Volkswirtschaft, 4. Auflage

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1.1.6 Volkswirtschaftliche Sektoren

Die am volkswirtschaftlichen Güterversorgungsprozess beteiligten Spezialisten treffen tagtäglich millionenfache Entscheidungen. Nach dem offiziellen, auch in Deutschland gültigen Begriffsystem des Europäischen Systems der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG 2010), das auf dem weltweit gültigen „System of National Accounts 2008“ (SNA 2008) der Vereinten Nationen (UN) beruht und durch eine entsprechende Verordnung der Europäischen Union (EU) allen Mitgliedsländern vorschreibt, in ihrer nationalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) die vorgegebenen Begriffe und Buchungssysteme zu verwenden, werden fünf Grundsektoren unterschieden:

Private Unternehmen konsumieren nicht, sondern investieren nur.

Private Unternehmen

Die privaten Unternehmen werden in Unternehmen mit eigener und ohne eigene Rechtspersönlichkeit unterteilt. Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit (juristische Personen) sind nichtfinanzielle (z. B. ein Automobilproduzent) und finanzielle (z. B. eine Geschäftsbank) Kapitalgesellschaften wie z. B. eine AG oder GmbH, aber auch Quasi-Kapitalgesellschaften wie z. B. eine OHG oder KG. Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind die Selbstständigen wie z. B. ein Handwerksbetrieb oder ein Rechtsanwalt. In den privaten Unternehmen werden mittels des Einsatzes und der Kombination von Produktionsfaktoren (Arbeit, Boden, Kapital) und der gegebenen Produktionstechnologie Güter hergestellt. Für die Nutzung der Produktionsfaktoren müssen die Unternehmen an die Eigentümer der Produktionsfaktoren ein Entgelt – letztlich wiederum Güter – zahlen, d. h., es entstehen ihnen Kosten, z. B. Arbeitnehmerentgelte als Lohnkosten (Lohnsatz × Arbeitsmenge). Für die Eigentümer der Produktionsfaktoren, die in sämtlichen Sektoren angesiedelt sein können, sind diese Zahlungen Einkommen (Faktoreinkommen). Für den Verkauf ihrer erzeugten Produkte am Markt (Marktproduktion) erzielen die Unternehmen einen Erlös oder Umsatz (= Preis × Absatzmenge). Der Gewinn als Betriebsüberschuss (für die Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit) bzw. als Selbstständigeneinkommen (für die Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit) ergibt sich aus der Differenz von Umsatz und Kosten und fließt als Einkommen den Eigentümern des Unternehmens bzw. der entsprechenden Produktionsfaktoren als verteilter Gewinn zu oder verbleibt als unverteilter Gewinn im Unternehmen.

Private Haushalte konsumieren vor allem, aber investieren auch.

Private Haushalte

Die privaten Haushalte sind Eigentümer von Produktionsfaktoren, stellen diese den privaten Unternehmen, den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck und dem Staat zur Verfügung und beziehen für ihre Nutzung ein Einkommen als Arbeitnehmerentgelt (z. B. Löhne und Gehälter) für die Nutzung ihrer Arbeitskraft oder ein Selbstständigeneinkommen für die Nutzung ihres Bodens oder/und Kapitals. Die Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit zählen als Selbstständige zu den privaten Haushalten, da in der Praxis häufig eine klare Trennung zwischen privatem Haushaltsbereich und Unternehmensbereich nicht möglich ist. In diesen Fällen stellen also die privaten Haushalte ihre Produktionsfaktoren gleichsam sich selbst zur Verfügung. Über ihr Einkommen verfügen die privaten Haushalte, indem sie Konsumgüter kaufen und den Rest sparen, um damit z. B. den eigenen Kauf von Investitionsgütern in ihren Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu finanzieren oder anderen den Kauf durch Kreditvergabe (auch z. B. durch den Erwerb von Aktien) zu ermöglichen.

Private Organisationen ohne Erwerbszweck investieren und konsumieren.

Private Organisationen ohne Erwerbszweck

Die privaten Organisationen ohne Erwerbszweck umfassen z. B. die Gewerkschaften, politischen Parteien, Kirchen, Forschungseinrichtungen, Hilfswerke, Sportvereine etc. Ihre Dienstleistungsproduktion ist – bis auf ganz wenige Ausnahmen (z. B. Wohnungsvermietung) – nicht für den Markt (Nichtmarktproduktion) bestimmt und wird daher als ihr Eigenverbrauch und damit als Konsum interpretiert und mit den Herstellungskosten bewertet. Die privaten Organisationen ohne Erwerbszweck werden auch als „Dritter Sektor“ bezeichnet (engl.: Non-Governmental Organizations („NGOs“)).

Der private Sektor hat keine hoheitlichen Befugnisse

Private Unternehmen, private Haushalte und private Organisationen ohne Erwerbszweck bilden zusammen den privaten Sektor. Die im privaten Sektor tätigen Wirtschaftssubjekte („Private“) handeln meist nach ihrem wirtschaftlichen Eigeninteresse (Egoismus), dürfen dabei aber keine Gewalt gegenüber anderen Wirtschaftssubjekten ausüben. Dies bleibt dem Staat vorbehalten.

Der Staat investiert und konsumiert.

Der staatliche Sektor hat hoheitliche Befugnisse

Der Staat (auch „öffentlicher Sektor“ oder „öffentliche Haushalte“ genannt) hat im Gegensatz zum privaten Sektor hoheitliche Befugnisse (Gewaltmonopol mit Legislative, Exekutive und Judikative), d. h., er darf die Privaten zwingen und in ihrem Eigeninteresse (Individualinteresse) einschränken, wenn es dem öffentlichen Interesse, dem Interesse aller in einem Gemeinwesen (Gemeininteresse), dient. Was darunter zu verstehen ist, legt die Verfassung, in Deutschland das Grundgesetz, fest. Sind die hoheitlichen Befugnisse nicht an einer Stelle konzentriert (Zentralstaat), sondern werden sie wie in Deutschland als Bundesstaat auf verschiedenen, abgestuften Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger) eingesetzt, so sprechen wir von Föderalstaat oder Föderalismus.

Private und öffentliche Güter

Im wirtschaftlichen Bereich erhebt der Staat als Träger der Finanzhoheit z. B. Steuern (= „Zwangsabgaben“ = Güterentzug für den Steuerzahler) von den privaten Haushalten und Unternehmen. Dafür stellt er öffentliche Güter zur Verfügung. Bei ihnen handelt es sich um ökonomische (knappe) Güter als Dienstleistungen (z. B. Bildungsleistungen durch Schulen, Sicherheitsleistungen durch militärische Einrichtungen, Rechtsprechung durch Gerichte, Nutzung des Verkehrsnetzes etc.), die jedes Gesellschaftsmitglied nutzen kann. Eine direkte Gegenleistung durch Preiszahlung muss nicht erbracht werden, d. h., es gilt – im Gegensatz zu den privaten Gütern – kein Ausschlussprinzip. Es handelt sich demnach bei den öffentlichen Gütern um eine Nichtmarktproduktion, die wie bei den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck als Eigenverbrauch des Staates und damit als Konsum (Staatskonsum) interpretiert und ebenfalls mit Herstellungskosten (darunter z. B. die Gehälter der Beamten) bewertet wird. Nur bei staatlichen Genehmigungen und entsprechenden Gebühren gilt das Ausschlussprinzip. Sie gelten daher als Marktproduktion und werden zu Vorleistungen oder privatem Konsum (Genaueres unter Abschnitt 1.2.2). Außerdem ist der Staat als wirtschaftspolitische Instanz tätig, indem er für Ordnung in der Wirtschaft sorgt (Ordnungspolitik), Ungleichgewichte (Instabilitäten) im Güterversorgungsprozess zu verhindern versucht (Prozesspolitik) und die Aufteilung der gesamten Gütermenge auf die und in den verschiedenen Sektoren korrigiert (Strukturpolitik). Im 4. – 7. Kapitel werden wir darauf näher eingehen.

Die übrige Welt sind das Ausland oder die Ausländer.

Übrige Welt

Die übrige Welt umfasst alle Tauschpartner einer Volkswirtschaft (z. B. über den Export und Import von Gütern), die sich außerhalb der geographischen Grenzen des Landes befinden (Inlands-Auslands-Konzept) oder die als Gebietsfremde ihren Hauptwohnsitz im Ausland haben (Inländer-Ausländer-Konzept).

Situationsbezogene Antwort 6

Die Kunden von Installationsmeister Röhrl sind zunächst private Haushalte, die die Pelletheizung nicht in einem Produktionsprozess, sondern z. B. zur Beheizung der Wohnräume einsetzen. Es sind aber auch private Haushalte, die sie als Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (z. B. als Bäckerei) im Produktionsprozess (z. B. zur Beheizung der Backstube bei der Semmelproduktion) einsetzen. Installationsmeister Röhrl produziert demnach private Konsumgüter, aber auch private Investitionsgüter. Private Organisationen ohne Erwerbszweck (z. B. die örtliche Kirchengemeinde) und der Staat (z. B. die örtliche Gemeindeverwaltung) zählen nicht zu seinen Kunden. Auch im Auslandsgeschäft (z. B. durch die Lieferung (= Export) der Pelletheizung an einen österreichischen Betrieb oder den Bezug (= Import) von Ersatzteilen von einem österreichischen Händler) ist er nicht tätig.

Situationsbezogene Frage 7

Welche Geschäftsbeziehungen bestehen zwischen Installationsmeister Röhrl und seinen Geschäftspartnern im privaten Haushaltssektor?

1.1.7 Unternehmen und Haushalte im Tauschkontakt

Private Unternehmen (mit und ohne eigene Rechtspersönlichkeit) und private Haushalte (vgl. Abschnitt 1.1.6) sind über den Güter- und Faktormarkt miteinander verbunden, auf denen sie als Spezialisten und damit als Anbieter und Nachfrager aufeinander treffen und sich in ihren Wünschen und Plänen selbst untereinander abstimmen (koordinieren) oder von außen abgestimmt werden. Wie konkret die Planabstimmung bzw. der Interessenausgleich erfolgt, ist die Frage nach dem Koordinationsmechanismus, mit dem wir uns im 2. Kapitel näher befassen werden.

Güter- und Faktormarkt

 

Auf dem Gütermarkt wird entschieden, welche Güter in welchen Mengen von den privaten Unternehmen für die privaten Haushalte produziert werden, während über den Faktormarkt die privaten Haushalte als Faktoreigentümer den privaten Unternehmen als Faktorkombinierern die zur Produktion notwendigen Produktionsfaktoren zur Verfügung stellen. Auf dem Gütermarkt treten die privaten Haushalte also als Nachfrager nach den Gütern auf, die ihnen dort mit ihrer Hilfe von den Unternehmen angeboten werden. Andererseits bieten die privaten Haushalte auf dem Faktormarkt den privaten Unternehmen ihre Hilfe in Form der Nutzung ihres Eigentums an Arbeitskraft, Boden oder/und Kapital an, die von den privaten Unternehmen benötigt und daher nachgefragt wird, um das Güterangebot erstellen zu können. Damit ist der Kreis geschlossen.

Geldströme überlagern die Güter- und Faktorströme

Private Haushalte und private Unternehmen sind aber nicht nur über Güter- und Faktorströme, sondern auch über Geldströme miteinander verbunden, die den Güter- und Faktorströmen entgegengerichtet sind und sie gleichsam wie ein Schleier überlagern. Die Tauschbeziehungen zwischen den Spezialisten als Anbietern und Nachfragern erfolgen nämlich unter Einsatz von Geld als allgemeinem Tauschmittel (vgl. Abschnitt 6.1.3). Es ergibt sich dadurch eine weitere Wechselbeziehung (Interdependenz) zwischen den Wirtschaftssektoren. Diese Interdependenzen wurden schon früh in der Wirtschaftsgeschichte von – damals noch stark naturwissenschaftlich bzw. medizinisch geprägten – Ökonomen wie z. B. dem französischen Arzt FRANÇOIS QUESNAY (1694–1774) in Diensten von Ludwig XV. mit dem menschlichen Blutkreislauf verglichen.

Der beschriebene Wirtschaftskreislauf zwischen den privaten Unternehmen und Haushalten lässt sich in einer Übersicht verdeutlichen:

Situationsbezogene Antwort 7

Die Geschäftspartner von Installationsmeister Röhrl im privaten Haushaltssektor sind zunächst seine Kunden, die sich von ihm eine Pelletheizung einbauen lassen. Werden in den privaten Haushaltssektor entgegen der offiziellen Definition keine Unternehmen einbezogen, so handelt es sich bei den installierten Pelletheizungen nur um Konsumgüter. Mit deren Verkauf macht Installationsmeister Röhrl in einer Geldwirtschaft einen Umsatz, der für die privaten Haushalte Konsumausgaben darstellt. Die ihm zufließenden Geldmittel gibt Installationsmeister Röhrl wie in einem Kreislauf wieder an die privaten Haushalte zurück, weil er von ihnen die Nutzung der Produktionsfaktoren erhalten hat. Für die Eigentümer der Produktionsfaktoren sind diese Geldmittel Einkommen (Faktoreinkommen). Da nicht nur die Beschäftigten von Installationsmeister Röhrl als Eigentümer des Produktionsfaktors Arbeit, sondern auch er selbst als Eigentümer der Produktionsfaktoren Boden und Kapital dem privaten Haushaltssektor angehören und er eigene Produktionsfaktoren gleichsam an sich selbst in seiner Rolle als Unternehmer „verleiht“, zählt neben den Löhnen und Gehältern seiner Beschäftigten auch sein Gewinn zum Faktoreinkommen.

1.2 Handlungssituation (Fallbeispiel 2)

Fallbeispiel 2

▬ Handlungssituation

Installationsmeister Röhrl ist es durch einen verbesserten Kundendienst, durch Werbemaßnahmen und aufgrund eines allgemein stärkeren ökologischen Bewusstseins in der Bevölkerung gelungen, für seinen in München ansässigen und auf Pelletheizungen spezialisierten Installationsbetrieb neue Kunden zu gewinnen. Er bekam erstmals auch einen Auftrag zur Installation einer Pelletheizung in einer Schule der Stadt München und auch einen Auftrag von einer Firma im benachbarten Österreich. Die verbesserte Auftragslage machte eine Personalaufstockung und eine Erweiterung des Firmengebäudes notwendig, führte aber auch zu einer Verbesserung der Gewinnsituation.

Situationsbezogene Frage 1

Wie lässt sich der Installations- bzw. Produktionsprozess von Pelletheizungen im Betrieb von Installationsmeister Röhrl anhand der volkswirtschaftlichen Fachsprache genauer beschreiben?

1.2.1 Das einzelwirtschaftliche Produktionskonto

Beschreibung der Unternehmensproduktion durch Buchführung

Der volkswirtschaftliche Produktionsprozess nimmt seinen Ausgangspunkt bei den einzelnen Produzenten im privaten Sektor (Haushalte, Unternehmen, Organisationen ohne Erwerbszweck) und im öffentlichen Sektor (Staatssektor). Letztlich ist er die Zusammenfassung (Aggregation) aller einzelwirtschaftlichen Produktionsprozesse. Es ist daher sinnvoll, sich zunächst mit diesen einzelwirtschaftlichen Produktionsprozessen zu beschäftigen, um dann in einem nächsten Schritt die gesamtwirtschaftliche Produktion zu erfassen. Wegen der großen Bedeutung des Unternehmenssektors in der Produktion ist es außerdem sinnvoll, zunächst nur ein einzelnes Unternehmen in seinem Produktionsablauf zu betrachten und zu beschreiben, dabei aber bereits den volkswirtschaftlichen Blickwinkel und die volkswirtschaftlich relevanten Fachbegriffe bzw. Messgrößen zu verwenden.

Als Erhebungs- und Beschreibungsmethode bedient man sich in der Volkswirtschaftslehre ebenso wie in der Betriebswirtschaftslehre eines Buchführungssystems, das die wechselseitigen Tauschbeziehungen abbilden und die einzelnen Buchungsvorgänge bzw. Aktivitäten auf T-Konten erfassen soll. Da jede Tauschbeziehung auf einem Geben und Nehmen beruht, wird nach dem Prinzip der Buchung und Gegenbuchung (doppelte Buchung) vorgegangen.

Der Produktionsablauf lässt sich mit dem einzelwirtschaftlichen Produktionskonto eines Unternehmens (mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit) erfassen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht werden auf der linken Seite des Kontos üblicherweise die Kosten und auf der rechten Seite die Erträge erfasst. Aus volkswirtschaftlicher Sicht stellen sie die Inputseite bzw. Outputseite des Produktionsprozesses dar. Das einzelwirtschaftliche Produktionskonto hat folgende Gestalt:


Die einzelnen Positionen haben – sofern sie nicht bereits erläutert wurden oder auf dem Konto selbst erläutert werden – folgende begriffliche Bedeutung:

Vorleistungen: Wert der nicht dauerhaften (kurzlebigen) Güter (Sachgüter und Dienstleistungen), die in der gleichen Periode wieder vollständig in der Produktion genutzt werden (z. B. Rohstoffe, Strom, Halbfabrikate, Transportleistungen). Vgl. auch Abschnitt 1.1.4.

Vorprodukte: In der gleichen Periode vom Käufer nicht genutzte Vorleistungen. Sie werden (ebenso wie die noch nicht verkauften Vorratsänderungen an eigenen Erzeugnissen) als Lagerinvestitionen erfasst.

Abschreibungen: Produktionsbedingter Verschleiß des Sachkapitalbestandes in einer Periode, der in der Betriebsbuchführung auf der Kostenseite gebucht wird und von der angenommenen Nutzungsdauer und Nutzungsschnelligkeit (linear oder degressiv) abhängt. Vor dem Hintergrund der Umweltproblematik ist kritisch zu fragen, warum nicht auch die Nutzung des ökologischen, natürlichen Systems und dabei z. B. die Bodennutzung durch Abschreibungen berücksichtigt werden. Offensichtlich wird üblicherweise davon ausgegangen, dass die Quellen- und Senkenfunktion der Natur (z. B. als Rohstofflieferant und als Deponie im weitesten Sinne) für den Produktionsprozess unerschöpflich sind.

Produktions- und Importabgaben: Sie werden vom Staat als Steuern, Gebühren und Beiträge bei den Produzenten erhoben und erhöhen (z. B. als Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Zoll) ihre Herstellungskosten. Die Produzenten überwälzen sie zusammen mit dem Gewinnaufschlag auf die Verkaufs- bzw. Marktpreise. Sie sind daher in den Verkaufspreisen enthalten und werden damit indirekt von den Käufern gezahlt (indirekte Steuern).

Subventionen: Staatliche Unterstützungszahlungen an die Produzenten, also das Gegenstück zu den Produktions- und Importabgaben. Sie stellen demnach für die Produzenten außerordentliche Erträge bzw. eine Verringerung der Herstellungskosten dar und reduzieren bei Weitergabe an die Kunden die Verkaufspreise.

Werden die Produktions- und Importabgaben und die Subventionen aus den Marktpreisen wieder herausgerechnet bzw. wieder in sie hineingerechnet, erhält man die Herstellungspreise. Es gilt demnach: Marktpreise – Produktions- und Importabgaben + Subventionen = Herstellungspreise = Herstellungskosten + Gewinnaufschlag.

Da die Netto-Abgabebelastung bei den einzelnen Produzenten durch unterschiedliche Abgabe- bzw. Subventionssätze unterschiedlich sein kann, wird bei der einzelwirtschaftlichen Datenerfassung einheitlich in Herstellungspreisen gerechnet. Erst bei der Zusammenfassung aller Produzenten im gesamtwirtschaftlichen Produktionskonto (vgl. Abschnitt 1.2.3) wird die gesamte Netto-Abgabebelastung wieder in den Produktionswert hineingerechnet und dadurch zur durchschnittlichen Marktpreisbewertung übergegangen. Sofern Güter nicht verkauft wurden, werden sie mit Herstellungskosten bewertet.

Investitionsgüter (vgl. auch Abschnitt 1.1.4): Bei den Investitionsgütern sind folgende genauere Investitionsbegriffe zu unterscheiden:

Bruttoinvestitionen = Sachanlagen (Bauten, Ausrüstungen, Nutztiere und Nutzpflanzungen) + Immaterielle Anlagegüter (Computerprogramme, Urheberrechte, Ausgaben für Forschung und Entwicklung etc.) + Vorprodukte und Vorratsänderungen (Lagerinvestitionen) + Selbst erstellte Anlagen.

Die Bewertung der eigenen Lagerinvestitionen und selbst erstellten Anlagen erfolgt zu Herstellungskosten bzw. Einstandspreisen, im Übrigen zu Marktpreisen.

Nettoinvestitionen = Bruttoinvestitionen – Abschreibungen

Nettoinvestitionen sind eine Veränderung des Sachkapitalbestandes und können daher positiv, negativ oder null sein.

Als Investor gilt volkswirtschaftlich und damit häufig im Unterschied zum täglichen Sprachgebrauch nur derjenige, der die Entscheidung zum Kauf eines Investitionsgutes und nicht z. B. zur Geldanlage trifft.

Arbeitnehmerentgelte: Einkommen der Eigentümer des Produktionsfaktors Arbeitskraft, die die Nutzung ihres Produktionsfaktors im Produktionsprozess den Unternehmen als Faktorkombinierern durch Vertrag (Kontrakt) gestattet und im Vorhinein als Gegenleistung Löhne und Gehälter als Kontrakteinkommen vereinbart und (z. B. zum Monatsende) erhalten haben. Sie enthalten jedoch noch die Lohn- und Einkommensteuer.

Betriebsüberschuss/Selbstständigeneinkommen: Was in der Betriebswirtschaftslehre und auch im täglichen Sprachgebrauch als Gewinn oder (bei einem negativen Gewinn) als Verlust bezeichnet wird, heißt in der offiziellen Fachsprache der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) Betriebsüberschuss bzw. Selbständigeneinkommen. Es handelt sich in jedem Fall um Einkommen der Eigentümer der Produktionsfaktoren Boden und Kapital. Sie werden – im Gegensatz zu den Arbeitnehmerentgelten – erst am Ende des Wirtschaftsjahres im Nachhinein festgestellt und gelten daher als Residualeinkommen. Sie enthalten aber ebenfalls noch die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer. Betriebsüberschüsse (einschl. Körperschaftsteuer) fallen bei den Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, Selbstständigeneinkommen (einschl. Einkommensteuer) bei den Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (= private Haushalte) an (vgl. Abschnitt 1.1.6). Betriebsüberschuss bzw. Selbstständigeneinkommen werden statistisch im Gegensatz zu den Arbeitnehmerentgelten nicht direkt an der Quelle ermittelt, sondern durch Saldierung (gestrichelte Linie) gewonnen und sind daher mit einer entsprechend hohen Fehlerquote behaftet. Betriebsüberschuss bzw. Selbstständigeneinkommen werden bei der Datenerfassung nach dem Inländerkonzept (vgl. Abschnitt 1.2.3) auch Unternehmens- und Vermögenseinkommen genannt.

Wertschöpfung: Durch die Produktion werden Werte geschaffen (geschöpft), die zum größten Teil an die Eigentümer der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital als Faktoreinkommen in Gestalt des Arbeitnehmerentgeltes und des Betriebsüberschusses bzw. Selbständigeneinkommens weitergeleitet werden (Nettowertschöpfung). Werden zur Nettowertschöpfung auch noch die Werte hinzuaddiert, die für den Ersatz des verschlissenen Sachkapitals (Abschreibungen) notwendig wären, so erhält man die Bruttowertschöpfung.

 

Situationsbezogene Antwort 1

Die von Installationsmeister Röhrl im Zeitablauf (z. B. pro Jahr) installierten Pelletheizungen sind sein Produktionsertrag. Um sie zu einer einheitlichen Größe aufsummieren zu können, müssen sie bewertet werden. Ausgangspunkt für die Bewertung ist normalerweise der Verkaufs- bzw. Marktpreis pro Pelletheizung, d. h., in der Summe der erzielte Umsatz. Er unterscheidet sich je nach Kundengruppe. Die in privaten Haushalten ohne Unternehmen installierten Pelletheizungen zählen zur Konsumgüterproduktion. Die in privaten Unternehmen mit und ohne eigene Rechtspersönlichkeit (z. B. in einem Kaufhauskonzern oder in einer Bäckerei) oder/und beim Staat (z. B. in einer Münchner Schule) installierten Heizungen fallen unter die Investitionsgüter. Die für einen Subunternehmer installierten Heizungen sind Vorleistungen und die in Österreich installierten Heizungen sind Exportgüter. Werden vom gesamten Umsatz die Produktions- und Importabgaben an den Staat (indirekte Steuern wie z. B. die Mehrwertsteuer oder auch der Zoll auf importierte Ersatzteile) abgezogen und möglicherweise erhaltene Subventionen (z. B. Lohnkostenzuschüsse) hinzugezählt, so erhalten wir die mit Herstellungspreisen bewertete Produktion von Installationsmeister Röhrl. Sofern Pelletheizungen in dem betreffenden Jahr zwar bereits installiert wurden, aber noch keine Rechnungsstellung erfolgte, oder eine Pelletheizung sogar im eigenen Betrieb installiert wurde, so ist diese Produktion mit Herstellungskosten zu bewerten und ebenfalls hinzuzuzählen. Die Gesamtsumme ist der Produktionswert. Er stellt die Outputseite des Installationsbetriebes in dem betreffenden Jahr dar.

Die Inputseite des Installationsbetriebes ist die Kostenseite auf seinem Produktionskonto. Sie erfasst zunächst die eingesetzten Vorleistungen, die von inländischen Zulieferern bezogen wurden (z. B. Heizungsrohre) oder die von ausländischen Zulieferern importiert wurden (z. B. Pumpen eines schwedischen Herstellers). Die Abschreibungen auf das Firmengebäude, den Maschinen- und Fahrzeugbestand etc. stellen einen weiteren Kostenfaktor dar. Als Kosten verringern sie den Gewinn, verringern dadurch die Gewinnsteuer als Einkommenssteuer und haben damit den Zweck, über die Jahre der Nutzungsdauer wieder finanzielle Mittel zur Neuanschaffung ansammeln zu lassen. Das Firmengelände wird nicht abgeschrieben. Einer der größten Kostenfaktoren sind meist die Personalkosten als Arbeitnehmerentgelte. Der Abzug aller Kosten vom Produktionswert durch Saldierung führt zum Gewinn, der im Fall von Installationsmeister Röhrl als Inhaber eines Unternehmens ohne eigene Rechtspersönlichkeit in der volkswirtschaftlichen Fachsprache als Selbstständigeneinkommen bezeichnet wird. Arbeitnehmerentgelte und Selbstständigeneinkommen stellen die Nettowertschöpfung des Installationsbetriebes dar. Sie umfasst alle Einkommen, die die Eigentümer des Produktionsfaktors Arbeit (die Beschäftigten des Installationsbetriebes) und der Eigentümer des Produktionsfaktors Boden und Kapital (Installationsmeister Röhrl) für die Nutzung ihrer Produktionsfaktoren in der Produktion erhalten haben (Faktoreinkommen). Als Realwert spiegeln sie gleichsam den Bezugsanteil der Faktoreigentümer an der Güterproduktion wider. Sie enthalten allerdings noch die Lohn- und Einkommenssteuer und stehen damit noch nicht voll zum Güterkauf zur Verfügung.

Situationsbezogene Frage 2

Wie schlägt sich der Auftrag der Stadt München zur Installation einer Pelletheizung durch Installationsmeister Röhrl aus volkswirtschaftlicher Sicht im Produktionsbereich des Auftraggebers nieder? Ist Installationsmeister Röhrl selbst auch Nutznießer bzw. Abnehmer der Produktion seines Auftraggebers?