Die Regulus-Botschaften

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Spieglein, Spieglein an der Wand ...

Meine liebe Freundin, mein lieber Freund, es liegt in des Menschen Natur, gut sein zu wollen. Allein dieses Wollen ist Beweis dafür, dass er es ist. Was wenn nicht Güte, könnte diesen Antrieb nähren?

Wie wir zuvor und auch in unseren anderen Botschaften immer wieder zum Ausdruck brachten, ist der Mensch das Ebenbild seines Schöpfers. Der Mensch will gut sein, so sieht und so definiert er sich und in diesem Wollen ist er der Wahrheit über sich selbst auf der Spur. Dies ist sein Anspruch an sich selbst, von dem er glaubt, dass es Gottes Anspruch an ihn sei. Doch dazu später mehr. Was aber ist ›Gutsein‹? Wie und wodurch definiert es sich? Was macht einen guten Menschen aus?

Spätestens jetzt, an diesem Punkt unserer Betrachtungen, kommt die Liebe ins Spiel. Ein liebender, ein liebevoller Mensch ist ein guter Mensch. In diesem Punkt sind wir uns alle einig. Dies umso mehr, da wir längst erkannt haben, dass Liebe des Menschen wahre Natur ist, so wie sie auch Gottes Natur ist. Wenn Alles-was-Ist Liebe ist und wenn es nichts geben kann, was außerhalb von Ihm wäre, dann musst auch Du Liebe sein. Von unserem Schöpfer schließen wir also auf uns selbst und dies völlig zu Recht. Kein Mensch, der noch alle Sinne beisammen hat, wird dies ernsthaft bezweifeln wollen.

Dies wäre alles ganz wundervoll und so ist es auch. Es wäre alles ganz wundervoll und in bester Ordnung, wenn sich da nicht ganz tief in einem verborgenen Winkel Deines Herzen ein diffuses Unbehagen breitmachen würde, wenn auch noch nebulös und schattenhaft. Dieses Unbehagen zeigt Dir, dass hier etwas nicht stimmt und nicht stimmen kann.

Und in der Tat, dem ist so, das Bild, das wir zeichnen, es ist noch nicht stimmig, weil es ein Teilabriss und somit nur bruchstückhaft und nicht vollständig ist. Du bist ein Mensch, der gut sein will, so viel ist gewiss und so blickst Du auf Deiner Suche nach Dir selbst erschrocken in den Spiegel Deiner Selbstwahrnehmung und fragst Dich, was an Deinem Bildnis denn da noch fehlen könnte. Und irgendwie schwant Dir Böses, Unheil und Ungemach.

Das ist Ego, wie es leibt und lebt! In all unseren Botschaften haben wir das Ego erkundet und von allen Seiten beleuchtet. In Band II haben wir es zum zentralen Thema unserer Forschungen gemacht. Hier sei erneut daran erinnert, dass das Ego, so wie es sich Dir darstellt, nichts anderes ist als Dein Glaube an eine von Gott getrennte Einzelexistenz, an ein Eigenleben, das den Schöpfer ausschließt und in weiter Ferne wähnt. Diese Überzeugung, die einem größenwahnsinnigen Trugbild gleichkommt, hat schwerwiegende Folgen für Dich, denn die unmittelbare und direkte Konsequenz, die daraus hervorgeht, ist die Angst. Das Ego gebiert die Angst, das Ego ist Angst. Nunmehr allein und auf Dich selbst gestellt, fühlst Du Dich klein, hilflos und schwach. Und Du fühlst Dich schuldig, ein einsames Einzelwesen, das sich in einer gefährlichen Welt voller Not und Kümmernisse zurechtfinden und behaupten muss. Dieses grandiose, dramatische Schauspiel, das wir hier zu beschreiben suchen, ist nichts Geringeres, als der Eintritt in die Dualität. Das ist Menschwerdung! Gott selbst, der, wie die Bibel sagt »… um sich wusste, doch sich nicht erkannte«, taucht ein in die Dunkelheit der Dualität zum heiligen Zweck der Erkenntnis seiner selbst. Dieses herrliche, fantastische göttliche Mysterium entzieht sich letztlich jeder sinnvollen Beschreibbarkeit und alle Worte und Erklärungsversuche müssen kläglich versagen. (Anm. der Verfasserin: An dieser Stelle legt Regulus einen Augenblick stiller Anbetung ein, einen Moment tiefster Ergriffenheit, wie eine Art stummes Gebet.)

Das Ego also ist die Eintrittskarte für diese Welt. Diese Erfahrungsplattform – denn das ist die Welt – zu erleben, zu durchleben und zu durchleiden hast Du Dich also entschieden. Und Du zahlst einen hohen Preis dafür, denn Du zahlst mit Angst, die nunmehr Dein ständiger Begleiter ist, ob Dir dies nun bewusst ist oder auch nicht. In der Tiefe Deines empfindsamen Herzens lauert eine ständige Angstbereitschaft, allzeit zum Angriff gerüstet, so will es Dir scheinen.

Wenn Du nun erneut in den Spiegel Deiner Selbstwahrnehmung blicken willst, dann ist Dein Bildnis gar nicht mehr so strahlend. Vielmehr zeigt es ein Wesen, einen Menschen, hilflos, ratlos, ruhelos und voller Angst. Ihr alle habt die geballte Wucht Eurer ganzen wundervollen Menschlichkeit schon am eigenen Leibe erfahren, erduldet und erlitten und so wisst Ihr nur zu gut, wovon wir hier reden.

Wenn die Angst im Hintergrund die Waffen scharf macht, dann magst Du gar nicht mehr in den Spiegel sehen und so wendest Du Deinen Blick ab – überzeugt von der Nichtigkeit, der Wertlosigkeit und der Verderbtheit dessen, den Du da siehst. Das ist Ego! Das ist Menschsein! Vielleicht magst Du den Spiegel zerschlagen, es wird Dir nur kurzzeitig dabei helfen, Dich wohler zu fühlen. In seiner grenzenlosen Liebe hat Gott selbst es gefügt, dass Du Dir niemals selbst entfliehen kannst und somit ist es allzeit unmöglich, dass Du Dich selbst auf der Suche nach Dir selbst verlierst. Das kann niemals sein und so sind der Erfolg und der Sieg Dir letztlich von Gott selbst garantiert und vollkommen sicher. Hier stoßen wir einmal mehr auf den herrlichen Hinweis aus dem wundervollen Kurs in Wundern, der da sagt, dass nichts Wirkliches bedroht werden kann. Und Du bist wirklich! Deine wahre Identität, Dein wirkliches Sein, ist auf ewig in Gott vollkommen sicher. Wir dürfen niemals vergessen, dass Gott Liebe ist und nichts als Liebe. Könntest Du Dir selbst entfliehen, so wärst Du wahrlich verloren und das ist allzeit ausgeschlossen.

Auch wollen wir nicht vergessen, was Dein ursprüngliches Problem ist, Dein rastloses Suchen, Dein Mangel an Glück, Zufriedenheit und Dankbarkeit. Und so blickst Du immer und immer wieder in diesen Spiegel, den Du so liebst und doch auch fürchtest, in jedem Augenblick ungewiss, was er Dir wohl zeigen mag. Wenn Du in den Spiegel siehst, dann siehst Du die Ähnlichkeit mit Deinem himmlischen Vater und das ist gut so. Du siehst also Dein liebendes Herz, das Dein heiliges göttliches Erbe ist. Aber da ist noch mehr, da ist auch Angst, die Dein Ego ist. Du bist Liebe und Du bist Angst, ein verwirrendes Gemisch, wie eine Art bittersüßes Gebräu, ein ständiges Schwanken zwischen zwei Polen, das Dich all Deine Kraft kostet und Dich vollkommen beansprucht. Und wenn Du schlussendlich müde bist, erschöpft von der nicht enden wollenden Aufreibung zwischen diesen beiden Gegensätzen, dann hast Du wahrhaft begriffen, was es heißt, Mensch zu sein.

Das Bild, das wir malen, es wäre wahrlich ein düsteres, ein verzweifeltes Zeugnis trauriger Trostlosigkeit, wenn da nicht diese beiden mächtigen Lichtstrahlen in Deinem Herzen wären, die beiden machtvollsten Lichtstrahlen, die da heißen Glaube und Hoffnung. Und so sind Glaube und auch Hoffnung Dir sicherer Fingerzeig darauf, dass es mehr geben muss als quälende Fragen, Angst und Ungewissheit um Dich selbst. Auch in der Dunkelheit der Dualität, und erst recht hier, lässt Dein himmlischer Vater Dich nicht allein. Wann, wenn nicht jetzt, brauchst Du Gott denn am meisten? Und wo, wenn nicht hier?

Wir dürfen nicht vergessen, dass Gott seine Kinder niemals wirklich verlassen hat, der Schöpfer ist in seinem Geschöpf, wie das Geschöpf in der Schöpfung. Und so speist das Bewusstsein um die Einheit von allem, was ist, unseren Glauben und nährt unsere Hoffnung gleichermaßen.

Weil Gott Liebe ist, gibt Er immer nur Geschenke. Liebe aber ist Barmherzigkeit, Liebe ist Gnade und so solltest auch Du es Deinem himmlischen Vater gleichtun, wenn Du das nächste Mal in den Spiegel Deiner Selbstwahrnehmung blickst. Tue es ihm gleich und sieh mit Barmherzigkeit und Gnade auf Dich selbst. Und so ist Deine Suche nach Dir selbst nicht länger ein schmerzvoller Spießrutenlauf, sondern vielmehr eine Reise ins Glück. Dies ist der ganze Sinn und Zweck Deiner Inkarnation, nichts weniger als das. Hier und nur hier, ist es zu finden, dieses unbeschreibliche Glück, das Du so schmerzlich vermisst, in Liebe, Gnade und Barmherzigkeit.

»Alle himmlische Harmonie ist ein Spiegel der Göttlichkeit

und der Mensch ist ein Spiegel aller Wunder Gottes.«

Hildegard von Bingen

Der wunde Punkt

Mein lieber Freund, meine liebe Freundin, wie wir gesehen haben, ist die Angst die Eintrittskarte in diese Welt. Obwohl sie nicht Deiner göttlichen Liebesnatur entspricht, ja, dieser diametral gegenübersteht, ist sie Dir dennoch vertrauter, als Dir lieb sein kann.

Gott ist Liebe, das ist Dir klar, so hast Du es gelernt, so glaubst und so weißt Du es. Du bist sein Kind und schon sitzt Dir die Angst im Nacken, denn nunmehr siehst Du Dich mit einem Anspruch konfrontiert, von dem Du nicht weißt, ob Du ihm jemals genügen kannst. Du willst gut sein, denn Du liebst Deinen himmlischen Vater – wie jedes Geschöpf seinen Schöpfer liebt. Aber bist Du gut? Bist Du gut genug?

Uns ist sehr wohl bewusst, dass wir hier den Finger direkt in die Wunde legen, denn dies ist Dein wunder Punkt: die Angst vor Gott. Der Mensch tut naturgemäß viel, um sich dieser Angst zu entledigen und ihr zu entfliehen. So verdrängt er sie, so gut er es denn kann, und wenn all seine diesbezüglichen Bemühungen nicht mehr fruchten, dann versucht er in der Regel, sich mit Gott in irgendeiner Weise zu arrangieren. Wenn auch dies erfolglos bleibt – und das tut es immer –, dann tritt der Mensch die Flucht nach vorn an. An diesem Punkt angekommen, bittet und fleht er um Gnade und Barmherzigkeit. In seiner Unfähigkeit, das Wesen der Liebe zu erkennen, das beides nicht braucht und dennoch impliziert, tut der Mensch das Einzige, was ihm noch zu Gebote steht: Er flüchtet sich in die Liebe Gottes.

 

Nun liebe Freunde, wir könnten Euch an diesem Punkte sagen und zurufen: »Warum nicht gleich so?!« Aber damit wäre alles gesagt und jede weitere Zeile würde sich erübrigen, wenn es denn nicht in der Natur des Menschen läge, dass er gerne Um- und Irrwege einschlägt, um dann schließlich doch an sein heiß ersehntes Ziel zu gelangen. Vor allem aber würdest Du weiterhin an Deine grundsätzliche Verderbtheit glauben und dies kann niemals Wahrheit über Dich sein.

Die Angst vor Gott hat viele Gesichter und ihre raffinierte Maskerade ist mitunter nicht auf den ersten Blick zu durchschauen. In der Tat ist sie es nur selten. Erst bei genauerem, mutigem Hinsehen zeigt sie sich ungeschminkt und unverhohlen in all ihrer Hässlichkeit. So verbirgt sich die Angst vor Deinem Schöpfer, indem sie sich tarnt und sich dadurch Deinem Zugriff entzieht. Die Angst gibt vor zu sein, was sie nicht ist, und bleibt somit in sicheren unbewussten inneren Nischen und Gefilden, eben dort, wo Du nicht hinsiehst.

Und so kann es sein, dass brennendes Schuldgefühl oder selbstverleugnerische Unterwürfigkeit die Angst zu lindern und zu beherrschen versuchen. Da jedoch Unterwürfigkeit und Schuldgefühl selbst Derivate der Angst sind, gekleidet in eines ihrer vielen Gewänder, können alle Bemühungen, die Angst in dieser Weise zu überwinden, niemals fruchten. Der gewaltige Leidensdruck bleibt dennoch erhalten und muss es auch, solange das Übel nicht bei der Wurzel gepackt und ausgerottet ist. Die diffusen, unterschwelligen, aber dennoch nicht minder quälenden Schuldgefühle vernebeln die Sinne und lassen kaum Raum für die Frage, wem gegenüber man sich denn da schuldig fühlt und warum. Da die gigantische Last der Schuld auf Dauer nicht zu tragen ist, machen Schuldgefühle immer aggressiv. Die ausgelöste Aggression wiederum nährt die Schuld und lässt erneut Schuldgefühle heranwachsen, einem Krebsgeschwür vergleichbar. Der Mensch befindet sich in einem Teufelskreis aus Schuld, Aggression, noch mehr Schuld und noch mehr Aggression.

Diffuse, permanente Schuldgefühle machen einen Menschen überaus wachsam und vorsichtig, muss er doch ständig fürchten, sein wahres Ich könne in all seiner Verderbtheit ans Licht kommen. Dieses Ich, das er vor sich selbst und vor seinem Schöpfer zu verhüllen sucht, lebt sozusagen in ständiger Gefahr und Bedrohung. Die häufige Folge ist eine deutlich ausgeprägte Schreckhaftigkeit. Aber Schuldgefühle haben noch eine weitere Seite, die wir an dieser Stelle nicht außer Acht lassen dürfen.

Schuldgefühle bringen Dich in die schizophrene Situation, dass Du Dich bei gleichzeitigem Minderwertigkeitsgefühl dennoch auch gut fühlen kannst. Der tief sitzende Glaube, nur ein guter Mensch sei in der Lage, sich schuldig zu fühlen, grassiert in dieser Welt und erfreut sich allgemeiner Anerkennung. Doch Ihr verwechselt die Ebenen, die Dinge sind nur selten das, was sie scheinen – und in dieser Welt schon gar nicht – und so verwechselt Ihr Schuldgefühle mit Unrechtsbewusstsein. Schuldgefühle lähmen den Menschen und lassen ihn innerlich wie gebannt auf seine vermeintliche Schuld starren. Sie bewirken, dass der Mensch im Status quo verharrt, sich an diesem inneren Gift labt und schließlich immer tiefer in die Schuldillusion versinkt. Daran ist nichts Gutes, weder für Dich, noch für sonst wen. Wir verweisen an dieser Stelle gern auf das Kapitel Die Illusion der Schuldfähigkeit in Band I. Anders als bei den Schuldgefühlen, bringt das Unrechtsbewusstsein die Dinge in Bewegung, innen wie außen. Es regt an zu aktivem Handeln, ohne das ein Leben in der Welt nicht möglich ist. Da Ihr in der Dualität lebt, seid Ihr ständig dazu aufgefordert, ja gezwungen, Entscheidungen zu treffen. Ihr müsst abwägen, wählen und Euch schließlich entscheiden. Ohne Unrechtsbewusstsein wäre dies nicht vorstellbar und auch nicht machbar. Unrechtsbewusstsein ist also ein wichtiger und unverzichtbarer Entwicklungsbaustein. Indem es Euch Wahlmöglichkeiten eröffnet, bietet es Euch Handlungsspielraum.

Nun zu der vorhin erwähnten Unterwürfigkeit. Auch hier sehen wir uns einer der zahlreichen Ausdrucksformen der Angst gegenüber. Da es sich bei Unterwürfigkeit immer um ein Ungleichgewicht der Kräfte handelt, kann sie nur einem Aspekt der Angst entstammen. Unterwerfung ist nicht Hingabe! Unterwürfigkeit ist nur da und dort gegeben, wo der Mensch sich selbst als minderwertig erachtet und wahrnimmt. Sie kommt einer schmerzlichen Verleugnung des eigenen Selbstwertes und damit der ureigenen Persönlichkeit gleich. Die menschliche Unterwürfigkeit einem allmächtigen und womöglich doch nicht so liebevollen Gott gegenüber treibt in dieser Welt wahrlich groteske, aberwitzige und grausame Blüten. Du bist ein geliebtes Kind Gottes, ein integraler Teil von Alles-was-Ist. Aus dieser Sichtposition heraus hast Du allen Grund, Deinem himmlischen Vater auf Augenhöhe zu begegnen, denn nur hier kann Er gefunden werden. Und nur hier, auf Augenhöhe mit Deinem Schöpfer kannst Du schließlich auch Dich selbst finden. Wir wollen nicht vergessen, dass Gott Liebe ist und nichts als Liebe, wir werden nimmer müde, es zu betonen. Diese Liebe will und braucht Hingabe, damit sie sich verschenken kann. Hier sind wir denn in einem völlig anderen Seinszustand als im Zustand der Unterwerfung. In der Hingabe kann es kein Machtgefälle zwischen Geber und Nehmer geben, hier herrscht ein vollkommen harmonisches Gleichgewicht der Kräfte. Es braucht Deine Hingabe an Gott, damit Er sich Dir offenbaren kann, denn nichts kann es jemals geben, das gegen Deinen Willen verstoßen könnte. Nichts geschieht ohne Dein Einverständnis. Hingabe an Gott ist Hingabe an die Liebe selbst und somit auch an Dich selbst und diese liebevolle Hingabe impliziert auch Deine ganze wundervolle menschliche Persönlichkeit. Hingabe ist ein Derivat der Liebe und somit ist sie niemals partiell. Sie will den ganzen Menschen, so wie sie auch Gott ganz und gar impliziert.

Hingabe ist aufbauend, erhebend, erweiternd, heiligend. Nicht so die Unterwürfigkeit, die eine Ausgeburt der Angst ist. Unterwürfigkeit wirkt zersetzend, zerstörerisch und führt geradewegs in die bitteren Untiefen der Depression.

In seiner Angst vor sich selbst, geboren aus der Trennungsillusion, schuf sich der Mensch einen Gott zu seinem Bilde, einen Gott, vor dem er Angst haben muss. Nunmehr kann der Mensch seine Angst vor sich selbst leugnen und nach Außen, auf einen scheinbar gestrengen und rachsüchtigen, fordernden Gott projizieren. Das Selbstbild des Menschen ist auf tiefster Ebene mit seiner Gottesvorstellung verknüpft und verwoben. Beide können nicht in sinnvoller Weise voneinander getrennt werden. So ist Angst vor Gott letztlich Angst vor Dir selbst und Angst vor Dir selbst ist Angst vor Gott. Beide bedingen sich gegenseitig.

»Gott ist das, wovon etwas Größeres

nicht gedacht werden kann.«

Anselm von Canterbury

Die Höhle des Löwen

Meine liebe Freundin, mein lieber Freund, Ihr alle, jeder Einzelne von Euch, hat sich freudig auf seine selbst gewählte Inkarnation eingelassen. Nicht einen Menschen gibt es auf dem Erdenrund, der seine faszinierende Lebensreise nicht mit großer Freude und Enthusiasmus auf sich genommen hätte. So inkarniert Ihr denn entsprechend Eurem eigenhändig mit großer Fürsorge und Liebe erstellten Seelenplan in Zeit und Raum.

Aus dem Lichte Eurer ewigen göttlichen Heimat inkarniert Ihr direkt in die Welt der Materie hinein und damit in eine Zone der Dualität. Scheinbar allein und von Eurem Schöpfer getrennt, müsst Ihr nun zurechtkommen in einer Welt, in der alles seine zwei Seiten hat. Ihr erlebt Tag und Nacht, Heiß und Kalt, Gut und Böse und könnt Euch das eine nicht ohne das andere vorstellen, da sich das eine erst durch sein jeweiliges Gegenteil definiert. Was wüsstet Ihr vom Tage, wenn Ihr die Nacht nicht kennen würdet? Die duale Erfahrungsrealität ist eine sehr spezifische, eine überaus fruchtbare und vor allem – aber das wisst Ihr nur zu gut – eine sehr schwierige und mitunter äußerst schmerzhafte. Dies alles war Euch allen vor Eurer Inkarnation völlig bewusst, dennoch, oder gerade deshalb, habt Ihr diesen Weg der Selbsterkenntnis frei gewählt.

Die Dualität lässt nichts aus, nicht einmal Euch selbst, denn nunmehr könnt Ihr nicht nur Liebe, sondern auch Angst und all ihre kummervollen Folgeerscheinungen empfinden. Ihr könnt hassen, neiden und Euch erzürnen. Mit anderen Worten: Ihr könnt Leid verursachen und Leid empfinden. Das und nur das macht diese Welt, seid Ihr erst einmal in ihr, für Euch wahrhaft zur ›Höhle des Löwen‹. Wo Licht ist, da ist nunmehr auch Schatten.

Der Eintritt in die Dualität ist die Geburtsstunde von Gut und Böse. Uns ist vollkommen klar, dass wir den Stier bei den Hörnern packen, wenn wir die emotionale Qualität dieser beiden Worte nutzen und wir tun es ganz bewusst: Gut und Böse. Wir stechen damit nicht umsonst bei Euch allen in ein hochsensibles Wespennest, denn, wie wir zu Beginn unserer Ausführungen sagten, der Mensch will gut sein. Getreu dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, weist er alles Böse weit von sich.

Dies alles wäre fatal, hätte Gott es in seiner grenzenlosen Liebe nicht gefügt, dass der Mensch sich selbst niemals entfliehen kann. Er kann vor sich selbst davonzulaufen versuchen – viele versuchen es ihr Leben lang –, es wird ihm nicht gelingen. Immer wieder wird die irdische Erfahrungsrealität ihn einholen. Da und dort, wo Ihr liebt, seid Ihr mit Euch selbst im Reinen und das ist vollkommen korrekt, weil es stimmig ist mit Eurer gottgegebenen, ewigen Wirklichkeit, die da Liebe ist und nichts als Liebe. Und weil es in der göttlichen Wirklichkeit nichts als Liebe gibt, wollt Ihr sie erforschen, erkunden, vermehren, ausdehnen und erweitern. Ihr wollt die Liebe verstehen. Aber wie könnt Ihr das erreichen? Wie könnt Ihr das bewerkstelligen? Wie, wenn nicht durch die Erforschung ihrer Abwesenheit? Das ist Dualität! Dort, wo Ihr liebt, leidet Ihr nicht. Wo Ihr leidet, seid Ihr auf der Schattenseite der Dualität und erforscht das Licht in seinem Fehlen. Anders ausgedrückt: Ihr alle erforscht die Liebe maßgeblich über die Schattenseite der Dualität, vorrangig durch die Erforschung der Schattenseite in Euch selbst. Nun, diese Schattenseite macht Euch Angst, Ihr fürchtet Urteil und Schuld und so projiziert Ihr Euren Schatten in der Regel nach außen, also auf die Außenwelt.

Gefangen in Angst und im Schuldwahn, versteht und erkennt der Mensch seine natürliche, gottgegebene Unschuld nicht, die er mit der gesamten wunderbaren Schöpfung teilt. Nun, da der Mensch seinen Schatten auf die Welt der äußeren Erscheinungen projiziert hat, sieht er sich mit neuen Problemen konfrontiert, denn nunmehr ist er Opfer in einer gefährlichen Welt, in der allerorten Täter lauern. Böse sind immer nur die anderen und er badet und wälzt sich in Selbstgefälligkeit und Selbstmitleid. Und er leidet, wie es immer dann der Fall ist, wenn der Mensch den Hebel nicht dort ansetzt, wo das Problem wirklich liegt. Erst wenn der Mensch es wagen will, sich selbst infrage zu stellen und furchtlos ins Auge des Tigers zu blicken, können die Geschicke eine entscheidende Wendung nehmen.

Angst ist, wie gesagt, die Eintrittskarte in die Welt. Sie ist der Preis, den Ihr alle bewusst zahlt zum Zwecke der Erkenntnis, denn nur Liebe ist wirklich. Für Euch aber, die Ihr inkarniert seid, ist Angst bittere Erfahrungsrealität. Würdet Ihr sie nicht real erleben, dann würde sie das göttliche Ziel verfehlen – die Erkenntnis der Liebe. Da Liebe allgegenwärtig ist, ist Angst, also die Wahrnehmung der Abwesenheit von Liebe, eine Illusion. Angst ist und bleibt ewig Illusion, niemals kann es sein, dass sie Wirklichkeitsgehalt hat. Angst ist ein blinder Fleck in Deiner Selbstwahrnehmung, mehr als das wird sie niemals sein. Deine wirkliche Liebesnatur kann niemals ausgehebelt werden, denn Du bist ewig so, wie Dein himmlischer Vater Dich schuf, seinem Bilde gleich. Anders ausgedrückt und mit den Worten des Kurs in Wundern gesprochen: »Nichts Wirkliches kann bedroht werden.« Du erforschst also die Liebe auch und gerade da, wo sie scheinbar nicht ist, wo Du sie nicht vermutest, in Deinem Schatten.

Auf die eine oder andere Weise tappt jeder Mensch im Laufe seines Lebens in die gleiche Falle. Ihr alle wollt gut sein. Aus Angst vor Euch selbst, Angst vor dem Leben und seiner einzigartigen eigenen Dynamik und nicht zuletzt aus Angst vor Gott sucht Ihr Eure Schatten, das ›Böse‹ in Euch, vor Euch selbst zu verbergen. Und dabei vergesst Ihr völlig, dass Ihr es genau dadurch in Sicherheit bringt, anstatt es aufzulösen. So bleibt der Status quo erhalten. Dein Schatten, er will angesehen und anerkannt, ja mehr noch, er will bejaht werden. Nur hier, im freudigen Bejahen Deiner Gesamtpersönlichkeit kann Heilung geschehen und nur hier ist sie möglich. Und so rufen wir Euch erneut zu, die Ihr in Not und Kummer ausharrt: All Deine verzweifelten Versuche, Dein Ego ›wegzuhassen‹ können und werden niemals fruchten. Du kannst immer nur heilen, was Du liebst. Du kannst Dein Ego nur ›gesundlieben‹. Die Einsicht, dass es kein Todesurteil über das Ego braucht, ist sein Todesurteil. Nie wird das Ego nachhaltiger geschwächt.

 

Hier sind mutige Selbsterforschung und große Ehrlichkeit gefragt. Wer den Mut zur Ehrlichkeit sich selbst gegenüber aufbringt, wer es wagt, sich selbst infrage zu stellen, der wird immer mit einem warmen Gefühl der Befreiung und Erlösung belohnt. Wir reden nicht etwa von zermürbender, zersetzender, schonungsloser Selbstkritik, die einer zerstörerischen Selbstzerfleischung gleichkommt. Vielmehr ist die Rede von einer liebevollen, sanften und verständnisvollen geistig-emotionalen Reise ins eigene Ich, wo es naturgemäß viel Neuland zu erkunden gibt, ein liebevolles Sich-selbst-an-die-Hand-Nehmen. Selbsterkenntnis ist nicht nur die höchste Form der Erkenntnis, sie ist die einzig mögliche.

Was immer Du zu finden glaubst, was immer Du in Dir und an Dir fürchtest und ablehnst, es ist in Dir und es harrt Deiner Anerkennung. Es will angesehen werden. In Deiner liebevollen Akzeptanz kann es schließlich der Heilung überführt werden. Liebe ist allzeit das Heilmittel der Wahl. Was, wenn nicht Liebe könnte jemals Licht ins Dunkel bringen?

Liebe von Dir und Liebe für Dich sind also der Schlüssel zur Lösung all Deiner Probleme. Lieblose Selbstzerfleischung belässt hingegen die Dinge beim Alten, ja mehr noch, sie erhärtet und verschlimmert sie, ist diese Selbstzerfleischung doch selbst eine Konsequenz der Angst. Jedoch ist es allzeit unmöglich, Angst mit Angst zu bekämpfen. Angst potenziert sich mit noch mehr Angst. Nur in der Liebe kann sie Auflösung und Erlösung finden.

»Keine Wesenheit ist in sich böse.

Das Böse hat keine Wesenheit.«

Thomas von Aquin