Perfect Imperfections

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Kapitel 2

Auch ohne den zusätzlichen Bonus, mit Jeremy schlafen zu dürfen, war das ein Angebot, das Reg unmöglich ablehnen konnte. Er war kaum über Nogales’ Grenzen hinausgekommen. Wenn er mit einem der erfolgreichsten Rockstars aller Zeiten auf Tour ging, würde er mehr von den USA und anderen Ländern sehen. Außerdem könnte er es sofort tun, ohne weitere zwei bis drei Jahre Geld anzusparen. Und Reg war sich sicher, dass Jeremys Reisemethode komfortabler sein würde als sein Plan, zu trampen oder mit dem Bus zu fahren. Fazit: Was Jeremy anbot, war so gut wie ein Lottogewinn, und genau wie ein Gewinn in der Lotterie, dachte Reg nicht, dass so etwas jemals passieren würde.

»Du bist besoffen, Mann.« Er schüttelte den Kopf und grinste, der anfängliche Nervenkitzel der Idee wurde durch Belustigung ersetzt. Wer hätte gedacht, dass Jeremy Jameson so ein alberner Betrunkener sein würde? »Ich dachte, ich habe alles von Leuten gehört, die einen zu viel hatten, aber du gewinnst den Preis für den kreativsten Suff.«

»Ich bin nicht betrunken«, schnaubte Jeremy.

»Alter. Du bist total durch.«

»Bin ich nicht.«

»Gut, dann beweise es«, sagte Reg. Der Umgang mit Leuten, die nicht wussten, dass sie nicht mehr nüchtern waren, war Teil seines Jobs. »Gehen auf einer Linie.«

Jeremys Stirn legte sich in Falten. »Was bedeutet das?«

»Du wurdest nie herausgezogen und musstest den Linientest bestehen?«

»Äh, nein.«

»Okay.« Reg stand auf, wischte seine Hände an der lockeren Jeans ab, hielt Jeremy eine Hand hin und zog ihn auf die Füße. »Siehst du die Linie, in der das Linoleum die Farbe ändert?« Er zeigte auf seine Küche. »Beginne an einem Ende und gehe sie entlang, dann drehst du dich um und gehst so zurück zum Anfang.«

»Pah!« Jeremy winkte ab. »Mein Trainer macht so was ständig mit mir. Ich mache das stundenlang, wenn wir trainieren. Und du willst nur, dass ich durch einen Raum laufe? In Ordnung.« Jeremy schüttelte den Kopf und sagte: »Wir sollten auf etwas wetten, weil ich gewinnen werde.«

»Alles klar.«

Jeremy sah Reg an und hielt einen Fuß über der Linie. Sofort kippte er nach rechts und musste beide Füße auf den Boden stellen und seine Arme zur Seite ausstrecken, um sein Gleichgewicht nicht zu verlieren. »Willst du wetten?«

»Sicher.« Reg hob vergnügt die Augenbrauen. »Warum? Hast du deine Meinung schon geändert?« Er verschränkte die Arme und fing an, wie ein Huhn zu gackern.

»Du machst jetzt gerade keine Hühnergeräusche.«

»Hey, wenn das doch passt.«

»Gut.« Jeremy rollte mit den Augen. »Worum wetten wir?«

»Wenn du die Linie in beide Richtungen gehen kannst, ohne anzuhalten und ohne deine Arme zum Ausgleich zu benutzen, nehme ich dein Angebot an.«

»Und wenn ich es nicht kann?«

»Dann bist du zu betrunken, um zu wissen, was du sagst, und du musst noch einmal fragen, nachdem du deinen Rausch ausgeschlafen hast.«

»Das war’s? Das ist alles, was ich verliere?« Er schnaubte. »Du musst lernen, wie man wettet. Das ist …«

»Es gibt noch mehr«, sagte Reg.

»Oh. Was?«

»Ich will ein Jahr statt sieben Monate.«

Jeremys Gesicht zog sich zusammen und erinnerte Reg an den Ausdruck seines Neffen, wenn er ein Nickerchen machen sollte. »Das würde ich ja gerne, aber ich kann nicht. Die Konzerte sind bereits geplant. Alle Arenen sind gebucht. Heißt das, du machst es nicht?«

Sich davon abzuhalten, die lilanen Haare zu zerstrubbeln, kostete ihn Mühe. In Zeitschriften war Jeremys Schopf immer in einer anderen Farbe zu sehen und stachelig gestylt. Aber nachdem sie die ganze Nacht in einem stickigen Raum von einer Kappe bedeckt gewesen waren, waren die Strähnen steif von Schweiß und verfilzt und verklebt an einigen Stellen, während sie auf unschöne Weise an anderen Stellen abstanden. Der Look passte zu dem Bild des kleinen Jungen und Reg lächelte.

»Ich werde es tun«, sagte er, ballte und entspannte seine Hände, um sich davon abzuhalten, nach dem Mann zu greifen, um diesen enttäuschten Ausdruck zu besänftigen. »Aber wenn die Tour vorbei ist, können wir weiterreisen. Nur wir gehen dann dorthin, wo wir wollen, wann wir wollen. Keine Pläne.«

Jeremy weitete seine Augen und öffnete den Mund. »Ein Abenteuer?« Er keuchte.

Sicher, sie könnten es so nennen. Reg nickte.

»Nur wir beide?« Seine Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an und er senkte seine Stimme. »Kein Manager. Keine Groupies. Niemand, der will, dass ich irgendwas tue.«

Nicht sicher, ob Jeremy mit sich selbst redete oder ihm eine Frage stellte, schwieg Reg.

»Deal«, sagte Jeremy. Mit dem Blick auf das Linoleum machte er den ersten Schritt und warf sofort seine Arme zu den Seiten, um sein Gleichgewicht zu halten. Er schwankte nach zwei Schritten hin und her, stolperte nach drei von der Linie, und beim vierten Schritt fiel er direkt auf den Hintern.

Kehlig lachend half Reg Jeremy auf die Füße. »Alter, du bist so verdammt erledigt.«

»Vielleicht.« Jeremy zuckte mit den Schultern und zeigte Reg ein albernes Grinsen. »Aber morgen früh holen wir Kaffee und du willigst ein, für ein Jahr ganz mir zu gehören.«

Nachdem er die meiste Zeit gearbeitet hatte, während Jeremy getrunken hatte, war Reg immer noch sehr nüchtern, sodass er durch den Kommentar hart wurde. Natürlich wusste er: Was Jeremy wollte, war kein fester Freund. Der arme Kerl brauchte einen Kumpel, jemanden, der Zeit mit ihm verbrachte, der keine Hintergedanken hatte oder ständige Forderungen stellte. Es war traurig, dass er das Gefühl hatte, darauf verzichten zu müssen, aber Reg würde sich nicht beschweren. Jeremy war cool, seine Musik war toll und die Welt zu bereisen, war ein Traum, der wahr werden würde. »Ich hoffe es, Mann«, sagte er. »Das wäre großartig.«

»Das wäre es.« Jeremy nickte. »Keine einsamen Nächte mehr. Keine langweiligen Flüge mehr ohne jemanden zum Reden. Keine Mädchen mehr, die sagen, dass sie bei mir sein wollen, obwohl sie mich nicht einmal mögen, denn alles, was sie wirklich wollen, ist ein Sprung auf der Karriereleiter.« Er seufzte. »Nicht mehr.«

Da er nicht wusste, wie er reagieren sollte, drückte Reg Jeremys Schulter.

Jeremy gähnte.

»In Ordnung. Du bist fertig, ich bin fertig. Genug für heute. Ich hole dir ein Kissen. Brauchst du noch was? Eine Decke?«

»Nein.« Jeremy zog sein Shirt über den Kopf und schwankte zur Couch. »Mir geht’s gut.« Er fiel auf den Rücken, knöpfte seine eng geschnittene Jeans auf und schob sie von den Hüften. »Ich stecke fest«, sagte er dramatisch, als sich die Jeans um seine Knöchel verheddert hatte. »Warum geht die nicht runter?« Er trat mit den Füßen und wackelte herum, sah albern, aber liebenswert aus.

»Du bist ein lustiger Betrunkener.« Reg ging zu ihm und schnappte sich seine Füße. »Halt still.«

Jeremy erstarrte.

»Schuhe zuerst, dann die Hose«, neckte Reg ihn, als er Jeremys Turnschuhe auszog.

»Vergessen«, murmelte Jeremy, seine Stimme klang belegt, seine Augen fielen zu. Es schien, als hätten der lange Tag und die Menge an Alkohol ihn eingeholt.

»Halt, Superstar.« Er zerrte Jeremys Jeans runter und sah dessen kleinen schwarzen Slip, der der Fantasie wenig überließ. Wie es aussah, hatte der Typ schöne Eier, groß genug, um in der Hand gehalten zu werden, während man seinen Schwanz lutschte. Nachdem Reg den Gedanken verdrängt hatte, packte er Jeremys Knöchel und schüttelte ihn. »Du musst aufs Klo, bevor du einschläfst.« Als er keine Antwort bekam, schüttelte er wieder sein Bein. »Ernsthaft. Steh auf. Ich brauche nicht noch mehr Pisse auf dieser Couch.«

»Noch mehr Pisse?«, fragte Jeremy und kämpfte sich in eine sitzende Position. »Wer, der dich besucht, ist nicht stubenrein?«

»Meine Nichte und mein Neffe, ihr Hund und jeder, der diese Couch benutzt hat, bevor ich sie gefunden habe.«

»Du hast deine Couch gefunden?« Jeremy schaffte es endlich, aufzustehen, aber er war nicht stabil auf den Füßen. »Wo hast du deine Couch gefunden?«

Als er Jeremy von Kopf bis Fuß musterte, hatte Reg nur einen Gedanken: Gottverdammt, der Junge war heiß. Obwohl er nicht groß war, vielleicht fünf Fuß zehn, hundert Pfund an einem guten Tag, war er drahtig, hatte definierte Muskeln und glatte, weiche Haut. Die Bilder, die Reg in Magazinen gesehen hatte, wurden der Liveversion nicht gerecht. Reg hatte Jeremy Jameson immer für attraktiv gehalten, aber sein Bild kam nicht in Regs Kopf, wenn er nachts allein im Bett war. Zweifellos würde sich das ändern. Nachdem er mit einem kaum bekleideten Jeremy per Du war, wusste Reg, dass sein Kopfkino nun gut aufgestockt war, was inspirierende Bilder betraf.

»Ich habe es am Straßenrand gefunden«, Reg legte seinen Arm um Jeremys Schultern und führte ihn ins Bad, »am Sperrmüllabholtag.«

»Oh.«

»Wird es gehen oder brauchst du Hilfe?«, fragte er, sobald sie vor der Tür standen, die ins Badezimmer führte.

»Ich brauche keine Hilfe beim Pinkeln!«, erwiderte Jeremy und klang verletzt und stieß dann mit dem Gesicht gegen die Badezimmertür. »Au!«

Während er so heftig lachte, dass er nach Luft schnappen musste, sah er Jeremy dabei zu, wie dieser ins Bad taumelte, seine Stirn rieb und murmelte: »Aua.«

»Versuch nicht, auf meinen Boden zu pinkeln, okay, Superstar?«

Die Tür knallte zu. Reg hörte einen Stoß, gefolgt von einem weiteren »Au!«, und dann war er sich ziemlich sicher, dass Jeremy auf den Boden gefallen war. »Mir geht’s gut!« Das Geräusch seines Schlurfens drang durch die dünne Tür. »Alles in Ordnung!«

Wieder lachend, ging Reg in sein Schlafzimmer und stellte sich vor, wie toll es wäre, Nächte wie diese für ein Jahr zu haben. Er hoffte wirklich, dass Jeremy sein Angebot ernst gemeint hatte und es nicht das Bier gewesen war, das aus ihm gesprochen hatte.

 

»Reg!«

»Ja?« Reg zog seine Stiefel aus.

»Die Toilette spült nicht.«

»Du musst am Griff rütteln.« Er zog seinen Gürtel heraus und schob seine Jeans nach unten.

»Was bedeutet das?«

Okay, also vielleicht nicht genau so. Bessere Toiletten wären gut. »Lass es. Ich kümmere mich in einer Minute darum.« Nachdem er seine Jeans auf seine Kommode geworfen hatte, damit er sie am nächsten Morgen wieder tragen konnte, schnappte er sich ein Kissen vom Bett und ging zurück in den Wohnbereich.

»Okay!« Die Badezimmertür öffnete sich und Jeremy kam heraus. »War nur Pipi.«

Reg hielt inne. »Pipi?«

Jeremy nickte.

»Wie alt bist du?«

»Einunddreißig. Warum? Wie alt bist du?«

»Ich bin sechsundzwanzig und habe vor mehr als zehn Jahren aufgehört, Pipi zu sagen. Merkst du was, Alter?«

»Hä?«

»Vergiss es.« Reg schüttelte den Kopf und schaute Jeremy liebevoll an. »Du bist zu dicht, um dich an dieses Gespräch zu erinnern.« Er schob das Kissen an Jeremys Brust. »Hier. Schlaf gut.«

»Ich bin nicht dicht«, widersprach Jeremy, aber es war halbherzig. Er klang zu müde, um seinen Kommentar richtig infrage zu stellen. Er kehrte zur Couch zurück, legte sich hin und schlief, seiner gleichmäßigen Atmung nach zur urteilen, in Sekunden ein.

»Du bist ein cooler Typ, Jeremy Jameson«, sagte Reg und schaute seinen wunderschönen Gast an. »Du solltest nicht nur so tun müssen, als ob du jemanden in deinem Leben hast, der bei dir sein will.« Mit einem Seufzer drehte er sich um und machte sich bettfertig.

***

Ein paar Bier waren genug, um ihm zu helfen, gut zu schlafen, aber nicht genug, dass er unter einen Felsen kriechen und sterben wollte, anstatt aufzustehen. Da er wusste, dass Jeremy nicht so gut gelaunt sein würde, versuchte Reg am nächsten Morgen, leise zu sein, als er das Bad benutzte, seine Zähne putzte und den Kaffee machte. Er kochte nicht gern, also hatte er nicht viel Essen im Haus, aber er hatte einige Bagels in der Tiefkühltruhe und seinen standardmäßigen Vorrat an Bananen auf der Theke. Er nahm welche für Jeremy und machte sich sein übliches Proteinshake-Frühstück, wobei er die Zutaten im Mixer ließ und ihn nicht einschaltete, um seinen Hausgast nicht zu wecken.

»Urgh.«

Das erbärmliche Stöhnen von seiner Couch ließ ihn herumwirbeln.

»Fühlt sich an, als ob ich von einem Truck überrollt wurde«, wimmerte Jeremy. Oder zumindest dachte Reg, dass es das war, was er gesagt hatte. Es kam in einem fast unverständlichen Murmeln.

»Wurdest du auch.« Er füllte ein Glas mit Wasser und schüttelte ein paar Aspirin aus der Dose, die er neben dem Kaffee aufbewahrte. »Einem Biertruck.« Als er zu Jeremy ging, sagte er: »Setz dich hin.«

»Ich will nicht.« Jeremy griff nach dem Kissen und bedeckte sein Gesicht damit.

Lachend nahm Reg das Kissen und entdeckte ein wunderschönes Gesicht, auch wenn es mit Furchen durch die Couch übersät war. »Trink das.«

»Hngh.«

»Lass mich nicht deinen erbärmlichen Hintern kitzeln, um dich aufzuwecken, Superstar.«

»Wenn du mich kitzelst, pinkle ich.«

»Ich steh nicht auf so was, also setz dich auf und trink dein Wasser wie ein braver, einunddreißigjähriger Junge.«

Damit fing sich Reg einen finsteren Blick ein,

»Oho, sieh mal, wer sauer ist. Du musst deine Gliedmaßen erst mal zum Laufen bringen, wenn du mich hauen willst.« Er zeigte auf die Couch. »Setz dich.«

»Ich bin kein Hund.« Murrend setzte er sich auf und legte dann sofort seine Hand auf die Stirn und stöhnte. »Ich brauche Kaffee.«

»Wasser zuerst.« Reg nahm seine Hand, hielt sie hoch und schob das Glas hinein. »Nimm auch die Aspirin.« Er legte die Tabletten in Jeremys leere Hand. »Ich besorge dir eine Banane und einen Bagel.«

»Und danach kann ich Kaffee trinken?«, fragte Jeremy und sah unglücklich aus.

Unfähig, der schläfrigen, morgendlichen Version des bereits jetzt entzückenden Kerls zu widerstehen, tat Reg, was er seit der letzten Nacht wollte, und zerzauste seine Haare. »Ja, dann kannst du Kaffee trinken.«

Er ließ Jeremy sein Wasser trinken und nahm eine Banane und einen Bagel. Er hatte einen Schritt Richtung Couch gemacht, als Jeremy sagte: »Oh, und wegen letzter Nacht.«

Er gab sich einen innerlichen Klaps auf den Rücken, weil er kaum stammelte. Reg wusste, dass Jeremy sein Angebot zurückziehen würde. »Ja?«

»Wenn ich diesen Kater überlebe, gilt das Angebot noch.« Er rieb sich die Augen. »Was sagst du?«

Reg tauschte das leere Glas gegen die Banane aus und legte den Bagel auf den Tisch. »Du willst der Welt sagen, dass du schwul bist, damit du jemanden hast, der dich auf Tour begleiten kann?«

»Lass es nicht so verzweifelt klingen, ja?« Er schälte die Banane. »Du hast keine Ahnung, wie es ist, dein ganzes Leben von Leuten für ihren Mist benutzt zu werden.« Er seufzte. »Es ist ermüdend.«

Er kniete vor Jeremy nieder, damit sie auf Augenhöhe waren, und wies ihn darauf hin, was er für offensichtlich hielt: »Aber du würdest mich bezahlen, damit ich mitkomme. Ist das nicht dasselbe?«

»Nein.« Jeremy schüttelte den Kopf, dann stöhnte er und ließ die Banane los, um sich an die Schläfen zu fassen.

Mit einem Lachen nahm Reg die Banane und gab sie ihm zurück.

»Danke.« Jeremy räusperte sich, was noch schläfrig klang. Es war sexy. »Sag mir, warum du bereit bist, mit mir auf Tour zu gehen.«

»Äh, wenn ich Musik hören, die Welt sehen, gutes Bier trinken und herumhängen kann …« Reg hielt inne, überlegte, was fehlte, und sagte: »Warum sollte ich nicht mitkommen?«

»Siehst du? Das ist es, was ich meine.« Jeremy nahm einen Bissen von seiner Banane und sprach weiter, während er kaute. »Jeder, mit dem ich ausgegangen bin, sagte, er wolle mit auf Tour kommen, damit er bei mir sein könne. Aber weißt du was? Was sie wollen, ist, die Dinge zu tun, die sie genießen. Das Rote-Teppich-Zeug und dass sie überall sein können, aber der Rest langweilt sie, und mit mir allein zu sein, nervt sie, und dann werden sie angepisst und sauer und ich muss mich nicht damit beschäftigen, während ich arbeite. Es ist schwer genug, Nacht für Nacht auf der Bühne zu sein, okay? Wenn ich das tun muss, was ich hasse, brauche ich jemanden, der mir hilft, nicht jemanden, bei dem ich mich entschuldigen muss oder was auch immer. Und ich brauche Freizeit, wenn ich Freizeit habe.« Er nahm noch einen Bissen. »Weißt du, was ich meine?«

»Mhm.« Reg kaute auf seiner Oberlippe herum. »Ich glaube, schon.«

»Bei dir ist es anders. Du kommst nicht mit, um etwas zu erreichen. Du willst da sein. Außerdem wirst du für die Kameras lächeln, aber du wirst nicht sauer werden, wenn du nicht derjenige bist, auf den sie sich konzentrieren. Du wirst mit den Journalisten Späße machen, die übrigens dein ganzes tätowiertes Muscle-Boy-Ding lieben werden, aber du wirst nicht sauer werden, wenn sie nichts über dich schreiben.« Er grinste, die Banane war auf seinen Zähnen verschmiert. »Es ist perfekt.«

Reg nickte und überlegte, was Jeremy gesagt hatte. »Du weißt, dass ich keine Frau bin, oder?«

Jeremy musterte ihn von oben bis unten, hob die Augenbrauen und sagte: »Äh, ja.«

»Und es ist okay für dich, wenn die Welt denkt, Jeremy Jameson sei schwul, nur damit wir ein paar Bier trinken können und ich mich mit dir vor diesen nervigen Leuten zeige?«

»Sicher. Warum sollte es mich kümmern, was sie darüber denken?«

»Manche Leute kümmern sich um diese Art Zeug.«

»Ich bin Musiker, kein, äh, ich weiß nicht …« Er schnappte sich den Bagel und biss ein großes Stück ab. »Welche Jobs interessieren sich dafür, wen jemand fickt? Politiker? Was auch immer.« Er schüttelte den Kopf. »Du weißt, wer meine Eltern sind. Wenn meine Mutter sich von Mann Nummer sieben scheiden lassen kann, was übrigens noch geheim ist, also behalte es für dich, und mein Vater die meiste Zeit seines Lebens damit verbringen konnte, sich so vollzudröhnen, dass er schließlich in einem Hotelzimmer in einem Bett voller Frauen starb, und wenn meine Stiefmutter trotzdem deprimiert und mit roten Augen auf seiner Beerdigung auftauchen konnte und Beileidsbekundungen bekam, dann kann ich auch schwul sein.«

»Alles klar.« Reg stand auf und ging in die Küche. »Wenn du damit klarkommst, bin ich dabei, Mann. Sag mir, wann wir gehen, und ich packe meine Tasche und bin bereit.« Er nahm seinen Becher mit den wenigsten Macken, füllte ihn mit Kaffee und brachte ihn dann zu Jeremy.

»Die erste Show ist morgen in einer Woche in Minneapolis, aber du solltest wahrscheinlich zuerst nach L.A. kommen, damit wir zusammen gehen können.« Er nahm noch einen Bissen von seinem Bagel und einen großen Schluck Kaffee. »Mmh, der ist gut.« Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und fragte: »Du bist also dabei?«

Eine Woche war nicht viel Zeit, aber das Einzige, was Reg tun musste, war, seine Kleider in eine Tasche zu stopfen, seinem Boss zu sagen, er sollte jemanden finden, der seine Schichten übernahm, und seine Vermieterin, seine Mutter und seinen Bruder wissen lassen, dass er ging. Eine Woche war lange genug, um das zu erledigen. Er hob seine Faust, grinste und sagte: »Ich bin dabei, Mann.«

Jeremy lächelte zurück und stieß mit seiner eigenen Faust dagegen. »Na dann mal los.«

Kapitel 3

»Jeremy, du bist ganz oben in Hollywood. Du kannst nicht schwul sein.«

Da er mit Geschäftsagenten, Öffentlichkeitsarbeitsexperten und Managern aufgewachsen war, überraschte Jeremy nichts mehr. Trotzdem fand er, dieser Kommentar seines Managers war absurder als der Unsinn, den er sonst hörte. »Ergibt das in deinem Kopf Sinn, Bill? Denn laut ausgesprochen, klingt es dämlich.«

»Du hast schon verstanden, was ich gesagt habe«, antwortete Bill und sah frustriert aus.

»Nein, das habe ich nicht.« Jeremy verschränkte die Arme und lehnte seinen Stuhl zurück, sodass er auf zwei Beinen ruhte. Er hatte es bei Reg ein paarmal gesehen und dachte, es wäre einfach, aber es war schwieriger, als es aussah, das Gleichgewicht zu halten. »Erklär es mir.«

Sein missbilligender Blick wanderte vom Stuhl zu Jeremys Gesicht und er seufzte schwer. »Dein Großvater hat drei oscarprämierte Filme gedreht. Deine Mutter hat die gleiche Anzahl goldener Statuen auf ihrem Kaminsims, und mit dreiundfünfzig dreht sie immer noch Filme. Bis heute sagen die Leute, dass dein Vater die größte Rocklegende aller Zeiten sei, und der Jahrestag seiner Überdosis ist praktisch eine landesweite Trauerzeit.« Er hielt inne und schaute Jeremy bedeutungsvoll an. »Du bist der meistgekaufte Musiker der Welt. Du kannst nicht mit Bademoden-Models ausgehen, oder welches Starlet auch immer die Zeitungen diese Woche heiß macht, und dann der Welt erzählen, dass du mit einem Kerl zusammen bist.«

Jeremy kippte mit seinem Stuhl wieder zurück auf alle vier Beine und sagte: »Ich bin der meistgekaufte Musiker der Welt. Ich kann tun, was immer ich will.«

Mit einem Augenrollen und einem weiteren Seufzer erwiderte Bill: »Alles klar. Gut. Jede Presse ist gute Presse, denke ich. Ich überleg mir was.«

Jeremy kippte seinen Stuhl wieder zurück und rollte mit den Augen. Es gab nichts, was man sich ausdenken musste. Sein Privatleben sollte seine Angelegenheit sein und niemandes sonst. Auch wenn es sich aufgrund seiner Karriere nicht so abgespielt hatte: Zu wissen, wen er datete, und ein Mitspracherecht dabei zu haben, waren zwei völlig verschiedene Dinge. Außerdem, sobald sich die Presse Reggie Moore ansah, würde sie sich einnässen. Der Kerl hatte ein Gesicht und einen Körper wie gemacht für Zeitschriften, und das passende Lächeln.

»Ich rufe dich morgen an und lasse dich wissen, welche Interviews anstehen.«

»Interviews?« Jeremy spuckte und der Stuhl knallte zu Boden, als er sein Gleichgewicht verlor.

»Ja, Interviews.« Bill rollte mit den Augen. »Du machst diese ganze ‚Outing-Sache’, oder? Ich wette, ich kann dich bis morgen in die The Tonight Show und Today bringen.«

»Ich gehe nicht ins Fernsehen! Wir haben eine Tour, die in einer Woche startet.«

»Gut.« Bill drehte seinen Stuhl, um seinen Computer anzuschalten, und fing an zu tippen. »Dann ein abgedrucktes Interview. Ich bringe dich aufs Cover der Rolling Stone.«

»Nein.«

»Ich diskutiere nicht mit dir darüber.« Bill hob die Hand und winkte Jeremy weg, ohne seine Augen vom Bildschirm zu nehmen. »Geh Schach spielen, oder was auch immer du mit diesem neuen Freund machst, und lass mich meinen Job machen.«

 

»Warum sagst du es so?«

»Wie sage ich was?«

»Freund«, ahmte er Bills Tonfall nach. »Du sagst es, als sei es absurd.«

»Weil es absurd ist.«

»Es ist absurd, schwul zu sein?« Jeremys Ton wurde höher, als sein Zorn aufkam.

»Nein.« Bill wandte sich schließlich vom Bildschirm ab und begegnete seinem

Blick. »Es ist absurd für dich, schwul zu sein.«

»Warum? Weil ich Hollywoodkönigsklasse bin? Das ist läch…«

»Weil du einunddreißig bist. Menschen werden nicht mit einunddreißig ganz plötzlich schwul.«

Das war ein guter Punkt, aber Jeremy würde das nicht zugeben. »Vielleicht war ich die ganze Zeit über schwul und habe es verheimlicht?«

»Du? Etwas verheimlichen?« Bill schnaubte und schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Und übrigens wird es auch niemand sonst glauben. Nicht nach der Reihe von Frauen, die in deinem Bett lagen, und nach deinen, nun, Ansichten, die du gern mit oder ohne Kamera mitgeteilt hast.«

Gut, er mochte im Laufe seines Lebens einen Fotografen angeschrien haben, oder zweihundert, aber nur, weil sie ständig in seinem Gesicht waren. »Ich könnte bi sein. Leute sind bi.«

»Du bist bisexuell?«

»Ich könnte es sein.«

»Schau mal, Jeremy.« Bill legte seine Unterarme auf seinem Schreibtisch und lehnte sich nach vorn. »Ich weiß nicht, ob dir langweilig ist oder du versuchst, eine Nummer abzuziehen oder sonst irgendwas, aber wenn du dich nicht zu Männern hingezogen fühlst, bist du nicht schwul und nicht bi.« Er setzte sich auf. »Nicht, dass es mir egal sei. Du machst weiterhin Musik und ich werde dafür sorgen, dass unser Team alles verkauft, was wir über dein Privatleben verkaufen müssen. Es ist in Ordnung.«

»Ich finde, Männer sind attraktiv«, sagte Jeremy defensiv, aber ehrlich. Verdammt, er hielt Reg für wunderschön. Das war eines der Dinge, die er an diesem Mann bemerkt hatte, von dem er wusste, dass er ein guter Kandidat für den Job eines vorgetäuschten Freundes war. Die Kamera würde ihn lieben und die Menschen dahinter würden es auch. Gut aussehend und ein netter Kerl; die perfekte Kombination.

»Du weißt, was ich meine.«

Wie zuvor, wusste Jeremy nicht, was Bill meinte. »Nein, das tue ich nicht.«

Sich wieder vom Computer abwendend, sagte Bill: »Wenn jemand gut aussehend ist, ist es nicht dasselbe, wie sich von ihm angezogen zu fühlen. Homosexuell zu sein, bedeutet, dass du eine emotionale Verbindung zu einem anderen Mann hast, dass du ihn körperlich und geistig willst.« Er hielt inne. »Verstehst du, was ich meine? So fühlst du dich bei Männern nicht, Jeremy. Du bist nicht der größte Frauenheld der Welt, aber du bist auch kein Mönch.«

Jeremy musste ihm darin zustimmen, dass er für keinen Mann je diese emotionale Tiefe empfunden hatte, aber er hatte diese auch nie bei einer Frau gefühlt. Er wollte seine Seele nicht vor seinem Manager entblößen, also versuchte er, das Gespräch umzudrehen. »Du scheinst viel darüber zu wissen, Bill.«

»In der Tat tue ich das.« Er sah Jeremy bedeutungsvoll an.

»Was willst du damit sagen?«, fragte Jeremy. Er war besorgt, dass er die Kontrolle über das Gespräch nun völlig verloren hatte.

Er verschränkte seine Arme und fragte: »Wie lange arbeiten wir schon zusammen?«

»Äh.« Zahlen waren nie Jeremys Stärke gewesen. »Ich weiß es nicht. Seit Roger in den Ruhestand gegangen ist und du seine Mandanten übernommen hast. Wann war das?«

»Vor acht Jahren«, antwortete Bill hilfsbereit. »Also acht Jahre schon. Und in all der Zeit, hast du da jemals meine Frau kennengelernt?«

Jeremys Blick schoss zu seinem nackten Ringfinger und er fragte: »Du bist verheiratet?«

»Nein.«

»Oh.«

»Aber wenn ich je heirate, dann wird es ein Mann sein.«

»Du bist schwul?«

»Ja, ich bin schwul.«

»Wieso wusste ich das nicht?«, erwiderte Jeremy.

»Ich fahre auch gerne Ski und in meiner Freizeit, die sehr begrenzt ist, weil ich sieben Tage die Woche für dich arbeite, bin ich ein ziemlich guter Koch. Du wusstest diese Dinge nicht, weil sie, genau wie die Sache, mit wem ich zusammen bin, nichts mit unserer Arbeit zu tun haben.«

Er fühlte sich schuldig, weil er sich nicht mehr für eine Person interessiert hatte, die er so lange kannte und die so viel für ihn tat. Er öffnete den Mund, um sich zu entschuldigen, aber Bill hielt die Hand hoch und hielt ihn auf.

»Ich bin ein verdammt guter Manager, Jeremy. Ich verstehe, dass du mit familiären Verbindungen und einer großen Portion Talent geboren wurdest, aber du bist nicht die einzige Person, die das hat. Da hinzukommen, wo du bist, geschah nicht von allein, auch wenn man sich vielleicht nicht immer daran erinnert.«

»Das weiß ich. Es gibt immer eine Crew um mich herum, die mir sagt, wie ich mein Leben leben soll. Glaubst du, ich weiß das nicht?« Nun, das war das Gegenteil einer Entschuldigung. Mist. Jeremy atmete tief durch. »Tut mir leid. Ich wollte nicht … «

»Doch, wolltest du, und es ist in Ordnung. Es ist nicht das erste Mal, dass du mich angeschnauzt hast, und es wird nicht das letzte Mal sein. Wenn wir hier fertig sind, verschwinde aus meinem Büro, damit ich herausfinden kann, wie ich das ganze Jeremy-Jameson-ist-schwul-Ding so drehen kann, dass ich es später zu Ende bringen kann, ohne Leute auf beiden Seiten des Zauns zu beleidigen.«

»Was meinst du?«

Bill verlor seine Geduld, seine steife Haltung und verkniffener Gesichtsausdruck machten das deutlich. »Es bedeutet, dass die Homophoben sauer sein werden, dass du schwul bist, und diejenigen von uns, die tatsächlich schwul sind und sich mit allem beschäftigt haben, werden sauer sein, wenn du deine Einstellung darüber änderst, als ob deine sexuelle Orientierung eine Jacke sei, die du aus- und anziehen kannst, wann immer du willst.«

»Das ist nicht das, was ich tue. Ich will kein Statement abgeben. Ich will nur …« Jemanden haben, mit dem er jede Nacht in verschiedenen Städten schlafen konnte, jemanden, der ihm Gesellschaft leistete und ihn zum Lachen brachte, jemanden, der ihn daran erinnerte, dass das, was er tat, Spaß machte, und keine lästige Pflicht war. »Ich will Reg bei mir auf dieser Tour haben.« Jeremy stand auf, fuhr sich durch die Haare und sagte: »Die Presse kann das Label verwenden, das sie will, aber ich ändere meine Meinung nicht. Ende der Geschichte. Sorg dafür, dass es funktioniert.«

Er hatte einen Fuß aus der Tür, als Bill sagte: »Vergiss nicht, dass du deiner Mutter davon erzählen musst, okay? Wir können sie hysterisch nicht gebrauchen, wenn sie von einem anderen vor der Kamera von deinem Freund erfährt.«

Verdammt. Er hasste es, wenn Bill mit etwas recht hatte, was er nicht tun wollte. Und über all das zu reden, vor allem über sein Privatleben mit einer Frau, die ihr Leben mit Wodka und Valium verbrachte, fiel definitiv in diese Kategorie. »Alles klar.« Jeremy ließ die Schultern hängen angesichts des Besuchs, den er hinter sich bringen musste. »Ich kümmere mich darum, Paula Radcliffe Bescheid zu sagen. Du beschäftigst dich mit dem Rest der Welt.«

»Ich habe den leichten Teil bekommen«, neckte Bill ihn. »Ich weiß.«

***

Jeremy stand außerhalb der steilen, geschwungenen Stufen, die zum spanischen Kolonialhaus in Hanglage führten, wo seine Mutter wohnte, und kämpfte damit, sich zur Haustür zu bewegen. Seine Anspannung stieg mit jeder Minute, die er draußen stand, und er starrte auf die akribisch getrimmten Sträucher. Er nahm seinen Hemdkragen in den Mund und dachte darüber nach, wieder in sein Auto zu steigen und das mit einem Telefonanruf zu erledigen oder, besser noch, Bill zu sagen, jemand anderes zu schicken, um mit seiner Mutter zu reden. Als sein Handy klingelte, atmete er erleichtert auf und ging schnell ran.

»Hallo.«

»Hey, Superstar, wie läuft das Leben? Hast du deine Meinung schon geändert?«

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