufen. Auch wenn ich mir fast sicher sein kann, dass er mehr als wütend sein wird, dass ich meine Chance in London durch Aiden verspielt habe und wir uns nach nicht einmal drei Wochen in New York wieder getrennt haben, will ich einfach mit ihm reden. Früher war er immer für mich da, wieso sollte er es heute nicht sein?

 

Schließlich greife ich nach meinem Handy und scrolle durch meine Kontakte, wage es nicht mal nachzusehen, ob ich verpasste Anrufe habe. Noch vor meinem Vater sticht mir Aidens Kontakt ins Auge, gleichzeitig ins Herz. Es ist das Beste, wenn ich seine Nummer lösche. Ich sollte alles löschen, was mit ihm zu tun hat. Ich werde sofort nach dem Gespräch mit Dad alle Bilder löschen, alle Nachrichten, alles. Ich muss so tun, als hätte er nie existiert, sonst packe ich das nicht.

Ich versuche eine weniger deprimierte Miene aufzusetzen, als ich mir das Handy ans Ohr halte und dem Tuten lausche. Ich möchte, dass Dad denkt, ich würde mit der Situation zurechtkommen. Es macht es nur noch schwerer, wenn ich auch noch sein schlechtes Gewissen im Nacken sitzen habe.

„Hey, Spätzchen", grüßt er mich glücklich.

„Hi, Dad", versuche ich seine Laune widerzuspiegeln. „Wie geht's dir?"

„Es geht mir gut, wirklich gut. Ich habe mir deinen Rat vom letzten Mal zu Herzen genommen. Ich habe eine Frau kennengelernt. Sie ist toll. Du wirst sie mögen, wenn du mich mal wieder besuchen kommst."

Ich schürze die Lippen. Ich gönne ihm sein Liebesglück, doch es kommt mir gerade ungelegen. „Das freut mich ehrlich für dich."

„Danke." Nach einer Pause, sagt er: „Ist alles in Ordnung? Du klingst erschöpft."

„Es war ein harter Tag", seufze ich.

„Oh, verstehe. Wie geht es denn Aiden? Wie läuft es mit seinem Buch?"

Allein sein Name bringt meine Brust zum Bersten. „Aiden ist ... Wir haben uns getrennt." Ich muss stark klingen.

„Was? Wieso? Was hat er getan?" Dad klingt wütend.

Ich muss schwer schlucken. „Er hat nichts getan", lüge ich. „Es – Es hat einfach nicht funktioniert ... Wir sind zu verschieden."

„Verstehe ... Und du kommst damit klar?"

Nein. „Ja, ich komme damit klar. Es geht mir gut."

„Das beruhigt mich wirklich. Schade eigentlich, denn Aiden war echt ein guter Junge."

Ich schweige. Ja, das war er.

„Und wo bist du jetzt? Ich nehme an, dass ihr nicht mehr zusammen wohnt", sagt mein Vater vorsichtig.

„Ich wohne bei einem Freund in seiner Wohnung. Ich weiß noch nicht, was zukünftig passieren wird."

„Komm zurück nach England."

„Ich kann nicht einfach wieder zurückkommen, Dad. Ich kann nicht ständig das College wechseln ... Das ist alles eine sehr große Belastung."

„Komm wenigstens zu deinem Geburtstag zurück nach England. Ich will nicht, dass du diesen Tag allein verbringen musst. Tante Emma und deine Mutter vermissen dich sowieso."

„Ich kann das nicht bezahlen", erkläre ich traurig. „Aiden hat immer die Flüge bezahlt. Ich weiß nicht mal, wie ich hier in New York um die Runden kommen soll ... Das ist alles ein riesiges Chaos." Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter.

„Ich bezahle es dir."

„Nein, das kannst du nicht."

„Schatz, ich bezahle es dir. Ich musste jetzt die ganze Zeit, die du in New York warst keine Studiengebühren bezahlen, weil Aiden alles geregelt hat, jetzt kann ich dir auch deinen Flug bezahlen. Es ist das Mindeste, was ich momentan tun kann. Sieh es als kleines Geburtstaggeschenk."

Die Studentengebühren habe ich total vergessen. Dad wird sie wieder bezahlen müssen, weil ich wahrscheinlich wieder in ein Wohnheim ziehen muss. Sein Gehalt war schon immer unter dem Durchschnitt und ich war glücklich darüber, dass er die Gebühren nicht mehr bezahlen musste, aber jetzt ... Alles nur, weil ich so naiv war.

„Es tut mir leid, dass du die jetzt wieder bezahlen musst", sage ich kleinlaut. „Ich werde dir den Flug zurückzahlen. Morgen besorge ich mir sofort einen Job hier in New York und ich werde versuchen, dir alles zurückzugeben."

Er seufzt. „Ravely, ich bin dein Vater. Du musst mir nichts zurückzahlen. Jeder Vater muss für das College seiner Kinder bezahlen, ich sollte keine Ausnahme sein. Außerdem will ich nicht, dass du mit achtzehn Jahren schon ständig arbeiten musst, während ich dir eigentlich helfen könnte. Deine Situation ist natürlich schwerer als gedacht, doch ich mache dir keine Vorwürfe."

Ich lächle leicht. „Danke ... Ich dachte, du wärst sauer auf mich."

„Quatsch. Warum sollte ich sauer sein?"

„Wegen Aiden ... Weil es nicht funktioniert hat."

Kurz herrscht Stille, dann sagt er: „Wir alle machen Fehler, aber wir müssen daraus lernen. Um ehrlich zu sein, hat es mich Stolz gemacht, dass du so selbstlos warst und London für ihn aufgegeben hast. Ich bin mir nicht sicher, ob du das gemacht hättest, bevor du aufs College gegangen bist. Du hast dich sehr verändert was das angeht. Ich weiß nicht, ob ich das damals für deine Mutter gemacht hätte. Aber das steht momentan nicht im Vordergrund. Wichtig ist, dass du deinen Geburtstag hier mit deiner Familie feiern kannst."

Ich bedanke mich bei ihm und entschuldige mich, dass es momentan so ist, wie es ist. Auch wenn es ihm anscheinend nichts ausmacht, mir Geld zu geben, habe ich ein unglaubliches schlechtes Gewissen. Ich mache den Menschen in meinem Umfeld das Leben schwer, nur weil ich meines nicht in den Griff bekomme. Wie Aiden sagte. Ich bekomme mein Leben nicht in den Griff. Wehe wie ein Fähnchen im Wind, ohne Nachzudenken.

Aber ich bin glücklich wieder nach England zu fliegen. Nach den Prüfungen habe ich eine Woche keine Schule, also verpasse ich nichts im Unterricht. Ich würde gerne wieder Scar treffen, eventuell nach London fahren und Aby und die anderen besuchen. Alle die, die ich zurückgelassen habe, weil ich dachte, Aiden sei meine Zukunft.

Ich starre wieder die kahle Decke über mir an.

Was er wohl gerade macht? Ich kann nichts anderes tun, als zu hoffen, dass er gerade genauso sehr an mich denkt, wie ich an ihn denke. Dass er mich vermisst und bereut, was er getan hat.

Ich schließe die Augen, hoffe der Tag hat bald ein Ende.

Ich traue mich nicht, ihn aus meinem Handy zu löschen.

Aiden

Ich habe die letzte Nacht fast schlaflos auf der Couch verbracht. Ich konnte nicht in dem Bett liegen, indem noch immer ihr Geruch ist. Und die Vorstellung ohne sie dort zu sein, war zu schmerzhaft. Vor fünf Uhr habe ich kein Auge zubekommen. Ich wusste, dass ich sofort wieder aufwachen würde, weil etwas fehlt. Genauso war es auch.

Ich bin todmüde, mein Körper ist erschöpft, genauso wie meine Seele. Bewegungslos sitze ich auf der Couch und starre auf die dunkelgraue Wand vor mir. Ich warte. Schon um neun Uhr hat Steven mich benachrichtigt, dass die Polizei mich an diesem Morgen abholen wird. Black hat nicht lange gefackelt, sondern hat sofort alles in die Wege geleitet, damit ich meine gerechte Strafe bekomme. Wer würde es ihm verübeln? Kein Chef seiner eigenen Firma würde sich ohne Konsequenzen von einem einfachen Schriftsteller demütigen lassen.

Also sitze ich hier und warte, bis sie an meiner Tür klopfen. Meine Sachen habe ich bereits größtenteils alle zusammengepackt. Ich werde das Problem mit BPE beseitigen, meine Strafe kassieren und sofort zurück nach England gehen. Mit oder ohne Raven. Ich habe sie noch oft versucht anzurufen, doch es hatte irgendwann keinen Zweck mehr. Sie will nicht mit mir reden.

Um zehn Uhr vierzig klopft es an der Tür. Ich stehe auf und bin mir sicher, dass es die Polizei ist, doch es ist ein Postbote.

Er überreicht mir ein Paket und ich betrachte es, als ich die Tür wieder schließe.

Das ist das Geschenk, was ich Raven zum Geburtstag schenken wollte. Wofür ich mir den verdammten Arsch aufgerissen habe, damit ich es bekomme. Und für was? Für nichts!

Mit einem Schrei schmeiße ich es in die Ecke des großen Wohnzimmers. Ich hätte ihr alles besorgen können, ich hätte ihr die beschissene Welt kaufen können, sie hätte mich trotzdem verlassen.

Um elf Uhr klopft es erneut. Ich ziehe mir schon meinen Mantel über, bevor ich die Tür öffne, damit wir auch keine Zeit verlieren.

Ruhig öffne ich die Tür und drei Polizeibeamte sehen mich an.

„Mister Bender?", fragt einer.

Ich nicke gleichgültig, ich weiß schon, was auf mich zukommt.

„Sie sind vorläufig festgenommen", sagt ein anderer und zieht mich aus dem Türrahmen. „Wegen Vandalismus und Sachbeschädigung." Er dreht mich um und legt mir Handschellen an. „Sie haben das Recht zu schweigen oder auf einen Anwalt."

„Könnten Sie wenigstens noch meine Tür schließen?", frage ich desinteressiert und deute auf die noch offene Haustür.

Ein Beamter knallt sie zu und wir gehen durch den Flur. Ich wehre mich nicht. Wieso auch? Ich weiß, dass bis auf eine Geldstrafe nichts auf mich zukommen kann. Black kann soviel Macht haben wie er will, letztendlich habe ich nur sein Büro verwüstet und ihn beleidigt. Ich brauche nicht mal einen Anwalt, um aus der Situation rauszukommen. Und ob ich nun vorbestraft bin oder nicht, ist mir genauso egal, wie wenn ich hier und jetzt all mein Geld verlieren würde.

Zwei Beamte halten mich an meinen zusammen geketteten Armen fest, während wir gelassen das Hochhaus verlassen. Zwei Polizeiautos stehen bereits am Straßenrand, genauso wie unendlich viele Leute, die neugierig beobachten, wie ich in eines dieser Autos gedrückt werde. Es ist unverkennbar, dass die Beamten auf Blacks Seite stehen. Wahrscheinlich hat er sie geschmiert damit sie mich behandeln, als hätte ich jemanden ermordet.

„Ich hoffe, Sie wissen, dass Sie sich mit der falschen Firma angelegt haben", murrt der Beamte, der mir die Handschellen angelegt hat, während er den Motor startet.

Ich sehe nur gleichgültig durch das Gitter, das den Rücksitz vom Rest trennt und betrachte die vielen Autos, die um uns herum fahren, ich beachte seine Worte nicht weiter.

„Sie können sich jetzt so desinteressiert zeigen, wie Sie wollen", schimpft er weiter. „Männer wie Sie habe ich am liebsten in meinem Beruf. Erst machen sie einen auf hart und dann knicken Sie ein. Im Endeffekt seid ihr alle gleich."

„Michael", sagt der andere Beamte entsetzt. „Hör auf. Black hat uns gesagt, wir sollen kein Wort mit ihm wechseln. Halte dich gefälligst daran."

„Hach, wenn interessiert, was mein Bruder sagt. Ich könnte einfach behaupten, dass dieser Mistkerl Beamtenbeleidigung betrieben hat. Er hat kein Alibi, um zu beweisen, dass es nicht stimmt."

Ich hebe eine Braue und betrachte ihn durch den Rückspiegel. „Black ist also Ihr Bruder."

„Ganz Recht", knurrt er zurück. „Und deswegen hoffe ich erst Recht für dich, dass du deine gerechte Strafe bekommst."

„Absolut nachvollziehbar", sage ich ruhig und sehe wieder durch das Fenster. „Absolut nachvollziehbar."

Keine fünf Minuten später werde ich schon wieder aus dem Wagen gezerrt und wir betreten den Eingang von BPE. Ich dachte zwar, dass ich auf das Polizeirevier kommen würde und ich BPE nie wieder betreten muss, doch umso schneller komme ich aus New York weg. Alles könnte hier geklärt werden, ohne Verhör ohne Gerichtssaal, einfach alles locker.

Stacy Sunshines Blick, als wir an der Rezeption vorbeigehen, bringt mich fast zum Lachen. Sie scheint wohl noch nicht zu wissen, was passiert ist.

Ich werde zu einer Tür geführt, an der ich noch nie war. „So", sagt der Beamte, der mich nicht abgrundtief hasst. „Black hat einen eigenen Gerichtssaal für so Fälle wie dich. Der Richter, genauso wie ein Pflichtverteidiger, der dir zur Verfügung steht, sind bereits anwesend. Besser ist es, wenn Sie sich ruhig verhalten und alles den Verteidiger klären lassen." Er nimmt meine Handschellen ab.

Ich reibe mir über die Handgelenke und nicke ihm verständlich zu.

„Er sollte die Handschellen anbehalten", murrt Blacks Bruder.

„Er tut doch nichts", meckert der andere. „Er sieht nicht so aus, als würde er irgendwen umbringen wollen." Er öffnet die Tür und gemeinsam betreten wir den Raum.

Und es ist tatsächlich ein richtiger Gerichtssaal. Ein paar Angestellte sitzen im Publikum und ich kann Steven am Rand entdecken, er nickt mir zu. Ich nicke nur zurück und dann werde ich auch schon von Blacks Bruder auf einen Stuhl hinter einen Tisch gedrückt.

Ein alter Mann mit Anzug sitzt neben mir und hält mir seine Hand hin. „Ich bin Georg Emings", begrüßt er mich halb lächelnd. „Ihr Anwalt."

Ich schüttele sie. „Aiden Bender."

„Das schaukeln wir schon, Aiden Bender", sagt er väterlich, sieht dann nach vorne, weil der Richter zweimal mit dem Hammer auf den Tisch klopft.

 

„Ruhe bitte", verkündet er.

Der Saal schweigt und alle erheben sich.

Der Richter sieht auf ein Blatt Papier. Aiden Edward Bender."

Ich blicke auf.

„Sie sind angeklagt wegen Vandalismus, Sachbeschädigung und mehrfacher Beleidigung gegenüber ihren Vorgesetzten. Außerdem haben sie Dokumente im Wert von 56.000,00 Dollar zerstört. Ist das korrekt?"

Ich nicke. „Das ist korrekt." Die Zahl ist mir zwar neu, doch ich nehme es einfach mal so hin. Ich habe keine Ahnung, was es alles mit diesen Papieren von einem der alten Säcke auf sich hat.

„Nun gut. Wir können diese Gerichtsverhandlung kurz halten und schnell hinter uns bringen, Mister Bender. Ich werde Ihnen jetzt die Anklage vorlesen, sowie alle Vertragsbrüche mit Black Poe Enterprise. Sie können entweder den daraus folgenden Vergleichsvorschlag ablehnen oder annehmen. Lehnen Sie ab, müssen Sie mit einer Gefängnisstrafe rechnen, nehmen Sie das Angebot an, leisten Sie eine Geldstrafe und können tun, was auch immer Sie tun wollen. Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen."

Wieder nicke ich. „Einverstanden."

„Okay", sagt der Richter. “Ich beginne."

Alle setzen sich wieder und erst jetzt entdecke ich Black, wie er von einem Stuhl vor dem Tisch neben uns aufsteht und nach vorne läuft. Er nickt dem Richter zu und wirft mir einen Blick zu, der mir sagen soll, dass ich hier und heute verlieren werde. Obwohl ich ihn stets als freundliche und nette Person kenne, kann ich seine schlechte Laune gut nachvollziehen. Wäre ich er, würde ich mich selbst verklagen.

Black geht auf den Richter zu. “Ich werde die Anklageschrift selber vorlesen.”

Blck beginnt. “Aiden Bender. Ich möchte Ihnen zunächst mitteilen, dass ich auf eine Anklage unter keinen Umständen verzichten werde. Sie werden ihre Strafe für ihre Missetaten bekommen, Sie haben der Firma einen großen Schaden zugefügt und das nicht nur, weil Sie sich offensichtlich dazu entschieden haben Black Poe Enterprise zu verlassen."

Er klingt so weit weg von mir, dass ich das Gefühl bekomme, drei Meter vor mir steht nicht Black sondern ein Firmenchef, der seinen Posten verteidigen muss.

Er kommt mit geschwellter Brust auf mich zu und legt mir einen Zettel auf den Tisch. Ich sehe darauf und er erklärt: „Das sind alle Punkte ihrer Anklage, sowie jegliche Verstöße gegen den unterschriebenen Vertrag mit den dazugehörigen Paragraphen. Sie werden später Zeit haben sich den Zettel durchzulesen, konzentrieren Sie sich jetzt nur auf mich."

Ich sehe auf und er durchbohrt mich mit seinem Blick. Gut, dass ich kein beschissener Feigling bin und seinem Blick standhalten kann.

„Erstens", sagt Black laut und entschlossen, hält einen Finger hoch.

„Überlassen Sie das reden mir", flüstert mir Georg, mein Anwalt zu.

Ich nicke, obwohl ich mir sicher bin, dass ich es ihm nicht überlassen werde. Ich weiß ganz genau, was ich tue und was mir zusteht.

„Die Verwüstung meines Arbeitszimmer", redet Black weiter und läuft, mit den Händen hinter seinem Rücken verschränkt, durch den Raum. „Zerstört haben Sie: Zwei Schreibtischlampen, einen Laptop, sowie den Hauptrechner von Black Poe Enterprise. Außerdem haben Sie durch das Herumschmeißen von Dokumenten viele Papiere durcheinander gebracht, die Wochen beanspruchen werden, um sie wieder zu sortieren. Was wiederum zur Folge hat, dass wir drei Verträge mit zwei Firmen nicht zum Abschluss bringen konnten. Ein weiterer Punkt ist der zerstörte Rechner. Wie Sie sich vielleicht denken können, wäre es mir fast egal, wenn ein Computer meiner Firma kaputt geht, doch dieser Rechner, Mister Bender, ist inklusive der Festplatte vollkommen zerstört, was bedeutet, dass jegliche Informationen verloren gegangen sind, die von enormer Wichtigkeit waren." Er bleibt stehen und sieht mich wieder durchdringend an. „Der daraus resultierende Schaden beläuft sich auf insgesamt 275.000,00 Dollar."

Ich schlucke schwer. Ach du Scheiße. Mit dieser Summe habe ich definitiv nicht gerechnet.

„Wie Sie bereits wissen, hatten die Dokumente, die Sie zerrissen haben, einen Wert von 56.000,00 Dollar, deswegen werde ich nicht weiter darauf eingehen." Er fängt wieder an durch den Raum zu laufen. „Machen wir mit der Beleidigung und der daraufhin folgenden Konsequenzen gegenüber Black Poe Enterprise weiter. Durch ihren kleinen ... nennen wir es mal Fauxpas, haben Sie so einige Dinge angedeutet, die die Vorgesetzten von BPE ziemlich in Rage gebracht haben. Andeutungen wie ‚Schiebt euch euer Geld ganz tief in eure geizigen Rachen' oder ‚Ich hoffe, alle ihre gekauften Frauen betrügen Sie und Sie enden verhungert auf der Straße', haben Sie ihre folgende Strafe nur verschlimmert."

„Bettelarm", mische ich mich bewusst ein.

Er sieht mich an. „Wie bitte?"

„Ich sagte nicht, dass sie verhungert auf der Straße enden sollen, sondern bettelarm."

Blacks Blick ist pures Gift. „Wie Sie meinen, Mister Bender. Ich führe fort: Durch Ihre verbalen Äußerungen, haben unsere Vorgesetzten beschlossen einige Entscheidungen, die an diesem Tag hätten besprochen werden sollen, abzusagen, was hohe Verluste bedeutet. Gesamtkosten dieser Injurie: 90.000,00 Dollar. Dazu kommen die 56.000,00 Dollar durch die zerstörten Dokumente. Also sind wir bei 146.000,00 Dollar. Die 275.000,00 Dollar sind natürlich noch nicht inbegriffen, Mister Bender, keine Bange."

Ich höre Georg neben mir erschrocken nach Luft schnappen. Auch der Saal beginnt unruhig zu werden, viele tuscheln und alle starren mich an.

Wer hätte gedacht, dass ich in einem beschissenen Gerichtssaal enden werde, weil Raven mich verlassen hat und ich all mein verdammtes Geld verlieren werde? Das alles kann nur ein schlechter Traum sein. Es wird Zeit, dass ich aufwache.

„Ruhe!", grölt der Richter durch den Saal und haut mit dem Hammer auf den Tisch. „Richard Black ist noch nicht fertig!"

„Ganz Recht", fügt Black hinzu und sieht mich jetzt wieder an. „Kommen wir zu den Rechten ihres Buches, Aiden Bender." Er kommt mir ein paar Schritte näher, ist aber noch weit genug weg, damit ich nicht über den Tisch springen und ihm sofort eine verpassen kann, falls er mir jetzt sagt, dass ich alle meine Recht daran verliere. „Ihre Rechte, Mister Bender", verkündet Black. „Haben Sie mit Ihrer Unterschrift auf dem Vertrag mit Black Poe Enterprise ... komplett abgetreten."

Ich reiße die Augen auf. Das kann nicht sein scheiß Ernst sein! Ich richte mich mehr auf, versuche still zu sein um ihm weiterhin zuzuhören.

„Das bedeutet: Sie haben keine Möglichkeit auch nur eine Seite von ‘Als wir unendlich waren’ auf eigene Kosten zu veröffentlichen und gleichzeitig können wir mit ihrem Werk machen, was wir wollen. Alles Geld, das wir mit Ihrem Buch verdienen, wird an Black Poe Enterprise übergehen und sie werden keinen Cent davon sehen."

Ich springe auf, schmeiße den Stuhl fast hinter mir um. „Was?", schreie ich laut. „Das können Sie doch nicht machen! Das ist mein Buch, nicht Ihres!"

Georg zieht mich am Ärmel meines Mantels wieder nach unten. „Aiden, setzen Sie sich. Machen Sie keinen Aufstand, die Polizei ist anwesend."

Ich sehe wutentbrannt an die Wände, von wo mich das Arschloch, Blacks Bruder, provokant anlächelt und die anderen Beamten beobachten mich schon aufmerksam, warten darauf, dass ich etwas Falsches mache.

„Doch das können wir", sagt jetzt wieder Black und kommt auf mich zu, steht genau vor dem Tisch und sieht mir tief in meine wütenden Augen. „Vielleicht lernen Sie jetzt aus ihrem Fehler, Mister Bender. Nicht alles im Leben tanzt nach Ihrer Pfeife."

Ich balle die Fäuste, presse den Kiefer aufeinander, um nicht sofort auszurasten.

„Legen Sie sich nicht mit jemandem an, der hundert Stufen über ihnen steht." Black lächelt ruhig, dann verkündet er durch den ganzen Saal, während er mich dabei ansieht: „Gesamtsumme der Geldstrafe: 421.000,00 Dollar!"