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Junge Pferde! Junge Pferde!

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NACHT FÜR NACHT

 
Wie helle Raupen kriechen die Chausseen
Aus Wäldern über Berge in die Tale.
Gestrandet liegen Wolken, groß wie Wale,
Still in der Abendröte blanken Seen.
 
 
Der Tag versiegt. Bis ihn die Frühen speisen,
Quillt schwarze Nacht aus allen Himmelsbronnen.
Die Sterne scheinen, kleine, ferne Sonnen.
Der Teich im Hofe glänzt wie dunkles Eisen.
 
 
Der Mond steht, wie ein Junge in der Pfütze,
Hell über jedem Garten. Und wie Gaze
Schimmert der Wald, des Berges blaue Mütze.
 
 
Aus einer Kleinstadt ragt des Kirchturms Vase
Verschnörkelt aus der Giebeldächer Nippes. —
Schlaf hält die Menschen fest, steif, wie in Gips.
 

RINDER

 
Verblichnes Grün der Weide deckt
Das Weiß und Schwarz der Herde.
Silhouetten, da und dort gesteckt,
Die Köpfe auf der Erde.
 
 
Die Wiese atmete nicht mehr,
Knirrte der Rinder Schlund;
Das Julilicht spritzte umher,
Die Wolken zogen, und
 
 
Unten geht ein fleischern Meer
Im grünen Klee spazieren.
Vom Hund umbellt. Zurück. Carrière,
Humpeln von alten Tieren.
 
 
Im Grase lagert sich das Blöken.
Dumm scharrt des Stieres Huf.
Die Kälber jagen an den Pflöcken —
Melkmägde schallen voller Ruf.
 

NORDWIND IM SOMMER

 
Vom Meere duftend fliegt der Wind ins Land.
Die dunklen Parke flattern in der Brise.
Kleehügel blühen vor dem Duft der Wiese;
Der Himmel steht, sich selber unbekannt,
 
 
Ein weißer Fischer in den Roggenmeeren,
Wo Taubenflug aufspritzt, ein Wasserstrahl,
Wo Wolkenschatten rinnen in das Tal,
Fliegende Fische sind – die Roggenähren.
 
 
Der Weißklee schmeißt den Junitag zur Seite,
Und manchmal fliegen Reiher um den stummen,
Fischlosen See, auf dem die Bienen summen,
Und nehmen zögernd ihren Flug ins Weite.
 
 
Ich galoppiere vor dem Sonnenschein,
Auf weißem Pferde flatternd, Wind geworden,
Und Sonnenfetzen um den Hals, nach Norden.
Ich werde mittags an dem Meere sein.
 

DER TURMSTEIGER

 
Er fühlte plötzlich, daß es nach ihm griff,
– Die Erde war es und der Himmel oben,
An dem die Dohlen hingen und die Winde hoben —
Und fühlte, wie es ihn nun auch umpfiff.
 
 
Ihn schauderte. Er sah das Meer, er sah ein Schiff,
Das gelbe Wellen schaukelten und schoben
Und sah die Wellen, Wellen – Wellen woben
An seinem unvollendeten Begriff.
 
 
Ein Wasserspeier sprang ihn an und bellte.
Er zitterte und faßte die Fiale,
Die knarrend brach; – versteinert aber schnellte
 
 
Ein Teufel Witze auf die Kathedrale; —
Er hörte hin – ein höllisches Finale:
Er stürzte, fiel! Sein Schrei trieb hoch und gellte.
 

DIE SINTFLUT

 
Die Wolken wachsen aus den Horizonten
Und trinken Himmel mit den Regenhälsen.
Die Menschen bissen auf den höchsten Felsen
In weiße Stirnen, die nicht denken konnten,
 
 
Daß Läuse aus dem Meer, die See, krochen.
Im Abendsturm ertranken lange Pappeln. —
Sie hörten auf der Nacht die Sterne trappeln,
Die in dem All den warmen Erdrauch rochen.
 
 
Dann schwamm die Sonne in dem glatten Wasser.
Das Wasser fiel. Die See faulten ab.
Die Erde trug der Meere hellen Schurz.
 
 
Die Sterne standen, von Begierde blasser,
Mit dünnem Atem an des Ostens Kap.
Ein Stern sprang nach der Erde, sprang zu kurz.
 

CAPRICCIO

 
Entlaubte Parke liegen treu wie Doggen
Hinter den Herrenhäusern, um zu wachen.
Schneestürme weiden, eine Herde Bachen.
Oft sind die Rehe auf dem jungen Roggen.
 
 
Und eine Wolke droht den Mond zu schänden.
Die Nacht hockt auf dem Park, der stärker rauscht.
Zwei alte Tannen winken, aufgebauscht,
Geheimnisvoll mit den harzigen Händen.
 
 
Die Toten sitzen in den nassen Nischen.
Auf einem Kirchenschlüssel bläst der eine,
Und alle lauschen, überkreuzte Beine,
Die Knochenhände eingeklemmt dazwischen.
 
 
Am großen, kalten Winterhimmel drohn
Vier Wolken, welche Pferdeschädeln gleichen.
Der Winde Brut pfeift in den hellen Eichen,
Daraus der gelbe Geier Mond geflohn.
 
 
Der Tod im Garten tritt jetzt aus dem Schatten
Der Tannen. Rasch. Das Schneelicht spritzt und glänzt.
Der Schrecken flattert breit um das Gespenst,
Das seinen Weg nimmt quer durch die Rabatten.
 
 
Zum Schloß. – Dort ruft man: „Prosit Neujahr! Prost!“
Zu zwölfen sind sie, der Apostel Schar,
Und mit Champagner taufen sie das Jahr,
Umstellt vom Sturm, der auf den Dächern tost.
 
 
Armleuchter flacken. Dampf von heißem Punsch.
Der Hitze Salven krachen vom Kamin.
Geruch der Weiber – Trimethylamin,
Die Bäuche schwitzen in der großen Brunst.
 
 
Jetzt stehn sie auf. Das Stühlerücken schurrt.
Der Tod im Flur ist nicht gewohnt die Speisen.
Er hebt den Kopf gegen das kalte Eisen
Der Schlüsseltülle, schnuppert gierig, knurrt.
 
 
Kommt jemand? Still. Er hupft unter die Treppe.
An einem Fräulein zerrt ein Kavalier.
Der Tod schleicht hinterher, ein fletschend Tier
Aus Mond; das trägt der Dame Schleppe.
 
 
Sie kommen an die Gruft – : „Hier sind wir sicher!“
– „Ich fürchte mich, oh, sind die Bäume groß!“
Der Tod schupst sie – kein Schrei, sie quieken bloß —
Und läuft hinweg mit heftigem Gekicher. —
 
 
Es dämmert endlich. Mit Blutaugen stiert
Der Morgen hin. Im Saal zappelt ein Märchen.
Der Tod wühlt in den fetten, welken Pärchen,
Frißt sie wie Trüffeln, die ein Schwein aufspürt.